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0 bis 2 – Bereit fürs Wochenbett?

Elternfrage: „Wir bekommen bald unser erstes Kind. Ich habe großen Respekt vor der ersten Zeit im Wochenbett. Kann ich mich darauf vorbereiten?“

Die Geburt eines Babys gehört zu den intensivsten Erfahrungen jeder Frau. In den Wochen danach erlebt sie eine Achterbahn der Gefühle: Sie ist hormonellen, körperlichen und psychischen Veränderungen (vielleicht sogar Geburtsverletzungen) ausgeliefert. Auch die Paarbeziehung muss sich in dieser Zeit teilweise neu sortieren. Gleichzeitig ist da ein wunderbares, aber auch empfindsames, bedürftiges Kind, dessen Überleben und Gedeihen nun von Ihnen abhängig ist. Ihr großer Respekt vor dieser Zeit ist berechtigt, genauso wie Ihr Wunsch, sich gut auf diese vorzubereiten.

Was brauche ich?

Zum Wochenbett, das unmittelbar nach der Geburt beginnt und sechs bis acht Wochen dauert, kann man aus allen Richtungen Ratschläge, Erfahrungen und Tipps bekommen. Das kann einen schnell überfordern. Reduzieren Sie deshalb die Informationsquellen, indem Sie sich fragen, was davon Sie wirklich brauchen. Wem kann und will ich vertrauen? Was scheint mir sinnvoll? Was gefällt und passt zu mir beziehungsweise uns als Paar? Beschäftigen Sie sich in der Vorbereitungszeit vor allem mit sich selbst.

Hinter dem Vorhang

Von einer in Afrika geborenen Hebamme erfuhr ich, dass in ihrer Heimat normalerweise eine Mutter mit ihrem Neugeborenen in den ersten Wochen nach der Geburt hinter einem Vorhang lebt. Eine von der Mutter ausgewählte Person kümmert sich um die beiden und wacht darüber, wer wann hinter den Vorhang kommen darf. Das hat mich sehr berührt. Was können wir daraus lernen? Im Wochenbett geht es um eine besondere Zeit, in der Verletzlichkeit, achtsames Wahrnehmen, Spüren und Bestaunen sowie gegenseitiges Kennenlernen möglich sein sollte. Diese Zeit ist wie eine Art „heiliger Raum“ – ein Raum der Ruhe und Geborgenheit. Für diesen Raum braucht es Schutz durch eine gute Grenze (Vorhang) und jemanden, der sie bewacht. Denken Sie in Ruhe darüber nach: Wie wünsche ich mir diesen Raum? Was tut mir gut, wenn ich zum Beispiel erschöpft oder traurig bin? Was brauche ich, um mich sicher und geborgen zu fühlen? Welche Kontakte werden mir guttun? Welche nicht? Reden Sie darüber mit Ihrem Partner und tauschen Sie sich aus. Je konkreter, desto besser: Was sind deine, was meine Sorgen? Welche Unterstützung könnten wir gebrauchen? Wovor wollen wir uns abschirmen? Wer darf ab wann „hinter den Vorhang“ kommen? Wollen wir dies gegebenenfalls mit der Großfamilie oder Freunden im Vorfeld klären? Könnte eventuell der Papa zum „Wächter“ der Grenzen werden?

Vorfreude sammeln

Üben Sie sich im ehrlichen Fragen und Austauschen Ihrer Ängste, Bedürfnisse und Wünsche. Auf diese Weise werden Sie die richtigen Antworten finden. Bis dahin genießen Sie Ihre Zweisamkeit und vertrauen Sie darauf, dass in Ihrem dann gut geschützten Raum – neben allen emotionalen Turbulenzen – viele wunderbare Erfahrungen auf Sie warten. In diesem Raum werden sich die elterlichen, aber auch kindlichen Fähigkeiten ungestört entfalten und Sie lernen sich miteinander immer besser kennen und lieben.

Beate Döbel ist Familientherapeutin und Elternberaterin. Familien mit Säuglingen und Kleinkindern liegen ihr besonders am Herzen.
www.therapiepraxis-doebel.de

0 bis 2 – Ernährung: Wenig Zucker, leichte Geburt?

Elternfrage: „Ich bin jetzt im sechsten Monat schwanger und über die Louwen-Ernährung gestolpert, die die Geburt erleichtern soll. Was ist das und wie sinnvoll ist es, sich so zu ernähren?“

Kurz gesagt geht es bei der Louwen-Ernährung um eine Optimierung der Ernährung in den letzten sechs bis acht Schwangerschaftswochen mit dem Ziel, eine Übertragung zu vermeiden, die Geburt – besonders die erste Phase (die sogenannte Latenzphase) – zu verkürzen und das Schmerzempfinden zu reduzieren.

In dieser Zeit sollen die Schwangeren auf Kristallzucker und Weißmehlprodukte verzichten. Oft wird gefordert, nur Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index (die den Blutzuckerspiegel nicht schnell ansteigen lassen) zu verzehren, aber das ist eine erweiterte Variante, die nicht von Professor Louwen, dem Urheber der gleichnamigen Ernährungsform, stammt.

Was dahintersteckt

Der theoretische Hintergrund ist folgender: Besonders Industriezucker und Weißmehlprodukte lassen den Insulinspiegel stark in die Höhe schnellen. Dieses Insulin dockt an denselben Rezeptoren an, die auch das Prostaglandin benötigt, um seine Wirkung zu tun. Das Hormon Prostaglandin wird in den letzten Schwangerschaftswochen und zur Geburt hin vermehrt gebildet. Seine Aufgabe ist es, den Muttermund und die Zervix reifen zu lassen, also weich und empfänglich für eine effektive Wehentätigkeit zu machen.

Dieser Aufgabe kann es nicht nachkommen, wenn seine Rezeptoren durch Insulin besetzt sind. Auch das Schmerzempfinden ist stärker, wenn die vom Körper produzierte Menge an Prostaglandin seinen „Landeplatz“ nicht finden kann, weil dieser belegt ist. Außerdem ist die Reduzierung der Gewichtszunahme bei Mutter und Kind ein positiver Effekt bei dieser Art der Ernährung.

Entspannung geht vor

Ich halte dies für eine sehr schlüssige Theorie, zu der es allerdings leider – meines Wissens nach – noch keine Studien gibt, die sie bestätigen. Trotzdem glaube ich, dass sie einen Versuch wert ist. Leider kann ich auf keine eigenen Erfahrungen zurückgreifen, sodass ich mich nur mit der Theorie beschäftigen konnte, und diese klingt für mich logisch und nachvollziehbar. Abgesehen davon ist es für jeden Menschen in jeder Lebensphase gesund, auf die genannten Produkte zu verzichten.

Aber eines ist mir zu diesem Thema wichtig zu sagen: Quälen Sie sich nicht! Lassen Sie es sich besonders in den letzten Wochen der Schwangerschaft vor allem gutgehen. Gehen Sie spazieren und gönnen Sie sich so viel Entspannung wie nur möglich. Und wenn dazu ein Stück Schokolade oder Kuchen gehört, darf das hin und wieder auch mit Freude genossen werden – manchmal braucht die Seele das einfach.

Martina Parrish war viele Jahre lang Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin.

Anonyme Geburt: Wie die Babyklappe einem Jungen das Leben rettete

Die Babyklappe eines Berliner Krankenhauses rettete Johannes das Leben. Zu verdanken hat er das Gabriele Stangl. Sie hat dafür gekämpft, dass verzweifelte Mütter eine Möglichkeit haben, ihr Kind in gute Hände zu geben.

