Schlucken, nörgeln oder ignorieren?

Britta liebt ihren Mann Thorsten, aber es nervt sie, dass er viele Aufgaben im Haushalt nicht so richtig zu Ende bringt. Sie hat das schon häufig thematisiert, geändert hat sich nichts. Thorsten geht das Genörgel seiner Frau mittlerweile auch ziemlich auf die Nerven. Er empfindet sie als sehr kleinlich und hat das Gefühl, er kann es ihr nicht recht machen. Britta will nicht dauernd an ihrem Mann herumkritisieren, aber auch nicht alles schlucken. Thorsten hätte gerne mehr Anerkennung für das, was er tut. Wie können die beiden einen gemeinsamen Weg finden? Oder gibt es den nicht?

Britta versucht, Thorsten anzuschieben, damit er endlich in die Gänge kommt. Aber für Thorsten ist der Schub ein Druck. Das will er nicht mit sich machen lassen. Nicht, weil er ein Druckphobiker ist. Er muss sicherlich viele Drucksituationen meistern, vor allem im Beruf, und wahrscheinlich schafft er das auch. Aber gegen diese Sorte „Druck“ wehrt er sich, weil er ihn entmündigend findet. Und das stimmt auch, denn mit Brittas Nachhelfen verbindet sich die Botschaft: „Du bist nicht in der Lage, die nötigen Schritte zu tun, wenn ich dich nicht schiebe!“ Aber wenn Thorsten ein erwachsener Mann ist, braucht er eindeutig keine Nachhilfe, um gewisse Haushaltsdinge zu erledigen. Wenn er im Beruf vieles auf die Reihe kriegt, gibt es keinen Grund, warum das nicht auch zu Hause funktionieren sollte. Ebenso eindeutig ist, dass Britta das falsche Mittel sucht, um zum Ziel zu kommen. Das Einzige, was sie davon hat, ist eine ganze Menge unnötigen Stress. Denn das ewige Geschiebe, das doch nie etwas bewegt, strengt ziemlich an.

Die Möglichkeit, dass Thorsten ohne Nachhilfe nichts kann, scheidet also schon mal aus. Es bleiben noch zwei weitere Erklärungen dafür übrig, dass er sich nicht so verhält, wie Britta es möchte: Entweder hat er gute Gründe dafür oder er nimmt sie nicht ernst.

Gute Gründe, bessere Absprachen

Er kann verschiedene gute Gründe haben. Zum Beispiel kann der Zufall ein guter Grund sein. Er wollte es wirklich machen, aber fünfmal kam etwas dazwischen, das tatsächlich gerade wichtiger war, und beim sechsten Mal hat er es vergessen. Verständlich, wenn Britta dann sauer ist. Aber solche Fehler passieren nun einmal, allerdings nicht ständig.

Im Einzelfall muss gar nichts Größeres dahinterstecken. Es kann auch sein, dass diese Tätigkeiten auf seiner To-do- Liste viel weiter unten stehen, als Britta denkt, ganz einfach nur, weil er ihre Wichtigkeit anders einschätzt. Vielleicht hat er auch Ja dazu gesagt, ohne Ja zu meinen, weil er Angst davor hatte, Nein zu sagen. Halbherzige Zusagen schiebt man gern besonders weit von sich weg.

Manche Brittas meinen es besonders gut und überlegen, dass noch etwas anderes dahinterstecken könnte: „Thorsten verweigert sich der Pflicht, weil er verletzt ist!“ Daraufhin überlegt sich die liebe Britta, was sie wohl falsch gemacht hat, und gibt sich noch mehr Mühe, lieb zu sein. Und wenn sie dann doch wieder zu nörgeln anfängt, ist sie traurig und ärgerlich über sich selbst, weil sie es immer noch nicht besser hinbekommt.

Den brodelnden Konflikt gar kochen

Das ist es, was wir Männer an den Brittas so schätzen: Diese Einfühlung, dieses Verständnis, dieses weite, flexible Entgegenkommen, diese Geduld. Aber ehrlich gesagt: Es tut uns nicht gut, wenn unsere Partnerinnen es übertreiben. In diesem Fall würde ich sagen, dass Britta Verständnis und Selbstkritik in einem bescheidenen Töpfchen bei kleiner Flamme weiter auf der Herdplatte stehen lassen sollte. Aber um das Problem endlich mal zu lösen, muss eine dicke Pfanne her. Es geht nicht darum, dass sie Thorsten da hinein haut oder sie ihm über den Schädel schlägt. Aber es geht darum, dass der brodelnde Konflikt endlich einmal gar gekocht wird, um ein für allemal die Problemküche zu verlassen. Zunächst muss ganz viel Wertschätzungsöl in die Pfanne. Dann gilt es, exakt und unvermischt das Problem hineinzulegen. Je präziser, desto besser: „Mein Problem ist, dass du dies und jenes (bitte ganz konkret!), was wir vereinbart hatten, immer noch nicht gemacht hast. Ich nehme an, dass du gute Gründe dafür hast, aber ich kenne sie nicht. Kannst du mir das bitte erklären?“ Wenn Thorsten wirklich einen guten Grund dafür hat, wird Britta erleichtert sein. Aber damit ist das Problem noch nicht gegessen. Eine entscheidende Zutat muss noch in die Pfanne: Brittas Bedürfnis. „Okay, ich verstehe das jetzt, aber ich bin nicht glücklich damit, weil es mich einfach nervt, dass die Dinge immer noch nicht getan sind. Ich habe das Bedürfnis, dass du mich rechtzeitig über deine guten Gründe informierst, damit ich nicht herumrätseln muss, was denn eigentlich mit dir los ist. Gegebenenfalls können wir dann auch gemeinsam nach einer Alternativlösung suchen.“

