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„Ohne den Glauben könnte die Ehe für uns nicht funktionieren“

„Frag den Pastor“ heißt der YouTube-Kanal, auf dem Gunnar Engel aus seinem Alltag als Dorfpastor einer kleinen Gemeinde an der Grenze zu Dänemark erzählt. Seine Frau postet auf Instagram („Segensbringer“) gestaltete Bibelverse und verkauft mittlerweile auch ihre Werke. Kennengelernt haben sich die beiden ganz standesgemäß über Facebook. Christof Klenk hat sich mit ihnen via Skype unterhalten.

Ihr habt vor einigen Monaten Nachwuchs bekommen. Wie hat sich denn euer Leben dadurch verändert?
Gunnar:
Man hat sich so viele Gedanken gemacht, so viele Gespräche mit Freunden geführt, aber wenn es dann soweit ist, dann ist alles ganz anders. Es ist wie ein riesiges Abenteuer und ein Riesengeschenk.
Anni: Es hat meine ganze Welt einmal grundlegend erschüttert. Es musste sich alles erst einmal neu sortieren. Man wird auf einmal ins kalte Wasser geschmissen und fängt an zu schwimmen.

Und musstet ihr euch als Paar neu finden?
Gunnar:
Da tauchen auf einmal eine Menge Fragen auf, die wir uns vorher nie gestellt haben. Wenn einer von uns abends weggehen will, ist jetzt mehr Absprache notwendig. Da müssen wir uns neu zusammenfinden.
Anni: Ich würde sagen, dass wir dadurch noch mehr zusammenwachsen. In der Wochenbettsituation war ich total auf Gunnar angewiesen. Mir ist sehr bewusst geworden, dass wir einander brauchen, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können. Dazu kommt, dass man sich auch in der neuen Rolle als Papa und Mama sortieren muss. Diese Rollen kommen ja einfach mit dazu. Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich eben nicht nur als Mama und Papa sieht, sondern dass man sich auch immer wieder als Paar wahrnimmt. Ich glaube, man muss sich die Zeit als Paar echt einfordern, sonst bleibt das schnell mal auf der Strecke.

Ihr habt euch über Facebook kennengelernt und dann neun Monate später schon geheiratet. Wie konntet ihr so schnell wissen, dass das passt?
Gunnar: Ich war auf Facebook nicht aktiv auf der Suche nach einer möglichen Ehefrau. Wir haben uns zufällig in einer christlichen Facebook-Gruppe kennengelernt. Die ersten vier Wochen haben wir uns nur geschrieben. Als ich Anni das erste Mal in echt gesehen habe, hatte ich das Gefühl, ich kenne sie schon. Wir hatten uns schon ganz viel unterhalten, vor allem über viele Glaubensdinge. Da hatte ich schon den Eindruck: Auf der Ebene würde es auf jeden Fall passen. Meine Beziehung zu Gott ist das Grundlegende in meinem Leben. Wenn ich einen Partner habe, der sagt: „Das ist bei mir genauso!“, dann ist schon mal eine gute Basis da. Der Rest findet sich dann irgendwie.
Anni: Bei mir war das ziemlich anders. In der Zeit, bevor wir uns kennengelernt haben, war ich ganz bewusst Single. Ich habe sehr viel gebetet und auch sehr viel darüber nachgedacht, was mir an meinem zukünftigen Partner wichtig ist. Da kam eine ganze Latte von Punkten zusammen. Freunde und Familie haben schon zu mir gesagt, dass diese Liste ziemlich unrealistisch sei. Und dann kam Gunnar und tatsächlich: Alle Dinge, die mir grundsätzlich wichtig waren, hat er total erfüllt. Ich war selber erstaunt. Dann kam aber auch im Gebet eine ganz übernatürliche Sicherheit und ein Frieden, den ich vorher nicht kannte. Da wusste ich: Das ist es jetzt.