Johannes (Name geändert) ist regelrecht ins Leben gestürzt. Seine Mutter war alleinerziehend mit zwei Kindern, als sie ungeplant schwanger wurde. Erst verdrängte sie die Schwangerschaft, dann – als sie der Wahrheit ins Auge sehen musste – beschloss sie, ihr Kind anonym zur Welt zu bringen. Sie hatte gelesen, dass es diese Möglichkeit im Krankenhaus Waldfriede in Berlin gab. Doch lange vor dem Geburtstermin setzten die Wehen ein. „Es ist doch noch viel zu früh“, dachte die werdende Mutter panisch. Schnell schickte sie ihre Kinder zu den Nachbarn. Sie wollte die Treppe zum Schlafzimmer hochgehen, brach aber auf der Treppe zusammen. Und dort stürzte Johannes ins Leben. Er fiel einige Treppenstufen herab, dabei brach er sich – wie man später feststellte – das Becken und einen Unterschenkel.

Seine Mutter war wie in Trance. Sie suchte für das viel zu kleine Frühchen ein Puppenkleidchen, wickelte es in eine Decke und versteckte es. Erst nachdem sie etwas geschlafen und ihre beiden älteren Kinder versorgt hatte, fiel ihr wieder ein, dass da ja dieses Baby war. Ihr Baby. Der kleine Junge war kalt und still, aber er lebte. Als die Kinder schliefen, fuhr Johannes‘ Mutter mit ihm nach Berlin. Im Krankenhaus Waldfriede gab es nicht nur die Möglichkeit der anonymen Geburt, sondern auch eine Babyklappe. Sie legte das kleine Bündel dort hinein und fuhr wieder nach Hause.

Das Leben gerettet

Nur zwei Minuten lag Johannes in der Babyklappe. Dann ging der Alarm los. Da das Frühchen in einem schlechten Zustand war, wurde es sofort in die Kinderklinik gebracht. „Wir hatten große Sorge, dass er es nicht schaffen könnte“, schilderte Krankenschwester Bärbel die Situation. „Seine Temperatur war nicht mehr messbar, so kalt war er. Er wog gerade mal 2.000 Gramm.“

Gabriele Stangl, zu der Zeit Krankenhaus-Seelsorgerin in Waldfriede, war sofort in die Klinik geeilt, als sie über den Neuzugang informiert worden war. Die Babyklappe war ihre Idee gewesen. Gegen viel Widerstand hatte sie im Jahr 2000 erreicht, dass im Waldfriede die weltweit erste Babyklappe – hier „Babywiege“ genannt – in einer Klinik eingerichtet wurde. Diese Einrichtung rettete Johannes das Leben.

Schon einen Tag nach seiner Geburt war er über den Berg und stabilisierte sich zusehends. Gabriele Stangl schloss ihn in ihr Herz und besuchte ihn regelmäßig. Kurz darauf bekam sie einen Anruf von einem Polizisten. Einer Frau sei aufgefallen, dass ihre Nachbarin schwanger gewesen sei, nun sei sie wieder schlank, habe aber kein Baby. Schnell wurde klar, dass es sich hier um Johannes‘ Mutter handelte. Sie erzählte den Polizisten, dass sie ihren Sohn in die Babyklappe gelegt habe, um ihn in Sicherheit zu bringen und dass sie ihn zur Adoption freigeben wolle.

Und so kam Johannes zu Katherina und Rolf (Namen geändert), die schon lange auf ein Adoptivkind warteten. Sie waren überglücklich, als sie ihren Sohn in die Arme nehmen konnten. Sie hatten sehr viel Liebe für ihn. Drei Jahre später adoptierten sie noch ein Mädchen, das im Krankenhaus Waldfriede anonym geboren worden war.

„Mir fehlt nichts“

Johannes ist inzwischen 16 Jahre alt und spricht offen über seine Geschichte. „Seit ich denken kann, weiß ich, dass ich adoptiert bin und dass ich in die Babyklappe gegeben wurde“, erzählt er im Interview. „Ich hatte dabei nie schlechte Gefühle. Und ich habe meine leibliche Mutter auch nicht vermisst. Ich bin ja von Anfang an bei meinen Adoptiveltern aufgewachsen und hatte nie das Gefühl, dass mir etwas fehlt.“ Der Gedanke, dass seine Mutter ihn nicht behalten konnte oder wollte, belastet ihn nicht: „Ich kenne ja inzwischen die Geschichte, die dahintersteckt. Und deswegen weiß ich, dass es für mich das Beste war, in dieser Familie aufgewachsen zu sein.“

Anders als die meisten Kinder aus der Babyklappe hätte Johannes sogar die Möglichkeit, Kontakt zu seiner leiblichen Mutter aufzunehmen. Aber das möchte er nicht. „Ich habe das bis jetzt noch nicht gemacht und würde das auch in näherer Zeit nicht in Betracht ziehen“, erklärt er. „Ich kann mich nicht an sie erinnern und finde gerade keinen Grund, zu ihr Kontakt aufzubauen.In meiner Familie hier lebe ich einen normalen Alltag, als wäre meine Adoptivmutter meine leibliche Mutter.“

Engere Freunde kennen seine Geschichte, ein großes Thema ist es aber nicht. Johannes wirkt vollständig versöhnt damit. Sein Ziel ist es, das Abitur zu machen und danach zu studieren. Einen Ingenieurs-Studiengang kann er sich vorstellen. Die Babyklappe hält er für eine „super Sache“: „In meinem Fall hätte es ja viel schlimmer ausgehen können, wenn meine Mutter nicht einen Ort gehabt hätte, wo sie wusste: Hier gebe ich mein Baby in gute Hände.“

Entscheidung für das Kind

So positiv wie Johannes sehen aber nicht alle das Angebot einer Babyklappe oder der anonymen Geburt. Immer wieder gibt es die Kritik, diese Angebote würden Frauen ermutigen, ihr Kind abzugeben. Doch die Frauen, die diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen, haben meist einen langen und verzweifelten Prozess hinter sich. „Die Frauen machen sich das nicht leicht“, erklärt Gabriele Stangl. Sie hat über viele Jahre werdende Mütter begleitet, die zu einer anonymen Geburt in die Klinik kamen. Und ist sehr froh darüber, dass 30 Prozent der Frauen, die ihr Kind anonym gebären und zur Adoption freigeben wollten, sich schließlich doch dafür entschieden haben, ihr Kind zu behalten.

Damit es dazu kommt, ist viel Beratungsarbeit notwendig. Die Gespräche mit den Frauen gingen oft über Wochen, bis sie endlich eine Perspektive für sich gesehen haben. „Manchmal konnten wir sie in einem Mutter-Kind-Haus unterbringen. Manche haben schließlich doch mit ihren eigenen Eltern geredet und von ihnen Unterstützung erhalten.“

Seit 2000 gab es im Krankenhaus Waldfriede etwa 250 Frauen, die eine anonyme Geburt wünschten. Zehn Prozent der abgegebenen Babys wurden in die Babyklappe gelegt. In Deutschland sind diese Angebote allerdings eine rechtliche Grauzone. Deshalb wurde 2014 die sogenannte vertrauliche Geburt als rechtssichere Variante eingeführt. Hierbei hinterlässt die Mutter ihren Namen bei einer Beratungsstelle. Das Kind hat dann ab dem Alter von 16 Jahren die Möglichkeit, den Namen der Mutter zu erfahren und gegebenenfalls Kontakt aufzunehmen. Dadurch soll das Recht des Kindes gestärkt werden, Informationen über seine Herkunft zu erhalten.