Faule Beziehung

Wenn Thorsten Britta ernst nimmt, reagiert er mit Achtung darauf und gibt ihr eine vernünftige und konstruktive Antwort. Dann ist die gute Lösung nicht mehr fern. Wenn er verletzt reagiert, hat er etwas falsch verstanden, denn Britta hat ihn jetzt nicht verletzt. Das sollte sie klären: „Es tut mir leid, wenn du verletzt reagierst, aber es ist nicht angemessen und ich darf von dir erwarten, dass du mit mir so konstruktiv umgehst wie ich mit dir“ – auch auf die Gefahr hin, dass Thorsten dann erst mal die Küchentür zuknallt. Das ist nicht schön für Britta, aber sie darf selbstbewusst und ruhig bleiben, denn sie hat völlig recht. Sich verletzt zu fühlen ist kein Grund dafür, destruktiv zu kommunizieren, besonders dann, wenn der Partner sich hilfreich und fair verhalten hat. Wenn Thorsten Britta achtet und ernst nimmt, wird er zur Konstruktivität zurückkehren. Dann ist der Ausraster kein Beinbruch. Britta hat aus Versehen einen wunden Punkt bei ihm berührt, mehr nicht. Das ist gar nicht dramatisch.

Aber leider müssen wir auch damit rechnen, dass Thorsten Britta nicht ernst nimmt. Kaum ein Thorsten wird offen sagen: „Klar, ich nehme dich nicht ernst.“ Vielmehr wird er sich bemühen, dass seine Britta das Gegenteil glaubt. Leider gehen viele Brittas Männern auf den Leim, die sie nicht aufrichtig lieben, und manche machen sich von solchen Partnern sogar abhängig, weil sie große Angst davor haben, alleingelassen zu werden. Wenn Britta darum merkt, dass Thorsten sie nicht ernst nimmt, braucht sie ganz viel Mut. Es kann sein, dass sie sich den erst noch holen muss, bei einer cleveren Freundin, ihrer Seelsorgerin oder einer Beraterin. Allen Brittas sei es klar gesagt: Eine Beziehung, in der ein Partner den anderen nicht ernst nimmt, ist im Zentrum faul. Alle Verbesserungsmaßnahmen um das Zentrum herum werden sie nicht heilen. Es bleibt dann nur ein Weg: Wenn Britta die Beziehung retten will, muss sie aufs Ganze gehen. Sie muss Thorsten dazu bringen, dass er sie ernst nimmt. Das gelingt ihr nur, wenn sie klare Konsequenzen und Grenzen zieht. Ernst genommen zu werden ist ein Grundrecht jeder Partnerschaft.

Hans-Arved Willberg ist Trainer, Dozent und Publizist (www.life-consult.org).

3 Kommentare
  1. NN sagte:

    Was macht man, wenn es nicht um Einmal-Aktionen wie Medizinschrank aussortieren geht, sondern um die vielen kleinen Dinge des Alltags, die der Partner immer schneller gemacht haben möchte als man selbst? Wenn man ihn „ernst nimmt“, muss man immer gegen seinen eigenen Rhythmus leben und wenn man sagt: „Wenn Du das anders haben willst, dann mach´s halt selbst.“ Ist das doch ungerecht, denn man will ja nicht, dass der andere alles macht…
    Aber so ist halt immer Nörgeln angesagt…

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  2. Katinka sagte:

    Und wie sollen diese Konsequenzen aussehen? Im Text heisst es, wenn er sie nicht ernst nimmt, soll sie Grenzen ziehen. Wie? Ich kann meinen Mann nicht zwingen mit mir Zeit zu verbringen. Ich kann meinen Mann nicht zwingen mit den Kindern Zeit zu verbringen. Er verbringt die Wochenenden komplett auf dem Sofa mit Laptop, IPad und Phone. Da bleibt er auch, den ganzen Tag und die Nacht, da er die Elektronik nicht weglegen will um ins Bett zu gehen. Logischerweise hilft er nicht im Haushalt mit, dies liesse sich schlecht vom Sofa aus tun. Was sollen denn da die Konsequenzen sein?

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  3. S.I. sagte:

    Da dazu immer zwei gehören jemand der Dinge versucht und jemand der sie doch bieten lässt, das problem entweder gemeinsam lösen oder sich trennen wenn das gegenüber nicht dazu bereit ist

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