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Mama, das will ich nicht wissen! – So teilen Sie Probleme mit ihren erwachsenen Kindern!

Eine Beziehung auf Augenhöhe mit den erwachsenen Kindern zu führen, bedeutet auch, offen miteinander zu reden. Aber wieviel kann man preisgeben, ohne dass es peinlich wird?

Wenn ich mit meinen erwachsenen Kindern unterwegs bin, ist es immer auch so, als wenn ich mein Leben noch einmal erleben würde. Unweigerlich werde ich an meine eigenen Herausforderungen in der Ehe, an den Druck im Job oder an Missverständnisse unter Freunden erinnert.

In Erinnerungen gefangen

Nicht selten bin ich dabei sogar mehr in meinen eigenen Erinnerungen an Emotionen und Selbstzweifeln gefangen, als bei dem Anliegen meines Gegenübers zu sein. Eine Begleitung auf Augenhöhe fordert mich heraus, bewusst wahrzunehmen, in welcher Ebene ich gerade herumtanze. Ist es meine eigene Erinnerung, die mich mit Schmerz und Hoffnung wieder einholt? Dann ist es wichtig, meine Antwort zu filtern. Ich kann von meinem Erleben erzählen, meinen Fragen und auch davon, wie ich die Entscheidung heute bewerten würde. Diese Filterfunktion meint auch: Was ist verdaulich für mein Kind?

Manchmal wird das Begleiten auf Augenhöhe aber auch missverstanden, und Eltern teilen ungefiltert ihre aktuellen Herausforderungen im Sexualleben, ihre Sorgen bezüglich des Älterwerdens, des Kontostandes oder die Probleme mit ihrer Biografie. Durch das Zumuten dieser Lebensthemen wollen sie Respekt ausdrücken. Weisheit ist gefragt, denn Kinder bleiben immer Kinder ihrer Eltern.

Fingerspitzengefühl

Wenn wir weise filtern, was wir mit unseren Kindern teilen, können wir als Eltern trotz aller Anfragen und Kritik Vorbilder bleiben. Ein Einblick in die aktuelle Herausforderung fordert daher immer ein großes Maß an Fingerspitzengefühl. Eine Krise darf gern so formuliert werden, dass Eltern auf dem Weg sind. Im Gespräch kann dann die Reaktion des erwachsenen Kindes den weiteren Verlauf beeinflussen. Die Frage nach konkreten Details zeigt: Hier ist ein harmloses und oberflächliches Gespräch nicht zufriedenstellend. Eine konkrete Frage nach dem Umgang in einem Themenfeld ist eine Einladung, auch konkreter zu antworten. Die Eltern dürfen nun auch Fragende und Suchende werden. Die erwachsenen Kinder brauchen diese Momente, in denen sie gemeinsam mit ihren Eltern auf dem Weg sind. Der Erfahrungsvorsprung im Leben bleibt, die Themen des Lebens können aber mit gemeinsam gestellten Fragen von Jung und „Alt“ sehr bereichernd bedacht werden.

Stefanie Diekmann ist Gemeindereferentin in Göttingen, verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern.

Sex mit angezogener Handbremse?

Wenn ein Paar miteinander intim wird, machen sich beide Partner verletzlich. Fehlende Offenheit kann guten Sex hemmen.

Florian geht beim Sex gerne auf die Wünsche seiner Frau Vanessa ein. Seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche stellt er nicht in den Vordergrund. Es kommt so gut wie nie vor, dass er sagt, was er gerne möchte. Stattdessen fragt er jeweils Vanessa, wie sie es gerne hätte. Und wenn sie ihn fragt, was ihm gefallen würde, antwortet er: „Ich kann mir alles vorstellen. Was willst du?“

Ein selbstloser Liebhaber?

Es scheint, als wäre Florian ein ausgesprochen selbstloser Liebhaber. Er stellt die Bedürfnisse seiner Frau über seine eigenen. Trotzdem sind Vanessa und Florian nicht so recht zufrieden mit ihrer Sexualität. Irgendwie ist es nicht der heiße Sex voller Leidenschaft und tiefer Verbundenheit, den sie sich wünschen.

Könnte es sein, dass das auch an Florians vermeintlicher Selbstlosigkeit liegt? Dass sein Verhalten nur ein als Selbstlosigkeit getarnter Selbstschutz ist? Dass es ihm eigentlich gar nicht darum geht, auf die Wünsche seiner Frau einzugehen, sondern viel eher darum, sich selbst nicht mit einem Vorschlag zu exponieren?

Wer offen sagt, was er oder sie im Bett will, riskiert, zurückgewiesen zu werden. Er bietet Angriffsfläche und macht sich verletzbar. Florian will das verhindern und überlässt deshalb Vanessa die Initiative. Er schützt sich, indem er nicht zu viel von sich preisgibt und sich nicht ganz zeigt.

Sag, was du dir wünschst!

Florians Verhalten gibt den Ton für den weiteren Verlauf der sexuellen Begegnung an. Auch Vanessa wird zurückhaltend sein und sich nicht exponieren. Der Sex wird sich auf dieser Ebene von viel Selbstschutz und wenig Selbstpreisgabe abspielen. Es ist Sex mit angezogener Handbremse.

Damit richtig guter Sex entstehen kann, braucht es Nähe und Intimität. Das entsteht, wenn wir etwas von uns preisgeben. Wenn wir den anderen an uns heran und unsere Schutzmauern fallen lassen. Wenn wir uns zeigen und uns dem anderen zumuten, so wie wir sind.

