Ein Truckerfrühstück für die Freundschaft

Christof Matthias startet später, dafür aber mit voller Kraft in den Arbeitstag.

Eigentlich haben wir beide keine Zeit. Der Terminer ist voll, und einige unerledigte Baustellen verlangen jetzt eher Vollgas als ein freundschaftliches Treffen am Morgen. Zum Glück kann ich meine Arbeitszeit relativ frei einteilen und mein Freund hat die Möglichkeit, auch mal erst um 09.30 zu beginnen, wenn er dafür am Nachmittag länger bleibt. Also setze ich mich nach der üblichen Morgenroutine ins Auto und fahre zehn Kilometer über Land, um mich mit einem Freund zum Frühstücken zu treffen. In dem Café brummt es an dem Morgen wieder. Viele Tische sind bereits besetzt, einige noch frei, aber reserviert. Im hinteren Bereich finden wir noch ein Plätzchen für uns beide. Eine eher gehetzt wirkende Frau bringt uns die Speisekarte. Ich weiß eigentlich schon, was ich will: das Truckerfrühstück – reichlich Rührei und Speck, frisches Brot. Mein Freund braucht etwas länger, entscheidet sich schließlich für das Vitalfrühstück. Na ja, jedem das Seine. Erst jetzt nehme ich eine bequemere Sitzposition ein und frage: „Nun, mein Freund, wie schaut‘s?“ Aus dieser Frage entwickelt sich ein tief gehender, persönlicher Austausch. Wir erfahren voneinander und hören aufeinander. Es geht um die letzte Nacht, Träume, Beruf und Berufung, alte Eltern, Kinder, Enkelkinder, Ehe, Pläne, Visionen – haben wir die noch? Eine geordnete Struktur ist weder angedacht, noch erkennbar. Was interessant erscheint, wird vertieft, bevor ein neuer Gedanke ins Spiel kommt. Ausgemacht haben wir eine gute Stunde. Die ist aber längst vorbei. Nun müssen wir beide unbedingt los. Die Pflichten rufen unüberhörbar. Ich mache immer wieder die gleiche Erfahrung – Männer können reden und wollen es auch. So viele Gelegenheiten, anderen im vertrauten Rahmen von dem zu berichten, was mich beschäftigt und umtreibt, habe ich nicht. Freunde fallen nicht vom Himmel, und Freundschaften müssen gepflegt werden. In einer Gruppe fremder Leute lädt mein Akku nicht. Ich suche und brauche eher das Vertraute. Da, wo ich sein kann, tiefere Töne angeschlagen und Oberflächlichkeiten durchdrungen werden. In der herzhaften, männlichen Umarmung zur Verabschiedung spüre ich noch etwas, das Worte nicht ausdrücken können. Als ich wieder nach Hause komme, weiß meine Frau sofort, dass ich eine gute Zeit hatte. Sie merkt mir an, dass ich aufgetankt habe. Sie hat Recht.

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.