Was tun, wenn ihr Kinderwunsch größer ist als seiner?

Stefanie hat sich lange Zeit ein weiteres Kind gewünscht, ihr Mann Philipp wollte erst mal abwarten, wie sie als Familie mit zwei Kindern klarkommen würden. Mittlerweile könnte er sich weiteren Nachwuchs vorstellen, aber es klappt nicht. Stefanie merkt, dass sie Philipp dafür verantwortlich macht, weil er so lange gezögert hat. Das Thema belastet ihre Beziehung. Wie können die beiden den Konflikt bewältigen?

Zuerst sollten die beiden dringend ein paar Dinge klären, um weitere Schuldzuweisungen und innerliche Verletzungen zu vermeiden. Beide hatten unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf ihre gemeinsame Familienplanung. Philipp hatte damals seinen Standpunkt anscheinend klar und überzeugend vertreten. Anzunehmen wäre, dass er sich mit seinen zwei Kindern und der neuen Situation überfordert fühlte. Er wollte die Zeit für sich arbeiten lassen und sich zum gegebenen Zeitpunkt für ein weiteres Kind entscheiden. Dass sich die Familienplanung später schwieriger abzeichnen könnte, damit hatten beide nicht gerechnet.

Die Frage stellt sich, ob Stefanie zu dieser Zeit auch offen über ihren Wunsch nach einem weiteren Kind mit Philipp sprechen konnte. Hatte Philipp die Wichtigkeit von Stefanies Wunsch auch ernst genug nehmen können? Haben damals beide eine einvernehmliche Lösung gefunden? Oder ging Stefanie einen „faulen“ Kompromiss in der Form ein, dass sie dem Wunsch ihres Mannes nachgab, ohne selbst davon überzeugt zu sein?

Was steckt hinter der Wut?

Trotz unserer modernen, aufgeklärten Zeit erlebe ich es leider noch häufig, dass Frauen ihre Meinung und ihre Wünsche nicht laut äußern. Sie überlassen dem Partner in wichtigen familiären Dingen die Entscheidung, auch wenn sie sich der Meinung des anderen innerlich nicht anschließen. Ist es eine Art erlernte Unterwürfigkeit, die manche Frauen noch aus ihrer Herkunftsfamilie in sich tragen? Ist es Angst, sich auf eine Diskussion oder ein Streitgespräch einzulassen, oder erscheint die Verantwortung vor Fehlentscheidungen zu erdrückend?

Da Stefanie Philipp dafür verantwortlich macht, nicht schwanger zu werden, gehe ich stark davon aus, dass sehr viel Wut und Enttäuschung in ihr brodeln. Dies belastet nun unterschwellig ihre Beziehung, erscheint nicht greifbar. Damit für beide eine gute Lösung ihres Konfliktes getroffen werden kann, ist es für Stefanie erst einmal wichtig, „die Karten auf den Tisch zu legen“ und das Thema nochmals aufzugreifen. Nach außen hin macht sie Philipp für den Verlauf verantwortlich und schiebt ihm die Schuld zu. Wichtig ist für sie zu erforschen, welche Gefühle dieses Denken in ihr auslöst. Ist sie traurig, verzweifelt, hilflos, allein gelassen? Könnte es sein, dass Stefanie sich insgeheim über sich selbst ärgert, da sie sich auf den Wunsch von Philipp eingelassen und ihren eigenen unausgesprochen zurückgestellt hat? Hätte sie die Entscheidung zu einem Kind anders vertreten und durchsetzen sollen? Fühlt sie sich jetzt zu alt für eine weitere Schwangerschaft?

Oder spürt sie insgeheim, dass ihre Vorwürfe Philipp gegenüber vielleicht doch nicht so stichhaltig sind, wie sie gerne glauben würde. Zwei Kinder, gerade in der Kleinkindphase, fordern die Mutter Tag und Nacht. Hat man sich die Kinder auch sehnlichst gewünscht und ist ein Leben ohne sie kaum noch vorstellbar, kosten sie doch auf der anderen Seite phasenweise viel Energie, Geduld und Durchhaltevermögen. Für eigene Bedürfnisse bleibt nur wenig Zeit und Raum. Die Partnerschaft erlebt eine andere Form des Miteinanders, gemeinsame Zeiten als Paar müssen häufig geplant und gut organisiert werden.

All diese Gedanken gehören auf den Tisch, ohne den anderen dabei zu verletzen oder zu beschuldigen. Das ist die Basis, um Unklarheiten, Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Haben beide diesen ersten wichtigen Schritt getan, können sie weitere Wege einschlagen. „Der Mensch denkt, Gott lenkt“, Dieses bekannte Sprichwort ist nachzulesen in den Sprüchen von Salomo und könnte sich auch bei Stefanie und Philipp bewahrheiten. Warum nicht einmal inne halten und gemeinsam darüber beten und es vor Gott bringen? Es ist manchmal erstaunlich, welche Wege sich plötzlich auftun und zu Lösungen führen.

An einem Strang ziehen

Wird eine Frau nicht schwanger, können unterschiedliche Ursachen vorherrschen. Deshalb sollte Stefanie und auch Philipp sich einer körperlichen Untersuchung bei einem Facharzt unterziehen, um auf Nummer sicher zu gehen.

Auch sollten beide überprüfen, ob für sie Stress und Arbeitsüberlastung im Laufe der Zeit überhand genommen hat. Stress, der von außen an uns herangetragen wird oder auch innerer Stress, wie zum Beispiel Konfliktsituationen, beeinträchtigen die Chancen einer Schwangerschaft und Fruchtbarkeit.

Haben Stefanie und Philipp den Eindruck, sie bräuchten in ihrer jetzigen Lage Unterstützung und Beistand eines Außenstehenden, dann kann ich beide nur dazu ermutigen, sich an eine Person ihres Vertrauens, zum Beispiel eine Beratungsstelle oder Seelsorger/in zu wenden.

Als Ehepaar ziehen sie quasi an einem Strang, erhalten durch die Gespräche neue Sichtweisen und Perspektiven in Bezug auf ihre Situation. Dadurch finden beide schneller zu realistischen Lösungsmöglichkeiten, wie sie ihren Konflikt zufriedenstellend lösen können.

Andrea Kronester arbeitet freiberuflich als Heilpraktikerin für Psychotherapie, Therapeutische Seelsorgerin (TS) und Entspannungspädagogin (www.praxis-kronester.de).

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