Florian hat erkannt, dass seine Selbstlosigkeit nur eine Tarnung ist. Er trainiert nun, seine Wünsche beim Sex einzubringen. Dabei ist sein Glaube eine wertvolle Ressource. Er glaubt an einen Gott, der ihn liebt, so wie er ist. Das gibt ihm die Sicherheit und das Rückgrat, um sich beim Liebesspiel mit Vanessa zu exponieren und verletzbar zu machen. Auf dieser Grundlage kann echte Nähe und Verbundenheit entstehen. Davon wird auch Vanessa profitieren – mehr als von einem Mann, der sich im Bett ausschließlich um ihre Bedürfnisse kümmert.

Marc Bareth und seine Frau Manuela stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Bareth ist der Leiter dieser Arbeit. Er bloggt unter: familylife.ch/five

Sex mit angezogener Handbremse? – So klappt es mit echter Verbundenheit

Wenn ein Paar miteinander intim wird, machen sich beide Partner verletzlich. Fehlende Offenheit kann guten Sex hemmen.

Florian geht beim Sex gerne auf die Wünsche seiner Frau Vanessa ein. Seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche stellt er nicht in den Vordergrund. Es kommt so gut wie nie vor, dass er sagt, was er gerne möchte. Stattdessen fragt er jeweils Vanessa, wie sie es gerne hätte. Und wenn sie ihn fragt, was ihm gefallen würde, antwortet er: „Ich kann mir alles vorstellen. Was willst du?“

Ein selbstloser Liebhaber?

Es scheint, als wäre Florian ein ausgesprochen selbstloser Liebhaber. Er stellt die Bedürfnisse seiner Frau über seine eigenen. Trotzdem sind Vanessa und Florian nicht so recht zufrieden mit ihrer Sexualität. Irgendwie ist es nicht der heiße Sex voller Leidenschaft und tiefer Verbundenheit, den sie sich wünschen.

Könnte es sein, dass das auch an Florians vermeintlicher Selbstlosigkeit liegt? Dass sein Verhalten nur ein als Selbstlosigkeit getarnter Selbstschutz ist? Dass es ihm eigentlich gar nicht darum geht, auf die Wünsche seiner Frau einzugehen, sondern viel eher darum, sich selbst nicht mit einem Vorschlag zu exponieren?

Wer offen sagt, was er oder sie im Bett will, riskiert, zurückgewiesen zu werden. Er bietet Angriffsfläche und macht sich verletzbar. Florian will das verhindern und überlässt deshalb Vanessa die Initiative. Er schützt sich, indem er nicht zu viel von sich preisgibt und sich nicht ganz zeigt.

Sag, was du dir wünschst!

Florians Verhalten gibt den Ton für den weiteren Verlauf der sexuellen Begegnung an. Auch Vanessa wird zurückhaltend sein und sich nicht exponieren. Der Sex wird sich auf dieser Ebene von viel Selbstschutz und wenig Selbstpreisgabe abspielen. Es ist Sex mit angezogener Handbremse.

Damit richtig guter Sex entstehen kann, braucht es Nähe und Intimität. Das entsteht, wenn wir etwas von uns preisgeben. Wenn wir den anderen an uns heran und unsere Schutzmauern fallen lassen. Wenn wir uns zeigen und uns dem anderen zumuten, so wie wir sind.

Florian hat erkannt, dass seine Selbstlosigkeit nur eine Tarnung ist. Er trainiert nun, seine Wünsche beim Sex einzubringen. Dabei ist sein Glaube eine wertvolle Ressource. Er glaubt an einen Gott, der ihn liebt, so wie er ist. Das gibt ihm die Sicherheit und das Rückgrat, um sich beim Liebesspiel mit Vanessa zu exponieren und verletzbar zu machen. Auf dieser Grundlage kann echte Nähe und Verbundenheit entstehen. Davon wird auch Vanessa profitieren – mehr als von einem Mann, der sich im Bett ausschließlich um ihre Bedürfnisse kümmert.

Marc Bareth und seine Frau Manuela stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Bareth ist der Leiter dieser Arbeit. Er bloggt unter: familylife.ch/five

Erwachsene Kinder: Wie viel Neugier ist okay?

Sobald die Kinder aus dem Haus sind und ihr eigenes Leben führen, muss sich die Beziehung zwischen Eltern und Kindern neu ordnen. Wieviel Nähe und Nachfragen ist nötig oder gewünscht?

Die Eltern-Kind-Beziehung in dieser Lebensphase wandelt sich stark – und sollte dies auch, damit sie langfristig für beide Seiten als befriedigend erlebt werden kann.

Beziehung auf Augenhöhe

Der größte Unterschied liegt darin, dass kleine Kinder abhängig sind und ich sie erziehen, also in eine Richtung lenken will. Jetzt aber besteht kein Abhängigkeitsverhältnis mehr. So bin ich gefordert, in eine neue Rolle hineinzuwachsen. Bin aufgefordert, die Beziehung neu zu klären. Was macht mein Elternsein bei erwachsenen Kindern eigentlich aus? Eine besondere Form von Freundschaft über die Generationsgrenze hinweg? Was hilft beim Hineinwachsen in eine gleichberechtigtere Beziehung zwischen Erwachsenen, die auf Augenhöhe sind?

