„Spione“ auf Kinderwebsites

Harmlose Spiele, pädagogisch wertvolles Wissen, lustige Zeichentrickfilme: Viele Internetseiten locken Kinder und Jugendliche mit Gratisangeboten. Doch oft dient das vor allem einem Zweck: Die Kinder sollen ausspioniert werden.

Kinder und Internet? Da denken die meisten Eltern in erster Linie an Gefahren wie Gewalt, Mobbing und Pornografie. Die Rettung versprechen speziell auf die junge Zielgruppe ausgerichtete Angebote, wie helles-koepfchen.de, kividoo.de oder spielaffe.de. Auf den bunten, harmlos erscheinenden Seiten erwartet niemand etwas Böses. Doch der Schein trügt, wie eine aktuelle eBlocker-Studie zeigt. Auf vielen dieser Internetseiten werden Kinder ausspioniert und anschließend mit verlockender Werbung konfrontiert.

Tracker „verfolgen“ auch Kinder

Beispiel Helles-Koepfchen.de: Das Wissensportal für Kinder und Jugendliche verspricht pädagogisch und journalistisch hochwertige Inhalte und will einen guten Überblick über das Angebot innerhalb der „Kinderseiten-Landschaft“ verschaffen. Siegel wie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend suggerieren Sicherheit. Tatsächlich verstecken sich aber auf der Seite insgesamt 31 so genannter „Web Wanzen“ (englisch „Tracker“), die Kinder mitunter über mehrere Websites hinweg verfolgen. Auch trackende Werbung, Like-Buttons und vieles mehr trägt dazu bei, dass das Surfverhalten von Internetnutzern genauestens protokolliert wird. Anhand verschiedener individueller Merkmale können Werbeunternehmen die Kinder dadurch eindeutig identifizieren und so ein genaues Persönlichkeitsprofil erstellen. Die dahinterstehenden Unternehmen protokollieren dazu die gelesenen Artikel, die angeschauten Videos und aufgerufenen Spiele und wissen dann nach einiger Zeit genau, mit wem sie es zu tun haben: Alter, Geschlecht, Vorlieben, Lernfortschritte, Entwicklungsstand – das surfende Kind
hinterlässt unbewusst seine persönliche Visitenkarte. Aber auch Dinge wie finanzieller Hintergrund, mögliche Lernschwächen oder soziale Probleme können so ans Licht kommen.

Helles-Koepfchen.de ist leider kein Einzelfall, wie die Ende Januar durchgeführte eBlocker-Untersuchung zeigt. Von zwölf geprüften Kinderseiten schnüffeln neun Ihre vorrangig kindlichen Besucher aus, ergab die Quellcodeanalyse der jeweiligen Startseiten durch die eBlocker-Experten. Besonders wild treiben es neben Helles-Koepfchen.de die Seiten Spielaffe.de mit 64, Kividoo.de mit 20 und Bravo.de mit 14 Web-Wanzen. Besonders heikel: auf der Hälfte der geprüften Internetseiten werden auch Tracker von Werbenetzwerken wie doubleclick.net, das zum Google-Konzern gehört, verwendet. Das ermöglicht nicht nur dem Webseitenbetreiber, sondern auch Dritten (dem Werbenetzwerkbetreiber) umfangreiche Einblicke in das Surfverhalten der jungen Besucher.

Es gibt aber auch positive Beispiele. Das Angebot von Blinde-Kuh.de erwies sich zum Beispiel datenschutztechnisch als rundum unbedenklich. Ebenfalls empfehlenswert sind WDRMaus.de sowie kidsville.de. Auf beiden Seiten ist jeweils nur ein Tracker vorhanden und dazu handelt es sich um harmlose Varianten, die keine Persönlichkeitsprofile erstellen.

Freie Bahn für Datenschnüffler?

Die Praktiken der Tracker sind nicht generell verboten. Persönlichkeitsprofile von Kindern und Jugendlichen – wie von jedem anderen Internetnutzer auch – dürfen kommerziell verwertet werden. Aus Sicht von Anti-Tracking-Experte und Initiator der Studie Christian Bennefeld ist das ein Skandal. Sein Appell: „Eltern müssen nicht nur überprüfen, was die Kinder mit den Medien machen. Sondern auch, was die Medien mit ihren Kindern machen.“ Übrigens: Aus gutem Grund ist in den USA bereits seit 2013 das Tracken von Onlineaktivitäten von Kindern unter 13 Jahren per Gesetz verboten. Hierzulande genießen die Datenschnüffler dagegen – noch – freie Bahn.

Wer seine Kinder ungern zum Spielball der Datensammler machen möchte, muss sie schützen. Eine Möglichkeit besteht darin, auf jedem einzelnen Gerät die Datenschutz-Einstellungen des Browsers zu überprüfen und gegebenenfalls Add-ons wie „Better Privacey“ bei Firefox zu installieren (Tipps z.B. hier: selbstdatenschutz.info). Wer aber nicht jedes einzelne Gerät für sicheres Surfen fit machen möchte, für den bietet sich der eBlocker Family an. Die kleine Box wird per Kabel am Router angedockt. Fortan schützt sie alle Geräte vor Tracking. Sie bietet darüber hinaus die Möglichkeit, für jedes Mitglied im Haushalt eigene Einstellungen zu treffen, so können für Kinder und Jugendliche spezielle Jugendschutz-Funktionen eingerichtet werden.Der eBlocker Family ist ab EUR 249,- erhältlich unter www.eblocker.com.

Geräte-Tests zum eBlocker (zum Teil bezogen auf das Vorgänger-Modell) gibt es hier:

test.de

datenschutzbeauftragter-info.de

 

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] auch vom Bundesministerium als unbedenklich eingestuft. Doch das war im Januar nicht der Fall. Ein Bericht auf Family.de offenbarte dies und wies auf andere Lücken beim Tracking durch Web-Wanzen hin. Diese […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert