Bereit für ein Kind?

Lisa wünscht sich ein Kind, Dennis sagt, er fühle sich der Verantwortung als Vater noch nicht gewachsen. Soll sie es darauf ankommen lassen und hoffen, dass er schon in die Rolle als Papa reinwächst, wenn erst mal das Kind da ist?

Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, um ein Kind zu bekommen – so scheint es jedenfalls. Entweder das junge Paar steckt noch in der Ausbildung und fühlt sich schlicht zu jung, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, oder die beiden stehen bereits im Beruf und fürchten, dass sie der Doppelbelastung von Job und Familie nicht gewachsen sind. Es kann aber auch sein, dass sie schlicht ihre Unabhängigkeit genießen. Sie haben Angst, dass mit der Familiengründung ihre persönliche Freiheit zu sehr eingeschränkt wird.

Biologisch gesehen, ist zwischen 20 und 30 Jahren der beste Zeitpunkt für eine Frau, schwanger zu werden. Nach dem 30. Lebensjahr dauert es länger, bis eine Schwangerschaft eintritt, und das Risiko einer Fehlgeburt nimmt zu. Und auch die Zeugungsfähigkeit beim Mann nimmt nach dem 35. Lebensjahr ab. So gesehen, sind die Jahre zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr die beste Zeit, ein Baby zu bekommen. Zugegeben, das widerspricht oft den Lebensumständen der betroffenen Paare – das Studium ist noch nicht abgeschlossen, kein fester Job in Aussicht, und man weiß noch gar nicht, wo man sich niederlassen wird. Vielleicht ist es ein Phänomen unserer Zeit und unserer westlich geprägten Kultur: Die schulische und berufliche Ausbildung oder das Studium dauern sehr lange und binden sehr viel Energie. Natürlich wünschen sich auch die Frauen und Männer erst einmal den beruflichen Einstieg. Das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Freiheit wird sehr hoch angesehen, und dann können schon mal einige Jahre ins Land gehen, bis der Gedanke an Familiengründung konkret wird. Und so kann es passieren, dass sich Männer und Frauen auch im Alter von 35 Jahren noch nicht reif fühlen, ein Kind zu bekommen.

Sicher – es ist gut, wenn die potenziellen Eltern die Ausbildung abschließen können, sich einigermaßen vom Lisa wünscht sich ein Kind, Dennis sagt, er fühle sich der Verantwortung als Vater noch nicht gewachsen. Soll sie es darauf ankommen lassen und hoffen, dass er schon in die Rolle als Papa reinwächst, wenn erst mal das Kind da ist? Elternhaus gelöst haben und im besten Fall auch schon einige Zeit (finanziell) auf eigenen Füßen stehen. Aber ich bin fest davon überzeugt: die meisten Frauen und Männer wachsen an der Herausforderung, immer vorausgesetzt, sie sind bereit, sich der Verantwortung zu stellen.

Aber was steckt dahinter, wenn Dennis sagt, er fühle sich der Verantwortung als Vater noch nicht gewachsen? Vielleicht dieses: Dennis hat eigene Wünsche und Ziele, und er setzt die Prioritäten für sein Leben anders als Lisa. Umgekehrt kann es sein, dass Lisa ihre biologische Uhr ticken hört. Es wäre allerdings der denkbar ungünstigste Weg, Dennis einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen. Lisa sollte sich nicht scheuen, mit ihrem Partner über ihren Kinderwunsch zu sprechen. Und umgekehrt sollte Dennis die Möglichkeit haben, seine Vorbehalte und Ängste zu benennen. Vielleicht steht dem Kinderwunsch eine latente Unzufriedenheit oder ein schwelender Konflikt im Weg. Kinder sollten nicht als „Lückenfüller“ büßen. Andererseits kann es aber auch sein, dass sich manche Reiberei und manches kleine Alltagsproblem mit der Freude über die Geburt eines Kindes relativieren. Mit Sicherheit findet mit der Verantwortung für Kinder auch ein Reifungsprozess bei den Eltern statt.

Und eines steht fest: Kinder stellen das Leben von Eltern auf den Kopf – sie sind aber auch das Beste, was ihnen im Leben geschenkt wird.

Christina Rosemann ist Supervisorin und Familientherapeutin. Sie lebt mit ihrer Familie in Lüdenscheid.
1 Kommentar
  1. Sophie sagte:

    Ich finde man solte sich einigen und was ganz wichtig ist man schaut ob die Familie also Eltern helfen können oder nicht und schaut mal ob ihr eh genug freizeit habt

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