  • Ganz grundsätzlich ist, dass ich darauf vertraue und mir sicher bin, dass mein erwachsenes Kind sein Leben gut bewältigen wird. Wenn es diese Sicherheit von mir spürt, wird das schon die Beziehung entspannen.
  • Ich kann mir vornehmen, ab einem gewissen Alter Lebensentscheidungen (Beruf, Partnerschaft) des Kindes nicht mehr in Frage zu stellen. Und nachzufragen, ob es meine Meinung hören möchte.
  • Ich übe ein, mich auf eine lebendige Beziehung einzulassen. Lebendig bedeutet, dass das Nähe-Distanz-Verhältnis in Bewegung ist, wellenförmig verläuft. Deshalb bleibe ich wachsam und sensibel für mein Gegenüber mit seinen gegenwärtigen Bedürfnissen und seiner Offenheit für Nähe im persönlichen Austausch. Dieser persönliche Austausch sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Das heißt, die Fragen, die ich stelle, bin ich auch bereit, selbst zu beantworten.
  • Ich übe eine gleichberechtigte Beziehung ein, in der sich beide aktiv einbringen und die von beiden Seiten aus gepflegt wird. Eine Beziehung, in der Nachfragen Zeichen von gegenseitigem Interesse aneinander ist, nicht von Kontrolle.

Diese Wandlung hin zu einer Beziehung auf Augenhöhe ist ein Weg, ein Prozess. Es ist ein bewusstes Einüben, für das ich mich in jeder Begegnung neu aktiv entscheiden muss.

Zwei Problemfälle

Es gibt Eltern, die einen intensiven Kontakt einfordern, ungefragt Ratschläge erteilen und erwarten, dass diese befolgt werden. Solch ein Verhalten entspricht der alten, fürsorglichen und verantwortlichen Elternrolle, wird jetzt aber als bevormundend erlebt. Hier befindet sich die Beziehung in Schräglage, weil sie nicht mit der Unabhängigkeit des Kindes mitgewachsen ist.

Kinder, die große Probleme bewältigen müssen, zum Beispiel gesundheitlich oder psychisch, und deshalb nicht immer als Erwachsene agieren können, sind weiterhin auf unterstützende Eltern angewiesen. Um dem Kind aus seinen Schwierigkeiten wieder herauszuhelfen, bewegt man sich in einem Eiertanz zwischen Augenhöhe und Verantwortungsübernahme.

Und egal, an welchem Punkt man steht, man darf sich jederzeit zugestehen, dass man als Elternteil Unterstützung braucht. Man kann sich diese über den Austausch mit Freunden oder durch professionelle Hilfe holen. Wichtig ist, man holt sie sich.

Michaela Schnabel arbeitet als Sozialpädagogin und ist Mutter von drei erwachsenen Töchtern.

Gefangen in ungesunden Mustern

Bei manchen Streitpunkten kommen Paare nicht weiter und Konflikte vertiefen sich. Dann ist eine neue Perspektive nötig.

Raphael ist schleierhaft, was eigentlich Katrins Problem ist. Er weiß nur, dass sie „zu emotional“ und „sehr vorwurfsvoll“ ist. Er sagt: „Ich bemühe mich, ein guter Partner zu sein, und es ist wohl nicht mein Fehler, dass ich nun mal kein gefühlsbetonter Mensch bin.“ Katrin fällt ihm ins Wort: „Ein Stein bist du!“ Raphael schweigt. Deshalb macht Katrin weiter: „Dir geht es nur darum, wie wir unsere Beziehung am besten um deine Arbeit herumorganisieren können. Du warst nicht einmal da für mich, als meine Mutter gestorben ist.“

Raphael zuckt mit den Schultern und blickt starr an die Wand. Katrins Botschaft ist dringend, aber sie kommt bei Raphael nicht an. In seinen Augen macht sie einfach wieder mal ein furchtbares Theater.

Die Verbindung halten

Wenn die Verbindung zum Gegenüber in Gefahr ist, ist das sehr bedrohlich. Diese Bedrohung führt bei Katrin dazu, dass sie Vorwürfe macht. Sie reagiert emotional und will von Raphael eine Reaktion sehen. Ihre Angriffe sind ein Ausdruck ihres Wunsches nach Nähe. Sie will spüren, dass er noch hier ist.

Raphael hat auch Angst, dass ihre Beziehung in die Brüche geht. Nur reagiert er ganz anders. Er spielt alles runter und versucht, die Wogen zu glätten. Er will rationale Lösungen für ihre Probleme finden und die Gespräche in geordneten Bahnen halten. Um sich vor Katrins Angriffen zu schützen, geht er auf Distanz.

Das führt zu einem Teufelskreis. Katrin greift an, um eine Verbindung herzustellen. Raphael geht in Deckung und zieht sich zurück. Deshalb spürt ihn Katrin noch weniger und macht noch aggressivere Vorwürfe, was aber wiederum dazu führt, dass er sich noch mehr distanziert. So geht das immer weiter. Sie sitzen in dieser Abwärtsspirale fest.

Gemeinsam statt gegeneinander

Beide haben das gleiche Ziel: Sie wollen Nähe herstellen und ihre Beziehung stärken. Doch ihre Strategien sind kontraproduktiv. Um aussteigen zu können, müssen sie dieses Muster durchschauen. So können sie sich entscheiden, gemeinsam gegen die negative Dynamik zu kämpfen. Wenn sie diesen gemeinsamen Feind haben, kann es ihnen gelingen, sich verletzlich zu zeigen und über ihre Gefühle und ihren Wunsch nach Nähe zu sprechen.