Der Schritt vom virtuellen Kennenlernen ins wirkliche Leben fällt manchen gar nicht so leicht.
Gunnar:
Ich war zuerst am Treffpunkt, stand da vor der Tür des Cafés und habe auf sie gewartet. Ich war ganz schön nervös, aber als sie mir dann entgegenkam, hatte sie gleich so eine fröhliche, freundliche Ausstrahlung, dass ich dachte: Das wird gut.
Anni: Ich glaube, das kann sehr unterschiedlich laufen. Ich bin nicht mit der Erwartung hingegangen, dass da gleich die Funken sprühen. Wir hatten zwar viel über theologische Fragen diskutiert, aber ich habe mir gedacht, die Chance, dass auch die ganze Chemie stimmt, um sich zu verlieben, ist eher gering. Aber dann war es tatsächlich mit dem ersten Treffen um mich geschehen.

Was hat euch aneinander überrascht?
Anni:
Da gab es nicht die große Enthüllung. Es sind eher kleine Überraschungen im Alltag, dass man neue Facetten vom anderen kennenlernt.
Gunnar: Als wir Eltern geworden sind, war ich richtig geflasht, mit welcher Sicherheit und Stärke Anni das alles angegangen ist. Also von: Wir fahren ins Krankenhaus, es geht los. Bis: Wir nehmen den Kleinen jetzt mit nach Hause und das kriegen wir hin.

Ihr habt zusammen ein YouTube-Video zu Ehefragen gemacht. Ihr kommt als Paar offensichtlich sehr gut rüber. Die Kommentare darunter sind überwältigend positiv. Alle finden euch total sympathisch, obwohl eure Ansichten gar nicht so Mainstream sind. Ihr sagt zum Beispiel, dass ihr es nicht für schlau haltet, wenn Christen Nichtchristen heiraten.
Gunnar:
Also mich wundert das nicht nur bei dem Video, sondern auch bei den anderen, die ich gemacht habe. Es ist ja schon eine starke Position, die ich vertrete.
Anni: Ich habe auch mit viel mehr Gegenwind gerechnet. Das Internet kann grausam sein, aber ich denke, dass Authentizität ganz entscheidend ist. Wir zwingen ja niemandem etwas auf. Wir vertreten Standpunkte, von denen wir von tiefstem Herzen überzeugt sind. Wir erzählen von dem, was für unsere Ehe wichtig ist, um sie glücklich zu führen. Für uns ist der Glaube sehr zentral. Ohne den Glauben könnte die Ehe für uns nicht funktionieren.

Ihr sagt in dem Video auch, dass das Gebet ein großer Faktor ist, wenn ihr Streit habt. Inwiefern ist das so?
Gunnar:
Wenn ich mich über etwas aufrege, ist das oft der Standardspruch von Anni: „Komm, geh jetzt was essen und dann gehst du beten.“ Da muss es gar nicht mal um Streit zwischen uns beiden gehen. Sich mit dem zu unterhalten, der es in der Hand hat, ist tatsächlich der erste Schritt. Dabei kann ich über mich selbst reflektieren und darüber, was mein Anteil an dem Streit ist. Wenn wir beide Streit haben, dann liegt es in den allerseltensten Fällen nur an einer Seite, meistens sind wir beide beteiligt. Da ist es nicht verkehrt, jemand anderes hinzuzuholen.
Anni: Das Gebet verändert die Perspektive. Es zwingt uns, eine Haltung der Demut einzunehmen und den eigenen Balken zu identifizieren. Das Gebet verbindet unglaublich. Gott ist der, der uns beide verbindet. Das ist auch der Rahmen, wo Vergebung geschehen kann. Im Streit zu beten, kostet immer viel Überwindung und trotzdem ist es sehr heilbar.

Könnt ihr miteinander beten, wenn ihr miteinander im Clinch seid?
Anni:
Ja, man muss sich wirklich überwinden, aber wenn das dann geschehen ist …
Gunnar:
Oft beten wir erst alleine … Das Ding ist ja auch: Ich kann schwer auf jemanden böse sein, für den ich bete.

