Beiträge

Meine Arbeit tut mir gut

Stefan Gerber erlebt immer mal wieder, dass er auch bei der Arbeit ganz gut auftanken kann.

Neulich betete ein Vorschulkind aus unserem Bekanntenkreis: „Lieber Gott, bitte mach, dass niemand mehr arbeiten muss. Nicht der Bäcker, – nicht die Putzfrau und auch nicht der Chirurg. Amen.“

Oje, dachte ich, als unsere Tochter, die diese Szene miterlebt hatte, davon erzählte. „Was für ein Bild von Arbeit hat dieses Kind wohl aufgeschnappt?“, war mein Gedanke. Und überhaupt: Was für ein Bild von Arbeit vermitteln wir eigentlich unseren Kindern?

Es ist bezeichnend, dass in der Tankstelle oft von Auftanken im Zusammensein mit lieben Freunden geschrieben wird; aber wer von uns hat schon davon erzählt, wie er bei der Arbeit auftankt?

Doch genau das tue ich! Nicht immer, aber immer wieder. Wenn nach einem arbeitsreichen Tag meine To-Do-Liste am Abend länger ist als am Morgen, dann frisst die Arbeit tatsächlich meine Energie, der Tank ist leer.

Gott sei Dank gibt es auch die anderen Tage: Da schreibe ich einen Artikel oder eine Predigt und erlebe dabei diesen schönen Zustand, den die Psychologie „Flow“ nennt. Es fließt, die Zeit wird vergessen, ich gehe in meiner Arbeit auf, das Rundherum verliert an Bedeutung. Ein weiteres Kennzeichen von solchen „Flow-Momenten“ ist, dass ich mich selbst am Resultat freue, noch bevor ich von außen ein Feedback erhalte.

Ich liebe es, wenn ich meine Stärken einbringen kann und damit einen Unterschied mache – in der Gemeinde, in meinem Dorf, in der Gesellschaft. Wie gesegnet ist der Mann (die Frau), der seine (die ihre) Berufung gefunden hat und Arbeit nicht einfach als so genannten „Broterwerb“ sieht? Mark Twain meint: „Je mehr Vergnügen du an deiner Arbeit hast, desto besser wird sie bezahlt.“ Das deckt sich zwar bisher nicht unbedingt mit meiner Erfahrung. Ich ertappe mich aber ab und zu bei diesem Gedanken: „Das macht so viel Freude, ist das wirklich noch Arbeit?“ Wer hat uns beigebracht, dass Arbeit keine Freude machen darf?

Als wir im Frühjahr erstmals eine Konfirmation in unserer Netzwerkkirche feiern durften, war das eine Tankstelle für mich. Und nicht nur, weil auch unsere Tochter konfirmiert wurde. Aber zu sehen, wie sich die jungen Erwachsenen entwickelt haben, wie sie konkrete Schritte in ihrem Glauben gehen, wie sie sich in der Gemeinde engagieren und mitzuerleben, wie die vielen Besucher positiv auf unsere kreative Kirche reagierten, das alles war ein Genuss für mich als Pastor.

Solche Momente sind Lohn für all die Tage, an denen Arbeit nur Energie kostet. Und solche Tage erinnern mich daran, dass unsere Arbeit nicht einfach Mühsal ist. Wenn wir unsere Stärken einbringen, unsere Leidenschaft leben und uns in einem uns entsprechenden Umfeld bewegen können, werden wir immer wieder „Flow“-Erfahrungen machen. Und dabei erleben wir, wie sich unser Tank füllt und unsere Zufriedenheit steigt.

 

Stefan Gerber, Geschäftsführer Willow Creek Schweiz, ist Leiter der Netzwerk-Kirche „gms – gospel movement seeland“ und freiberuflich als Autor („Glück finden – hier und jetzt“), Referent und Coach tätig. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

 

 

 

 

Purer Luxus

Auftanken ohne schlechtes Gewissen – darf man das?

Gut möglich, dass es den regelmäßigen Lesern meiner Tankstelle schon aufgefallen ist: Ich bin eher so der Genießer-Typ. Kürzlich habe ich irgendwo gelesen: „Meine Liebessprache ist Essen.“ Das könnte ich durchaus auch unterschreiben. Nur, manchmal ist das mit dem Genuss so eine Sache: Wie kann man bewusst genießen, während die To-Do- Liste immer länger und länger wird? Oder: Wie kann ich auf Genießer-Modus schalten, während der Rest der Familie in hektischer Betriebsamkeit feststeckt? Ich kann das tatsächlich. Da ich ja für mein persönliches Auftanken selbst verantwortlich bin, muss ich mir Genießer-Inseln schaffen, ganz unabhängig von der Hektik rund um mich herum. Ich darf mir auch mal Zeitung lesend ein Vollbad gönnen, während Frau und Kinder mit Haushaltsaufgaben beschäftigt sind. Versteht sich von selbst: Natürlich nur, wenn ich auch meinen Teil der Haushaltspflichten beigetragen habe. Auf der anderen Seite darf ich mein Auftanken nicht vom Auftanken meiner Frau abhängig machen. Die tankt nämlich ganz anders auf als ich. Gerade neulich habe ich beobachtet, wie es ihr schon nach zehn Minuten Vollbad langweilig wurde. Während ich im Entspannungsmodus passiv auftanke (zum Beispiel mit einem einstündigen Vollbad), ist für sie das Auftanken etwas Aktives (beispielsweise Nähen). Für uns war es ein Schlüsselmoment, zu entdecken und uns auch einzugestehen, dass wir unterschiedlich auftanken. Durch die Wochenend-Auszeiten, die wir für andere Paare organisieren, haben wir festgestellt, dass es vielen anderen auch so geht. Immer wieder tanken wir aber auch gemeinsam auf: Ein gutes Essen in einem schicken Restaurant bedeutet uns beiden viel. Mindestens einmal im Jahr verreisen wir auch in einen Kurzurlaub. Hoch im Kurs ist dabei die gemeinsame Auszeit in einem Wellnesshotel. Wenn wir etwas besonders zu feiern haben, darf es auch einmal ein Luxushotel sein. Wie dieses Jahr, als wir vier Tage im Lenkerhof, einem 5-Sterne-Haus im Berner Oberland, verbrachten. Man muss wissen: Der Lenkerhof ist nicht einfach ein gutes Hotel unter vielen. Der Lenkerhof ist die Adresse und wurde als beste Genusslocation der Schweiz auserkoren. Mit anderen Worten: Luxus pur, wie wir ihn nicht jeden Tag erleben – eigentlich vorher noch nie erlebt hatten. Ein 15-Gang-Abendessen ist ja wahrlich nichts Alltägliches … Die Wellness-Oase, die gemeinsamen Spaziergänge, das Essen, die sympathischen Leute – wir haben unsere Auszeit sehr genossen. Darf man ohne schlechtes Gewissen solchen Luxus genießen und dann sogar noch andere davon erzählen? Vor allem: Darf man das, wenn man von Spenden lebt wie wir? Fürs Auftanken sollte man sich nicht schämen müssen, darum erzähle ich auch davon.