Vielleicht gelingt Katrin dann ein sanfterer Einstieg: „Ich weiß nicht, ob du für mich da bist, wenn ich dich brauche. Ich liebe dich und ich mache mir Sorgen um unsere Beziehung.“

Marc Bareth und seine Frau Manuela stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Bareth ist Leiter dieser Arbeit. Er bloggt unter www.familylife.ch/five

Offene Kommunikation statt Zwickmühle und Opferrolle

In der Paarkommunikation können sich schädliche Muster einschleichen. Eheberater Marc Bareth empfiehlt: Lieber konstruktiv gestalten als in die Opferrolle flüchten

Fußball ist ein großes Thema im Hause Müller. Irgendein Spiel läuft immer und Michael schaut gerne zu. Seine Frau Maike hält das für Zeitverschwendung. Nun steht Michaels Lieblingsverein überraschend im Champions League-Achtelfinale. Ein Freund hat Michael zum gemeinsamen Fernsehabend eingeladen. Michael weiß, dass die Lieblingstante von Maike an diesem Abend ihren Geburtstag feiert. Also fragt er seine Frau: „Schatz, ich weiß, dass wir bei deiner Tante eingeladen sind, aber heute Abend ist auch das Achtelfinale, kannst du nicht alleine gehen?“

Die Opferrolle delegiert und gewinnt

Michael schafft mit dieser Frage eine Situation, in welcher seine Frau nur verlieren kann – eine Zwickmühle. Er weiß, dass ihr die Tante wichtig ist und dass diese enttäuscht sein wird, wenn Maike alleine kommt. Wenn seine Frau nachgibt, hat er sein Ziel erreicht. Wenn seine Frau hingegen darauf besteht, dass er mitkommt, wird Michael seine Rolle als Opfer zelebrieren. In dieser kann er dann missmutig sein, sich ungerecht behandelt fühlen und Wiedergutmachung nach dem Motto: „Ich durfte ja schon nicht Fußball schauen“ einfordern. So oder so also ein Gewinn für Michael.

Das Opfer delegiert die Entscheidung, damit es Opfer bleiben kann. Ein solches Verhalten ist nicht geschlechterspezifisch und kommt in allen möglichen Lebenssituationen vor, in denen sich zwei unterschiedliche Bedürfnisse gegenüberstehen. Das kann Themen wie Finanzen, Sexualität, Ferien, Familienplanung oder viele andere betreffen. Immer nach dem Leitsatz: Du entscheidest und ich darf unzufrieden sein – ein Dilemma in der Kommunikation und in der Beziehung.

Michaels Opferverhalten ist recht offensichtlich, aber manche stellen es so geschickt an, dass man es kaum wahrnimmt. Tatsache ist, dass es in vielen Beziehungen vorkommt. Wer es durchschaut und durchbricht, wird mit einer für beide Seiten befriedigenderen Partnerschaft belohnt.

Konstruktiv gestalten statt erleiden

Wie könnte Michael die Situation besser angehen um schädliche Kommunikationsmuster zu durchbrechen? Indem er die Entscheidung nicht ganz an seine Frau delegiert. Er sollte seine Bedürfnisse äußern, dann aber auch einen konstruktiven Vorschlag machen, wie sie damit umgehen könnten. Zum Beispiel so: „Schatz, ich weiß, dass wir heute bei deiner Tante eingeladen sind. Ich würde trotzdem gerne Fußball schauen, weil mich dieses Spiel sehr interessiert. Die Party beginnt ja schon um sieben. Ich schlage vor, dass wir zusammen zu deiner Tante gehen und ich mich gegen neun dort verdrücke. Was meinst du? Ist das für dich denkbar oder hast du einen anderen Vorschlag, wie wir beides unter einen Hut bringen können?“

Marc Bareth und seine Frau stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Bareth ist der Leiter dieser Arbeit. 2020 ist sein Buch „Beziehungsstark“ erschienen. Er bloggt unter familylife.ch/five.

 

Enttäuscht von meinem Kind

Gerade, wenn sie erwachsen werden, entsprechen Jugendliche oft nicht dem Bild, das ihre Eltern von ihnen haben. Stefanie Diekmann über die schädliche Dynamik der Enttäuschung und wie wir sie durchbrechen können.

Die kleinen Dinge des Alltags geben dem Zusammenleben von Eltern und Jugendlichen immer wieder ganz neue Facetten. Bei uns jedenfalls. Neue Themen fordern neu heraus: Freundschaften verändern sich, Lieblingsessen sind plötzlich tabu und Familienrituale „laaangweilig“. Der Support beim Jeanskauf ist jetzt überlebenswichtig, wie auch die offene Tür für Wochenendbesuche. Zu vielen Themen finden Eltern Rat in Online-Artikeln oder Messenger-Gruppen. Zu einem Thema habe ich jedoch wenig gefunden: die Enttäuschung über unser Kind. In manchen Momenten ist mir mein Kind innig vertraut und herzensnah. In vielen Situationen leben wir das mit einer unaufgeregten Vertrautheit. Je älter das Kind und je deutlicher sichtbar die Persönlichkeit durch ausgedrückte Emotionen und Handlungen wird, desto mehr greift aber die Dynamik der Enttäuschung.