Wahrheit und Liebe

Doch wie der Fall von Johannes zeigt, ist es nicht allen Jugendlichen wichtig, das zu tun. Zudem: „Wenn Johannes nicht bei uns abgegeben worden wäre, hätte er keine Chance gehabt“, macht Gabriele Stangl deutlich. „Es war fünf vor zwölf für ihn, als er in die Babyklappe gelegt wurde.“ Deshalb findet sie es nach wie vor wichtig, dass das Angebot der Babyklappe und der anonymen Geburt erhalten bleibt. „Und wenn nur ein einziges Kind durch die Babyklappe gerettet worden wäre, hätte sich der ganze Aufwand gelohnt“, betont sie. „Denn jedes Leben ist unbezahlbar.“ Für die betroffenen Kinder ist es wichtig, dass sie von Anfang an Klarheit über ihre Geschichte haben. Spätestens im Alter von drei oder vier Jahren, wenn Fragen aufkommen wie „Bin ich auch in deinem Bauch gewachsen?“, sollten Adoptiveltern den Kindern erklären, dass es zwei Mamas hat.

Ein selbstverständlicher Umgang mit der Thematik hilft den Kindern, das als „normal“ für sich zu akzeptieren – wie es bei Johannes der Fall war. „Wahrheit und Liebe machen einen Menschen stark“, erklärt Gabriele Stangl. Und lächelnd fügt sie hinzu: „Ich habe den Krankenschwestern immer gesagt: Seid lieb zu ‚meinen‘ Kindern! Ihr wisst ja nicht, ob ihr nicht vielleicht den zukünftigen Bürgermeister von Berlin im Arm haltet.“

Bettina Wendland ist Redaktionsleiterin von Family und FamilyNEXT.

Eine schwere Geburt

Für Eva Sofia war es schrecklich. Nach der Geburt ihrer Tochter konnte sie sich nicht vorstellen, noch einmal ein Kind zu bekommen. Damit ist sie nicht allein. Für viele Frauen ist die Geburt ein schwieriges, manchmal sogar traumatisches Erlebnis. Sarah-Maria Graber zeigt Schritte, die beim Umgang damit hilfreich sind.

Unter Tränen versucht Eva Sofia Worte zu finden, um mit ihrem Mann den inneren Gefühlssturm zu teilen. Ihre Tochter ist gerade mal drei Tage alt. Wie soll sie es ihm nur sagen? Sie hatten doch von einer größeren Familie mit drei bis fünf Kindern geträumt. Aber jetzt ist alles anders. Nachdem die Schwangerschaft so schwierig verlaufen ist und mit einer traumatischen Geburt endete, kommen bei Eva Sofia große Zweifel auf. Das wird sie kein zweites, geschweige denn drittes Mal schaffen, weder körperlich noch emotional. Diese Ohnmachtsgefühle, ohne wirklich ohnmächtig zu werden, und diese lange Ungewissheit, wie alles werden wird. Und diese Sorge darum, ob es wohl dem Kind gut geht. Nein, das war dieses eine Mal schon zu viel.

„Ich weiß nicht, ob ich das nochmal schaffe“, gesteht Eva Sofia ihrem Mann. Es folgt eine längere Pause. Sie schweigen sich an. Irgendwann holt Eva Sofia eine Familienzeitschrift hervor mit dem Titel: „Ein-Kind-Familie ist auch Familie“ und drückt sie ihrem Mann in die Hand. Er schaut zuerst den Titel an, dann seine Frau, nickt verständnisvoll, streichelt ihr übers Haar. „Das ist okay so. Ein-Kind-Familie ist auch Familie.“ Mit diesen Worten und dem liebevollen Verständnis ihres Mannes fällt ein schwerer Stein von Eva Sofias Herz. Der Gedanke ist befreiend, dass sie das kein zweites Mal über sich ergehen lassen muss.

Eva Sofia hätte es in diesen Tagen und Wochen nach der Geburt nicht für möglich gehalten, dass die Zeit ihre Wunden heilt. Und dann passiert es doch. Die Zeit verstreicht und heilt. Die Erinnerungen verblassen langsam. Der Wunsch nach einem weiteren Kind gewinnt die Oberhand und lächelt der Angst ins Gesicht. Ihre Freundin Susanne, ebenfalls Mama, macht ihr Mut. Sie hat richtig schöne Geburten erlebt. Sie ermutigt Eva Sofia, es nochmal zu versuchen und sich den Traum einer größeren Familie nicht von diesem einmaligen Erlebnis nehmen zu lassen. Getragen von diesem Hoffnungsschimmer fasst sich Eva Sofia ein Herz und öffnet sich für eine weitere Schwangerschaft. Ein weiteres Mal macht sie sich verletzlich, lässt ihre Ängste zu und versucht, ihnen Hoffnung entgegenzuhalten. Sie bereitet sich intensiv auf die Geburt vor, fasst neues Vertrauen in den Geburtsprozess und in ihren Körper.

Und tatsächlich: Die zweite Geburt wird sogar ein heilsames Erlebnis für Eva Sofia und ihren Mann. Sie entscheiden sich für weitere Kinder. Auch die dritte und vierte Geburt verlaufen sanft und selbstbestimmt. Gemeinsam gebären sie in tiefer Verbundenheit mit Gott und erleben, dass Geburt sich wie ein besonderes Teamerlebnis anfühlen kann.

Wie Wunden heil werden

„Jede Geburt, egal, ob positiv oder negativ erlebt, ist eigentlich eine Überforderung für den weiblichen Organismus“, erklärt die Hebamme Carole Lüscher. „Nach der Geburt durchläuft deshalb jede Frau eine Phase der Verarbeitung, egal, wie die Geburt war.“ Die Verarbeitung ergibt im besten Fall ein stimmiges Bild, ein stärkendes Gefühl: Es hat sich gelohnt. Es war intensiv und ich habe das geschafft. Was für ein Wunder und was für eine Kraft!

Das ist aber längst nicht bei allen Frauen so, wie das Beispiel von Eva Sofias erster Geburt zeigt. Nach einer solchen Geburt bleibt die Erleichterung aus. Die Erinnerung wiegt schwer und löst immer wieder Trauer aus. Wie Wellen rollen Gefühle der Enttäuschung und Wut ins Bewusstsein, plötzlich und unangekündigt. Sie spülen Schmerz und Erinnerungen an die Oberfläche, die sich nach einer heilsamen Berührung sehnen. In der Verarbeitung können drei zentrale Erkenntnisse helfen:

1. Gegensätzliche Gefühle dürfen gleichzeitig in mir wühlen!

Ich darf mich freuen am Leben und an dem, was ich habe, und gleichzeitig trauern über das, was ich verloren habe oder vermisse. Ich darf wütend und trotzdem glücklich sein. Ich kann enttäuscht und trotzdem dankbar sein. Ich darf aber auch nur wütend sein. Ich darf zweifeln und jubeln. Ich darf danken und klagen. Oder nur klagen.

2. Meine Kreativität ist heilsam!

Gefühle und Gedanken aufzuschreiben, kann mir helfen, sie zu fassen. Auf dem Papier, schwarz auf weiß, werden sie sichtbar und begreifbar. Und irgendwann kann ich sie besser loslassen. Oder mich mit ihnen versöhnen und sie einordnen. Auch andere kreative Ausdrucksweisen können mir dabei helfen, das Innere zum Ausdruck zu bringen: Malen, Singen, Bewegen, Kochen, Tanzen. In der Kreativität schaffen wir Raum für die Begegnung mit dem Schöpferischen, mit dem Schöpfer. Es eröffnen sich neue Ideen oder Zusammenhänge oder Einsichten. Manchmal hilft es auch, mit anderen Menschen über Gefühle und Gedanken zu sprechen. Manchmal ist es aber auch hilfreich, eben nicht darüber sprechen zu müssen. Es darf sein, was gerade ist.