Wie habt ihr für euch entdeckt, dass ihr für YouTube und Co. geeignet seid?
Gunnar:
YouTube ist das, was ich eher mache. Anni ist im künstlerischen Bereich unterwegs. Das finde ich viel krasser. Ich habe schon immer viel fotografiert und konnte mich für Bild und Technik begeistern. Wir sind gerade im größten kommunikativen Umschwung seit 500 Jahren, seit Luther und dem Buchdruck. Als ich Pastor wurde, habe ich überlegt: Wie könnte ich das nutzen? Ich bin ja Dorfpastor kurz vor Dänemark. Wie kann ich Leute mit der besten Botschaft der Welt erreichen? Und da habe ich Möglichkeiten, die es vor 20 Jahren noch nicht so gegeben hat.
Anni:
Ich habe schon immer gemalt und war künstlerisch aktiv, aber dann hatte mir Gunnar zum Geburtstag eine Art-Journaling-Bibel geschenkt, also eine Bibel mit viel Platz zum Gestalten. Da kam ich auf die Idee, beides zu verbinden: das Wort Gottes und die Kunst, beziehungsweise die Kalligraphie. Als Gunnar meine Werke gesehen hat, meinte er: „Das ist schade, wenn die in der Schublade verstauben, lad deine Sachen doch einfach mal bei Instagram hoch.“ Ich habe das ausprobiert und gemerkt, auf wie viel positive Rückmeldung die Sachen stoßen. Ich merke, dass ich Menschen damit ermutige, selbst mit der Bibel künstlerisch aktiv zu werden. Daraus ist mit „Segensbringer“ ein eigener Shop entstanden. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, dass ich Bibelverse „lettere“.
Gunnar:
Wir ermutigen uns da gegenseitig. Als ich die Idee mit den Videos hatte, bin ich erst mal drei Monate schwanger damit gegangen. Mit meinen ersten Videos war ich nicht glücklich. Irgendwie hat das nicht gepasst. Bis Anni mir sagte: „Das nächste, das du drehst, das veröffentlichst du auch.“ Anni sieht mehr in mir als ich in mir selbst, und manchmal auch andersherum.
Anni:
Wir haben einfach mal losgelegt und gemerkt, dass Menschen das interessiert. Das gibt einem enormen Rückenwind. Ich glaube auch, dass Gott uns nutzen möchte.

Wen erreicht ihr mit euren Internetgeschichten? Geht das über die christliche Blase hinaus?
Anni:
Ich würde sagen, man erreicht echt viele Menschen, die enttäuscht von Gott sind, sich aber weiterhin auf die Suche machen. Beim „Segensbringer-Kanal“ erreiche ich sicherlich vor allem Christen.
Gunnar: Ich glaube, das hängt stark von den Inhalten ab. Wenn ich ein Video zum Markieren von Bibelversen mache, dann ist das schon eher eins für die christliche Blase. Aber ich mache auch Geschichten aus meinem Gemeindealltag. Da schreiben mir Leute dann: „Finde ich voll toll, was du da machst. So habe ich Kirche noch nie gesehen!“ Bei manchen entsteht da ein neues Interesse an der Kirche.

Kommen Leute sonntags bei dir in den Gottesdienst, die dich über deinen YouTube-Kanal kennen?
Gunnar:
Ja, das passiert. Es ist eigentlich in jedem Gottesdienst so, dass Menschen vorbeischauen, der eine oder andere bleibt dann hängen.

Wann wird es denn ein neues Video zu Ehefragen geben?
Gunnar:
Das wollen wir bald angehen, aber man merkt das auch bei diesem Gespräch, dass es da noch jemand gibt, der Aufmerksamkeit braucht. Wenn wir zwei vor der Kamera sitzen, müssen wir schauen, wie das geht. Sonst laden wir meine Mutter ein, dass sie ihn dann eine Runde mit dem Kinderwagen fährt und wir drehen Ehe Video Teil 2. Wir wollen das machen, weil das ein superwichtiges Thema ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

Digital und nackt

Von Rolf Krüger

Huch!? Über genau diese neue Kameratasche habe ich doch erst gestern mit einem Freund gesprochen und heute wird sie mir bei Amazon angepriesen. Hat Amazon mitgehört? Ähnliche Gedanken hat wohl jeder schon einmal gehabt. Dasselbe gilt für Menschen, die wir irgendwo getroffen haben und die uns Facebook plötzlich als Freunde vorschlägt. Und viele andere digitale „Zufälle“. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen.