UNERFÜLLTE WÜNSCHE

Aber darf ich als Mutter enttäuscht von meinem eigenen Kind sein? Vorsichtig teste ich und formuliere eher: „Ich mache mir Sorgen …“ oder „Ich verstehe nicht, warum …“. Der Austausch über Enttäuschungen ist scheu wie eine Maus in unserer Abstellkammer. Ich wage es nur selten, meine Gedanken über meine innere Zerrissenheit zu teilen. Ich bin nicht gewohnt, über wirkliche Herzensthemen zu sprechen. Ja, über das unaufgeräumte Teenie-Zimmer reden – das geht. Aber tiefergehende Gedanken behalte ich lieber für mich. In der Psychologie gibt es eine Sicht auf diese Irritation zwischen mir und dem gleichzeitig fremden und so nahen Kind. Die Definition des Begriffes Enttäuschung ist da– rauf zurückzuführen, dass die Betroffenen darunter leiden, dass ihre Wünsche oder Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen sind. Wenn die Wünsche der Eltern nicht erfüllt wurden, entsteht bei ihnen Kummer.

INNERE BILDER

Das kenne ich von kleinen Alltagsmomenten: Lange schon fordert mich heraus, dass ich einen unsicheren jungen Mann am Tisch habe. Menschen irritieren ihn, fordern ihn, und ich habe keine Ahnung, ob er eine Meinung zu bestimmten Themen hat. Alle Tipps aus Internetforen und von Freunden greifen nicht. Wenn ich ehrlich bin, eskaliert es schon in mir, wenn ich spüre, dass unser Kind sich im Raum näher zu mir orientiert. Immer wieder bekomme ich Rückmeldungen, wie wichtig es sei, dass ich meinen Heranwachsenden zu Mut ermutige. Ich möchte meinen Part gut erfüllen und habe das Gefühl, mein schweigender, kopfschüttelnder, abwehrender und farbloser Sohn tut das nicht. Harte Worte? Er soll bald im Beruf stehen, gehört werden, eine Beziehung gestalten. Wie? So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Nach überstandenen Stresssituationen sammelt sich in mir eine Mischung von Erschöpfung und Ratlosigkeit, die mich in meinem mütterlichen Handeln lähmt. Das innere Bild von meinem Jugendlichen nehme ich mit zur nächsten Großfamilienfeier, wo jede und jeder meinen Sohn ausfragt und kaum Antworten bekommt. Das Bild wird verstärkt beim Besuch im Museum, wo mein Sohn murrt und keine Ruhe zum Verweilen hat. Ich schlucke den Frust des Tages herunter und will mein verspanntes Herz ausschütteln, nur um festzustellen: Das Gefühl der Verunsicherung und des inneren Abwehrens klebt an mir.

GEDANKENSPIRALE

Die Dynamik der Enttäuschung kann vor allem zerstörerisch sein, wenn ich nicht hinsehe. Die inneren Enttäuschungsmomente führen mehr und mehr in eine Gedankenspirale der Distanz. Und diese Distanz spürt mein Kind als Verunsicherung. Sogar vor Gott, dem ich doch vertraue, fällt es mir schwer, ehrlich zu sein. Ich bin enttäuscht. Es läuft nicht. Das kann vieles sein: Mein Kind ist nörgelig oder unmusikalisch oder ängstlich oder unfreundlich oder unsportlich … Dabei ist es wichtig, meine Enttäuschung anzusehen und auszusprechen. Wenn ich wegsehe, machen mich die gesammelten Enttäuschungsmomente immer weniger liebesfähig. Enttäuschungen haben so viel mit meinen Hoffnungen, Wunschvorstellungen und Erwartungen zu tun. Bei Enttäuschungen handelt es sich um eine subjektive Wahrnehmung. Das bemerke ich allein dadurch, dass mein Mann ganz anders mit bestimmten Situationen umgeht. Es ist wichtig, meine Emotionen, Erwartungen und Handlungen zu verstehen, um letztendlich meinen Frieden mit der ungewohnten Enttäuschung zu schließen. Ich wäre so gern verständnisvoll. Ich verstehe gerade mein Kind nicht. Ich hatte es mir anders vorgestellt. Je mehr ich meinen Kummer vor Gott ausbreite, desto mehr fällt mir mein „Ich“ auf. Ja, mein Kind ist vom Charakter und vom Handeln her anders, als ich es mir ausgemalt habe. Es geht aber tatsächlich um mich in dieser schmerzhaften Herzensverkalkung.

 

Die Entwicklung einer Persönlichkeit ist keine Gleichung: Liebe rein – Charakter raus.

Stefanie Diekmann

 

EIGENE ERWARTUNGEN

Die Dynamik der Enttäuschung hat etwas mit meinem Bild von meinem Kind und besonders mit meinem Bild von mir als Mutter zu tun. Die Enttäuschung fühlt sich so an, als würde ich meinen eigenen Erwartungen nicht gerecht. Hinter jeder Enttäuschung steckt meine persönliche Hoffnung oder ein Versprechen, das nicht in Erfüllung gegangen ist. Die ursprüngliche Erwartung war demnach höher als das tatsächliche Ergebnis. Und spätestens hier werde ich wach: Die Beziehung zu meinem Kind ist für mich keine abrufbare Investition. Sie ist ein offener Prozess voller Nähe- und Distanzübungen. Wenn nun diese Dynamik der Enttäuschung erneut loslegen will, möchte ich mich hinterfragen: Die Entwicklung einer Persönlichkeit ist keine Gleichung: Liebe rein – Charakter raus. Eine Idee oder ein Plan können sich ändern, Misserfolge können passieren. Das sind die natürlichen Aufs und Abs des Lebens. Situationen, die nicht meinen Erwartungen gerecht wurden, sollten nicht immer als eine komplett negative Situation gewertet werden. Ich darf in jeder Zeit versuchen, der Situation etwas Positives abzugewinnen und es als Chance für Eltern und Kind zu betrachten. Ich möchte versuchen, den irritierenden Charakterzug oder die Situation objektiv zu beurteilen und zu hinterfragen: Schadet das Verhalten meinem Kind? Was erzählt mir mein Kind mit seinem Agieren? Als Mutter kann ich Vorbild sein und einen Platz zum Austausch unserer Gefühle finden, um diese zu verarbeiten. Zusammen mit dem Jugendlichen oder bewusst ohne ihn, nur für mich.