3. Gebet ist eine gute Entscheidung!

In diesen negativen Gefühlen kann die Tendenz entstehen, dass ich mich von Gott abkapsle und aus dem Gebet zurückziehe, um die unangenehmen Emotionen zu umgehen. Weil ich vielleicht auch über Gott enttäuscht bin, weil ich mich missverstanden fühle. Weil mein Glaube durch das Erlebte wackelt. Und gefühlt keinen weiteren Anstoß mehr verkraftet. Dann ist es eine bewusste Entscheidung, trotzdem zu beten und mich auf eine Begegnung mit Gott einzulassen. Wenn ich meine Fragen und meine Zweifel zulasse, werde ich offen für Antworten, für andere Perspektiven, für weiterführende Fragen, für eine heilsame Berührung. Das Hoffen und der Glaube an die Liebe und Güte Gottes, an seine heilsame Kraft und Treue kann in diesem Prozess eine grundlegende Ressource werden. Fragen bleiben offen und darin liegt Trost: Dass da Raum ist für unbeantwortete Fragen. Dass Gott so groß und herrlich ist, dass ich ihn nicht begreifen kann, nicht begreifen muss. Dass seine Wege anders sind als meine, aber dass er letztlich treu und heute noch lebendig ist. Seine Kraft wirkt in mir und an mir. Seine Sicht geht über das für mich Sichtbare hinaus.

Wenn die Erinnerung überwältigend bleibt

Wenn diese Hilfestellungen nicht reichen, bleibt die Erinnerung an die Geburt überwältigend und belastend. In diesen Fällen kann ein Geburtstrauma vorliegen. Dass eine Geburt ein Trauma hinterlassen hat, erkennen betroffene Frauen oft daran, dass sie Flashbacks haben: Belastende Erinnerungsfetzen tauchen unkontrollierbar auf und stellen den Alltag auf den Kopf. Die Ressourcen reichen nicht, um die Geschehnisse rund um die Geburt zu verarbeiten. Die Betroffene kommt nicht mehr zur Ruhe. Der innere Stress baut sich nicht ab, sie kann schlecht schlafen, ist schreckhaft und gereizt. Denn der Organismus und das Nervensystem der Betroffenen sind ständig im Alarmzustand, bleiben stecken in der Überforderung. Wie ein Stausee, der das Wasser nicht mehr abfließen lässt. Erneuter Stress, auch in geringem Ausmaß, und kleine Erinnerungsfetzen triggern diesen Zustand und wirken überfordernd. Wegen eines Tropfens läuft der See über.

Betroffene vermeiden um jeden Preis, dass dieses Trauma getriggert wird, indem sie zum Beispiel das Spital meiden, den Namen des Arztes nicht mehr lesen, der Hebamme aus dem Weg gehen, nicht über die Geburt sprechen. Doch das Kind erinnert sie weiterhin an die Geburt. Insbesondere sein erster Geburtstag zeigt bei vielen Betroffenen die Belastung auf: Sie würde ihn am liebsten überspringen, um nicht mit den Erinnerungen an die Geburt konfrontiert zu werden. Einige Paare stellen sich wie Eva Sofia die Frage, ob sie weitere Kinder wollen, weil sie eine erneute derartige Erfahrung verhindern möchten.

Die Verarbeitung kann aber auch hier gelingen. Traumata können gelöst werden. „Durch einen Umweg“, sagt Hebamme Carole Lüscher. Sie arbeitet seit Jahren mit traumatisierten Frauen, die Mütter werden. Um die Wucht des Wassers im Stausee zu minimieren, gehe es zuerst darum, die Ressourcen der Betroffenen zu stabilisieren, indem sie eine sichere Beziehung zu Therapeuten oder Fachpersonen aufbauen können, die sie dabei unterstützen. So soll es den Müttern gelingen, zunächst ihren Alltag zu bewältigen und dann Schritt für Schritt Raum zu schaffen, um Stress abzubauen. Der erste Schritt sei oft der schwierigste und auch der wichtigste: die Entscheidung, das Erlebte zu verarbeiten und sich Hilfe zu suchen. Sei es durch ein Gespräch mit einer Vertrauten, durch das Kontaktieren einer Therapeutin oder kompetenten Hebamme. Denn im Fall eines Traumas brauchen Betroffene professionelle Hilfe.

Das Ziel einer Therapie ist es dann, dass die Mutter das Geburtsgeschehen in die eigene Biografie integrieren kann. Dass sie die Geschehnisse verstehen und nachvollziehen kann. Dass sie einordnen kann, was passiert ist und sie sich damit versöhnt. Dass die Geburt Teil ihres Lebens wird und dass das okay für sie ist. So findet sie wieder Kontrolle über ihre Gefühle. Die Angst vor der erneuten Überflutung treibt immer weiter weg.

Für eine weitere Geburt kann das bedeuten, dass eine betroffene Frau mehr Informationen einfordert. Genau so hat es Eva Sofia erlebt. Sie wollte selbst Entscheidungen treffen, gut informiert sein und in den Geburtsverlauf miteinbezogen werden. Das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit durch vertraute Beziehungen – und durch den Glauben an einen liebevollen, versorgenden Gott – ist dabei ein wichtiger Schlüssel.

Sarah-Maria Graber ist Journalistin, Mutter von drei Kindern und lebt in Bern.

Plötzlich Mama und Papa! – So versinkt ihr nicht im Chaos

Mit der Geburt des ersten Kindes beginnt ein wundervoller und bereichernder neuer Lebensabschnitt. Aber nicht alles klappt auf Anhieb. Coach Julia Otterbein gibt hilfreiche Tipps.

„Egal, wie sehr du dich auf das Elternsein vorbereitet hast und es auch vielleicht noch täglich tust: Es kommt doch immer anders als erwartet. Denn es gibt keinen Plan, den du auf dieser Reise abarbeiten kannst. Keinen Fahrplan oder Ratgeber, an dem du dich zu 100 Prozent orientieren kannst. Jedes Kind, jede Mutter, jede Familie ist individuell.“ (Claudia P., dreifache Mama)

Ein gemeinsames Bild von Familie

Dass jeder Partner eigene Vorstellungen und Wünsche für das Familienleben mitbringt, ist selbstverständlich. Jeder von uns hat individuelle Erfahrungen in seiner Ursprungsfamilie gemacht – positive wie negative. Darüber lohnt es sich als Paar ins Gespräch zu kommen, um beiden Perspektiven Raum zu geben, Verständnis füreinander zu entwickeln und ein neues, gemeinsames Bild von Familie zu skizzieren. Mit welchen Farben diese Skizze im Lauf der Zeit gefüllt wird oder ob einzelne Linien noch einmal korrigiert werden wollen, wird sich später zeigen. Mögliche Themen dieses Findungsprozesses als Familie können sein: Planung und Aufteilung der Elternzeit, Aufteilung von Care-Arbeit und Lohnarbeit, aber auch Werte und Erziehungsziele.

Vom Paar zur Familie

Das Allerwichtigste in der ersten Zeit ist und bleibt es, eure Dreisamkeit zu genießen. In dieser Zeit passiert eure sichtbare Verwandlung vom Paar zur Familie – quasi ein neues Level in eurer Partnerschaft. Ihr dürft gemeinsam in eure neuen Rollen hineinwachsen und euer kleines Wunder bestaunen.