Stefan Gerber, Theologe im Bundes- Verlag (Schweiz), ist Leiter der Netzwerk- Kirche „gms – gospel movement seeland“ und freiberuflich als Autor („Glück finden – hier und jetzt“), Seminarleiter und Coach tätig. Er ist verheiratet mit Brigitte Gerber- Urfer und Vater von Joy Nina (13 J.) und Janosch Noah (11 J.).

Wellness in der Bikerwerkstatt

Christof Matthias über die Faszination des Schraubens.

Als wir letztens in unserer Männerrunde (siehe Family 2/16) zusammensaßen, erzählte ich von einem Beitrag in einer Autozeitschrift. Das Redaktionsteam hatte sich zusammengetan, um einen schrottreifen Oldtimerkäfer zu restaurieren. „Hey Jungs, wäre das nicht was?“ Alle waren von der Idee begeistert. Nur leider wohnen wir weit auseinander, haben außer unseren regelmäßigen Treffen kaum Berührungspunkte und auch nicht die Zeit, so etwas realistisch umzusetzen. Schön war der Gedanke trotzdem.

Wenn ich ans Schrauben denke, werde ich lebendig. Irgendwie hat mich die Technik in der praktischen Art immer angezogen. Das hat auch mit meinem zweiten beruflichen Lebensabschnitt zu tun. Damals hatte ich tatsächlich eine eigene (Männer-) Tankstelle inklusive Werkstatt gepachtet. Einige Jahre verbrachte ich mit, an und unter Autos. Das war eine Zeit, in der vieles noch freier schien, alles irgendwie möglich und machbar. „Geht nicht“ gab es nicht. Zumindest probierten wir alles. In Nacht- und Nebelaktionen wurden die Fahrzeuge Liegengebliebener wieder zusammengeflickt, zwar provisorisch, aber sie konnten weiterfahren. Verbunden damit waren ein einzigartiger Flair – und der ständig präsente Benzin- und Ölgeruch.

Heute ist es deshalb für mich nicht ganz leicht, mit meinen Fahrzeugen zur Inspektion oder zum TÜV zu fahren, ohne selbst Hand anlegen zu dürfen. „Finger weg, jetzt schrauben andere“ muss ich mir da schweren Herzens immer sagen.

Mein erstes eigenes Fahrzeug vor genau 40 Jahren war ein Motorrad, eine RD 350, noch mit autoluber Getrenntschmierung. Wichtig war mir, sie durch eine schärfere Nockenwelle auf 34 PS zu bringen, und natürlich wurde sie schon mal ausprobiert, bevor ich den Führerschein in den Händen hatte (nicht weitersagen).

Autos sind heute noch immer prima, aber eher die Pflicht, Motorräder die Kür. Deshalb freue ich mich besonders, nach meinen Beratungsgesprächen oder Supervisionssitzungen, ab und zu mal bei einem befreundeten Bikehändler aufzulaufen. Dort ist es mir erlaubt, in der Werkstatt rumzulungern oder mich mit einer Story in ein Verkaufsgespräch einzumischen. Der Funke springt noch immer über. Die jeweils neuen Modelle werden dann einmal von mir besetzt oder auch ausführlich zur Probe gefahren. Ein kurzes Fachgespräch über die Stärken der aktuellen 3-Zylindermodelle von Yamaha belebt meine Seele. Das ist eine meiner persönlichen Tankstellen, in der es ganz speziell riecht. Es ist eine Mischung der Ausdünstungen von Ölen, Fetten und Leder, die im Raum wabert. Bestimmt nicht jedermanns Sache, aber jeder Mann hat sicher seinen speziellen Erinnerungsduft, der ihn lebendig werden lässt. Vielleicht gilt es diesen wiederzuentdecken.

Mich erinnert das auch an die Jünger von Jesus, die auch immer wieder zu ihrer vergangenen Tätigkeit zurückgingen – dem Fischen. Und da – das weiß ich sicher – ist der Geruch nun ganz speziell. Der geht noch nicht einmal mit Waschen weg.

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.

Allein mit Kevin

Wenn Christof Matthias mit seinem behinderten Pflegesohn einige Runden dreht, öffnet sich eine innere Tür.

Weiterlesen

Wenn der Hecht beisst

Christof Matthias lässt beim Angeln am See alles hinter sich.

Weiterlesen