SCHRITTE AUS DEM SCHWEIGEN

Um einen Schutzraum der Entwicklung zu gestalten, verzichte ich auf negativ festlegende Gedanken und Aussagen über mich. Mich als Mutter an den Pranger zu stellen und mir Vorwürfe zu machen, belastet nicht nur mich, sondern auch die Nähe zum Kind. Wenn Erwachsene zu ihren Eltern befragt werden, wird oft ein Gefühl benannt, das aus der Dynamik der Enttäuschung entstanden ist: „Ich konnte meinen Eltern nichts recht machen.“ „Meine Eltern hatten sich ihren Sohn wohl anders vorgestellt!“ Das will ich nicht. Um Annahme und Begleitung zu verbinden, gebe ich meine Vorstellungen, Hoffnungen und Wünsche ganz bewusst an Gott zurück. Ich ringe um ein Miteinander im Heute, das meinem tastenden Jugendlichen ermöglicht, sich angenommen und geliebt zu wissen und dennoch Hinweise von mir zu prüfen oder eine Rückmeldung gewinnbringend zu verarbeiten. Diese Tatsache zwingt mich zu manchmal schmerzhaften Übungen im Alltag: Ich lächle meinen Jugendlichen an, wenn er den Raum betritt.mIch kommentiere das Agieren meines Sohnes nicht, es sei denn, er fragt mich. Ich frage: Wie ging es dir? Was schlägst du vor? Vielleicht finden wir zusammen so eine Idee für mutige Schritte aus dem Schweigen. Solange bleibe ich in der Übung, das Gute zu sehen und zu benennen. Solange, bis es meinen Sohn über Unsicherheiten hinwegträgt. PS: Unser Sohn ist charakterlich nicht wie der skizzierte Sohn. Wir haben andere Themen miteinander, die aber nicht öffentlich zu lesen sein werden.

Stefanie Diekmann ist Gemeindereferentin in Göttingen, verheiratet und Mutter von drei (fast) erwachsenen Kindern.

Im Familien-Chaos? Expertin verrät: Eine gemeinsame Vision kann die Lösung sein

Beraterin Adelina Friesen hilft ratlosen Familien dabei, wieder zueinander zu finden. Sie ist überzeugt: Eine Vision kann dabei helfen.

Warum suchen Familien nach Visionen?

Der eigentliche Anlass kann sehr unterschiedlich sein. Allgemein gilt: Eine Vision kann im Alltag helfen. Wenn eine Familie ein gemeinsames Ziel hat, wenn alle zusammen überlegt haben, wer sie sein wollen, dann können sie im Alltag einfacher Entscheidungen treffen. Oft kommen Familien durch Krisen und Herausforderungen zu einer Visionssuche. Jetzt gerade durch die Pandemie ist das eingespielte Familienleben auf den Kopf gestellt, und ich erlebe häufig, dass Familien sich neu orientieren wollen: Was machen wir eigentlich mit unserer Zeit? Vor allem: Was machen wir mit unserer gemeinsamen Zeit? Was wollen wir? Wo wollen wir hin? Und wie können wir das gestalten?

Geht es nicht auch ohne Vision?

Natürlich geht es auch ohne Vision. Ich denke allerdings, dass viele Familien eine Vision und bestimmte Werte haben, auch wenn sie diese nicht direkt formuliert haben.

Visionen bringen Partner zusammen

Aber du empfiehlst Familien, eine gemeinsame Vision zu entwickeln und zu formulieren?

Ja. Es gibt eine unglaubliche Lebensqualität, zu wissen, wofür man lebt, und das auch umzusetzen. Eine Mutter von drei Kindern sagte mal im Anschluss an den Prozess: „Ich war überrascht, wie wenig ich über meine Familie wusste.“ Sie waren als Familie an einem Punkt angekommen, wo sie nicht mehr zueinander finden konnten. Der Mann hat viel gearbeitet, beide waren sehr engagiert, sie waren viel unterwegs und dabei ist einiges untergegangen. Sie waren hinterher sehr dankbar, weil sie wieder Wege zueinander gefunden haben. Sie haben sogar am Ende gemeinsame Freizeitaktivitäten gefunden, was vorher problematisch war.

Was ist wichtig?

Wie läuft so eine Beratung ab?

Es ist wie ein großes Brainstorming. Einer der wichtigsten Momente in dem ganzen Prozess ist, dass man sich Zeit nimmt, jedem zuzuhören. Das hört sich einfacher an, als es in der Realität ist. Familien haben eingespielte Muster, die schnell sichtbar werden. Ich erkläre den Prozess mal am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern: In die Mitte eines Plakates wird ein Kreis gemalt. Dann werden Kreise um diesen inneren Kreis gemalt, für jedes Familienmitglied einen. Jedes Kind und jeder Erwachsene darf dann sagen, welche Werte ihm oder ihr wichtig sind, zum Beispiel Ehrlichkeit oder Freundlichkeit oder Ruhe. Alle anderen müssen zuhören. Die Begriffe werden dann in den Kreis geschrieben, der zur betreffenden Person gehört. Anschließend wird das Plakat aufgehängt. Gemeinsam schauen wir es uns an. Dadurch, dass in dieser Phase jedem zugehört wird, entstehen sehr wertvolle Momente, weil auch die Familienmitglieder mitunter überrascht sind, was die anderen Personen wichtig finden.