Wenn diese erste Zeit eurer Elternschaft schon hinter euch liegt, könnt ihr auch im Rückblick die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett gemeinsam reflektieren. Themen wie die Aufteilung von Care-Arbeit und Lohnarbeit bleiben für lange Zeit aktuell und dürfen im Erleben regelmäßig nachjustiert werden. Besonders dann, wenn weitere Veränderungen anstehen, wie die Geburt von weiteren Kindern oder berufliche Veränderungswünsche.

Aufgaben teilen

Am besten wächst man von Anfang an gemeinsam an den neuen Aufgaben als junge Familie, aber eine gewisse Schieflage an Zuständigkeiten ist auch nicht ungewöhnlich. Die alten patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft sind immer noch sehr mächtig. Als Mutter darfst du loslassen, und als Vater darfst du dir etwas zutrauen. Versuche nicht, die perfekte Mutter zu sein, die immer allen Erwartungen entspricht. Du bist die beste Mutter für deine Kinder, weil du ihre Mutter bist und nicht, weil du einem Ideal hinterherhechtest, das zutiefst unmenschlich und nicht zeitgemäß ist.

Väter machen Dinge oft anders als Mütter und das ist okay! Anders heißt nicht schlechter. Kinder lernen durch diese unterschiedlichen Vorbilder, dass es verschiedene Wege zum Ziel und keine festgefahrenen Strukturen zwischen Männern und Frauen gibt. Einzig das Stillen bleibt natürlich die Kernkompetenz von Müttern.

Das Rad nicht neu erfinden

Weil Frauen das eher intuitiv tun, richtet sich dieser Appell speziell an die Väter: Sucht euch Mentoren oder Vorbilder, mit denen ihr euch austauschen könnt! Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden, sondern könnt euch Ideen und Impulse bei anderen Vätern holen. Das gilt selbstverständlich auch für beide gemeinsam: Im Kontakt mit anderen Paaren, die bereits ältere Kinder haben, findet man häufig ein offenes Ohr und Verständnis für die aktuellen Herausforderungen, in denen man gerade steckt. Und man profitiert von ihren Erfahrungen und der weitsichtigeren Perspektive. Ich persönlich bin verschiedenen Menschen in unserem Umfeld sehr dankbar für ihre ermutigenden Worte und ihre mit uns geteilten Weisheiten, die uns immer wieder einen wertvollen Perspektivwechsel ermöglichen.

Rituale schaffen Verbindung

Wenn der Alltag kommt, gilt es, den Kontakt zueinander nicht zu verlieren. Vorhandene Rituale als Paar könnt ihr weiterpflegen oder weiterentwickeln. Der Eheabend im Kino wird dann eben ins Wohnzimmer verlegt, solange das Kind noch zu klein ist, um von einem Babysitter betreut zu werden. Bleibt im Gespräch über das, was sich ändert, und das, was gleich bleiben soll. Manche Veränderungen sind nach außen deutlich sichtbar, andere spielen sich eher in unserem Inneren ab und bleiben damit für den Partner oder die Partnerin verborgen. Hier ist eine offene Kommunikation unabdingbar, um ein Auseinanderdriften zu verhindern. Schafft euch Rituale für diesen Austausch – dann ist die Hürde nicht so groß, wenn es „schwierige“ Themen gibt, die besprochen werden wollen. Dann ist es wichtig, Verständnis zu entwickeln, zuzuhören und aufeinander einzugehen.

Ihr braucht Freiraum und ein Dorf

Ermöglicht euch gegenseitig, am besten täglich, Freiräume ohne Verantwortung für Kind oder Haushalt, damit die Fremdbestimmung nicht zum Dauerzustand wird. Aber Vorsicht: Was dem einen guttut, muss noch lange nicht die passende Strategie für die andere sein. Tauscht euch aus über eure individuellen Bedürfnisse und findet gemeinsam Möglichkeiten, wie diese Bedürfnisse erfüllt werden können.

Dabei dürft ihr auch euer sprichwörtliches Dorf nutzen und euch unterstützen lassen. So ein modernes „Dorf“ kann heute ganz anders aussehen als früher. Statt der Großfamilie im gleichen Haus oder in der direkten Nachbarschaft bilden heute evtl. die Tagesmutter, die Kita, andere Eltern, Babysitter, Leihomas oder Menschen aus der Gemeinde oder dem Sportverein euer persönliches Dorf. Haltet bewusst Ausschau nach Kontakten, die euch durch geteiltes Wissen, gemeinsam verbrachte Zeit und gegenseitige Unterstützung bereichern. Davon profitiert ihr als Eltern, aber auch eure Kinder.

Julia Otterbein ist Diplom-Sozialpädagogin und Selbstfürsorge-Coach und lebt mit ihrer Familie in Süderbrarup/ Schleswig-Holstein. familywithlove.de

0 bis 2 – „Ich schaff es nicht alleine!“

Elternfrage: „Ich erwarte mein drittes Kind. Mein Mann kann aus finanziellen Gründen keine Elternzeit nehmen, sondern muss Vollzeit weiterarbeiten. Mir graut es vor der Zeit nach der Geburt, wenn ich das Baby und die beiden anderen Kinder (2 und 5) allein betreuen muss. Kann ich eine Mütterpflegerin beantragen? Worauf muss ich dabei achten?“

Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft! Ich finde es sehr wichtig, dass Sie sich schon frühzeitig um die Zeit nach der Geburt Gedanken machen. Das Wochenbett ist solch eine besondere, aufregende, herausfordernde und emotionale Zeit für Sie als Mutter mit dem neugeborenen Baby, aber natürlich auch für den Rest der Familie. Da ist es zu Recht ratsam, sich nach Hilfe umzusehen.

Große Entlastung

Gerade, wenn der Partner keinen Urlaub oder Elternzeit nach der Geburt nehmen kann, ist es in Deutschland möglich, sich über die Krankenkasse eine Haushaltshilfe aufgrund einer Entbindung genehmigen zu lassen. Eine Mütterpflegerin wird (noch) im Rahmen der Haushaltshilfe über die Krankenkasse abgerechnet, auch wenn sie weit mehr anbietet. Da der Vorgang meist recht bürokratisch ist, empfehle ich, sich frühzeitig nach einer Mütterpflegerin in der Nähe umzusehen und mit ihr gemeinsam die Anträge vor der Geburt vorzubereiten. Viele Mütterpflegerinnen bieten das gern an.

Eine andere Möglichkeit ist, sich eine Mütterpflegerin privat „zu leisten“. Denn auch wenn der Partner in der ersten Zeit zu Hause ist, kann dies eine große Entlastung sein und entscheidend zu einer Wohlfühl-Atmosphäre beitragen. Auf www.muetterpflege-deutschland.de erhalten Sie einen guten Überblick, welche Mütterpflegerin in Ihrer Nähe tätig ist. Viele Mütterpflegerinnen haben auch eine eigene Homepage und sind somit gut zu finden. Sie können auch Ihre Hebamme fragen, denn oft gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Hebamme und Mütterpflegerin.

In der Schweiz findet man Ansprechpersonen unter www.wochenbettbetreuung.ch oder www.wochenbettfee.ch. Die Kosten für eine Haushaltshilfe im Wochenbett werden zum Teil von Zusatzversicherungen übernommen.

Zeit mit dem Neugeborenen

Eine Mütterpflegerin übernimmt alle haushaltsnahen Tätigkeiten, betreut die Geschwisterkinder und sorgt somit für die Familie, sodass die Mutter in den ersten Tagen und Wochen freigestellt ist, um sich körperlich und seelisch zu regenerieren und viel Zeit mit dem Neugeborenen zum Bindungsaufbau nutzen kann. Ein häufiger Wunsch ist auch das Zubereiten von gesunden, frischen und wochenbettgeeigneten Mahlzeiten. Neben dem körperlichen Wohl ist aber auch die seelische Gesundheit der Mutter sehr wichtig.

