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Umweltbewusst reisen? So gelingt der nachhaltige Familienurlaub

Familien planen schon jetzt den wohlverdienten Urlaub für das nächste Jahr. Wie gelingt es, diesen zu genießen und gleichzeitig umweltbewusst und nachhaltig zu reisen?

Langsam neigt sich das Jahr dem Ende zu und erste Gedanken drehen sich um den Urlaub im nächsten Sommer. Nachhaltigkeit kann und sollte ein Aspekt sein, den man in der Urlaubsplanung berücksichtigt, denn Tourismus und Freizeitaktivitäten auf Reisen haben enorme Auswirkungen auf die Luft- und Wasserqualität, die Biodiversität und das Landschaftsbild. Im Urlaub verbrauchen wir meist mehr Ressourcen als zu Hause – sei es Wasser, Energie oder Lebensmittel. Unsere Verantwortung ist es aber, die Erde zu bewahren steht. Und sowohl im Kampf gegen den Klimawandel als auch gegen die Ausbeutung des Globalen Südens spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Sanfter Tourismus

Daher wird „nachhaltiges Reisen“ immer beliebter. Gemeint ist damit eine Form des Tourismus, die im besten Fall keine negativen Folgen für die Natur und Bevölkerung am Zielort hat. Wer sanft oder nachhaltig verreist, belastet die Umwelt so wenig wie möglich und versucht, die Kultur im Reiseland nicht (negativ) zu verändern, sondern passt sich an.

Worauf sollten wir also konkret achten, wenn wir als Familie oder als Paar nachhaltig verreisen wollen? Es beginnt schon bei der An- und Abreise. Wie gelangen wir möglichst umweltschonend an unseren Zielort? Muss es wirklich ein weit entferntes Reiseziel sein? Können wir mit der Bahn anreisen? Flüge oder Kreuzfahrten sind bekanntlich problematisch, da diese besonders viele CO2-Emissionen mit sich bringen. Wenn man nur zu zweit unterwegs ist und mit dem Auto fahren möchte, ist es auch eine gute Idee, eine Mitfahrgelegenheit zu nutzen oder anzubieten, zum Beispiel über blablacar.de. Das spart auch Geld.

Nachhaltig reisen

Nachhaltig reisen geht mit sanftem Tourismus einher und bedeutet, sich auch vor Ort verantwortungsvoll zu verhalten: Müll vermeiden, Wasser und Strom sparen, aber auch die Kultur und Traditionen respektieren und die Tier- und Pflanzenwelt nicht zu zerstören.

Wie können wir uns also auch am Urlaubsziel möglichst umweltschonend fortbewegen? Gibt es öffentliche Verkehrsmittel oder Sharing-Modelle, die wir nutzen können? Können wir gar mit dem Fahrrad fahren?

Eine nachhaltige Unterkunft zu finden, ist mittlerweile nicht mehr schwierig. Es gibt immer mehr Hotels oder Ferienbauernhöfe, die mit saisonalen und regionalen (Bio-)Lebensmitteln kochen, Bio-Textilien verwenden, naturnah gebaut sind, Ressourcen aus der Umgebung und Ökostrom nutzen und dies durch Siegel und Zertifikate nachweisen. Beim Urlaub im Ferienhaus können wir unser nachhaltiges Verhalten von zu Hause weiterverfolgen – oder den Urlaub nutzen, um etwas Neues auszuprobieren: Brot selbst backen, möglichst plastikfrei einkaufen…

Und schon das Packen können wir nachhaltig gestalten: Wir sollten nur so viel einpacken, wie wir benötigen. Weniger Gewicht bedeutet weniger Emissionen bei der Fortbewegung. Was ist in der Grundausstattung in unserer Unterkunft enthalten? Was bringen wir von zu Hause mit, um unnötigen Müll zu sparen (Soda-Stream, Bienenwachstücher…)?

Für das Freizeitprogramm können wir nachhaltige Projekte und Aktivitäten einplanen: Ruderboot oder Stand-up-Paddling statt Motorboot, Radtour statt Ausflug mit dem Auto. Und brauchen wir wirklich noch ein zehntes Souvenir? Außerdem können wir mit offenen Augen unsere Wege gehen und Müll einsammeln, wo er nicht hingehört.

Eine gute Wahl treffen

Wie finden wir nun den richtigen Ort für den nächsten Urlaub? Können wir jeder Unterkunft trauen, die behauptet, sie sei nachhaltig? Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das herauszufinden: Sucht auf der Homepage oder auf Social Media nach Informationen über die Nachhaltigkeit der Unterkunft. Über besonders innovative und nachhaltige Unterkünfte gibt es manchmal auch Reportagen und Berichte im Internet oder in Magazinen. Hilfreich können auch die Bewertungen anderer Gäste sein. Oder ihr fragt direkt bei der Unterkunft nach.

Vielleicht gibt es sogar Projekte und Aktivitäten, an denen sich die Gäste beteiligen können – und an denen im besten Fall auch Kinder oder Jugendliche Spaß haben.

Plattformen für nachhaltige Unterkünfte

Öko-Reiseportale helfen dabei, eine Vorauswahl zu treffen. So findet ihr zum Beispiel auf goodtravel.de Unterkünfte ausgewählt nach Kriterien wie Architektur (naturnahe Bauweise), Umwelt (bewusste Nutzung von Ressourcen) oder Kulinarik (regionale und frische Bioküche) in jeder Preiskategorie.

bookitgreen.com bewertet Unterkünfte nach bestehenden Zertifikaten im Tourismus, den eigenen 15 Nachhaltigkeitskriterien und den Bewertungen der Gäste (neben Sauberkeit und Freundlichkeit auch Nachhaltigkeit). Für jede Buchung pflanzt das Unternehmen einen Baum. fairweg.de wählt Hotels basierend auf ihren zwölf Nachhaltigkeitskriterien aus. Dazu zählen das Angebot an Bio-Lebensmitteln und Bio-Textilien, eine E-Ladestation, Ökostrom und eine Solaranlage. Ihr könnt auch ein Hotel in Verbindung mit einem Flug dorthin buchen. Fliegen zählt nicht zu den umweltschonenden Reisemethoden, daher bietet die Plattform eine CO2-Kompensation der Flüge an.

Unterkünfte auf forumandersreisen.de orientieren sich an Mensch und Umwelt, indem die Ressourcen vor Ort sorgsam und gezielt genutzt und die wirtschaftliche Entwicklung in den Reiseländern unterstützt werden. Der Urlaub soll besonders ethisch und sozial gerecht sein.

renatour.de ist spezialisiert auf naturnahes Reisen und hat vor allem für Familien nachhaltige Angebote. Bei den Unterkünften wird Wert auf eine gesunde, landestypische Küche möglichst in Bio-Qualität gelegt. Hier findet ihr eine europaweite übersichtliche Auswahl an Urlaubsangeboten wie „Single mit Kind“, „Urlaub mit Teenagern“ oder „Urlaub mit Tieren“.

Nachhaltiges Reisen wird immer einfacher. Warum es also nicht einfach mal probieren?

Helena Berger ist Voluntärin bei der Zeitschrift Family.

Stressfaktor Familienurlaub?! – So wird der Urlaub zur Erholung

Urlaub mit kleineren Kindern ist oft stressiger als der Alltag zuhause. Lisa-Maria Mehrkens hat Familien gefragt, was ihnen hilft, den Urlaub trotzdem zu genießen.

Für manche ist ein All-Inclusive-Strandurlaub in einer Hotelanlage der Traumurlaub, für andere ist es Wandern in den Bergen, Sightseeing und Shopping in einer großen Metropole oder auch nur ein Kurztrip in den nächsten Ort, um etwas anderes zu sehen als das eigene Zuhause. Egal, welches Wunschziel es sein soll – kommen Kinder ins Spiel, ändern sich Urlaubspläne und deren Umsetzung manchmal stark. Urlaub mit Kleinkindern bedeutet oft: Tage vor der Abreise anfangen zu packen, tonnenweise Spielzeug, Kleidung und Zubehör mitnehmen und im Urlaub die Aktivitäten größtenteils nach den Interessen der Kinder ausrichten.