Nach dieser Brainstorming-Phase wird sortiert. In den mittleren Kreis werden die gemeinsamen Werte geschrieben, die wir im Gespräch finden. Das sind die Familienwerte. Alle Familienmitglieder müssen mit ihren Vorstellungen darin vorkommen. Wichtig ist, dass diese Werte visualisiert werden. Es gibt außerdem eine sehr wichtige Regel: Der Einzelne darf nicht übergangen werden und muss in seinen Wünschen ernst genommen werden.

Wichtige Fragen

Kannst du uns Tipps geben, wie Familien selbst eine gemeinsame Vision finden können?

Man könnte zu Hause eine Art Familienkonferenz daraus machen. Wichtig ist, dass man einen Raum schafft, in dem man nicht abgelenkt wird. Folgende Fragen können ins Gespräch führen:

Was macht uns als Familie aus?
Welche Ziele haben wir?
Wie wollen wir miteinander umgehen?
Haben wir Vorbilder?
Was gefällt uns bei anderen Familien gut?

Wie kann man kleine Kinder da einbinden?

Mit Fragen wie:

Was ist deine schönste Erinnerung?
Was ist dein schönstes Erlebnis mit uns als Familie?
Was magst du an unserer Familie?
Was macht uns als Familie glücklich?

Prozess lohnt sich auch mehrmals

Und wie geht‘s dann weiter?

Indem man schaut: Welche Werte sind uns wichtig? Es kann helfen, zunächst zehn Werte zu formulieren und diese dann auf drei zu beschränken. Auch zu Hause können die Werte auf einem Plakat gesammelt werden. Mit kleinen Kindern kann diese Phase sehr chaotisch sein. Da bietet es sich an, den Prozess in Etappen zu gliedern. Je nachdem, wie festgefahren die Kommunikationsstrukturen in der Familie sind, würde ich aber einen Moderator empfehlen. Die Punkte verändern sich auch mit der Zeit. Es lohnt sich, das Gespräch über gemeinsame Werte immer wieder zu suchen.

Adelina Friesen ist Beraterin für Familien und in Ausbildung zur pastoralen Seelsorgerin.
Das Interview führte Lilli Gebhard. Sie ist Lehrerin für Geschichte und Deutsch am Gymnasium und wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart.

Eltern fragen sich: „Sollen wir für die Wohnung unseres Sohnes bürgen?“

Eine Bürgschaft ist schnell abgeschlossen, kann aber weitereichende Folgen haben. Ein Rechtsanwalt gibt Tipps für Eltern.

„Unser Sohn hat uns gefragt, ob wir für seine neue Wohnung eine Bürgschaft übernehmen würden. Da unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind, fällt es uns schwer, ihm das zuzusagen. Was würde denn im schlimmsten Fall auf uns zukommen?“

Zunächst ist die Frage zu stellen: Geht es um die Miete oder den Kauf der Wohnung? Dann: Ist die Bürgschaft auf einen gewissen Teil beschränkt oder auf alles? Verfügen Sie über ein gewisses Vermögen? Besitzen Sie etwa ein belastungsfreies Haus, mehrere tausend Euro Rücklagen oder „nur“ eine kleine Rente und leben Sie zur Miete?

Was ist eine Bürgschaft?

In einem Bürgschaftsvertrag verspricht man als Bürge, dass man, falls die Person, für die man bürgt, eine Verbindlichkeit nicht zahlen kann, diese gegenüber dem Gläubiger ausgleichen wird. Dies ist üblich bei Kredit-, aber auch bei Mietverträgen – wie im Beispiel Ihres Sohnes. Der Umfang und das Risiko einer Bürgschaft ist vom Vertrag abhängig.
Bei Mietverträgen haftet man für alle Forderungen aus dem Mietvertrag, bei Darlehensverträgen für das gesamte Darlehen, wenn es schiefgehen sollte. Es gibt sogenannte Höchstbetragsbürgschaften. Dort kann man den Betrag, für den man im Zweifel haftet, festschreiben.

Die Höhe der Bürgschaft festschreiben

Wenn Sie also für einen Mietvertrag bürgen wollen, sollten Sie im Vorhinein die Höhe der Bürgschaft festschreiben. Ansonsten könnte es Ihnen passieren, dass der Sohn auszieht, seine Freundin aber nicht, und der Mietvertrag einfach weiterläuft. Dann könnte nach mehreren Jahren der Vermieter auf Sie zukommen und die offenstehenden Mietbeträge von Ihnen fordern. Dasselbe gilt auch für Kreditverträge. Wenn man unbeschränkt bürgt, kann tatsächlich das gesamte angesparte Vermögen verloren sein.

Wenn kein Vermögen da ist und man unterhalb der Pfändungsfreigrenze Einkommen hat, kann man auch unbeschränkt bürgen. Man bürgt zwar, kann aber zwangsweise nicht zur Zahlung geführt werden. Für jeden, der Einkommen, also laufende Einnahmen hat, hat der Gesetzgeber einen Mindestbetrag an pfändungsfreiem Einkommen festgeschrieben. In normalen Haushalten wird man nichts Pfändbares finden.

