Auf Namenssuche

WEICHENSTELLUNG – Bei der Suche nach einem schönen Namen für ihr Kind haben die Hullens schon eine gewisse Routine, aber das hilft nur bedingt.

Katharina: Unglaublich: Bald wird ein fünfter kleiner Hullen diese Welt ein bisschen bunter machen! Wir freuen uns riesig – und grübeln nun darüber nach, wie unser Kind wohl heißen soll. Die Verantwortung, die Eltern in dieser Frage tragen, wiegt schwer. Der Name kann dem Kind den Weg in ein leichteres oder schwereres Leben ebnen. So viele Dinge, die beachtenswert sind:

  • Passt der Name zum Nachnamen? Luis Hullen – zuviel U, Smilla Hullen – zu viel L …
  • Welche Bedeutung hat der Name? Irgendwie ist es nicht so toll, wenn mein Kind „die Hinkende” (Claudia), die „Bittere” (Miriam) oder „der Gehörnte” (Cornelius) heißt. Ganz egal, wie schön der Name ist.
  • Überhaupt, wie klingt der Name, wenn ich das Kind mal rufen muss? „JASON!“ über den Spielplatz gebrüllt ist ganz nah dran an: „SCHE_I_SSEN!” Auch bei Max würde es mir schwerfallen, beim Schimpfen ernst zu bleiben. MAX! Max, Mux, mix … maunz!
  • Was assoziiert man mit einem Namen? Alle Kevins und Chantalles wissen, was ich meine. Welchen ersten Eindruck vermittele ich, wenn ich mich mit Bosse Hullen vorstelle? Denkt nicht jeder sofort an ADHS, wenn mein Kind Sturmius- Vito heißt?
  • Außerdem gibt es noch die historischen Vorbilder, die man unter die Lupe nehmen sollte, bevor man sich für Namen wie Kain, Nero oder Brutus entscheidet. Darum ist auch „Mats” seit der letzten Bundesliga- Rückrunde für meinen Mann keine Option mehr.
  • Und nicht zuletzt sollen die Namen der Geschwister in Klang und Länge gut zusammenpassen. Wenn man aber bereits vier Kinder mit Doppelnamen hat, sind die besten schon weg.

In unserem Fall kommt noch hinzu, dass Hauke Lehrer ist und viele Namen durch Schüler „verbrannt” sind. Er will sein Kind nicht nach den größten Chaoten benennen. Ebensowenig kann er seiner Tochter den Namen der tollsten Schülerin geben. Wie sähe denn das aus?

Das ist wohl der Grund, warum er sich weitestgehend raushält aus der Namensfrage. Ich versuche zwar seit Wochen, ihm das Vornamen-Lexikon unterzujubeln – lege es ans Bett, auf die Klausuren, neben den Teller beim Abendbrot. Aber letztlich läuft es wohl wieder so:

Ich wälze wochenlang dieses Buch, erstelle eine Liste meiner Favoriten. Hauke liest sich nur noch diese Essenz durch, streicht die Schülernamen, findet meinen Vorschlag eigentlich ganz gut, will aber selbst nochmal überlegen. Und dann entscheiden wir uns. Für meinen Vorschlag, denn Hauke findet, dass man sich irgendwann sicher an jeden Namen gewöhnt – und irgendwie muss das Kind ja heißen. Und wir sind beide glücklich! Hoffentlich unser Kind auch.

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache. Sie und Ehemann Hauke haben vier quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

NOMEN EST NONSENSE – Verbaut man mit dem falschen Namen die Karriere des Sprösslings?

Hauke: Puh, eine Namenssuche ist echt schwer! Klang, Form und Bedeutung – auf was man da alles achten muss! Nun glaube ich nicht daran, dass vom Namen eine magische Wirkung ausgeht, die Charakter oder Schicksal des Kindes bestimmt. Nicht jede Bianca (= weiß) ist blond, nicht jede Melanie (= schwarz) dunkelhaarig, nicht jede Sophie (= Weisheit) klug. Und die Frage, ob mein eigener Name ein Fehlgriff war (Hauke = Geist, Verstand), würden meine Mutter und meine Frau möglicherweise unterschiedlich beantworten. Möglicherweise bejahen sie auch beide.

Trotzdem: Ich möchte mein Kind mit etwas Positivem benennen! Linus ist süß, heißt aber „der Klagende” – ist das ein Hinweis auf eine Anwaltskarriere? Cecilia-Lea ist die blinde Wildkuh, Edwin der Besitzliebende, Cameron der Schiefnasige … und selbst schöne Bedeutungen wie „edler Wolf” (Adolf) scheiden aus historischen Gründen aus.

Früher war‘s unkomplizierter. Einfach die Namen der Großeltern kombinieren, fertig. Heute verteile ich Lebenschancen, das will gut durchdacht sein! Ein Maximilian wird für intelligenter gehalten als ein Justin-Maurice, ein Alexander für erfolgreicher als ein Alex. Namen vorne im ABC machen leichter Karriere – wahrscheinlich weil hier und da Leistungen in alphabetischer Reihenfolge abgefragt werden, der Alexander also immer glänzen kann, der Xaver aber nicht mehr drankommt. Vernünftigerweise sollte ich meinen Sohn Drago Philipp Alexander nennen, dann kann er sich direkt mit Dr. phil. Alexander Hullen abkürzen.

Dummerweise heißt schon jeder Zweite Alexander. Leon ist doch eigentlich schon Kevin 2.0, oder? Ein bisschen eigen sollte der Name schon sein, aber auch nicht zu abgedreht. Die Verteilung bekloppter Vornamen in der Gesellschaft beschreibt ja ungefähr eine U-förmige Parabel: In der Unterschicht gibt es deutlich mehr „Josephine-Estelle-Priscilla Kunzes” als in der Mittelschicht, dafür tauchen ganz oben wieder die abgefahrensten Kreationen auf. Paradebeispiel sind die vier Kinder des Schauspielers Uwe Ochsenknecht, welche „Blue- Cheyenne-Gonzales-Jimi-Rocco-Savannah-Stark-Wilson” heißen. Ich habe die Namen alphabetisch sortiert, suchen Sie sich einfach eine lustige Kombination aus … Und sollte ich in Hollywood-Manier mein Kind wirklich „Duisburg” nennen, nur weil es dort gezeugt wurde?!?

Also, was nun? Je mehr Namen ich recherchiere, desto mehr scheiden aus. Darum plädiere ich für Durchnummerierung. Wie bei den Borg von Star Trek: Seven of Nine. Dann ist unser Kind Nummer 5 von 7. Einfach, eindeutig, einprägsam. Jetzt muss ich nur noch meine Frau überzeugen.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben vier quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

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