Möchte die Mutter ein wenig Schlaf nachholen oder mal in Ruhe duschen? Dann kümmert sich die Mütterpflegerin um das Baby. Möchte die Mutter Unterstützung bei der Babypflege oder dem Stillen? Dann kann die Pflegerin mit Rat und Tat zur Seite stehen. Waren die letzten Tage und Nächte sehr anstrengend? Dann freut sich die Mutter vielleicht über einen guten Tee, ein offenes Ohr und eine entspannende Nackenmassage nach dem letzten Stillmarathon.

Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Mütterpflegerin keine Hebamme ersetzt! Die medizinische Versorgung obliegt der Hebamme. Gern arbeiten sie aber zusammen, sodass eine optimale Versorgung der Familie gewährleistet wird.

Damaris Mierich lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Radebeul bei Dresden. Mit einigen Kolleginnen ist sie unter www.muetterpflege-sachsen.de zu finden.

„Ich schaff es nicht allein!“ – Hilfe für Mütter im Wochenbett

Die Geburt steht bevor und damit kommen oft Sorgen: Wie schaff ich das? Wie versorge ich die anderen Kinder? Wer kann mir helfen, wenn mein Partner keine Elternzeit nehmen kann? Die Mütterpflege kann helfen.

Erst einmal ist es gut, sich schon frühzeitig um die Zeit nach der Geburt Gedanken zu machen. Das Wochenbett ist solch eine besondere, aufregende, herausfordernde und emotionale Zeit für Sie als Mutter mit dem neugeborenen Baby, aber natürlich auch für den Rest der Familie. Da ist es zu Recht ratsam, sich nach Hilfe umzusehen.

Große Entlastung

Gerade, wenn der Partner keinen Urlaub oder Elternzeit nach der Geburt nehmen kann, ist es in Deutschland möglich, sich über die Krankenkasse eine Haushaltshilfe aufgrund einer Entbindung genehmigen zu lassen. Eine Mütterpflegerin wird (noch) im Rahmen der Haushaltshilfe über die Krankenkasse abgerechnet, auch wenn sie weit mehr anbietet. Da der Vorgang meist recht bürokratisch ist, empfehle ich, sich frühzeitig nach einer Mütterpflegerin in der Nähe umzusehen und mit ihr gemeinsam die Anträge vor der Geburt vorzubereiten. Viele Mütterpflegerinnen bieten das gern an.

Eine andere Möglichkeit ist, sich eine Mütterpflegerin privat „zu leisten“. Denn auch wenn der Partner in der ersten Zeit zu Hause ist, kann dies eine große Entlastung sein und entscheidend zu einer Wohlfühl-Atmosphäre beitragen. Auf muetterpflege-deutschland.de erhalten Sie einen guten Überblick, welche Mütterpflegerin in Ihrer Nähe tätig ist. Viele Mütterpflegerinnen haben auch eine eigene Homepage und sind somit gut zu finden. Sie können auch Ihre Hebamme fragen, denn oft gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Hebamme und Mütterpflegerin.

In der Schweiz findet man Ansprechpersonen unter wochenbettbetreuung.ch oder wochenbettfee.ch. Die Kosten für eine Haushaltshilfe im Wochenbett werden zum Teil von Zusatzversicherungen übernommen.

Zeit mit dem Neugeborenen

Eine Mütterpflegerin übernimmt alle haushaltsnahen Tätigkeiten, betreut die Geschwisterkinder und sorgt somit für die Familie, sodass die Mutter in den ersten Tagen und Wochen freigestellt ist, um sich körperlich und seelisch zu regenerieren und viel Zeit mit dem Neugeborenen zum Bindungsaufbau nutzen kann. Ein häufiger Wunsch ist auch das Zubereiten von gesunden, frischen und wochenbettgeeigneten Mahlzeiten. Neben dem körperlichen Wohl ist aber auch die seelische Gesundheit der Mutter sehr wichtig.

Pause im Wochenbett

Möchte die Mutter ein wenig Schlaf nachholen oder mal in Ruhe duschen? Dann kümmert sich die Mütterpflegerin um das Baby. Möchte die Mutter Unterstützung bei der Babypflege oder dem Stillen? Dann kann die Pflegerin mit Rat und Tat zur Seite stehen. Waren die letzten Tage und Nächte sehr anstrengend? Dann freut sich die Mutter vielleicht über einen guten Tee, ein offenes Ohr und eine entspannende Nackenmassage nach dem letzten Stillmarathon.

Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Mütterpflegerin keine Hebamme ersetzt! Die medizinische Versorgung obliegt der Hebamme. Gern arbeiten sie aber zusammen, sodass eine optimale Versorgung der Familie gewährleistet wird.

Damaris Mierich lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Radebeul bei Dresden. Mit einigen Kolleginnen ist sie unter muetterpflege-sachsen.de zu finden.

Wochenbettengel

Nach der Geburt ist vor dem Alltag. Denn im Wochenbett steht die Zeit still und wird am besten mit allem, was guttut, gefüllt. Damit das entspannt gelingt, dürfen Eltern und Baby Hilfe annehmen. Von Teresa A. K. Kaya

In einem Forum las ich vor einiger Zeit die Frage einer Userin, was sie ihrer Schwester zur Geburt schenken könnte. Sie schrieb explizit davon, dass sie nach Inspiration für ein Geschenk für ihre Schwester und nicht für das Baby suchte. Die Resonanz war überwältigend. Die Antworten reichten von witzig über rührend bis hin zu herzig, fürsorglich und originell. Sie haben mich richtiggehend dankbar gemacht. Dankbar für die Hilfsbereitschaft der Frauen untereinander und das Verständnis füreinander. Denn auch wenn sich nicht alle mit denselben Geschenkideen anfreunden konnten, gab es vor allem eins: Wohlwollen. Alle waren sich einig: Das eine beste Geschenk zur Geburt gibt es nicht. Denn es ist individuell sehr unterschiedlich, wem was gefällt und guttut.

Meine Quintessenz aus der Beschäftigung mit dem Thema: Redet miteinander! Denn es ist wunderbar, wenn man nicht nur vermutet und erwartet, sondern weiß und wünscht. So lassen sich Missverständnisse und Enttäuschungen vermeiden und die Hilfe kann für beide Seiten ein positives Erlebnis sein.

Zehn Minuten am Tag reichen

Bleibt die Frage: Was tut Wöchnerinnen gut? Während eine Mama alles dafür geben würde, in Ruhe duschen zu können oder allein einen Spaziergang zu unternehmen, wünscht sich eine andere ruhige Kuschelzeit mit ihrem Baby und ihrem Partner in entspannter Gewissheit, dass die Wäsche sich nicht weiter auftürmt, weil dafür jemand sorgt. Die Bezeichnung „Wochenbettengel“ gefällt mir gut. Ein Wochenbettengel ist jemand, der oder die sich in den Wochen nach der Geburt tatkräftig dafür einsetzt, dass es den Eltern mit dem Baby und eventuell weiteren Geschwistern gut geht. Ein Wochenbettengel kann ein Familienmitglied sein oder ein Freund oder eine Freundin, die sich in dieser besonderen Phase Zeit nimmt. Manchmal reichen schon zehn Minuten am Tag, um einen Einkauf vorbeizubringen oder etwas von der Apotheke abzuholen.

Haushalt bleibt während des Wochenbetts liegen

Ich habe einige Anregungen gesammelt, was ein Wochenbettengel anbieten könnte. Die Ideen sind als Gesprächsstoff zu verstehen, frei nach dem Motto: „Erst reden, dann machen. Dann wieder reden und wieder machen.“ Denn auch das ist nicht selten der Fall: Während man an einem Tag nichts sehnlicher wünscht als eine heiße Suppe, die jemand vorbeibringt, tut einem am nächsten Tag gut, selbst eine Packung Spaghetti in den Topf zu werfen.

Im Haushalt helfen: Das steht für viele ganz oben auf der Liste. Aufgaben für Wochenbettengel könnten sein: fegen, Staub saugen, wischen, Wäsche waschen, putzen, Spülmaschine befüllen, Post wegbringen, Betten beziehen etc.

Das Baby umsorgen: Manche Babys lassen sich seelenruhig „ablegen“, andere beginnen schon zu weinen, wenn man sich nur einen Schritt von ihnen wegbewegt. Daher ist es für manche Eltern ein brennender Wunsch, einmal in Ruhe ins Bad zu verschwinden oder mal ein Nickerchen zu halten. Für die Wochenbettengel kann das bedeuten, dass sie starke Nerven brauchen.

Pflichten abnehmen: Das Auto zur Werkstatt bringen, Schnee schippen, ein Geschenk besorgen, den Fototermin organisieren – es gibt viele Möglichkeiten, junge Eltern zu entlasten.

Kochen steht oben auf der Agenda

Für das leibliche Wohl sorgen: Für junge Eltern ist es wichtig, sich gesund und regelmäßig zu ernähren. Da sich der Kühlschrank aber nicht von allein füllt und die Tiefkühlkost schnell aufgebraucht ist, freuen sich viele Familien über frisch gekochtes Essen oder einen Einkauf. Stillkugeln sind bei stillenden Mamas sehr beliebt und eine immer aufgefüllte Trinkflasche – oder besser gleich mehrere an verschiedenen Orten.

Massieren: Wenn Sie talentiert sind und Ihre Beziehung zueinander es zulässt, kann eine Massage Wunder wirken. Und wenn Sie es sich nicht selbst zutrauen, warum nicht jemanden beauftragen und währenddessen das Baby hüten?

Fotos machen: Der Schlafmangel und die Hormone führen häufig dazu, dass junge Eltern wie in Watte leben. Plötzlich ist das Baby schon vier Wochen alt, und man weiß gar nicht mehr so recht, wie das Leben in den ersten Tagen nach der Geburt war. Das könnte ein Wochenbettengel verhindern, indem er oder sie Fotos aus dem Alltag macht – natürlich auch das nur nach genauer Absprache, welche Situationen lieber ungestört bleiben dürfen.

Begleitung bei Amtsgängen

Begleiten: Auch wenn sich viele die Wochenbett-Zeit sehr ruhig und kuschelig vorstellen – die Realität sieht häufig anders aus. Es stehen vielfältige Termine an: Arztbesuche, Amtsgänge, Rückbildung … Nicht alle erleben diese Zeit als Elternpaar. Da kann es schön sein, wenn man von einem Wochenbettengel begleitet wird.

Kleidung schenken: Ich gebe zu, der Bereich ist ein bisschen tricky. Aber wenn ihr den Punkt Kommunikation beachtet, kann auch hier nichts schiefgehen. Viele Frauen freuen sich über ein paar kuschelige Socken, die auch gern selbst gestrickt sein dürfen. Und wenn Sie eine besonders enge Beziehung haben, kann auch gern mal eine neue, große Jogginghose her oder ein Bauchband, das den sich rückbildenden Bauch stützt. Auch ein Tragetuch kommt häufig gut an.

Bodyguard spielen: Die Verwandtschaft, Freunde, Nachbarn, Bekannte – alle wollen das neue Baby sehen. Das kann schnell mal zu viel werden und zu Streit führen. Und das ist Gift für die frischgebackene Familie. Aber wenn ein Wochenbettengel ruhig darauf hinweist, dass nun ein bisschen Ruhe nötig ist, kann das Wunder wirken.

Teresa A. K. Kaya begleitet als Trainerin für Biografiearbeit schwerpunktmäßig Familien. Sie ist dreifache Mama und lebt mit ihrer Familie in Heidelberg. takkaya.de

Morbus Hirschsprung: Christines gerade geborener Sohn entgeht knapp dem Tod

Eigentlich wollen Christine und ihr Mann sich nur über das neue Familienglück freuen. Doch dann wird bei ihrem Sohn eine lebensgefährliche Darmkrankheit diagnostiziert.

Stuhlgang ist kein Thema, über das man gerne nachdenkt, spricht, schreibt oder liest. Es ist ein Thema, über das freche Kinder am Tisch Witze machen und Eltern sagen, es gehöre nicht dorthin. So natürlich Stuhlgang ist, so unnatürlich fühlt es sich an, darüber zu reden. Und doch beschäftigt uns seit der Geburt unseres Kindes kein Thema mehr als das. Denn unser Sohn hatte keinen Stuhlgang und wäre daran fast gestorben.

Was ist Morbus Hirschsprung?

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind mit Morbus Hirschsprung zur Welt kommt, liegt bei eins zu 5.000. Bei der Krankheit handelt es sich um eine Fehlbildung im Darm, die am Schließmuskel beginnt und sich von dort unterschiedlich weit den Dickdarm hochzieht. In dem betroffenen Teil fehlen die Nervenzellen, die verantwortlich sind, den Stuhl zu transportieren. Die Nahrung staut sich also vor dem kranken Teil des Darms und kann gar nicht oder nur zu kleinen Teilen ausgeschieden werden. In Deutschland werden jedes Jahr ungefähr 140 Kinder mit dieser Krankheit geboren, Jungen sind vier Mal so häufig betroffen wie Mädchen. Und eines davon war unser Erstgeborenes.

Anfangs scheint alles normal

Nach einer unkomplizierten Schwangerschaft und Geburt war ich überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass mit unserem Kleinen etwas nicht stimmen könnte. Als Frischlings-Mama konnte ich die Anzeichen nach der Geburt kaum deuten. Unser Sohn spuckte viel und wollte am zweiten Tag nicht mehr trinken. Das Personal in der Klinik beruhigte mich. Das sei völlig normal. Dass der erste Stuhlgang, das Kindspech, nicht kam, verwunderte sie mehr. Aber es klingelte immer noch keine Alarmglocke. Und als frischgebackene Familie sehnten wir uns danach, nach Hause zu kommen, den neuen Lebensabschnitt einzuläuten, die Ruhe zu genießen. Familie und Freunde an unserem Glück teilhaben zu lassen. Und so wurden wir entlassen.

„In der Nacht tat ich kein Auge zu“

Um zuhause den Stuhlgang anzuregen, nahmen wir das Thermometer als Hilfsmittel, drückten mit, massierten den Bauch – alles ohne Erfolg. Der Kleine spuckte immer mehr, die Farbe wechselte von weiß zu gelb. Ich legte ihn nachts ins Beistellbett neben mich und brachte ihn in die stabile Seitenlage. In der Nacht tat ich kein Auge zu. Viel zu viel Angst hatte ich, dass unser neugeborener Sohn ersticken könnte. Aus dem Spucken wurde Würgen. Das war doch nicht normal, oder?