Reden Sie mit ihrem Kind!

Die Bürgschaft hat aber oft auch eine emotionale Seite, die ein Problem sein könnte. Erwartet Ihr Sohn, dass Sie als seine Eltern für ihn bürgen? Diesen Druck sollte man unbedingt aus der Situation herausnehmen. Vielleicht ist die Frage nach der Bürgschaft auch eine Möglichkeit, über die Fragen des finanziellen Ergehens Ihres Sohnes zu sprechen? Oft fehlt nämlich, insbesondere bei Mietverträgen, die sogenannte Bonität. Das ist oft ein Zeichen, dass irgendwelche Verträge schon geplatzt sind. Das Problem sollte man grundständig angehen und darüber sprechen. Aber auch dort: Bitte keinen Druck aufbauen, zuhören und Lösungsalternativen finden.

Wenn eine Wohnung eigentlich nicht finanzierbar ist (mehr als 30-50 Prozent des Einkommens dadurch gebunden werden), ist die Inanspruchnahme vorprogrammiert. Die Weisheit „Über Schulden spricht man nicht“ ist auch im verwandtschaftlichen Rahmen nicht sinnvoll. Schweigen ist dann nicht Gold.

Steffen Bundrück ist Rechtsanwalt in Bochum und vertritt als Fachanwalt für Insolvenzrecht hauptsächlich Menschen, die Verbindlichkeiten haben.

Sollen wir für ihn bürgen?

„Unser Sohn hat uns gefragt, ob wir für seine neue Wohnung eine Bürgschaft übernehmen würden. Da unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind, fällt es uns schwer, ihm das zuzusagen. Was würde denn im schlimmsten Fall auf uns zukommen?“

Zunächst ist die Frage zu stellen: Geht es um die Miete oder den Kauf der Wohnung? Dann: Ist die Bürgschaft auf einen gewissen Teil beschränkt oder auf alles? Verfügen Sie über ein gewisses Vermögen? Besitzen Sie etwa ein belastungsfreies Haus, mehrere tausend Euro Rücklagen oder „nur“ eine kleine Rente und leben Sie zur Miete?

In einem Bürgschaftsvertrag verspricht man als Bürge, dass man, falls die Person, für die man bürgt, eine Verbindlichkeit nicht zahlen kann, diese gegenüber dem Gläubiger ausgleichen wird. Dies ist üblich bei Kredit-, aber auch bei Mietverträgen – wie im Beispiel Ihres Sohnes. Der Umfang und das Risiko einer Bürgschaft ist vom Vertrag abhängig.
Bei Mietverträgen haftet man für alle Forderungen aus dem Mietvertrag, bei Darlehensverträgen für das gesamte Darlehen, wenn es schiefgehen sollte. Es gibt sogenannte Höchstbetragsbürgschaften. Dort kann man den Betrag, für den man im Zweifel haftet, festschreiben.

Die Höhe der Bürgschaft festschreiben

Wenn Sie also für einen Mietvertrag bürgen wollen, sollten Sie im Vorhinein die Höhe der Bürgschaft festschreiben. Ansonsten könnte es Ihnen passieren, dass der Sohn auszieht, seine Freundin aber nicht, und der Mietvertrag einfach weiterläuft. Dann könnte nach mehreren Jahren der Vermieter auf Sie zukommen und die offenstehenden Mietbeträge von Ihnen fordern. Dasselbe gilt auch für Kreditverträge. Wenn man unbeschränkt bürgt, kann tatsächlich das gesamte angesparte Vermögen verloren sein.

Wenn kein Vermögen da ist und man unterhalb der Pfändungsfreigrenze Einkommen hat, kann man auch unbeschränkt bürgen. Man bürgt zwar, kann aber zwangsweise nicht zur Zahlung geführt werden. Für jeden, der Einkommen, also laufende Einnahmen hat, hat der Gesetzgeber einen Mindestbetrag an pfändungsfreiem Einkommen festgeschrieben. In normalen Haushalten wird man nichts Pfändbares finden.

Offen reden

Die Bürgschaft hat aber oft auch eine emotionale Seite, die ein Problem sein könnte. Erwartet Ihr Sohn, dass Sie als seine Eltern für ihn bürgen? Diesen Druck sollte man unbedingt aus der Situation herausnehmen. Vielleicht ist die Frage nach der Bürgschaft auch eine Möglichkeit, über die Fragen des finanziellen Ergehens Ihres Sohnes zu sprechen? Oft fehlt nämlich, insbesondere bei Mietverträgen, die sogenannte Bonität. Das ist oft ein Zeichen, dass irgendwelche Verträge schon geplatzt sind. Das Problem sollte man grundständig angehen und darüber sprechen. Aber auch dort: Bitte keinen Druck aufbauen, zuhören und Lösungsalternativen finden.

Wenn eine Wohnung eigentlich nicht finanzierbar ist (mehr als 30-50 Prozent des Einkommens dadurch gebunden werden), ist die Inanspruchnahme vorprogrammiert. Die Weisheit „Über Schulden spricht man nicht“ ist auch im verwandtschaftlichen Rahmen nicht sinnvoll. Schweigen ist dann nicht Gold.

Steffen Bundrück ist Rechtsanwalt in Bochum und vertritt als Fachanwalt für Insolvenzrecht hauptsächlich Menschen, die Verbindlichkeiten haben.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com