Beiträge

Body Positivity: Mit diesen 4 Hacks lernt Ihr Kind seinen Körper lieben

„Mama, ich bin zu dick“ – oft kommen solche Sätze schon im frühen Teenie-Alter. Therapeutin Melanie Schüer erklärt, wie Eltern gegensteuern können.

Auch Kinder werden von Schönheitsidealen beeinflusst und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper fängt oft früher an, als Eltern lieb ist. Fünf Dinge können Sie tun, um Ihr Kind bei einer positiven Einstellung zum eigenen Körper zu unterstützen:

1. Seien Sie ein Vorbild bei der Selbstannahme

Kinder lernen viel durch Nachahmung. Sie beobachten intensiver, als man oft meint. Deshalb: Achten Sie ab dem Kleinkindalter darauf, wie Sie mit Ihrem Körper umgehen und wie Sie über ihn sprechen. Jammern Sie nicht über Ihre Figur, sondern drücken eher mal Positives aus: „Den Pulli finde ich toll, der steht mir!“

Extremdiäten sind nicht nur für Sie ungesund, sondern auch für Ihre Kinder ist es schädlich, wenn sie sehen, dass ein Elternteil sich beim Essen extrem einschränkt. So können sie nicht lernen, Genuss und Gesundheit miteinander in Einklang zu bringen. Erklären Sie stattdessen, warum der Körper zum Beispiel Vitamine braucht, dass zu viel Zucker ihn krank machen kann etc.

2. Steigern Sie Spaß an Bewegung

Bewegung und Sport sind sehr förderlich für Body Positivity. Dabei sollte es nicht primär um das Erreichen eines Schönheitsideals oder sportliche Bestleistungen gehen, sondern um die Freude an der Bewegung, die gesundheitlichen Vorzüge von regelmäßigem Sport und das gute Gefühl, das sich durch die Ausschüttung von Glückshormonen entsteht. Deshalb versuchen Sie, regelmäßig spaßige Bewegung einzubauen – zum Beispiel Trampolin springen, Seilspringen, Federball im Garten oder Park, Fangen spielen, Spazierengehen und dabei Steine, Kastanien, Stöcke oder ähnliches sammeln … Seien Sie geduldig, wenn Ihr Kind mehrere Sportarten ausprobiert. Viele Kinder brauchen eine Weile, bis sie das Richtige gefunden haben.

Erklären Sie Ihrem Kind, dass Sport gesund ist (zum Beispiel für das Herz-Kreislauf-System, den Rücken, die Konzentration, aber auch die Stimmung und das Wohlbefinden) und es sich selbst damit etwas Gutes tut. Machen Sie aber auch klar, dass es nicht darum geht, abzunehmen oder der/die Beste zu sein.

3. Seien Sie offen für Vielfalt

Wenn Ihr Kind fragt, warum jemand anders aussieht als andere, dann erklären Sie das respektvoll und machen Sie deutlich: Es ist nicht schlimm, anders zu sein. Jeder ist einzigartig, wir sind alle verschieden. Das ist okay und gut so. Lesen Sie mit Ihrem Kind Bücher, die Toleranz und Mut zum Anderssein stärken, beispielsweise „Das kleine Ich bin Ich“ von Mira Lobe oder „Irgendwie anders“ von Kathryn Cave.

4. Unterstützen Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes

Wenn Ihr Kind sich insgesamt wertvoll fühlt, dann kann es auch besser seinen eigenen Körper lieben. Überschütten Sie es nicht mit Lob – aber ermutigen Sie es immer wieder. Sagen Sie Ihrem Kind ruhig regelmäßig, was Sie an ihm besonders hübsch finden oder was es gut kann – auch körperlich. Vielleicht kann es beispielsweise gut klettern, tanzen, schnell rennen, etwas Schweres tragen oder ähnliches. Oder, wenn es krank war, betonen Sie: „Nun bist du schon wieder gesund, da hat dein Körper echt gut gearbeitet, um wieder fit zu werden!“

Betonen Sie eher seine Anstrengung als die Ergebnisse. Freuen Sie sich mit ihm oder zeigen Sie einfach Interesse, indem Sie Fragen stellen zu dem, was Ihr Kind interessiert. Sagen Sie auch immer mal wieder, wie lieb Sie Ihr Kind haben und wie wichtig es Ihnen ist. Dass es richtig ist, ganz besonders ist – genau so, wie es ist. Zwei tolle Bücher dazu: „Du bist einmalig!“ von Max Lucado und „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?“ von Sam MacBratney.

Melanie Schüer ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Autorin (neuewege.me).

Lerncoach: Auch Menschen 50+ können Neues lernen, wenn die Voraussetzungen stimmen

Auch Senioren können noch Sprachen, Instrumente oder einen neuen Sport lernen. Coach Annette Penno erklärt, welche fünf Tricks dabei helfen.

„Wirst du es nicht bereuen? Wenn du jetzt aufhörst, wird das später viel schwerer. Denn was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr …“ Ich war in der Grundschule und hatte meinem Vater gerade erklärt, dass ich keinen Bock mehr auf den blöden Klavierunterricht hatte, den ich bekam. Wobei mich genau genommen meine Lehrerin langweilte – und nicht das Instrument. Und jetzt hingen die Worte meines Vaters wie eine dunkle Wolke in der Luft. Denn seine Warnung war zugegeben eine schlimme Vorstellung für mich: Ein Leben als Erwachsene in ewigem Bedauern darüber, dass ich eine Chance meines Lebens für immer verspielt hatte! Sollte das Sprichwort wahr werden? Lieber nicht. Also hielt ich noch ein weiteres Jahr durch und lernte viel. Nur leider eins nicht: Klavier spielen.

Lernen ist auch im Alter möglich

Damit Lernen leicht und mit Freude funktioniert, ist immer ein günstiges Umfeld notwendig. Und der Eindruck, dass etwas Neues zu lernen dem Gehirn umso schwerer fällt, je älter man ist, lässt sich ja nicht einfach so von der Hand weisen: Die Vokabeln fürs Urlaubsland wollen einfach nicht so gut hängen bleiben, wie man sich das denkt. Die jungen Wilden sind beim Bouldern oder Reiten so schnell so viel besser als man selbst. Und das Pauken für die Prüfung der Weiterbildung dauert gefühlt dreimal so lang wie zu Schulzeiten. All das erlebt man oft, wenn man sich an ein neues Lern-Unterfangen heranwagt. Außerdem es ist unangenehm, wenn einen das Gefühl beschleicht, dass man das nicht (mehr) hinkriegt! Lernt unser Gehirn im Erwachsenenalter also schlechter als in jungen Jahren? Lohnt sich der Aufwand überhaupt – auch gemessen am Frust, den man verdauen muss?

Die Erkenntnisse der Hirnforschung zur Lernfähigkeit des Gehirns machen Mut: Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, ist es tatsächlich so, dass zeitlebens neue Nervenzellen im Gehirn gebildet werden. Die Fähigkeit zur Veränderung unserer Gehirnstrukturen hört nicht auf, nur weil wir erwachsen sind. Ein gesundes Gehirn, das älter wird, ist also nicht wie ein statisches Gebäude, an dem unweigerlich der Zahn der Zeit nagt und das nach und nach verfällt. Es ist ein sehr flexibles, phänomenales Etwas, das durch unser Denken permanent bewegt und in seinen Netzwerken aus Nervenzellen umgebaut werden kann. Wir können mit unserem Geist bis zum Lebensende Neues lernen. Und da wir ohnehin nur zehn Prozent unserer verfügbaren Gehirnmasse benutzen, ist die intelligente Reserve zwischen unseren Ohren schier endlos.

Das Gehirn braucht Training

Dass unsere Lebenserfahrung uns dennoch so oft ein anderes Bild malt, liegt meiner Erfahrung und Beobachtung nach vor allem an zwei Dingen: Zum einen ist Lernen ein enorm komplexer und damit auch sehr störanfälliger Prozess. Es gibt einige Faktoren, die den Erfolg sehr beeinträchtigen oder hinausschieben können. Und zum anderen ist es mit unserem Gehirn wie mit einem Muskel. Wer seinen Geist gut im Training hat – indem er zum Beispiel liest, nachdenkt, für Perspektivwechsel, Haltungsänderungen und Neues offen ist –, kommt auch besser voran.

Wenn wir uns also bestimmte Störfaktoren bewusst machen und sie ausschalten, ist schon viel gewonnen. Und wenn wir uns dann noch entscheiden, lebenslang Lernende zu sein und mit einer Wachstumshaltung durch den Alltag zu gehen, wird sich der stetige Lernfortschritt kaum aufhalten lassen.

Lassen Sie sich nicht ablenken!

Geringe Konzentration: Um voll bei der Sache sein zu können, brauchen wir einen freien Kopf. Das ist im Arbeitsleben oft viel schwieriger als zu Schulzeiten, weil unsere Verantwortungsbereiche größer geworden sind. Kreisende Gedanken an den Anruf bei der Schwiegermutter oder den Knatsch mit dem Chef müssen erst einmal gestoppt werden, damit sie uns nicht ablenken. Dafür alles, was sich in drei Minuten erledigen lässt, am besten vor der Lern- oder Trainingsphase erledigen. Das, was man nicht vergessen will, auf einen Zettel notieren und ihn bis zur Bearbeitung bewusst an einen anderen Ort legen. Alle äußeren Reize, die ablenken, so gut es geht aussperren oder eliminieren.

Für einen guten Fokus ist außerdem ein gut gefüllter Energietank wichtig: Wenn das letzte Drittel anbricht, fällt die Konzentration naturgemäß schwer. Daher am besten einen Zeitpunkt zum Lernen wählen, an dem man nicht bereits hundemüde oder noch in Hektik ist. Bei Kopfarbeit für Wasser, Nüsse oder Traubenzucker und frische Luft sorgen, gern ein paar Kniebeugen machen oder zum aktuellen Lieblingssong durchs Zimmer tanzen – so kann ein gut versorgtes und angeregtes Gehirn 20 Prozent mehr (!) leisten als bei Unterversorgung.

Finden Sie heraus, was Sie motiviert!

Schwache Motivation: Wenn wir uns das schöne Ziel unseres Lern-Vorhabens vor Augen malen, einen guten Zeitpunkt dafür gewählt haben und die Menge der Aufgabe nicht überfordert, haben wir eine gute Grundmotivation, um loszulegen. Dennoch kann es sein, dass es sich sehr mühsam anfühlt. Da jeder Mensch durch unterschiedliche Dinge motiviert wird, kann es helfen, sich zu überlegen, welche Umstände (auch in anderen Momenten) motivierend wirken und die Stimmung heben. Das kann alles sein, vom Lieblingspulli über einen reizarmen Lernplatz oder schönes Arbeitsmaterial bis zum Witz des Tages, den man sich vorliest. Was auch immer für gute Laune sorgt und einen in den „Ich-bin-großartig-und-kann-das-schaffen“-Modus versetzt, sollte genutzt werden!

Und: Oft wird unterschätzt, wie schwierig das Lernen allein ist. Das jüngste Distanzlernen allein vorm Bildschirm hat nicht ohne Grund eine noch größere Leistungsschere unter Schülerinnen und Schülern hervorgebracht. Egal, wie alt wir sind: Wir sind nicht dafür gemacht, alles allein zu schaffen. Hat man einen Lernpartner oder ein kleines Team, geht es oft leichter, weil man sich gegenseitig anspornen, ausfragen und auch mal bei Bedarf den Lernfrust bei den anderen abladen kann …

Greifen Sie auf Bilder und Eselsbrücken zurück!

Falsche Lernstrategien: Wer sich die Vokabeln schon früher nicht mit Karteikarten oder stumpfem Abschreiben ins Gedächtnis hämmern konnte, dem wird das auch als Erwachsenem nicht plötzlich gelingen. Ist auch kein Wunder: Soll kognitiver Lernstoff ins Hirn, braucht gehirnfreundliches Lernen eigene assoziative Bilder und Emotionen. Die sind quasi das Lieblingsessen für unsere grauen Zellen und gehen gut rein. Sketchnotes, Mnemostrategien oder auch die gute alte Eselsbrücke wären entsprechende Techniken, die man sich aneignen kann und die so „merkwürdig“ sind, dass sie besser im Kopf bleiben.

Seien Sie nett zu sich!

Geschwächte Beziehung: Ausreichend Studien belegen, dass der Lernerfolg zu mindestens 60 Prozent von der Beziehung zur Lehrkraft oder Trainingsperson abhängt. Lernen ist Beziehungsarbeit. Lernt man allein, ist die Art und Weise, wie man mit sich selbst dabei umgeht, umso wichtiger: Wie rede ich eigentlich gedanklich mit mir, wenn mir etwas nicht gleich gelingt? Wie reagiere ich bei Fehlern oder eigenen Schwächen? Das ist ein Hinweis darauf, wo noch ungenutztes Erfolgspotenzial liegt. Denn wir alle brauchen Lob, Nachsicht und Ermutigung – und sabotierende Sätze im gedanklichen Selbstgespräch wie „Mist, schon wieder falsch“, „Bin ich eigentlich blöd?“ oder „Boah, ich kann das echt nicht“ sind hinderlich für Leistung und Laune. Gehen wir also liebevoll mit uns um, damit wir unseren Erfolg nicht selbst ausbremsen.

Besuchen Sie einen Lerncoach!

Innere Blockaden: Wenn uns Missgeschicke oder Fehler im Lernprozess an Negativerfahrungen in unserer eigenen Lernbiografie erinnern, kann es sein, dass wir uns innerlich festfahren und Lernen zum emotionalen Drahtseilakt mit Absturz wird: Plötzlich holt ein bestimmter Gedanke, Satz oder ein ähnliches Setting wie zu Schulzeiten unsere längst vergessenen oder weggesperrten Gefühle wieder hoch. Und dann geht nix mehr. Unser Inneres blockiert und geht in den Widerstand. Erlebte Mini-Traumata wie Beschämung vor oder von anderen, zu viel Druck, verletztes Selbstvertrauen oder missglückte Prüfungserfahrungen legen uns wortwörtlich lahm. Denn die Stresshormone, die unser Körper dann ausschüttet, wirken wie eine Bremse aufs Denken. Und das ist keine Einbildung, sondern eine biochemische Tatsache. Nur ein entspanntes Gehirn lernt gut! Da von allein wieder herauszukommen, ist meist sehr schwierig. Spätestens dann lohnt sich der Gang zum Lerncoach, um diese Blockaden aufzulösen und Hilfen zum Überwinden an die Hand zu bekommen.

Gewiefte Greise

Auch wenn es von der zweiten Lebenshälfte bis zum Greisenalter noch etwas dauern mag: Aus den Erkenntnissen der Neurowissenschaft lässt sich demnach ein ganz anderes Zukunftsszenario entwerfen als das übliche Bild, das die Medien oft in Sachen Alter präsentieren. Ein betagter Hans Dampf statt Demenz, eine gewiefte Alte voller Scharfsinn statt Altersstarrsinn – wäre das nicht toll? Und die Chance auf diese Option ist oft nur eine Entscheidung weit entfernt: Unser Gehirn trainiert zu halten, uns nicht gedanklich festzufahren und immer bereit zu sein, etwas Neues zu lernen und das auch in Angriff zu nehmen. Hilfe gibt es bei Bedarf. Wenn damit unser demografischer Wandel viele Alte mit vielfältigen Fähigkeiten und beeindruckender Weisheit hervorbringen kann, ist das eine faszinierende Vorstellung, an deren Umsetzung ich gern mitwirken will. Deshalb tue ich tatsächlich gerade etwas, das ich schon lange vorhatte: Ich suche ein E-Piano …

Annette Penno praktiziert als Master-LernCoach offline und online in Lübeck: annettepenno.de

Kinder brauchen Bewegung

Bewegung ist für Kinder und Jugendliche enorm wichtig: Sie hält körperlich fit, stärkt das Selbstvertrauen, gleicht Stress aus und macht Spaß. Drei Fragen an Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):

Warum ist Bewegung so wichtig?

Regelmäßige Bewegung, sei es die körperliche Aktivität im Alltag oder beim Sport, fördert eine gesunde Entwicklung. Das gilt für den physischen, psychischen und auch den sozialen Bereich: Bewegung macht Spaß und hält fit, verbraucht Energie und beeinflusst das Gewicht positiv. Darüber hinaus gleicht Bewegung Stress aus. Beim Gemeinschaftssport lernen Kinder und Jugendliche, sich in eine Gruppe einzufinden, gemeinsam ein Ziel zu verfolgen und mit Erfolgen und Niederlagen umzugehen. Darüber hinaus wird schon frühzeitig der Grundstein für ein bewegtes Leben gelegt. Denn Kinder und Jugendliche, die sich viel bewegen, sind auch als Erwachsene häufiger aktiv.

Wie viel Bewegung sollte es mindestens sein?

Je nach Alter gibt es unterschiedliche Empfehlungen: Säuglinge und Kleinkinder bis drei Jahre sollten sich so viel wie möglich bewegen. Eltern sollten dem Bewegungsdrang ihres Kindes freien Lauf lassen. Für Kindergartenkinder lautet die Empfehlung drei Stunden und mehr am Tag und für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren sind es 1,5 Stunden. Davon kann eine Stunde eine einfache Bewegung im Alltag sein, wie das Gehen. Die Devise lautet: Hauptsache, täglich bewegen! An zwei bis drei Tagen darf es noch etwas anstrengender werden, wie beim Fußballspielen, Radfahren oder Schwimmen.

Welche Rolle spielt die Familie dabei?

Kinder lernen vor allem am Vorbild: Wenn sich Eltern viel bewegen und körperlich aktiv sind, wird dies auch für ihren Nachwuchs selbstverständlich. So kann der Weg zur Schule, in die Kita oder zum Einkaufen oft auch zu Fuß oder mit dem Rad erledigt werden.  Auch Rituale wie ein gemeinsamer Nachmittag zum Toben sind sinnvoll. Eltern können ihr Kind dabei unterstützen, verschiedene Sportarten auszuprobieren, um die passende Sportart zu finden. Dabei kommt es auf den Spaß und nicht die Höchstleistung an. Sportvereine und für die Älteren auch Fitnessstudios bieten ein vielfältiges Angebot – einfach ausprobieren.

 

Wie lange man höchstens sitzen sollte:

Immer mehr Kinder und Jugendliche sitzen viel, oft auch in der Freizeit, und bewegen sich wenig. Zu langes Sitzen ist jedoch ungesund: Es belastet den Bewegungs- und Halteapparat, begünstigt die Entstehung von Übergewicht und erhöht das Risiko für Spätfolgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Mellitus Typ 2, Depressionen oder Burnout. Wenn möglich, sollten Eltern daher lange Sitzzeiten ihres Kindes alle 20 Minuten mit einer kleinen Bewegungsaktivität unterbrechen. Hilfreich ist, wenn sie selbst als Vorbild sitzende Tätigkeiten, wie telefonieren oder Kartoffeln schälen, auch mal im Stehen erledigen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, dass Eltern darauf achten, dass ihre Kinder nicht zu lange vor PC, Tablet und Co sitzen: Für Drei- bis Sechsjährige sollten es pro Tag idealerweise maximal 30 Minuten sein, für Sechs- bis Elfjährige höchstens eine Stunde und ab 12 Jahren nicht mehr als zwei Stunden täglich.

 

Tipps für mehr Bewegung:

Die BZgA hat speziell für die Zeit der Pandemie ein Mitmach-Programm für Kinder ab dem vierten Lebensjahr entwickelt, das auch zu Hause nachgeturnt werden kann. Die Videoreihe umfasst insgesamt 15 Folgen. Diese dauern jeweils zwischen 14 und 18 Minuten, der Ablauf ist immer gleich: Begrüßungsritual mit Klatschrhythmus, Warm-Up, Jonglierstunde, Spielekiste und „Kinder stark machen mit Antje“, wo es um verschiedene Spiele wie Wortsalat oder Begriffe raten geht:

www.kinderstarkmachen.de/suchtvorbeugung/eltern/zuhause-in-bewegung-bleiben/

 

Weitere Tipps:
  • Fangen, Federball, Frisbee, Seilspringen, Klettern, im Kinderzimmer Höhlen bauen oder im Wohnzimmer eine kleine Tanzparty veranstalten – es braucht nicht viel, um in Bewegung zu kommen.
  • Planen Sie gemeinsame Aktivitäten: Gehen Sie schwimmen, in den Park, auf den Spielplatz oder in die Kletterhalle. Verabreden Sie sich mit anderen Familien zum Ballspielen, zum Spazierengehen oder zu einer Fahrradtour. Oder wie wäre es mit Bouldern und Hula-Hoop?
  • Schlechtes Wetter gibt es nicht – draußen sind Sport und Spiele am schönsten. Es braucht nur die richtige Kleidung.
  • Begleiten Sie Ihr Kind zum Sport, zeigen Sie Interesse und Loben Sie Erfolge. Loben ist gut, aber zeigen Sie Ihrem Kind auch, dass es nicht schlimm ist, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt. Neue Versuche und üben gehören dazu! Auch größere Kinder und Jugendliche freuen sich über Anerkennung und Unterstützung.
  • Eine Fitness- oder Bewegungsapp kann motivieren. Sie soll den Spaß an der Bewegung fördern und nicht den Wettbewerb. Am besten wählen Sie die App zusammen mit Ihrem Kind aus.

 

 

„Mein Kind ist eine Couch-Potato“: Diese Worte motivieren Teenies zum Sport

Joggen statt Netflix: Wenn Jugendliche nur auf der Couch liegen, helfen diese Tricks.

„Meine Tochter (16) hängt nur zu Hause auf dem Sofa rum. Dabei würde ihr ein bisschen Bewegung guttun, ist sie doch etwas übergewichtig. Wir befürchten, dass sich das irgendwann negativ auf ihre Gesundheit, aber auch auf ihr Körpergefühl auswirken wird. Wie können wir sie dazu bringen, Sport zu machen?“

Als Teenager lag ich viel lieber herum und las Bücher, als mich zu bewegen. Mit 25 Jahren fing ich doch noch mit dem Sport an und liebe ihn bis heute. Wenn ein Teenager sich nicht zu sportlicher Bewegung aufrafft, kann das viele Gründe haben: Der Schulsport wird als unattraktiv wahrgenommen, und die Sport-Asse in der Klasse sind ohnehin unerreichbar.

Medizinische Gründe möglich

Oft hat der junge Mensch schlichtweg keine Ahnung, was in ihm steckt, findet die Anstrengung einfach nur unangenehm oder weiß zu wenig über die positiven Auswirkungen. Vielleicht haben Misserfolge ihn entmutigt. In dieser Lebensphase kann das Verhältnis zum eigenen Körper noch recht fremd sein. Die Trägheit kann auch medizinische Gründe haben: Eisenmangel macht müde, Vitamin-D-Mangel macht schlapp, niedriger Blutdruck ebenso. Wobei Letzterem mit Sport sehr gut beizukommen ist.

Keine kritischen Bemerkungen

Mit humorvollem Wettbewerbscharakter („Wetten, ich schaffe nicht so viele Klimmzüge wie du?“) und einer positiven Herangehensweise („Ich will walken/schwimmen/ joggen gehen … Kommst du mit?“) können Sie den Hebel im Kopf Ihrer Tochter umlegen. Seien Sie klug genug, nicht auch nur ansatzweise eine kritische Bemerkung zur Figur Ihrer Tochter zu machen!

Selbstwert-Muskeln

Vielleicht braucht sie einen geschützten Raum, um sich auszuprobieren. Wenn sie eine Tanz-DVD und YouTube-Videos zu Hause mitmacht, wachsen auch die Mut- und Selbstwert-Muskeln. Wenn Mama und/oder Papa mitfetzen, ist der Spaß garantiert. Belohnungen helfen, dranzubleiben: „Wow, du bist eine Woche lang jeden Tag ins Schwitzen gekommen. Was hältst du davon, wenn wir Sportkleidung shoppen gehen, in der du dich superwohl fühlst?“ So könnte sich Ihre Tochter auch selbst motivieren: „Wenn ich diese Einheit durchgezogen habe, schaue ich die nächste Folge meiner Lieblingsserie, vorher nicht.“

Typsache

Bestimmt schlummern in ihr noch die Vorlieben aus der Kindheit. Wenn der Mannschaftssport nicht ihr Ding ist, blüht sie vielleicht beim Partnersport wie Selbstverteidigung, Federball, Tischtennis oder Kickboxen auf. Bevorzugt sie lieber Klettern, Aerobic oder Zumba in der Gruppe? Wenn sie der Individualsport-Typ ist, wird sie Bewegungsarten wie Radfahren, Laufen, Skaten, Schwimmen oder Rope Skipping (besser bekannt als Seilspringen) lieben.

Einfach machen

Egal, wofür sie sich entscheidet: Hauptsache sie bewegt sich, probiert sich aus und hat auf Dauer Freude daran. Diesen Dompteurtrick gegen das Argumentieren des inneren Schweinehunds sollte sie draufhaben: Die Argumente eiskalt ignorieren, nichts denken und sofort mit der Bewegung durchstarten. (Warum nicht einen echten Hund ausführen und dabei joggen?) Dann macht sie die geniale Erfahrung, dass der Anfang die Hälfte des Ganzen ist.

Christine Gehrig lebt mit ihrem Mann Andy in Bamberg. Sie hat vier erwachsene Kinder und arbeitet als Übungsleiterin für verschiedene Fitnesskurse und als Lebe-leichter-Coach.

Das können Eltern tun, wenn das Kind im Sportunterricht als Letztes gewählt wird

Wenn Kinder als Letztes in die Mannschaft gewählt werden, nagt das am Selbstbewusstsein. Erziehungswissenschaftlerin Daniela Albert rät Eltern, zu reagieren.

„Meine Tochter (9) erzählt, dass ihre Mitschüler sie beim Sportunterricht ungern oder als Letzte in ihre Mannschaft wählen. Mir ging es früher ähnlich. Ich finde es schade, dass es solche Mannschaftswahlen heute immer noch gibt. Wie kann ich ihr helfen? Ist es ratsam, sich einzuschalten?“

Im Sportunterricht sollte der Fokus darauf liegen, dass Kinder Spaß an Bewegung bekommen und im Rahmen von Mannschaftssportarten Fairness und Miteinander lernen. Das, was Ihre Tochter erleben muss, trägt weder zum einen noch zum anderen bei. Daher kann ich Ihren Unmut gut verstehen.

Konkrete Vorschläge

Ich finde es sinnvoll, dass Sie sich zugunsten Ihrer Tochter einschalten. Ich habe in solchen Fällen die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, nicht beim Aufzeigen eines Problems stehenzubleiben, sondern mit konkreten Vorschlägen an die Lehrkräfte heranzutreten. Sie könnten anregen, dass ein anderes Verfahren der Mannschaftswahl angewendet oder der generelle Umgang mit Stärken und Schwächen innerhalb der Klassengemeinschaft thematisiert wird, beispielsweise im Klassenrat. Diese Fragen sollten in der Klasse zunächst weg von den persönlichen Erfahrungen ihrer Tochter diskutiert werden. Die Klassenleitung könnte beispielsweise eine thematisch passende Geschichte vorlesen und mit den Schülern besprechen. An dieser Stelle kann Ihre Tochter dann selbst entscheiden, ob sie darüber sprechen möchte oder nicht.

Gefühle nicht übertragen

Sprechen Sie auch mit Ihrer Tochter darüber, wieso sie diese Einwahlsituation stört, was sie dabei fühlt und was sie sich wünschen würde. Nehmen Sie ihre Gefühle wahr, aber interpretieren Sie nicht mehr in die Situation hinein, als Ihre Tochter Ihnen berichtet. Aus Ihrer Frage lese ich heraus, dass diese Situation auch alte Gefühle in Ihnen auslöst. Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gefühlen und denen Ihrer Tochter und sprechen Sie gegebenenfalls auch über Ihren eigenen Schmerz – mit Ihrem Partner, Freunden oder Menschen, bei denen Sie sich gut aufgehoben fühlen. Das Reden über eigene negative Kindheitserlebnisse hilft, beim Begleiten der Kinder im Modus des Erwachsenen zu bleiben und sachlich und besonnen Unterstützung zu leisten.

Spaß an Bewegung

An Tagen, an denen Ihre Tochter enttäuscht über die Erfahrungen in der Schule ist, können Sie ihr dabei helfen, sich ihre eigenen Stärken wieder bewusst zu machen. Planen Sie an solchen Tagen Aktivitäten ein, bei denen Ihr Kind mit Sicherheit Erfolgserlebnisse haben wird: kreative Beschäftigung, Spiele oder Bewegungsangebote. Gerade nach Letzterem sollten Sie sogar aktiv suchen: Freude an Bewegung ist für unsere Kinder wichtig – nicht nur aus gesundheitlicher Perspektive.

Wenn der Sportunterricht in der Schule droht, das Gegenteil auszulösen, sollten Sie gegensteuern. Das muss nicht mal ein „klassischer“ Vereinssport sein. Vielleicht liebt Ihr Kind es, mit Ihnen im Wald zu spielen oder auf der Straße Springseil zu springen. Hauptsache, es verbindet Bewegung nicht nur mit Frust und Demütigung.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de.

Als letzte gewählt

„Meine Tochter (9) erzählt, dass ihre Mitschüler sie beim Sportunterricht ungern oder als Letzte in ihre Mannschaft wählen. Mir ging es früher ähnlich. Ich finde es schade, dass es solche Mannschaftswahlen heute immer noch gibt. Wie kann ich ihr helfen? Ist es ratsam, sich einzuschalten?“

Im Sportunterricht sollte der Fokus darauf liegen, dass Kinder Spaß an Bewegung bekommen und im Rahmen von Mannschaftssportarten Fairness und Miteinander lernen. Das, was Ihre Tochter erleben muss, trägt weder zum einen noch zum anderen bei. Daher kann ich Ihren Unmut gut verstehen.

Ich finde es sinnvoll, dass Sie sich zugunsten Ihrer Tochter einschalten. Ich habe in solchen Fällen die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, nicht beim Aufzeigen eines Problems stehenzubleiben, sondern mit konkreten Vorschlägen an die Lehrkräfte heranzutreten. Sie könnten anregen, dass ein anderes Verfahren der Mannschaftswahl angewendet oder der generelle Umgang mit Stärken und Schwächen innerhalb der Klassengemeinschaft thematisiert wird, beispielsweise im Klassenrat. Diese Fragen sollten in der Klasse zunächst weg von den persönlichen Erfahrungen ihrer Tochter diskutiert werden. Die Klassenleitung könnte beispielsweise eine thematisch passende Geschichte vorlesen und mit den Schülern besprechen. An dieser Stelle kann Ihre Tochter dann selbst entscheiden, ob sie darüber sprechen möchte oder nicht.

Gefühle nicht übertragen

Sprechen Sie auch mit Ihrer Tochter darüber, wieso sie diese Einwahlsituation stört, was sie dabei fühlt und was sie sich wünschen würde. Nehmen Sie ihre Gefühle wahr, aber interpretieren Sie nicht mehr in die Situation hinein, als Ihre Tochter Ihnen berichtet. Aus Ihrer Frage lese ich heraus, dass diese Situation auch alte Gefühle in Ihnen auslöst. Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gefühlen und denen Ihrer Tochter und sprechen Sie gegebenenfalls auch über Ihren eigenen Schmerz – mit Ihrem Partner, Freunden oder Menschen, bei denen Sie sich gut aufgehoben fühlen. Das Reden über eigene negative Kindheitserlebnisse hilft, beim Begleiten der Kinder im Modus des Erwachsenen zu bleiben und sachlich und besonnen Unterstützung zu leisten.

Spaß an Bewegung

An Tagen, an denen Ihre Tochter enttäuscht über die Erfahrungen in der Schule ist, können Sie ihr dabei helfen, sich ihre eigenen Stärken wieder bewusst zu machen. Planen Sie an solchen Tagen Aktivitäten ein, bei denen Ihr Kind mit Sicherheit Erfolgserlebnisse haben wird: kreative Beschäftigung, Spiele oder Bewegungsangebote. Gerade nach Letzterem sollten Sie sogar aktiv suchen: Freude an Bewegung ist für unsere Kinder wichtig – nicht nur aus gesundheitlicher Perspektive.

Wenn der Sportunterricht in der Schule droht, das Gegenteil auszulösen, sollten Sie gegensteuern. Das muss nicht mal ein „klassischer“ Vereinssport sein. Vielleicht liebt Ihr Kind es, mit Ihnen im Wald zu spielen oder auf der Straße Springseil zu springen. Hauptsache, es verbindet Bewegung nicht nur mit Frust und Demütigung.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter www.eltern-familie.de.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Da oder nicht da?

Christian Rommert vermisst sein E-Bike.

„Aber das Paket ist laut unseren Unterlagen da!“, sagt die Stimme am anderen Ende der Leitung zum dritten Mal. „Das Paket ist nicht da!“, wiederhole ich geduldig. Der Mann am Kiosk mit angeschlossenem Paketservice nickt hektisch. „Hier ist nix!“, raunt er erneut. Noch heute früh glaubte ich, mein Fahrrad wäre zurück aus der Reparatur. Endlich! Nach nur sechs Wochen Wartezeit. Pustekuchen. „Hier ist kein Paket!“ Ich sehe Büchersendungen, Plastiktüten mit Kleidersendungen. Kleine Pakete, große Pakete! Aber keines der Pakete ist groß genug, dass ein Fahrrad darin verpackt sein könnte. „Wirklich, hier ist nichts!“

ZEITNAH …

Vor sechs Wochen war mein wunderbares Fahrrad kaputtgegangen. Genau an dem Tag, an dem die Frau, die ich liebe, endlich die höheren Gänge und den Knopf für die maximale Motorunterstützung ihres E-Bikes entdeckt hatte. Es hätte so schön sein können: gemeinsame Fahrten zum Markt, Ausflüge mit dem E-Bike an der Ruhr. Stattdessen steht mein Fahrrad beim Händler in Amsterdam. Oder irgendwo verschüttet in den Kellerräumen des Kioskbesitzers. Oder beim Paketservice im Anhänger. Ich sehe mich weiter meiner Frau mit meinem kaputten Tourenrad hinterherhecheln. Dabei schien alles so einfach! Der Hersteller hatte noch gemeldet: „Dein Bike ist gut gelandet und wird zeitnah repariert.“ Doch dann herrschte tagelang Funkstille. Ich hatte immer mal wieder angerufen und gemailt, doch keine richtige Antwort erhalten.

Ich dachte, es läge vielleicht an Sprachschwierigkeiten. Mein Englisch ist okay, aber nicht verhandlungssicher. Also meldete ich mich in der Deutschlandzentrale. „Sorry, my German is not that good!“, bat der Mensch am anderen Ende der Leitung um Verständnis, und wir redeten erneut in Englisch. Ich verstand, dass mein Bike einen irreparablen Motorschaden hat und dass ich deswegen ein nigelnagelneues Bike bekäme. Das fand ich super, erinnerte aber daran, dass ich mein altes Bike mit einem schicken Sattel und einem tollen Gepäckträger ausgestattet hatte. „Kein Problem! Wird alles gemeinsam mit deinem neuen Rad verschickt!“ Ich fragte: „Wann?“ Er sagte: „Tomorrow!“ Ich übersetzte: „Morgen!“, und halte diese Übersetzung bis heute für korrekt.

ÜBERRASCHNGSPAKET

Allerdings war „tomorrow“ vor sechs Wochen. Also wieder telefonieren: „Stimmt, das Fahrrad ist hier! Wir müssen nur noch von deinem alten Fahrrad deinen Sattel und deinen Gepäckträger abbauen, dann kommt alles!“ Das war vorgestern. Deswegen war ich gestern so glücklich, als ich eine E-Mail bekam, in der stand: Dein Paket ist unterwegs. Doch nun stehe ich hier. Laut Tracking-ID ist mein Paket da. Laut Paketdienstmitarbeiter nicht.

„So kommen wir doch nicht weiter!“, versuche ich es mit einem lösungsorientierten Ansatz. „Okay, wir recherchieren das und unternehmen dann übermorgen einen nächsten Zustellversuch. Sind Sie Freitag zu Hause?“ Bin ich nicht, aber mein Sohn wird da sein. Also noch zwei Tage warten, dann kann ich endlich wieder mein geliebtes Fahrrad in den Händen halten.

Zwei Tage vergehen. Am Freitagnachmittag meldet sich endlich mein Sohn. An seiner Stimme merke ich, dass irgendetwas ihn fürchterlich amüsiert. „Was ist los?“, frage ich. „Na ja, dein Paket ist da …! Aber ich schick dir mal ein Bild!“ Sekunden später erhalte ich die WhatsApp-Nachricht. Auf dem Boden liegt Paketpapier. „Was soll das?“, schreibe ich. „Wo ist das Rad?“ Es folgt ein weiteres Bild: Auf dem Tisch liegen ein Sattel und ein Gepäckträger. Darunter steht: „Papa, es tut mir leid, aber das ist alles!“

Christian Rommert ist Autor, Redner und Berater und Fan des VfL Bochum. Er ist verheiratet mit Katrin und Vater von drei erwachsenen Kindern. Regelmäßig spricht er das „Wort zum Sonntag“ in der ARD.
Foto: Wolfgang Wedel

Dürfen Profis Schwächen zeigen?

Ab und zu wird die perfekte Fassade im Leistungssport durchlässig: Wenn Per Mertesacker sagt, dass der Druck bei der WM 2006 so groß war, dass er froh über das Ausscheiden gegen Italien gewesen ist; oder wenn Andre Agassi in seiner Biografie über Schmerzen, Drogen und Einsamkeit schreibt; oder wenn ein Schiedsrichter durch einen falschen Abseitspfiff eine Mannschaft um den bestimmt sicheren Sieg gebracht hat. Dann gibt es regelmäßig einen Aufschrei. Denn eigentlich sind wir überzeugt, dass Sportler Maschinen sein müssen, die perfekt funktionieren. Kriegen sie nicht eine Unmenge Geld dafür? Den Menschen hinter der makellosen Außendarstellung möchten wir lieber nicht sehen, denn das würde unser Bild zerstören.

Doch mal Hand aufs Herz: Würden Sie Ihren Job als Eltern tausendfach besser machen, wenn man Ihnen Millionen dafür zahlte? Ich nicht. Wenn doch, dann müsste ich mich fragen lassen, warum da noch so viel Luft nach oben ist.

Kann man nicht vergleichen? Das sind ja Profis? Nun, mein Eindruck ist, dass die Leistungssportler die Helden unserer Gesellschaft sind. Kinder vergleichen sich permanent mit ihnen. Und die Kommentare von Müttern und Vätern am Fußballplatz lassen nur den Schluss zu, dass sie das auch tun. Gleichzeitig scheinen sich die Werte und Ideale unseres Miteinanders in der Bundesliga und anderen Wettbewerben zu verdichten. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in unseren Familien eine andere Fehlerkultur dagegen setzen. Wer keine Fehler machen darf, wird vieles lieber gar nicht erst anpacken. Ganz einfach ausgedrückt: Wenn die Vierjährige beim Eingießen die Milch verschüttet, darf sie es wieder probieren. Dazu sind Familien da.

Klingt banal? Kinder bringen in unserem durchgetakteten Alltag immer wieder Sand ins Getriebe. Alles, was länger dauert, kann unglaublich stören. Doch wenn Fehler Teil des Lernprozesses sind, dann ist es eigentlich absurd, sich darüber aufzuregen. Dass ich gut darauf reagiere, ist wichtiger, als dass alles reibungslos funktioniert. Ich muss mir das immer wieder bewusst machen.

Christof Klenk ist Redakteur bei Family.

Wie sportlich wird dein Kind?

Ich habe mich an dieser Stelle schon öfter über Produkte aufgeregt, die angeblich ganz wichtig sind für glückliche, gesunde und gut geförderte Kinder. Die Pressemeldung, die ich kürzlich erhielt, toppt aber alles. Jetzt kann man nämlich per Gentest herausfinden, ob das süße Baby, das nicht mal krabbeln kann, später eher Handballer, Leichtathlet oder Couch-Potatoe wird. Mithilfe eines Speicheltests, der schon bei Kindern ab zwei Wochen (!) durchgeführt werden kann, wird ermittelt, ob genetisch eine Veranlagung zu Schnellkraft, Ausdauer oder Gemütlichkeit vorliegt. Damit man das Kind auch von Anfang an zielgerichtet fördern kann. Oder – im Fall der Gemütlichkeit – es besser gleich bleiben lässt. Bringt ja doch nichts, bei so einem Kind Geld in den Sportverein zu investieren.

Oder wie es die Presseagentur formuliert: „Mit dem Test gewinnen Eltern eine frühzeitige Einschätzung über die sportliche Veranlagung ihres Kindes und können so Aktivität gezielt unterstützen, passende Disziplinen fördern und es vermeiden, die Messlatte unrealistisch hoch zu stecken.“ Und das alles für nur 29 Euro!

Das spart Eltern die Mühe, herauszufinden, was ihr Kind gern macht. Dann muss Papa gar keine Zeit aufs Bälleschießen verschwenden. Und die teure Hockeyausrüstung kann man sich auch sparen. Oder eben nicht. Je nach Diagnose des Gentests.

Sehr schön ist auch der Schlusssatz der Presseinfo: „Damit kommen Eltern dem Geheimnis um eine spätere Karriere auf der Aschenbahn, dem Pferderücken oder vielleicht doch eher der Saunabank einen Schritt näher!“ Also dann …

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT

 

Fitness

SCHNAPPATMUNG

Katharina Hullen denkt über einen persönlichen Fitnesscoach nach.

Katharina: „ 5 Kinder! – Sportlich!“ Ha, wenn es das nur mal wäre! Es stimmt: Ich bezwinge mehrmals in der Woche unsere Wäschegebirge, betätige mich täglich mit ganzem Körpereinsatz als „Stalljunge“ an der Wickelkommode und ziehe dutzende Male am Tag mein persönliches Fitnessprogramm „Sachen vom Boden aufheben“ durch. Ich müsste fit wie ein Turnschuh sein. Faktisch ist mein Körper nach den Geburten von fünf Kindern aber doch leicht aus der Form. Da halfen auch zehn Stunden Rückbildungsgymnastik nichts – wenn der Geist zwar willig ist, aber das Fleisch nach dem Kurs wieder müde und chipshungrig auf dem Sofa sitzt. Dazu kommt, dass sich jeder Trotzanfall der Kinder doch auch viel leichter mit einem großen Stück Schokolade herunterschlucken lässt. Und ist eine mollige Mama nicht ohnehin viel kuscheliger? Außerdem bemerke ich den Verfall ja nicht nur bei mir, sondern auch bei Hauke. Warum soll nur ich mir Mühe geben, wieder in Form zu kommen? Und wie sollte es überhaupt im Moment gehen? Im Fitnessstudio anmelden? Dort gäbe es ja sogar eine Kinderbetreuung – ich fürchte allerdings, dass dann leider alle anderen Eltern ihre Kinder nicht mehr mitbringen würden, weil unsere Schar den kleinen Raum komplett ausfüllt. „Hilfe, die Hullens kommen!“ Dann doch lieber Sport daheim. Ohnehin ist es doch ungemein praktisch, sich alles nach Hause zu holen, damit man nicht immer mit Sack und Pack und Mann und Maus überall aufschlagen muss: Musiklehrer, Frisör, Finanzberater … warum nicht auch den Personal- Trainer? Am besten als Familien-Trainer. Das wäre großartig! Wobei – wäre es das wirklich? Hätten wir alle Spaß daran? Während die Kinder an der Turnstange mit wehenden Haaren und einem Liedchen auf den Lippen Feldaufschwünge, Klimmzüge und Salti schlagen, lägen Mama und Papa doch schon nach dem Warm-Up mit Schnappatmung ausgestreckt auf der Wiese. Ach ja. Abnehmen, wieder fitter, beweglicher sein, das wäre schon gut. Für mich, und damit auch für uns alle. In diesem Jahr werde ich 40 Jahre alt. Ich glaube ja, dass Konfektionsgrößen an das Alter angepasst sind. Immer ist die Größe aktuell, in die man altersmäßig hineinwachsen wird. Fürs erste behalte ich aber die 38er Klamotten noch, auch wenn die 42 am Horizont schon zu sehen ist. Vielleicht zählt ja irgendwann das gefühlte Alter! Auf meinem Wunschzettel jedenfalls steht ein stabiler Crosstrainer, der im Zweifel auch Haukes Gewicht trägt, wenn er irgendwann soweit ist, sich einzugestehen, dass seine Kleidung nicht kürzer, sondern er „größer“ geworden ist. Aber lesen Sie selbst …

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

IM ZWEIMANNZELT

Hauke Hullen wird aus der Kleiderabteilung mit Normalgrößen verbannt.

Hauke: Die Umkleidekabine – welch Ort der Demütigung! Grelles Neonlicht, ein unvorteilhafter Zerrspiegel und dann noch dieser süffisant vor sich hin grienende Verkäufer mit offenkundiger Sehschwäche, der mir Hosen in aberwitzigen Größen anschleppt … doch der Reihe nach! Früher hatte ich Bundweite 34, doch da die Hersteller ihre Maße änderten, muss ich inzwischen einen 36er-Bund akzeptieren. Anfang Januar stelle ich aber fest, dass etliche Hosen in Bauchhöhe eingelaufen waren. So suchen wir ein großes Kaufhaus auf, wo ich hoffnungsfroh mit einer seltenen 35er-Hose in der Umkleide verschwinde. Sie passt. Hurra – ich habe abgenommen! Doch vor der Umkleide gibt es statt Szenenapplaus nur Schweigen und betretene Mienen des Verkäufers und meiner Frau. Der Angestellte schüttelt resigniert den Kopf. Nein, die Hose ginge gar nicht, auch 36 käme nicht in Frage, doch größere Hosen würden sie in dieser Abteilung nicht führen. Ich will dem Verkäufer ordentlich den Marsch blasen, doch der zu eng eingestellte Gürtel verhindert das Luftholen. „Wir haben da noch die Abteilung für starke Größen”, flötet er. Wo genau? „Auf der anderen Seite der Etage, immer geradeaus.” Aha. Wer also wie meiner einer ein bisschen muskulöser gebaut ist, wird in die hinterste Ecke abgeschoben, um die unterernährten anderen Kunden optisch nicht zu belästigen, schon klar! Ich sinniere, wie die Abteilung wohl genannt wird: „Dick & Chic” vielleicht, oder „Fett & Adrett”?!? Wir machen uns auf den Weg, dem Gang der Schande aus dem „Games of Thrones”- Epos nicht unähnlich. Er führt uns quer durch die Sportabteilung. „Schande!”, scheinen die Blicke der drahtigen Mittzwanziger zu sagen, die in den Trikotagen wühlen, „Schande!”, rufen die aufgereihten Laufschuhe, „Schande!” skandiert die Funktionswäsche, „da geht wieder so ein Adipositas-Athlet, der seine Neujahrsvorsätze schon in der ersten Woche gebrochen hat!” Endlich haben wir unsere Abteilung erreicht, wo mir ein schmieriger Verkäufer die übliche 36er-Hose verwehrt und mir höhnisch ein paar 38er in die Hand drückt. Ich betrete die Kabine neben dem – genau! – Lastenaufzug. Kabine? Eine Familienumkleide! Für Großfamilien! Gut, ein bisschen stämmig bin ich vielleicht geworden, aber muss man mir zum Umziehen gleich einen Tanzsaal zuweisen? Mit einer Spiegelwand? Erbost schlüpfe ich in das mir aufgeschwatzte Zweimannzelt und trete aus der Umkleide. Wieder Schweigen. Dann ein anerkennendes Nicken des Angestellten: „Passt!” Kathi strahlt: „Gut siehst du aus!” Jetzt fällt es mir auch auf. „Richtig sportlich”, ergänzt die beste Ehefrau von allen. „Ja”, bestätigt der überaus sympathische und sachkundige Fachverkäufer. Wir kaufen alles. Es ist wirklich leicht, seine gute Figur zu halten!

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.