Ein bisschen Helikopter …

… sind wir Eltern doch alle, oder? Ich denke, jede Mutter, jeder Vater hat so seine Bereiche, wo er oder sie mehr als andere das Kind kontrolliert, beobachtet oder zu sehr unterstützt. Aber dabei darf man sich bloß nicht erwischen lassen. Helikoptereltern-Bashing ist nämlich sehr beliebt. Zum Schulstart gab es in allen Medien Artikel und Berichte über Eltern-Taxis. Und dabei wird gern pauschal geurteilt. Ja, ich finde auch, dass mehr Kinder zu Fuß zur Schule gehen sollten. Ja, auch bei Regen! Aber für manche Kinder und Eltern ist es eben nicht machbar. Das interessiert aber keinen. Schnell sind es „die Eltern von heute“, die ihre Kinder nicht loslassen können, die ihrer Selbstständigkeit im Weg stehen und sich nur von Angst leiten lassen.

Bei Facebook kursieren Posts, in denen romantisch verklärt von der tollen Kindheit „damals“ die Rede ist, als die Kinder noch auf der Straße spielen durften. Wenn ich auf unsere – zugegebenermaßen verkehrsberuhigte – Straße blicke, sehe ich dort mehr Kinder als „damals“ bei uns. Ängstliche Mütter gab es immer schon …

Ich denke, es ist gut und sinnvoll, sich immer mal wieder zu hinterfragen: Gibt es Bereiche, in denen ich mein Kind überbehüte? Wo müsste es eigentlich selbstständiger sein? Wie kann ich es darin noch mehr unterstützen? Und es ist gut, sich der eigenen Ängste immer mal wieder bewusst zu werden.

Aber die meisten Eltern machen ihren Job gut. Meiner Beobachtung nach sind „echte“ Helikoptereltern eindeutig in der Minderheit. Wie letztens beim Schul-Staffel-Lauf im Rahmen eines Halbmarathons. Viele hundert Kinder haben hier mitgemacht. Mein Sohn auch. Ja, ich hatte vorher die Sorge, dass er zu schnell losrennt und dann seine Teilstrecke nicht schafft. Aber ich habe ihn fröhlich loslaufen lassen und war stolz, als er nach einer halben Stunde wieder am Wechselpunkt ankam. Umso erschrockener war ich, als ich einen Vater sah, der neben seinem 11-jährigen Sohn herlief. Nicht ein kleines Stück, um ihn zu motivieren. Nein, er ist die ganze Strecke neben ihm hergelaufen. Wie schade! Damit hat er seinem Sohn die Erfahrung genommen, es allein geschafft zu haben.

Nun könnte man wieder losschimpfen: Diese Helikoptereltern! Aber es war nur ein Vater von mehreren hundert Eltern. Alle anderen haben ihre Kinder angefeuert. Und sie laufen lassen. Das ist es, was zählt!

Bettina Wendland

Redakteurin Family und FamilyNEXT