Kleine Gesten, große Wirkung

Leopold, sitz gerade!“ – „Gib die gute Hand und lächle beim Gruß!“ – „Nein, nein, die Gabel links, das Messer rechts.“ – „Wenn Erwachsene reden, hast du zu schweigen.“ – „Heb deine Füße beim Laufen!“ „Sirena, würdest du mich bitte nicht hauen, wenn ich telefoniere?“ – „Du magst nicht grüßen? Bist du so schüchtern?“ – „Oje, die Kartoffeln sollten auf dem Teller bleiben. Guck mal, der ganze Tisch ist vollgeschmiert. Ach so, du spielst nur.“ – „Ich finde, du solltest dich für das Geschenk bedanken, meinst du nicht auch?“ Wir wollen unsere Kinder weder dressieren wie Leopold noch zügellos dahinleben lassen wie Sirena. Doch wie bringen wir ihnen gute Umgangsformen bei?

Üben, üben, üben …

Höflichkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander. Selbst die kleinen Wörter wie Bitte, Danke, Guten Tag und Auf Wiedersehen stecken einen Bereich ab, in dem Kinder in ihrer Persönlichkeit heranreifen können. Die kleinen Wörter und die freundlichen Gesten haben es in sich, denn sie müssen immer wieder (oft über Jahre) geübt werden. Und das ist bei dem hohen Tempo unseres Alltags schwierig. Eher verlieren wir uns in verbalen Ausführungen. Wir mutieren zu Erklär-Eltern und diskutieren mit den Kleinen Alltäglichkeiten aus.

Wir rechtfertigen uns, warum das Kind nicht tut, was es tun sollte, denn wir spüren die Missbilligung unseres Gegenübers. Hier tut Mut gut: „Ja, meine Tochter will nicht grüßen, aber wir üben es.“ – „Ich mag es auch nicht, wenn mein Sohn immer dazwischenquatscht, aber wir üben es.“ Kinder sind schlau, wild, entzückend, frech, brav, egoistisch, lustig – und Eltern müssen sie ständig (möglichst mit innerer Ruhe) anleiten, korrigieren und ermutigen. Die „kleinen“ Wörter und Gesten sind Puzzleteile in der Entwicklung zu einer reifen Persönlichkeit.

Sabberkrümel

Die täglichen Mahlzeiten sind für viele Familien Oasen, weil sie Raum für Gespräche schaffen. Das geht aber nur, wenn sich nicht um die dickste Wurst gekloppt wird und nicht bei jedem Wort Sabberkrümel über den Tisch fliegen. In Momenten, wo uns das Einüben von guten Umgangsformen nervtötend erscheint, hilft der Gedanke, dass es Kräfte spart, wenn Selbstverständlichkeiten nicht diskutiert werden müssen.

Unsere Kinder dürfen unsere Erwartungen spüren und erfahren, wie Höflichkeit unser Zusammenleben bereichert. Wir wollen keine knicksenden Marionetten oder grüßende Roboter. Unsere Forderungen dürfen auch keine Grenzen überschreiten. Onkel Otto muss nicht geküsst werden. Und die Schüssel mit Rosenkohl muss nicht leer gegessen werden (aber: „Zwei Röschen probierst du“). Wir sind mehr als nur Erklär-Eltern, die ihre Kinder in die Leistungsfähigkeit lotsen. Wir sind Eltern, die von unserem Schöpfer mit einer einzigartigen Intuition ausgestattet wurden. Elternschaft ist Gottes Idee, und er gibt uns das richtige Gespür für eine liebevolle und konsequente Erziehung. Wir möchten, dass unsere Kinder aufrecht und umsichtig durchs Leben gehen, dass sie Spuren der Warmherzigkeit hinterlassen. Wissen wir doch, wie gut sie tun, die kleinen Wörter und Gesten – eine aufgehaltene Tür, ein freundlicher Blick oder ein erleichtertes Dankeschön. Und ich ende mit einem herzlichen „Grüß Gott“ aus München.

Über die Autorin: Susanne Ospelkaus ist Ergotherapeutin. Sie lebt mit ihrer Familie in Zorneding bei München

 

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