Statt beim entspannten Ladenbummel, gemütlichen Kaffeetrinken, Sonnenbaden im Park oder dem Bewundern historischer Gebäude sieht man die meisten Eltern bei Städtetrips mit Kindern gehetzt von einem Spielplatz zum nächsten rennen. Nur nebenbei werfen sie einen Blick auf die Sehenswürdigkeiten und machen maximal einen Zwischenstopp in der Drogerie, weil der Nachwuchs mehr Hunger hat als gedacht. Auch die Wahl der Unterkunft ist mit Kindern anders: Statt Doppelzimmer im romantischen Wellnesshotel gibt es jetzt die familienfreundlich ausgestattete Ferienwohnung.

Sowieso anstrengend

Abhängig vom Temperament der Kinder kommen die meisten Eltern irgendwann zu der Einsicht, dass Urlaub nicht mehr so sein wird, wie er mal war. Auch schön, aber anders. Eher an den Bedürfnissen der Kleinsten ausgerichtet als an den Wünschen von Mama und Papa. Das hat auch Vorteile: „Es ist gut, den Urlaub danach auszurichten, was den Kindern gefällt. Spaß für die Kinder heißt Entspannungszeit für die Eltern. Wenn die Kinder spielen und begeistert sind, kann man sich als Eltern mal in Ruhe unterhalten“, erzählen Michèle und David, Eltern von drei Kindern zwischen 1 und 3.

Da vor allem Michèle sehr reisebegeistert ist und gern andere Länder, Kulturen und Sprachen entdeckt, haben sie als Familie schon die verschiedensten Urlaube unternommen: Camping-Urlaub, Hotelübernachtung, Aufenthalt in der Ferienwohnung, Urlaub im Nachbarbundesland, Flugreisen. „Urlaub mit Kindern ist anstrengend. Das Leben mit Kindern ist aber auch zu Hause anstrengend. Wenn es sowieso anstrengend ist, kann ich auch irgendwo hinfahren, wo es schön ist und ich neue Eindrücke von außen bekomme. Das Wichtigste ist, dass man das Reisen an sich mag. Wenn man eher der ‚Zu Hause ist es am schönsten‘-Typ ist, lohnt sich die Anstrengung wahrscheinlich nicht. Aber ich zehre das ganze Jahr von den Erlebnissen beim Reisen, das ist mir die Anstrengung wert“, erklärt Michèle.

Die Entfernung ist nicht wichtig

Nicht jeder hat so viel Fernweh. Es gibt auch Familien, die mit Urlaub in den eigenen vier Wänden, einem Besuch bei Freunden oder Verwandten oder ein paar Tagen in einer Familieneinrichtung glücklich sind. Johannes und Else sind mit ihren drei Kindern zwischen 0 und 5 Jahren bisher meist in Deutschland geblieben: „Urlaub heißt für uns, gemeinsame Zeit zu verbringen und gemeinsame Erlebnisse. Da ist die Entfernung nicht wichtig. Urlaubsfeeling bedeutet aber für uns auch, uns zumindest an einen gedeckten Tisch zu setzen.“ Deshalb übernachten sie oft in Familieneinrichtungen.

Vor Reisebeginn ist es vor allem für Else stressig, da sie alles packen muss und die Versorgung ihres Bauernhofs auch während des Urlaubs sicherstellen muss. Trotzdem erlebt sie die Familienurlaube positiv: „Es ist wundervoll zu sehen, wie die Kinder bereits einfache Ausflüge und Aktivitäten in sich aufsaugen und teilweise noch Jahre später davon schwärmen. Das zeigt mir, dass Kinder nicht übermäßig viel brauchen, sondern schöne und gemeinsam erlebte Zeit wertvoll genug ist. In diesen Situationen außerhalb des Alltags lernt man die Kinder nochmal ganz anders kennen.“ Deswegen vermissen die beiden auch nichts im Vergleich zum Urlaub ohne Kinder. „Jetzt ist eben Kinderzeit und das genießen wir. Trotzdem schauen wir, dass jeder mal Zeit für sich hat, zum Beispiel zum Lesen“, meint Else.

Mal tanzen gehen

Auch Patrizia und Georg leben auf einem Bauernhof mit Tieren und verreisen mit ihren zwei Kindern (2 und 3) und ihren zwei Hunden eher selten, nur für ein paar Tage und im Umkreis von vier Stunden Autofahrt. „Unsere Urlaube bestehen zwar ‚nur‘ aus Bekannten- und Verwandtenbesuchen, aber es tut uns als Familie sehr gut. Omas, Freunde, Tanten helfen gern mal mit den Kids. Und wir genießen es, Zeit für das Miteinander zu haben und uns an den gedeckten Tisch zu setzen. Die Kids bringen Bewegung in den Urlaub, die Verwandten und Bekannten Input, das lässt uns als Paar wieder über viele Themen ins Gespräch kommen und vom Alltag abschalten“, berichtet Patrizia. Sie freut sich darüber, auch im Urlaub sehr gut als Team mit ihrem Mann zusammenzuarbeiten. Eine Kleinigkeit vermisst sie aber doch: „Mal tanzen gehen abends wäre was, aber da würde ich sowieso eher eine Freundin oder Schwester mitnehmen.“

Mehr Zeit für die Kinder

Dorothea und Ruben waren mit ihren beiden Kindern (4 und 6) auch schon zusammen mit Freunden und Familienmitgliedern im Urlaub: „Das Praktische daran: Man hat einen Babysitter direkt mit dabei.“ Allein als Familie haben sie verschiedene Urlaubsformen nah und fern in Ferienhäusern und Familieneinrichtungen ausprobiert. Ihr Favorit: „Wir haben unsere Kurztrips mit Auto und Dachzelt sehr liebgewonnen, da wir für relativ wenig Geld sehr oft wegfahren können. Unsere Kinder genießen Urlaub immer sehr, da wir viel mehr Zeit für sie haben als zu Hause.“

Das Paar möchte Eltern mit noch sehr kleinen Kindern ermutigen, denn sie haben erlebt, dass ihre gemeinsamen Urlaube mit zunehmendem Alter der Kinder entspannter wurden. „Beim Familienurlaub richtet sich nur noch das grobe Skelett nach den Eltern. Der Inhalt wird von den Kindern gefüllt, der Alltag richtet sich sehr nach ihren Bedürfnissen. Aber es wird von Jahr zu Jahr besser und wir unternehmen inzwischen auch einiges, was eher für uns Eltern interessant ist“, sagt Dorothea.

Kurze Camping-Urlaube mit Dachzelt, weite Flugreisen in die Ferne, Aufenthalte in Familienferieneinrichtungen oder Besuche bei Freunden und Verwandten – so unterschiedlich wie die einzelnen Elternpaare und Familien selbst ist auch die Art und Weise, wie sie ihre gemeinsame Urlaubszeit ausgestalten. Familienleben ist und bleibt dynamisch, das gilt auch im Urlaub. Letztlich muss hier jede Familie immer wieder neu für sich den besten Weg finden, um die Erlebnisse und die Zeit zusammen bewusst zu erleben und genießen zu können. Denn darum geht es doch beim Familienurlaub, oder?

Lisa-Maria Mehrkens ist Psychologin und freie Journalistin und lebt mit ihrer Familie in Chemnitz.

Wenn Teens ohne Eltern verreisen wollen – das müssen Sie wissen!

In den Sommermonaten möchten viele Teens mit Freunden für ein Wochenende wegfahren – ohne Erwachsene. Wie sollten Eltern damit umgehen? Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?

Der Wunsch der jungen Leute, allein mit Freunden ein Wochenende zu verbringen, ist absolut nachvollziehbar. Jugendliche wollen unabhängiger werden, Freiheit erleben und die Welt erkunden. Gleichzeitig lösen solche Wünsche bei Eltern aber auch ernstzunehmende Bedenken und Sorgen aus, weil diese Selbstständigkeit manche Gefahren mit sich bringen kann.

Der rechtliche Rahmen

Grundsätzlich können Jugendliche mit Bus, Bahn oder Flugzeug ohne eine erwachsene Begleitperson verreisen. Hierzu gibt es in Deutschland keine gesetzliche Altersvorgabe. Auch die Übernachtung in einer Jugendherberge oder einer Ferienwohnung ohne erwachsene Begleitung ist für Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr möglich, wenn sie die Zustimmung der Eltern haben. Bis zum Alter von 18 Jahren liegt es also ausschließlich im Ermessen der Eltern, ob sie ihre Jugendlichen verreisen lassen oder nicht. Außerdem ist es gut, im Hinterkopf zu haben, dass Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren Kinos, Gaststätten und Discos allein nur bis 24 Uhr besuchen dürfen. Soweit der rechtliche Rahmen.

In der Schweiz sind die rechtlichen Vorgaben ähnlich, allerdings gibt es regional unterschiedliche Regelungen zur Ausgehzeit, sodass man sich hier individuell bei dem jeweiligen Kanton informieren sollte.

Der Trip will gut durchdacht sein

Bevor Sie Ihr Okay zu einem Wochenendtrip geben, ist es unbedingt sinnvoll, vorher abzutasten, welche Pläne mit diesem Wochenende verbunden sind. Wer genau fährt mit? Wo wollen die Jugendlichen das Wochenende verbringen? Ist die Finanzierung geklärt? Ist abgesichert, dass im Notfall Kontaktpersonen erreichbar sind? Schätzen Sie Ihr Kind und die Freunde so ein, dass sie nicht über die Stränge schlagen? Wie verantwortungsvoll gehen die jungen Leute mit Alkohol um? Wie handhaben Sie das Thema Ausgehzeiten grundsätzlich in Ihrem Alltag? Können Sie sich darauf verlassen, dass sich die Gruppe grundlegend an die Regeln des Jugendschutzgesetzes hält? Oder wäre zu befürchten, dass das Nachtleben einer Großstadt über die Maßen ausgekostet wird?

Grundlegend ist es sehr wichtig, dass Jugendliche immer mehr Freiräume bekommen. Je mehr Ihr Kind im Alltag zeigt, dass es verantwortungsvoll mit der Freiheit umgeht, umso größer kann der Rahmen sein, in dem essich bewegt. Wenn Sie bei all diesen Fragen keine großen Bedenken haben, schenken Sie Ihrem Kind und dessen Freundeskreis Ihr Vertrauen und lassen Sie es entspannt fahren. Ist das nicht der Fall, ist es angemessen, ein solches Wochenende nicht zu erlauben oder gemeinsam über eine Alternative nachzudenken. Dann ist es wichtig zu erklären, warum Sie so entschieden haben. Machen Sie an konkreten Beispielen deutlich, wo Ihnen das Verantwortungsbewusstsein fehlt und was Sie sich wünschen. Sicher wird die Enttäuschung erst mal groß sein, aber wenn Eltern gute Begründungen liefern und klar bleiben, respektieren Jugendliche solche Entscheidungen nach einer Weile. Wichtig ist, dass dieses Nein nicht in Stein gemeißelt ist, sondern die Möglichkeit beinhaltet, zu einem Ja zu werden, wenn die notwendige Reife vorhanden ist.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und leitet gemeinsam mit ihrem Mann die Team.F Regionalarbeit im Rheinland. sonja-brocksieper.de

Reisen in der Elternzeit: Mit diesen 7 Tipps gelingt der Trip mit Wohnmobil und Baby

Annabel Breitkreuz ist zwei Monate mit Kleinkind und Van durch Skandinavien gefahren. Diese sieben Tipps hat sie mitgebracht.

1. Zeitraum festlegen

Sucht euch für die Reise eine Zeit aus, bei der ihr am Zielort mit gutem Wetter rechnen könnt – das senkt das Stresspotenzial. Behaltet bei der Planung auch mögliche Impftermine und U-Untersuchungen des Babys im Blick. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass unser Sohn Pepe der entspannteste Reisebegleiter während unserer Elternzeit-Reise war, als er noch gestillt wurde und nicht krabbeln konnte.

2. Zielregion raussuchen

Bei der Wahl solltet ihr – so unromantisch es klingt – euer Budget nicht aus dem Auge verlieren. Denkt dabei an Mautgebühren, Parkkosten und Lebensmittelpreise (all das ist zum Beispiel in Norwegen sehr hoch). Wenn ihr Campingplatzkosten sparen wollt und gern frei steht, bietet sich ein Land an, in dem das Jedermannsrecht gilt.

3. Camper kaufen oder mieten

Wer kein eigenes Wohnmobil vor der Haustür stehen hat oder ausbauen möchte, kann es sich leihen. Auf Plattformen wie paulcamper.de oder roadsurfer.com gibt es eine breite Auswahl. Wir haben unterwegs einige Familien getroffen, für die es sich auch gelohnt hat, ein Wohnmobil gebraucht zu kaufen und im Anschluss weiterzuverkaufen.

4. Route planen

Wie viel Fahrtzeit man mit Baby erreichen kann, lässt sich nicht pauschal beantworten und auch nicht festlegen! Was ihr braucht, sind keine engen Zeitpläne, sondern Flexibilität und Gelassenheit in der Route und im besten Fall immer einen Plan B.

5. Erste Erfahrungen sammeln

Probieren geht über Studieren, das gilt auch beim Vanlife als Familie. Vor der großen Tour solltet ihr Probeausflüge einplanen. Nur so lässt sich feststellen, was zu Hause bleiben kann und was ihr noch braucht (Kleinigkeiten wie Handtuchhaken steigern deutlich die Lebensqualität im Van).

6. Packen

Informiert euch, wie teuer Windeln, Breigläschen und Co. im Ausland sind. Oftmals lohnt es sich, einen großen Vorrat aus heimischen Drogeriemärkten mitzunehmen. Orientiert euch beim Packen der Kleidung an einem typischen 14-tägigen Urlaub. Denn genau diese Menge wird euch auch für zwei Monate reichen. Waschen könnt ihr zwischendurch mit der Hand, in Waschsalons oder auf Campingplätzen.

7. Stellplätze finden

Schlafplätze lassen sich zum Beispiel mithilfe der App Park4Night raussuchen. Dort könnt ihr auch nachschauen, wo eine Entleerung möglich ist oder ihr Frischwasser nachfüllen könnt.

Annabel Breitkreuz ist Mama von Pepe und Redakteurin. Auf ihrem Blog brezelzeit.com schreibt sie über ihren Start ins Familienleben zwischen Mikroabenteuern und gewöhnlichem Alltag.

Elternzeit im Van: Paar fährt mit vier Monate altem Baby quer durch Schweden

Zwei Monate lang war Annabel mit ihrem Mann und ihrem frischgeborenen Sohn in Skandinavien unterwegs. Im umgebauten Van hat die Familie zu sich selbst gefunden.

Das Jahr 2020 war alles andere als gewöhnlich für mich. Zum einen erfüllten mein Mann und ich uns einen Traum und bauten einen Transporter zu einem Campervan aus. Zum anderen nahm parallel zum Baufortschritt meine Babybauchkugel immer mehr Form an. Niemals hätte ich gedacht, dass die Projekte „Vanlife“ und „Familiengründung“ so perfekt zusammenpassen würden. Und niemals hätte ich geglaubt, dass unser Van „Knut“ das erste Zuhause für uns als Familie werden würde.

„Schweden war das Beste, was uns passieren konnte“

Im Februar 2021 kam unser Sohn Pepe zur Welt. Im vierten und fünften Lebensmonat von Pepe nahmen mein Mann und ich zwei Monate Elternzeit. Wir wollten mit Knut verreisen, das stand fest. Aufgrund der Corona-Situation konnten wir im Voraus nicht viel planen. Schließlich landeten wir in Schweden – und das war das Beste, was uns passieren konnte.

In Schweden gilt das „Allemansrätt“, das Jedermannsrecht. Demnach hat jeder das Recht, die Natur frei zu nutzen. Dazu zählt unter anderem auch das Campen in der Wildnis. Entlang der Küste und an den fünf größten Seen Schwedens ist es außerdem möglich, kostenlos und ohne Angelschein zu angeln. An vielen offiziellen Badestellen des Landes gibt es Feuerstellen und ein Plumpsklo – ein absoluter Luxus für uns, wenn man bedenkt, dass unsere Toilette inmitten unseres elf Quadratmeter großen Zuhauses verbaut ist. Manchmal findet man auch eine gemütlich eingerichtete Schutzhütte oder – eines unserer Highlights auf der Reise – eine Sauna: alles frei und kostenlos zugänglich. In Sachen Gastfreundschaft sind sie nicht zu übertreffen, die Schweden.

Klar ist, dass das Allemansrätt mein Camperherz höherschlagen lässt. Ich habe es geliebt, unseren Knut am See-, Meer- oder Flussufer zu parken und quasi vom Bett direkt ins kühle Nass springen zu können. Ein Traum! Und obwohl ich jedes Mal davon überzeugt war, den schönsten Stellplatz der Welt gefunden zu haben, wurde es immer noch besser.

Frühstück in Stockholm und Lagerfeuerabende

Für unsere Elternzeit-Reise hatten wir insgesamt neun Wochen Zeit. Eine feste Route gab es nicht. Ich wollte unbedingt den Polarkreis überfahren, um den Moment zu erleben, wenn die Sonne auch nachts noch hoch am Himmel steht. Wir fuhren also immer der Sonne hinterher in Richtung Norden – so lange, bis wir den Polarkreis überquerten und schließlich nach knapp vier Wochen am nördlichsten Teil Schwedens ankamen. Auf dem Weg dorthin frühstückten wir in Stockholm, jagten Schnäppchen in unzähligen Secondhand-Läden, bestaunten Rentiere auf der Straße, lernten angeln, wanderten durch beeindruckende Nationalparks und verbrachten Lagerfeuerabende mit anderen Elternzeit-Reisenden.

Im zweiten Monat der Tour ließen wir uns nach Lust und Laune wieder in Richtung Süden treiben. Auf der Höhe von Oslo überquerten wir die Grenze nach Norwegen, was uns aufgrund der Corona-Einreisebestimmungen zu einem früheren Zeitpunkt leider nicht möglich war. In den letzten zwei Wochen der Elternzeit legten wir einen intensiven Endspurt quer durch Südnorwegen hin und bekamen nicht selten den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Die Landschaft Norwegens ist kaum zu übertreffen: majestätische Fjorde, unglaubliche Wasserfälle und beeindruckende Ausblicke. Doch noch mehr berührt hat uns die Einsamkeit und Entspanntheit Schwedens.

Kein Problem mit Baby

Wer versucht, unsere Reiseroute auf der Landkarte nachzuvollziehen und dabei die Kilometer überschlägt, fragt sich vermutlich, ob Pepe das alles einfach so mitgemacht hat. Ich staune noch immer selbst darüber, aber ja: Das hat er. Viel mehr sogar: Er hat die Nähe zu uns auf dem engen Wohnraum sehr genossen. Er liebt es bis heute, wenn wir am Wochenende mit Knut unterwegs sind, dass er im Van mitten im Geschehen sein darf und uns bei allem, was wir tun, beobachten kann.

Auch die Fahrtzeiten waren problemlos möglich, da Pepe noch sehr viel schlief und keinen festen Rhythmus hatte. Im Durchschnitt saßen wir zwei Stunden täglich hinter dem Steuer und nur in wenigen Fällen verbrachten wir mehr als eine Nacht an einem Ort. Dass all das so entspannt ablaufen würde, wussten wir vorher nicht. Aber wir gaben uns die Chance, es auszuprobieren – und ehrlich gesagt machten wir uns im Vorhinein nicht viele Gedanken über Eventualitäten. Es war wahrscheinlich eine Kombination aus Optimismus und Mut, die für sehr viel Gelassenheit und Genuss auf unserem Roadtrip mit Baby gesorgt hat.

Zu viel freie Zeit

Ein Leben auf elf Quadratmetern mit einem Säugling ist kuschelig. Sehr kuschelig. Manchmal zu kuschelig. Die ständige Nähe zu meinen zwei Männern forderte mich zu Beginn der Reise oftmals heraus. Ich erinnere mich noch sehr genau an einen Abend, als ich allein in einem Kajak in der Mitte des Sees saß. Die Sonne verschwand langsam am Horizont und der Himmel färbte sich feuerrot – ein wunderschöner Anblick. Doch ich nahm den Zauber des Ortes nicht wirklich wahr. Stattdessen kam ich ins Grübeln und zweifelte sogar die Idee dieser Reise an. Ich fühlte mich eingeengt und war überfordert mit der vielen freien Zeit. Mir fehlte es, Terminen nachzugehen und To-do-Listen abzuarbeiten. In anderen Worten: Ich war nicht ausgeglichen und suchte nach dem Ziel und Sinn unserer Auszeit.

Die Unruhe im Herzen führte dazu, dass ich begann, mich darauf zu besinnen, warum wir uns auf den Weg gemacht hatten. Ich beschloss, den Fokus mehr auf uns als Familie zu legen. Damit begann eine Reise, die abenteuerlicher und intensiver war als jeder andere Campingtrip, den mein Mann und ich zuvor erlebt hatten.

Angekommen als Familie

Wir lernten, bewusster über Wünsche und Bedürfnisse zu reden. Wir lernten auch zu erkennen, was wir wollen und was wir brauchen – und vor allem, wie wenig wir brauchen. Nach und nach kam ans Licht, wie wertvoll feste Abläufe und eine klare Aufgabenverteilung für unseren Reise- und damit auch Familienalltag sind. Außerdem erlebten wir, wie wichtig ein Ort wie Knut für uns ist, der Stabilität und Sicherheit vermittelt und mit dem wir uns auch unterwegs zu Hause fühlen.

Schweden war für diese ersten Seiten unseres neuen Kapitels als Familie mit Baby das perfekte Setting. Denn hier gab es wenig Ablenkung, viel Ruhe und Einsamkeit. Hier hatten wir nicht das Gefühl, etwas zu verpassen, auch wenn wir uns nur um uns selbst drehten. Hier war genug Raum, um anzukommen. Bei uns als Eltern. Bei uns als Familie.

Am Ende hatten wir insgesamt 9.000 Kilometer mehr auf dem Tacho. Jeder einzelne hat sich gelohnt. Doch für die Qualität unserer Elternzeit-Reise spielten die Entfernung, das Tempo oder Ziel keine Rolle. Für uns war es wichtig, aufzubrechen, das Gewohnte hinter uns zu lassen, um bei uns als Familie anzukommen. Jetzt sind wir bereit für das nächste Kapitel!

Annabel Breitkreuz ist Mama von Pepe und Redakteurin. Auf ihrem Blog brezelzeit.com schreibt sie über ihren Start ins Familienleben zwischen Mikroabenteuern und gewöhnlichem Alltag.

Mutter Carolin erzählt: Mit diesen 5 Tipps wird der Urlaub mit Kindern zum Highlight

Jahrelang war der Familienurlaub für Carolin Nesgaard mehr Frust als Freude. Doch mit ihrer Reise nach Norwegen änderte sich alles.

„Das machen wir nie wieder!“ Wie oft haben mein Mann und ich uns nach einem Familienurlaub angeschaut und diesen Satz ausgesprochen? Die Liste der Urlaubsmisserfolge ist lang: als einzige Familie im Dunkeln und in der Kälte morgens um sechs Uhr am Campingplatz frühstücken, in der Nacht im Auto sitzen wegen Gewitter am Campingplatz, ein Programm nach dem nächsten organisieren beim Urlaub in einer Ferienwohnung …

Nach dem Urlaub erschöpfter als vorher

Danach fühlte ich mich nicht selten krank. Jedenfalls erschöpfter als vorher. Oft hatte ich den Eindruck, dass wir allein mit unseren Eskapaden waren. Alle anderen Familien schienen entspannte und erholsame Urlaube zu verleben. Nur wir kamen jedes Mal mit oben zitiertem Satz nach Hause anstatt mit begeisterter Miene. Was machten wir nur falsch? Sind unsere Bedürfnisse zu verschieden? Da gibt’s den hyperaktiven Mann, der ständig in Bewegung sein muss und dem es schnell zu heiß ist. Die hochsensible Tochter, die am liebsten nur Natur um sich hat. Die introvertierte Mutter, die möglichst wenig Ansprache möchte. Die extrovertierte Tochter, die ständig Action will, ohne sich anzustrengen. Und die Tochter, der Baden am wichtigsten ist und die Schlösser am meisten interessieren. Fünf Personen, und keine gleicht der anderen.

Nun stand 2020 in Corona-Zeiten wieder der Sommerurlaub vor der Tür – nicht gerade die beste Voraussetzung für einen erfolgreichen Urlaub. Den ursprünglich nach Stockholm gebuchten Flug tauschten wir in einen Voucher um und beobachteten die Corona-Lage. Als Norwegen Mitte Juli die Türen für deutsche und andere europäische Touristen öffnete, buchten wir kurzfristig nach Oslo um. 18 Jahre nach unserer Hochzeitsreise wollten wir das Land mit unseren Kindern besuchen, die durch ihren halbdänischen Papa mit der skandinavischen Kultur verbunden sind. Die Erwartungen an den Urlaub waren meinerseits kleiner denn je und die Erschöpfung vorher größer denn je. Keine gute Kombi.

Bestens ausgerüstet

Und trotz allem wussten mein Mann Thomas und ich, dass wir als Familie nach all den vielen Einschränkungen in der Corona-Zeit und der Streichung unseres Pfingsturlaubs unbedingt einen Tapetenwechsel brauchten. Monate im Voraus (damals noch mit Schweden als Ziel) hatten wir angefangen, unsere Outdoor-Ausrüstung aufzustocken, damit der Urlaub gelingen konnte: Jedes Mädchen hatte einen Trekking-Rucksack zum Geburtstag bekommen. Isolierjacken wurden für die zu erwartenden kühlen Abende gekauft. Wanderhosen und Quick-Dry-T-Shirts haben wir ebenfalls besorgt. Die Wanderstiefel kamen erst am Abend vor unserem Abflug an (Gott ist nie zu spät, aber oft auch nicht zu früh). Ein Drei-Mann-Zelt hatten wir bereits, das war aber auch schon 16 Jahre alt. Ein Freund überließ uns sein 17 Jahre altes Zwei-Mann-Zelt.

Beide Zelte wurden in der ersten Nacht in Oslo am Campingplatz einem großen Test unterzogen: schon wieder eine Gewitternacht! Über eine Stunde verbrachten wir im Waschhaus und hofften, dass die Zelte den über uns brausenden Donnern, hell aufleuchtenden Blitzen und dem Starkregen standhalten würden. Die Erleichterung war groß, als alles im Wesentlichen trocken geblieben zu sein schien.

Unglaublich schöne Erlebnisse

Nach diesen und anderen Anlaufschwierigkeiten kam der Urlaub für uns so richtig in Fahrt, als es mit dem Zug gen Nordwesten zum Fjordland ging. Als Familie spielten wir uns immer besser ein: Zelt aufbauen, Zelt abbauen (insgesamt viermal), die Kinder spülen jeweils zu zweit im Wechsel ab, Wäsche wird von Hand gewaschen, Rucksäcke werden gepackt und auch mal ein paar Kilometer weit zur Bus- oder Zugstation getragen (beim letzten Mal sogar ohne Protest unserer Jüngsten). Aber das Schönste war, so viel unberührte Natur zu sehen, auf Berge zu wandern und unglaublich schöne Aussichten über den Fjord oder das Meer zu bestaunen. Im vom Schmelzwasser gespeisten Fluss und im 15 Grad kalten Meer zu baden – wie belebend! Verwunschene Wanderwege zu entdecken, die in keinem Reiseführer stehen. Eine letzte Nacht in einer urgemütlichen Jugendherberge zu verbringen.

Es war ein wundervoller Urlaub trotz zwei gebrochener Zeltstangen (Materialermüdung nach 16 Jahren) und Zeltabbau im Regen inklusive der Feststellung, dass der Zeltboden auch nicht mehr dicht war. Und da war sie endlich wieder, oder vielleicht sogar zum ersten Mal: die Überzeugung für einen Familienurlaub, der uns allen noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Fünf Tipps für glückliche Erinnerungen

Den Ausdruck „Creating memories“ hörte ich zum ersten Mal vor 15 Jahren. Als Hauseltern an einem internationalen, christlichen Internat in Indien wurde uns damals der Hinweis gegeben, dass man glückliche Erinnerungen nicht dadurch schafft, dass man zusammen Filme guckt. Das kann auch mal nett sein. Glückliche Erinnerungen sind jedoch aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Der dänische Glücksforscher Meik Wiking hat ein ganzes Buch zu dem Thema geschrieben. Einige seiner Tipps daraus haben wir umgesetzt:

1. Erste und außerordentliche Erlebnisse werden in der Erinnerung besser

Unsere Kinder waren zum ersten Mal in Norwegen, haben zum ersten Mal von oben in einen Fjord heruntergeschaut, zum ersten Mal im zehn Grad kalten Fluss gebadet …

2. Mit allen Sinnen erleben und Aufmerksamkeit investieren

Das ist sozusagen das Gegenteil zur digitalen Welt. Smartphones sind zu unseren „Weapons of mass distraction“ (Massenablenkungswaffen) geworden. Um mich zu erinnern, brauche ich die volle Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt, auf Geruch, Geschmack, Geräusch, Gefühl, Blick aufs Detail. Die einzigen digitalen Medien, die von unseren Kindern im Urlaub genutzt wurden, waren daher E-Readers und Fotokameras. Wir Eltern hatten Smartphones dabei, was zur Organisation und Planung unerlässlich war. Dafür habe ich mir bewusst die Facebook-App vom Handy genommen und war in der Zeit kein einziges Mal in diesem sozialen Medium unterwegs. Wir haben immer wieder versucht, unsere Kinder zum Staunen zu bringen und das Besondere zu betonen: egal, ob das mit der Sprache, der Kultur oder der Geografie zu tun hatte. Unsere Kinder haben dadurch zum ersten Mal eine Flussmündung mit Gezeiten entdeckt.

Anstrengung kann positiv sein

3. Bedeutungsvolle Momente schaffen und Gipfelerlebnisse ermöglichen

Für uns war es definitiv ein Meilenstein, dass jeder sein eigenes Gepäck getragen und zum Gelingen des Urlaubs beigesteuert hat. Wir Eltern waren nicht die Unterhalter vom Dienst, die für das nächste Highlight gesorgt haben. Das mussten sich die Kinder selbst erarbeiten, zum Beispiel durch die Wanderungen mit den beeindruckenden Aussichtspunkten. Denn die Erinnerungen an Höhepunkte bleiben in deutlich besserer Erinnerung, wenn sie unter Anstrengung erreicht wurden.

4. Emotionale Verankerung

Erlebnisse, die starke Emotionen hervorrufen (positiv oder negativ), bleiben positiver in Erinnerung. Das Schild auf der Toilette eines Campingplatzes hat dies wunderbar zusammengefasst: „Life begins at the end of your comfort zone.“ Unsere Kinder wurden nicht von einem Ort bequem zum anderen geschippert. Auch die Unterkunft im Zelt war sehr einfach, genauso wie die Campinggerichte. Es war alles andere als ein Rundum-sorglos-Paket. Unlust-Gefühle mussten immer wieder überwunden werden.

5. Erinnerungen bewahren

Jeden Abend saßen wir gemeinsam am Tisch (wenn es einen gab) oder auf der Isomatte vor dem Zelt und haben jeweils in unser Tagebuch geschrieben (außer unsere Jüngste, die ab und zu etwas in ihres gemalt hat), um die Erlebnisse festzuhalten. Zu Hause durfte sich jedes Mädchen ein kleines Fotoalbum und Fotos aus dem Urlaub aussuchen, die ausgedruckt an diese besondere Zeit erinnern.

„Das machen wir wieder“

Wozu eigentlich der ganze Aufwand? Wieso sind glückliche Erinnerungen denn so wichtig? Negatives erleben wir, ob wir wollen oder nicht, und es bleibt aufgrund unserer Hirnphysiologie besonders gut in Erinnerung. Positives können wir dagegen bewusst gestalten und so einen Gegenpol dazu setzen. Denn die Glücksforschung zeigt, so Meik Wiking, dass Menschen mit ihrem Leben generell zufriedener sind, wenn sie positive Erinnerungen haben. Sie neigen dadurch sogar weniger zu Depressionen. Glückliche Erinnerungen stärken außerdem das Selbstwertgefühl und das Gefühl, geliebt zu werden. Wenn wir als Familie schöne Erinnerungen schaffen, fördern wir die Verbundenheit und stärken die Familienzugehörigkeit. Sie werden Teil unserer Identität.

Stressfrei war der Urlaub nicht. Wir haben uns und unseren Kindern einiges zugemutet, aber zum ersten Mal fühlte ich mich erfrischt und glücklich danach. Und zum ersten Mal schauten Thomas und ich uns nach einem Familienurlaub in die Augen und sagten: „Das machen wir wieder!“ Natürlich in einem anderen Land und mit einem anderen Fortbewegungsmittel (Rad?) – ihr versteht schon – um neue glückliche Erinnerungen zu schaffen …

Carolin Nesgaard lebt mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern (8, 12 und 14 Jahre) in München. Sie ist systemische Beraterin und Sprachheilpädagogin M.A.

Autobahnbingo für entspanntes Reisen

„Wann sind wir endlich da?“ – Der Klassiker von der Autorücksitzbank wird in diesen Wochen wahrscheinlich häufig zu hören sein. Abhilfe schaffen kann zum Beispiel ein Autobahnbingo. Unsere Kolleginnen aus der KLÄX-Redaktion haben das vor einiger Zeit im Heft gehabt und wir finden es so schön, dass wir es euch gern weitergeben wollen. Viel Spaß!

Autobahnbingo aus KLÄX

Kleinunternehmen Großfamilie: So lebt es sich mit acht Kindern

Weihnachtsfeier-Marathon, teure Schwimmbad-Tickets und abschätzige Kommentare – Großfamilie Müller hat’s manchmal schwer. Trotzdem geht die Harmonie nicht flöten. Wie das?

Fast eine Stunde ist meine kleine Familie mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, um an den Rand Berlins zu gelangen. Zehn Minuten schlendern wir mitten auf der dörflich anmutenden Straße, denn wann hat man als Großstädter schon mal eine Straße ganz für sich allein? Schließlich machen wir vor dem fliederfarbenen Haus der Familie Müller Halt. Ein schlanker junger Mann mit südländischem Teint empfängt uns freudig und warmherzig. Martin, der Familienvater, und mein Mann kennen sich von einem gemeinsamen Musiktherapie-Studium. Schon beim Betreten der Wohnküche beschleicht mich ein Gefühl von Ehrfurcht: Hier soll eine zehnköpfige Familie leben? Davon zeugt einzig der lange Tisch mit den vielen Sitzgelegenheiten, ansonsten ist alles picobello ordentlich. Mutter Christina, auch sie hat einen südländischen Einschlag, empfängt uns genauso warmherzig und tiefenentspannt wie ihr Mann. Ihr Bauch kann schon nicht mehr ganz verbergen, dass darin gerade ein elftes Familienmitglied heranwächst.

EIN TISCH VOLLER KINDER

Vom Tisch blicken mir drei adrett gekleidete Jungen im Grundschulalter entgegen, die geduldig vor ihren Tellern warten, auf denen bunte Kuchenstücke liegen. Zu ihnen gesellen sich in den nächsten Minuten, fröhlich plaudernd, fünf weitere Kinder im Alter von knapp zwei bis fünfzehn Jahren. Trotz kühler Temperaturen ist unser fast zweijähriger Sohn der einzige mit einer Rotznase und auch der einzige, der sich schon vor offiziellem Beginn des Kaffeetrinkens am Obstteller bedient. Nun wird gesungen und fröhlich zugelangt. Den Papageienkuchen hat der zehnjährige Wilhelm fast ohne Hilfe gebacken.

Als ich mein Diktiergerät einschalte, wandern immer mal wieder neugierige Blicke aus zehn Augenpaaren zu mir herüber, bereit, sich jederzeit am Gespräch zu beteiligen.

NOCH NICHT VOLLSTÄNDIG

Das Haus mit den sechs Kinderzimmern hat die Familie 2011 bezogen, als die Grundstückspreise noch erschwinglich waren. Die monatlichen Raten für den Kredit sind sogar ein wenig geringer als die Miete für das Reihenhaus, in dem sie vorher gewohnt haben.

Martin (Jahrgang 1979) und Christina (1978) haben sich in ihrem Heimatort in Thüringen schon im Jugendalter kennengelernt und mit Anfang Zwanzig geheiratet. Als sie über Familienplanung gesprochen haben, sei schnell klar gewesen, dass beide sich mehrere Kinder vorstellen konnten. Vier oder fünf mindestens. Danach hätten sie es einfach immer noch mal gewagt. Christina sagt, sie habe so ein Gefühl gehabt, noch nicht vollständig zu sein. Martin erläutert, dass ein neues Kind ja auch immer ein neuer Mensch sei, auf den man sich erst einlassen müsse: „Doch irgendwie haben unsere Kapazitäten das hergegeben.“

DER LUSTIGE PAPA

Ich bin noch immer baff von der freundlichen, selbstbewussten und bildschönen Kinderschar und frage sie nach den Superkräften ihrer Eltern, so eine Großfamilie am Laufen zu halten. Mit einem Lachen verrät die 14-jährige Elisabeth: „Papa ist sehr geduldig.“ Und Wilhelm (10) ergänzt: „Ja, und nett.“ August (8) weiß noch hinzuzufügen: „Und lustig.“ Wie man es denn schaffe, als geduldiger, netter und lustiger Papa mehrere Kinder gleichzeitig zum Verlassen des Hauses fertig zu machen, möchte ich wissen. Daraufhin lacht Martin und gibt zu, dass das eher keine seiner Spezialfertigkeiten sei und am Ende meist die falschen Kinder die falschen Klamotten tragen würden. Christina habe da den besseren Überblick.

MAMA-SUPERKRÄFTE

Christina ist neben ihrem Mann, dem Fels in der Brandung, das Organisationsgenie. Laut Martin hat sie stets alle Termine auf dem Schirm und kümmert sich um die logistische Umsetzung. Sie sei es, die den ganzen Laden zusammen und am Laufen halte. Wilhelm bringt es auf den Punkt: „Sie hat Mama-Superkräfte“. Denn wo schon so manche Kleinfamilie über die hohe Terminbelastung durch Kindergeburtstagseinladungen und Elternsprechtage klagt, lässt Familie Müller sich nicht lumpen. Martin: „Zweimal im Jahr gibt es einen Marathon. Einmal im Dezember, wenn die ganzen Weihnachtsfeiern anstehen, und am Schuljahresanfang die Elternabende. Da stehen wir in der Regel bei jedem Termin auf der Matte.“ Martin arbeitet als Krankenpfleger und Musiktherapeut. Christina ist Sozialarbeiterin bei der Stadtmission und gerade in Elternzeit. Durch das staatliche Bildungs- und Teilhabepaket werden Hobbys und Klassenfahrten der Kinder bezuschusst. Meiner Meinung nach für den Staat ein super Deal, wenn man bedenkt, was die Kinderschar schon in einigen Jahren in die Renten- und Sozialkassen einzahlen wird.

GROSSFAMILIENALLTAG

An einem ganz normalen Wochentag unternehmen Martin oder Christina morgens um 5:50 Uhr ihren Streifzug durchs Haus, um alle Kinder zu wecken. Nach und nach versammelt sich die Familie zum Frühstück in der Wohnküche. Die 14-jährige Elisabeth ist die Erste, die mit wehenden Fahnen das Haus verlässt, denn ihr Schulweg dauert fast eine Stunde. Seit der fünften Klasse besucht sie ein musikbetontes Gymnasium im Herzen Berlins. „Ich musste einen Aufnahmetest machen, und es hat überraschenderweise funktioniert. Die Schule ist richtig cool. Wir haben extra Musikstunden und einen Chor. Montags gehe ich nach der Schule noch zur Stimmbildung.“

VOLLZEIT-JOB

Ein bisschen später machen sich die anderen Schulkinder Hannah, Agathe, Wilhelm und August auf den Weg. Bei gutem Wetter schwingen sie sich aufs Fahrrad, ansonsten nehmen sie den Bus. Albrecht und Joseph werden in den Kindergarten gebracht, und mit der knapp zweijährigen Martha besucht Christina einmal wöchentlich die Krabbelgruppe. Der Vormittag vergeht wie im Flug. Christina kämpft sich durch Wäscheberge, saugt das Haus, räumt auf, lüftet, kocht, und schon um 12 Uhr stehen die ersten Kinder wieder zum Mittagessen auf der Matte. Eine Haushaltshilfe gibt es nicht.

EIN JOB FÜR ZWEI

In den letzten Monaten musste Christina aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen strenge Bettruhe halten. Für Martin eine echte Zerreißprobe. Gott sei Dank würden die älteren Kinder ganz selbstverständlich mithelfen, doch neben seinem Job auch noch Christinas Aufgaben zu meistern, sei sehr herausfordernd gewesen. Jetzt darf sie das Bett wieder verlassen und wirbelt in gewohnter Weise durchs Haus.

ALS PAAR AUFTANKEN

Nach den Hausaufgaben sind die Nachmittage gefüllt mit gemeinsamem Spiel im Haus und Garten, denn bei so vielen Geschwistern findet man garantiert immer einen Spielpartner. Jedes Kind ist an mindestens zwei Nachmittagen im Sportverein oder beim Musik- oder Tanzunterricht. Hier und da werden sich Fahrten mit Nachbarsfamilien geteilt. Abends gehen die älteren Kinder selbstständig zu Bett, die jüngeren werden von den Eltern gebracht. Wenn Ruhe eingekehrt ist und die Kräfte reichen, ziehen Christina und Martin manchmal noch zusammen los, um einen Abend in Zweisamkeit außerhalb des Hauses zu erleben. Die großen Mädchen sind es gewohnt, ab und zu die Jüngeren zu hüten. „Diese gemeinsame Zeit ist enorm wichtig, um als Paar aufzutanken“, erklärt Martin. „Wir schauen auch, dass im Alltag Zeiten sind, in denen wir zum Quatschen kommen. Manchmal ist das im Eifer des Gefechts eine umkämpfte Geschichte, die uns mal mehr, mal weniger gut gelingt.“

EIN ZENTRUM FÜR GROSSFAMILIEN

Martins Leidenschaften sind Musik und Literatur. Auch dafür erarbeitet er sich immer wieder Freiräume. Christina trifft sich gern allein mit einer Freundin oder widmet sich ihrem Hobby Nähen. In ihrer Gemeinde engagiert sie sich ehrenamtlich im Team für den Kindergottesdienst, den sie mit aufgebaut hat.

Sonntags setzt sich die ganze Familie in ihren Kleinbus und fährt in die Kirchengemeinde. Hin und wieder besuchen sie alle gemeinsam Freunde oder unternehmen Wochenendausflüge zu den Großeltern. Ihren Sommerurlaub verbringen die Müllers meist an der Ostsee. Dort gibt es ein Familienerholungszentrum, das speziell für Großfamilien ausgelegt ist.

ABSCHÄTZIGE KOMMENTARE

Wenn die Familie gemeinsam in der Öffentlichkeit auftritt, fallen schon auch mal abschätzige Kommentare von Fremden, oder Passanten schütteln ungläubig den Kopf. Das habe sich in den letzten Jahren jedoch deutlich verbessert, erzählen die Eltern. Die überwiegende Mehrzahl der Rückmeldungen sei positiv: „Mensch, gute Arbeit!“

KEINE KARTE FÜRS SCHWIMMBAD

Auf meine Fragen, ob es auch manchmal schwierig sei, in so einer großen Familie zu leben, erhalte ich von den Kindern nur Antworten, wie: „Nein, alles ist toll.“ Nach einigem Überlegen nennen die Eltern Eintrittskarten für den Zoo oder das Schwimmbad, die für ihre Familiengröße nicht existierten, weshalb so ein gemeinsamer Ausflug fast unbezahlbar sei.

Und Taschengeld? Hier gibt es die Regelung, dass jedes Kind pro Schulstufe, in die es geht, einen Euro pro Woche bekommt. Hannah, die Älteste, verdient sich durch gelegentliches Babysitten oder Aushilfsjobs in der Firma von Freunden etwas dazu.

PLATZ NACH OBEN?

Die Müllers sind gern mit ihrer Familie zusammen und können sich kein anderes Leben vorstellen. Unter den Kindern herrscht ein liebevoller Umgang. Alle sind sehr musikalisch und genießen das regelmäßige gemeinsame Musizieren. Ihren christlichen Glauben leben Martin und Christina durch Gebete, zum Beispiel vor dem Essen, beim Zubettbringen oder beim unregelmäßig stattfindenden Familienrat. Sie wollen den Kindern ihren Glauben nicht aufzwingen, sondern wünschen sich, dass diese ganz frei einen positiven Zugang dazu erlangen.

BLOSS KEINE VERGLEICHE

Ob auch nach Kind Nummer neun noch Platz nach oben sei, möchte ich wissen. Beide Eltern schließen das nicht aus, erwähnen nur, dass altersbedingt ja irgendwann eine Grenze erreicht sei. Nach einem herzlichen Abschied muss ich mich auf dem Heimweg bemühen, mich nicht zu vergleichen. Mir ist sogar mein eines Kind schon manchmal zu viel. Ich freue mich total für diese tolle Familie und bin überzeugt, dass jeder von ihnen genau am richtigen Platz ist und die beiden Eltern einfach eine Gabe für das Kleinunternehmen Großfamilie haben.

Anna Koppri liebt es, durch ihren Schreibjob immer wieder Einblicke in die verschiedensten Lebensbereiche zu erhalten. Mehr von ihr auf: liebenlernenblog.wordpress.com

Inzwischen ist bei Familie Müller Kind Nr. 9 dazugestoßen: Mit Adele Johanna sind nun die Mädchen in der Überzahl.

Sommerferien: Was sie so wichtig macht

Von den Kindern werden sie sehnlichst erwartet, die Eltern sehen ihnen oft mit gemischten Gefühlen entgegen: die Sommerferien. Warum sie so wichtig sind und wie man sie gestalten kann.

Das Kind schultert seinen Schulranzen und geht aus dem Haus. In der Tür stehen die Eltern und sobald der Nachwuchs außer Sichtweite ist, strecken sie ihre Arme in die Luft und brechen in Jubel aus. Videos und Fotos mit ähnlichen Szenen füllen jedes Jahr die sozialen Netzwerke, wenn die Sommerferien zu Ende sind. Ich kann das gut verstehen, denn spätestens ab Ferienwoche sechs sitze ich selbst da und zähle die Tage, bis der Alltag wieder in normalere Bahnen kommt. Doch genauso sehr freue ich mich Jahr für Jahr wieder darauf, dass die großen Ferien endlich beginnen. Ich bin ein Fan dieser unverplanten Zeit.

BARFUSS ÜBER TERRASSENFLIESEN

Ich erinnere mich bis heute sehr lebhaft an diese Tage, als ich selbst noch ein Kind war. Sechs Wochen, in denen ich mir keine Sorgen ums Lernen machen musste. Sechs Wochen, in denen es keine Hausaufgaben gab, keine Noten, keinen morgendlichen Stress. Stattdessen gab es ein Planschbecken im Garten, Eis aus der Gefriertruhe und Übernachtungen bei Oma. Ich habe diese Zeit geliebt. Wenn ich heute darüber nachdenke, erinnere ich mich an Radtouren zur Fulda mit meinem kleinen Bruder. Dort angekommen, haben wir mit Chips und Trinktütchen auf einem Brückenpfeiler gesessen und uns meine Walkman-Kopfhörer geteilt. Die großen Fragen dieser Tage waren, ob Papa wohl am Abend den Rasensprenger noch einmal anstellen wird und wann wir das nächste Mal grillen. Wir haben Zelte aufgebaut und mit Freunden im Garten übernachtet, haben Tennis auf der Straße gespielt oder sind bei schlechtem Wetter mit Spielzeugautos im Flur Rennen gefahren. Diese Zeit war wertvoll, das beweist allein schon die Tatsache, dass ich mich so gut daran erinnern kann. Noch heute weiß ich, wie es sich anfühlte, barfuß über die Terrassenfliesen meiner Eltern zu laufen, eine Schüssel frisch gepflückter Erdbeeren in der Hand, und ich weiß noch, wie sie geschmeckt haben, wenn wir sie mit Dosenmilch und Zucker gegessen haben. In diesen Wochen habe ich losgelassen und aufgetankt, ich habe Momente für die Ewigkeit gesammelt und Herzensbünde mit meinem Bruder, meinen Cousins, Cousinen und Kindern aus dem Ort geknüpft.

BESSER NUR VIER WOCHEN?

Heute wird der Wert dieser langen freien Zeit in Frage gestellt. Auf den ersten Blick zu Recht. Denn immer weniger Familien verfügen über Strukturen, die es möglich machen, dass Kinder so viele Wochen am Stück zu Hause sein können. Wenn beide Eltern berufstätig sind und Großeltern nicht in der Nähe, bleiben oft nur noch kostspielige Betreuungsangebote. Wenn diese nicht verfügbar oder zu teuer sind, müssen Eltern den Jahresurlaub getrennt voneinander nehmen, um die vielen Wochen abdecken zu können. Dann sind die Kinder zwar zu Hause, doch die Familie hat keine Zeit miteinander. Kein Wunder, dass Eltern sich manchmal wünschen, die großen Ferien wären kürzer. Doch die Frage nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nicht das Einzige, was viele Eltern und Pädagogen heute an den langen Sommerferien zweifeln lässt. Auch die Frage, ob es bildungspolitisch sinnvoll ist, dass Kinder so lange am Stück schulfrei haben, wird diskutiert. Unsere Kinder vergessen während der Sommerferien viel von dem, was vorher gelernt wurde, heißt es oft. Und Lehrer müssten in den ersten Schulwochen wertvolle Zeit mit Wiederholung verbringen. Viele halten daher eine Ferienlänge von vier Wochen für sinnvoller.

TRÄUMEN UND HÖHLEN BAUEN

Dabei wird übersehen, dass Kinder diese Zeit benötigen. Ihr Alltag ist vollgestopft. Oft sind unsere Kinder schon in jungen Jahren eng getaktet, und zwischen Schulaufgaben, Nachmittagsprogramm und Abendessen bleibt wenig Raum für freies Spiel und Muße. Sie dürfen wenig selbstbestimmte Zeit und kreative Langeweile kennenlernen. Bereits Grundschulkinder stehen unter Stress. Lange Erholungsphasen tun ihnen genau deshalb gut. Die Sommerferien sind eine Möglichkeit, Erfahrungen zu machen, die man nur außerhalb von Klassenräumen und Unterrichtsfächern machen kann. Langfristig wirkt sich dies positiv auf ihren Lernerfolg aus.

Der Umgang mit freier Zeit ist etwas, das unsere Kinder lernen sollten. Selbst Herr über unsere Zeit zu sein, überfordert selbst uns Erwachsene manchmal. Viele Kinder lernen es heute gar nicht erst kennen. Ihre Tage sind durchgeplant, die Wochen bestehen aus Ganztagsbetreuung und Vereinsleben, aus Nachhilfe und von den Eltern organisierten Verabredungen. An den Wochenenden finden Turniere statt und am Sonntag ist Kindergottesdienst. Die Sommerferien sind ein guter Anlass, diese Logik zu durchbrechen. Am Anfang mag es für uns Eltern anstrengend sein, weil wir uns gefordert fühlen und die Zeit in gewohnter Manier füllen wollen. Es liegt aber ein großer Gewinn für alle Seiten darin, dies nicht zu tun. Vielmehr können wir uns darauf verlassen, dass unsere Kinder selbst etwas finden. Vielleicht legen sie Schlafanzugtage ein. Vielleicht vertiefen sie sich in Bücher oder suchen in der Nachbarschaft nach anderen Kindern. Vielleicht nutzen sie die Zeit zum Träumen oder zum Höhlebauen. Auf jeden Fall werden sie bald selbst merken, wie gut es ihnen tut, wirklich FREIzeit zu haben und loszulassen. Sie werden dieses Wissen mit in ihr weiteres Leben nehmen, und es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie als Erwachsene für sich und ihre freie Zeit sorgen. Auch was das Vergessen von Schulstoff angeht, darf man den langen Ferien entspannt gegenüberstehen. Zwar zeigen Studien, dass es tatsächlich einen Wissensverlust gibt. Aber Wiederholungen am Schuljahresanfang sind ohnehin notwendig, um Schüler und Schülerinnen wieder auf ein gemeinsames Ausgangsniveau zu bringen. Dazu kommt, dass Pausen und Wiederholungen zu einem Lernprozess dazugehören und dass sich Gelerntes dadurch langfristig sogar besser festigt.

HERZENSMOMENTE SCHAFFEN

Es lohnt sich deshalb, wenn wir Eltern uns frühzeitig darüber Gedanken machen, wie wir die Ferien gestalten wollen und wer uns dabei helfen kann. Vielleicht können sich mehrere Familien die Kinderbetreuung teilen, sodass mal bei dem einen und mal bei dem anderen Kind gespielt werden kann. Wenn Großeltern weiter entfernt wohnen, freuen sich ältere Kinder oft darüber, eine längere Zeit am Stück bei ihnen verbringen zu können. Und vielleicht gibt es ja in der Nachbarschaft ältere Menschen, die Lust haben, mal ein Auge auf die Kinder zu werfen.

Doch Sommerferien sollten auch Beziehungszeit sein. Egal, ob Familien gemeinsam in den Urlaub fahren oder die Zeit zu Hause verbringen – sie sollten sicherstellen, dass sie einen Teil der Zeit gemeinsam verbringen können. Den Jahresurlaub so zu planen, dass nicht nur die Ferienzeiten abgedeckt werden, sondern alle gemeinsam Spaß haben können, macht Sinn. Wenn es dafür nötig ist, auf externe Betreuungsangebote zurückzugreifen, müssen das nicht unbedingt pädagogisch hochwertige Programme sein. Das Zelt auf der grünen Wiese mit ein paar netten Betreuern reicht völlig aus. Bei der Gestaltung von Sommerferien sollten die Prioritäten klar sein: faulenzen, Freiheit genießen und Herzensmomente schaffen. Das sind die Dinge, die sich bei unseren Kindern einprägen. Vielleicht ist es nicht das Gefühl, barfuß auf Terrassenfliesen zu laufen und nicht der Geschmack von Erdbeeren mit Dosenmilch, woran sich unsere Kinder einmal erinnern, sondern etwas völlig anderes. Hauptsache, ihnen bleiben die großen Ferien als Zeit in Erinnerung, in der alles ein bisschen leichter sein durfte.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin. Sie lebt mit Ihrem Mann und drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de.

MIT TEENAGERN VERREISEN

„Wir möchten gern als gesamte Familie in den Urlaub fahren. Wie können wir ihn so planen, dass unsere Tochter (14) Lust hat, mitzukommen?“

Ab einem bestimmten Alter ist es sicherlich nicht ganz einfach, die größer werdenden Kinder für einen Familienurlaub zu begeistern. Teenager nabeln sich mehr und mehr ab, wollen ihre eigenen Wege gehen und ihre Zeit meistens lieber mit den Freunden als mit der Familie verbringen.

War es für ein Grundschulkind vielleicht noch ein großartiges Erlebnis, mit Mama und Papa einen Wanderurlaubin den Bergen zu machen, kann genau das für einen Teenager auf einmal sehr langweilig und unattraktiv sein. Die Bedürfnisse von Kindern verändern sich im Laufe ihrer Entwicklung und das sollten Eltern auch bei der Planung ihrer Urlaube berücksichtigen.

MITSPRACHERECHT UND FREIHEIT

Aus diesem Grund sollten Sie ihre Vorstellung von einem erholsamen und ereignisreichen Urlaub unbedingt mit den Interessen Ihres Kindes abgleichen. Möchten Sie mit Ihrer Tochter die Ferien verbringen, sollten Sie die Bereitschaft mitbringen, Ihre eigenen Bedürfnisse ein Stück zurückzustellen. Das kann bedeuten, dass Sie beim nächsten Mal nicht Urlaub in den Bergen machen, sondern ans Meer fahren oder eine Städtereise ins Auge fassen. Hier sollten Eltern auf ihre Kinder zugehen und kompromissbereit sein.

Teenager sollten also unbedingt ein Mitspracherecht bekommen, wenn es um die Urlaubsplanung der Familie geht. Setzen Sie sich zusammen und fragen Sie Ihre Tochter, wo und wie sie gern die nächsten Ferien verbringen möchte und was ihr im Urlaub wichtig ist. Reden Sie über die Erwartungen, Befürchtungen und Ängste und planen Sie Aktionen, die allen Spaß machen. Versichern Sie Ihrer Tochter, dass sie im Urlaub nicht bei jeder Aktivität dabei sein muss. Räumen Sie ihr die Freiheit ein, dass sie auch mal in der Ferienwohnung oder im Hotel bleiben kann, wenn Sie eine Radtour machen oder die Gegend erkunden möchten. Diese Auszeiten sind für Jugendliche wichtig und sollten respektiert werden.

Viele Familien machen auch sehr gute Erfahrungen damit, mit anderen Familien zusammen zu verreisen, sodass andere Jugendliche dabei sind, was den Urlaub für die Kids natürlich wesentlich interessanter macht. Oder Sie bieten ihrer Tochter an, eine Freundin mit in den Urlaub zu nehmen, sodass das Bedürfnis nach Gleichaltrigen gestillt wird.

NICHTS ERZWINGEN

Möchte Ihre Tochter aber unter keinen Umständen mit Ihnen in den Urlaub fahren und lassen sich keine Kompromisse finden, sollten Sie auch nichts erzwingen. Dann kann im nächsten Sommer eine Jugendfreizeit eine sinnvolle Alternative sein. Schade wäre dann nur, wenn gemeinsame Aktionen und Familienerlebnisse ganz wegfallen, denn sie sind trotz allen Ablösens auch im Teenageralter sehr bedeutsam. Vielleicht kann ein verlängertes Wochenende in einer interessanten Großstadt zu einem solchen Familien-Highlight werden? Und Sie als Eltern können ihren Sommerurlaub zu zweit genießen, was durchaus seine positiven Seiten hat

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F.
www.sonja-brocksieper.de