Dass wir alle täglich Dinge mit Konzernen teilen, die wir sonst nur unseren besten Freunden anvertrauen würden, sollte inzwischen bekannt sein. Das Schlagwort heißt „Big Data“. Smartphones zeichnen genau auf, wo wir uns befinden und für was wir uns interessieren. Die einzelnen Informationen sind gar nicht so dramatisch – ihre Kombination und Masse macht daraus einen wertvollen Schatz für alle, die an uns Geld verdienen wollen. Denn nichts ist kostenlos. Wenn wir nicht dafür zahlen, dann sind wir nicht der Kunde, sondern das Produkt, für das jemand anderes zahlt.

Die Daten, die unsere PCs und Telefone sammeln, werden von den Konzernen geschickt kombiniert. Anna und Paul sind für drei Stunden am selben Ort? Könnte sein, dass sie sich kennen, folgert Facebook, und schon bekommen sie sich gegenseitig als Freundschaftsvorschlag. Waren 1000 Menschen ebenfalls dort? Dann wohl kaum. Und die Algorithmen werden immer präziser, je mehr wir sie durch die gewünschte Handlung bestätigen – oder eben nicht. Gelernt wird immer. Und wir sind die Studienobjekte. Haben sich Anna und Paul vielleicht nicht voreinander ausgezogen – vor Google & Co. haben sie es getan. Für die Konzerne sind wir inzwischen ziemlich nackt.

Es gibt vor allem zwei Wege, wie wir damit umgehen: Die einen sehen Big Data als bequemen Service und freuen sich, dass die Maschinen helfen, den Alltag zu organisieren. Die anderen sehen vor allem die Gefahr, dass ihre Datensammlung irgendwann gegen sie verwendet wird.

Die gesunde Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Es gilt, die Vorzüge der Technik zu genießen und gleichzeitig verantwortungsvoll mit unseren Daten umzugehen. Im Folgenden haben wir Möglichkeiten zusammengestellt, unsere Datensammlung bewusster zu steuern. Denn wie nackt wir uns machen, kann jeder und jede für sich selbst entscheiden.

Aktivitätsberichte

Bei allen großen Anbietern kann man seine gespeicherten Daten einsehen und ggf. löschen. Es ist sehr erhellend, mal durch die eigene Sammlung zu stöbern…

Nicht verfügbar bei: 

  • Apple (inkl. iPhone) — es wird kein Aktivitätsverlauf außerhalb des Gerätes angelegt.

Datenschutzeinstellungen

Was von den Anbietern oder Programmen aufgezeichnet wird, kann man in gewissem Rahmen selbst bestimmen. Das gilt sowohl für die Aufzeichnung von Daten auf dem lokalen Computer als auch in den Clouds der Anbieter wie Microsoft oder Google. Die Optionen sind sehr umfangreich und man muss schon ein wenig Arbeit investieren, um das gewünschte Maß an Privatsphäre sicherzustellen. Aber die Arbeit lohnt sich…

Nicht verfügbar bei:

 

Alles nur Idioten?

„Der Hauptgrund für Stress ist der tägliche Kontakt mit Idioten.“ Dieser Spruch springt mir heute  bei Facebook ins Auge. Er wurde bereits tausendfach geteilt und mit „Gefällt mir“ versehen.

Sprüche wie dieser sind beliebt. Und beruhen wahrscheinlich schon auf echten Erfahrungen. Aber die Haltung, die dieser Spruch vermittelt, macht mich traurig. Wenn ich in den Menschen um mich herum erst einmal Idioten sehe – bin ich dann überhaupt noch in der Lage, vorurteilsfrei auf sie zuzugehen? Bin ich dann noch offen zu verstehen und nachzuvollziehen, warum mein Mitmensch sich so verhält, dass es mich nervt oder stresst?

Zum Glück ist mir heute auch ein anderer Spruch bei Facebook begegnet: „Verurteile keinen Menschen, bevor du nicht eine Meile in seinen Schuhen gegangen bist.“

Das ist ungeheuer schwierig und anspruchsvoll. Und viel aufwändiger, als „Idioten“-Sprüche bei Facebook zu teilen. Aber das ist eine Haltung, in der ich leben möchte. Und ich würde mir wünschen, dass auch meine Mitmenschen sich die Mühe machen, mal in meine Schuhe zu steigen. Auch wenn die manchmal ganz schön ausgelatscht sind und manchmal ziemlich eng …

Bettina Wendland

Family-Redakteurin