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„Romantik“

CAREPAKETE, TEELICHTPFADE UND ADVENTSKALENDER MIT GEHEIMAGENTIN – Katharina und Hauke zeigen sich ihre Liebe gerne auf kreative Weise, auch wenn dazu im Moment wenig Zeit bleibt.

Katharina: Ich rede mit unserer Amelie ( 9) über das Thema des nächsten Family-Artikels: Romantik, Aufmerksamkeit, Kreativität zwischen Mama und Papa. Dass es sich verändert hat, zumindest in dieser Lebensphase, sich inzwischen eher auf Kleinigkeiten reduziert. Amelie meint keck, ich könnte ja erwähnen, dass Papa mir immer so waaahnsinig kreative Geschenke zu Weihnachten macht; ihr fiele da der Zahnputzbecher ein! Ich freue mich, dass unsere Kinder so humorvoll sind! Ansonsten würden sie es bei uns nicht aushalten! Doch die Wahrheit ist: Unsere Ehe hat ein meterdickes Fundament von liebevollen, aufwendigen und kreativen Aufmerksamkeiten. Es fing mit Carepaketen und mich umwerbenden Briefen in meiner Ausbildungs- und Prüfungszeit an, ging weiter mit gegenseitigen Überraschungsbesuchen in den ersten vier Jahren Fernbeziehung und später dann wunderbar geplanten Jahrestagen mit geheimen Ausflugszielen. Ein Höhepunkt war ein aufwendig inszeniertes Adventskalender-Abenteuer mit Geheimagentengeschichte, das viele Rätsel und kleine Aufmerksamkeiten beinhaltete und an einem vollständig geschmückten Weihnachtsbaum mit leiser Musik mitten im Wald endete – das Geschenk: ein Wochenende in Paris! Wie Hauke mir den Heiratsantrag gemacht hat, würde hier den Rahmen sprengen. Die fiktive Agentin aus dem Adventskalender wurde auch später eingesetzt, um Hauke von unseren Schwangerschaften zu berichten; mit aufregender Schnitzeljagd durch die halbe Stadt mit einem Hotel als Zielort, in dem Hauke von mir erwartet wurde. Ein anderes Mal erreichte uns ein Anruf der Agentin in dem Schlossrestaurant, in dem wir gerade saßen. Sie machte ihn auf einen Knicklichterpfad im Burghof aufmerksam, der zu einer Schatzkiste im Burghof führte, in der die Babyschühchen lagen. Zum Geburtstag ein Teelichterpfad durch das verwinkelte Freizeitheim mitten im Wald. Ziel: Sein Zimmer, in dem ich ihn mit seinem Geschenk – einer kleinen Katze – erwartete. Wir wissen wohl, dieser Einsatz ist keinesfalls Standard und nicht ständig aufrechtzuerhalten. Es sind kostbare Schätze! Für Zeiten wie diese, wo im Alltag mit fünf Kindern, der Arbeit, dem Haus und all den Verpflichtungen – wenn überhaupt – nur Zeit bleibt für „mal eben kurz drücken“ oder „heute Abend mal ein Film?“ Nachdem man einen ganzen Tag bemüht war, die Bedürfnisse von fünf nimmersatten Kindern weitestgehend zu erfüllen, ist oft der Akku leer. Dann geht die Romantik über ein Teelicht im Schlafzimmer nicht hinaus. Wenngleich romantische Aktionen seltener stattfinden, freue ich mich doch, wenn ich von Valentina (7) den Satz höre: „Die haben sich dolle lieb – so wie Mama und Papa!”

bildschirmfoto-2016-02-17-um-16-25-10-80x80Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

IN DER RUSH-HOUR DES LEBENS – Hauke ist für kleine romantische Überraschungen sehr offen – Mann hin oder her.

Hauke: Letztens hat mich meine Frau abends vom Bahnhof abgeholt. Mitten im Strom der Vorbeihastenden stand sie auf dem Bahnsteig. Als ich ihr entgegenging, sah ich, dass sie ihre Hände schützend um einen kleinen Gegenstand gelegt hatte. Ich stehe vor ihr und sie öffnet ihre Hände: in einem kleinen Ton-Herz flackert ein Teelicht. „Ein brennendes Herz voller Liebe für dich”, sagt sie, während der raue Herbstwind an der Flamme rüttelt. Ich denke gerne an diese Szene zurück, an der mich nur eine Kleinigkeit stört: Sie ist 18 Jahre her. Wenn Katharina mich heute abholen würde, dann mit fünf lärmenden Kindern im Schlepptau, einem Ikea-Einkaufszettel in der Hand und einer noch längeren To-do-Liste im Kopf. Großfamilien-Alltag eben. Schade eigentlich, denn ich bin trotz männlicher Ratio-Fixierung ein sehr romantischer Mensch, wirklich! Damit meine ich keine kitschigen Sonnenuntergänge, sondern die liebevollen Überraschungen, mit denen man verklärte Erinnerungen schafft und die gemeinsame Geschichte prägt. Ich kenne Leute, die haben beiläufig vor dem Juwelierschaufenster ihre Freundin gefragt, ob sie heiraten sollten, wo sie doch grad schon mal da sind. Andere stellen die Frage aller Fragen beim Ausfüllen der Steuererklärung. Ich fürchte: Wer wegen Ehegattensplitting heiratet, wird genau das später auch erleben. Darum: Bringen wir mehr Glanz in die Welt und in unsere Beziehung! Klar, früher war mehr Zeit und Muße vorhanden, um romantische Ideen zu entfalten. In der Rush-Hour des Lebens, also der Phase von Familiengründung, beruflicher Etablierung und Hausbau, wollen wir uns nicht in Aufgaben und Pflichten verlieren, sondern mehr sein als ein funktionierendes Familienunternehmen! Denn der stupide Trott ist auch das Resultat von Prioritätensetzungen: Als frisch Verliebter war es toll, heimlich in die Stadt zu fahren und ihr einen Blumenstrauß hinter den Scheibenwischer zu klemmen, heute denke ich mir, dass auch Blumen leben möchten. Na gut, das letzte ist eine Schutzbehauptung. Ich tu mich einfach schwer mit dem Gedanken, 20 Euro für etwas auszugeben, was zwei Tage lang duftet und eine Woche lang stinkt, bis sich jemand erbarmt und die toten Tulpen auf dem Kompost beerdigt. Mein Geheimtipp: das Teelicht! Der natürliche Weichzeichner für Haut über 40! Der preiswerte Stimmungsstabilisator, den man im Handumdrehen verschwenderisch verteilen kann! Der offene Kamin des kleinen Mannes! 30 Teelichter verwandeln jeden Reihenmittelhausgarten in eine zauberhafte Landschaft – und versöhnen mich auch mit den leidigen Ikea-Einkäufen. Und da ich an vielen Stellen sicher nicht das Licht der Welt bin, will ich wenigstens eines sein: das Teelicht meiner Ehe.

bildschirmfoto-2016-02-17-um-16-23-30-80x80Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die
beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.