Unsere Nachsorge-Hebamme schickte uns am nächsten Tag in die Kinderklinik. Wir gingen davon aus, dass der Kleine eine hartnäckige Verstopfung hat, die mit einer Spülung beseitigt werden könnte. Damit würden sich die anderen Probleme von selbst lösen. Eine vorwurfsvolle Kinderärztin in der Notfallambulanz wies unseren Sohn in die Klinik ein. Das war ein Schock für uns.

Quälende Ungewissheit

Auf Station bekam der Kleine erst eine Infusion, danach wurde sein Darm mehrmals gespült, bis das elende Kindspech endlich komplett draußen war. Es sei höchste Zeit gewesen, dass wir gekommen sind, gab uns der Arzt zu verstehen. Mein Mann und ich waren überfordert von den heftigen Gefühlswellen, die sich überschlugen: Der Schock, dass unser Kind hätte sterben können, wenn die Hebamme nicht gewesen wäre, die Sorge, wie es nun weitergehen würde, die Angst, der Verantwortung nicht gewachsen zu sein. Und dazwischen zerriss unser Herz, als wir das schrille Weinen unseres Sohnes während der Behandlung hörten.

Wir verabschiedeten uns abends unter Tränen von unserem Neugeborenen, fuhren aus der Klinik nach Hause, heulten dort weiter und kamen am nächsten Tag zurück. Und am Tag darauf. Und am Tag darauf. Nie wissend, was uns in der Klinik erwarten würde. Wie geht es dem Kleinen? Wissen die Ärzte mittlerweile, was ihm fehlt? Wann können wir endlich mit ihm nach Hause? Mein Mann und ich machten uns gegenseitig Mut daran festzuhalten, dass es sich um keine Krankheit handeln muss. Vielleicht war es einfach eine fiese Verstopfung.

Plötzlich spricht der Arzt von Lebenserwartung

Die Ärzte machten Tests, um herauszufinden, warum unser Sohn das Kindspech nicht ausscheiden konnte. Ihr erster Verdacht war die Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose. Die Krankheit lässt sich über den Salzgehalt im Schweiß feststellen. Das Testergebnis unseres Sohnes lag im Graubereich, die Ärzte wollten die Krankheit weder ausschließen noch sich darauf festlegen. Unser Kleiner musste noch einmal zum Test. Und dann noch einmal. Und immer lag das Ergebnis im Graubereich.

Wir kannten die Krankheit bis zu diesem Zeitpunkt nur vom Namen her, aber als der Oberarzt uns zu sich bat und mutmachend sagte, die Lebenserwartung sei Dank neuster Medizin nicht so kurz wie früher, mussten mein Mann und ich schlucken. Wir wollten es nicht glauben und nicht hören. Wir sprachen über die Lebenserwartung unseres Sohnes, dessen Leben gerade erst so richtig begonnen hatte?

Zurück in die Krankenstation

Währenddessen kämpfte unser Kleiner weiter und nach einer Weile schaffte er es endlich, selbstständig zu trinken. Als der Stuhlgang nach dem Spülen regelmäßig kam, wurden wir entlassen – mit einem Termin für einen weiteren Test. Zuhause ging der Horror wieder von vorne los und nach vier Tagen waren wir zurück auf der Krankenstation. Trotz Spülung hat sich dieses Mal der Zustand unseres Sohnes kaum verbessert. Er wurde schwächer und schwächer. Sein Puls war viel zu hoch, die Entzündungswerte gingen fast durch die Decke.

Ein anderer Arzt kam und mit ihm eine neue Verdachtsdiagnose: Morbus Hirschsprung. Die Kinderchirurgie wurde einbezogen, wir darüber informiert, dass unser Sohn operiert werden müsse. Der Chirurg erklärte uns, was gemacht werden muss, aber er wolle eine zweite Meinung hören und bis zum nächsten Tag warten.

„Hatte das Gefühl, ihn beim schleichenden Tod zuzusehen“

Diese Nacht war die schlimmste meines Lebens. Dem Kleinen ging es immer schlechter. Er stöhnte im Schlaf und bekam mehr und mehr Schmerzmittel. Ich hatte das Gefühl, ihn beim schleichenden Tod zusehen zu müssen. Am nächsten Tag bat der Oberarzt meinen Mann und mich in das Besprechungszimmer. Unser Sohn würde jetzt operiert werden. Der Darm sei gerissen. Ein künstlicher Darmausgang müsse gelegt werden. Der Kinderchirurg kam. Die OP finde sofort statt. Es herrsche Lebensgefahr. Ich hielt die Hand meines Mannes. Tränen liefen mir ununterbrochen über das Gesicht.

Abschied an der OP-Schleuse

Seit der Geburt unseres Sohnes fühlte sich alles an wie ein Albtraum. Die Vorstellung, wie der Start ins Familienleben sein würde und was wir tatsächlich erlebten, klaffte unendlich weit auseinander. Wir brachten unseren Sohn mit dem Arzt und zwei Schwestern zur OP-Schleuse. „Verabschieden Sie sich jetzt von Ihrem Sohn“, sagte jemand. „Bis später“, flüsterte ich ihm unter Tränen zu und streichelte seinen Kopf. Hand in Hand und unter Schluchzen gingen mein Mann und ich zurück zur Station und warteten.

Eine Stunde. Ich packte meine Sachen zusammen und pumpte Milch ab. Zwei Stunden. Ich schrieb Nachrichten an Familie und Freude: „Bitte betet für uns.“ Drei Stunden. Da kam der Kinderchirurg und sagte, die OP sei gut verlaufen. Der Darm sei nicht gerissen, auch wenn es auf dem Röntgenbild so aussah. Aber die Darmwand sei so beschädigt, dass Bakterien aus dem Darm in den Bauchraum gekommen seien und eine Infektion ausgelöst hätten. Der künstliche Darmausgang funktioniere gut, jetzt müsse sich der Kleine nur noch erholen.

Ein kleiner Schatten seiner selbst

Als wir endlich zu unserem Sohn konnten, flossen die Tränen – wieder oder immer noch, ich weiß es nicht mehr. Dankbar dafür, dass er noch lebte, ängstlich und in Sorge, ob er die kommende Nacht überstehen würde. Ganz blass lag er im Brutkasten, stöhnte im Schlaf, zuckte unkontrolliert, überall waren Schläuche und Kabel. Er war ein noch kleinerer Schatten seiner selbst.

Am nächsten Tag zeigte man uns zum ersten Mal den künstlichen Darmausgang. Ich hatte noch nie einen gesehen und keine Vorstellung davon, was uns erwarten würde. Als ich das aufgeschnittene und aufgeklappte Stück Dickdarm am Bauch unseres zarten Jungen sah, wurden meine Augen weit. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich ekelte mich. Was für eine Mutter war ich, die sich vor ihrem eigenen Sohn ekeln konnte?

Der künstliche Darmausgang ist eine Herausforderung

Unser Sohn konnte eine Woche später entlassen werden, ein Termin zur Biopsie stand einen Monat später an. Aus der Klinik rauszukommen, fühlte sich gut an. Eine Brise Normalität. Doch sich zuhause um den künstlichen Darmausgang zu kümmern, überforderte uns in der ersten Zeit. Ständig löste sich die Platte, die um den Ausgang herum am Bauch klebte und an der ein Beutel befestigt war. Ständig war unser Sohn komplett mit seinen Exkrementen beschmiert. Ständig musste er unter lautem Protest auf den Wickeltisch. Sein Schreien sorgte dafür, dass der Darm arbeitete wie verrückt. Stuhl floss regelrecht aus dem Darm und mein Mann und ich versuchten verzweifelt den Bauch sauber zu machen, damit die nächste Platte besser kleben würde. Schweißgebadet waren wir die ersten Male nach etwa 20 Minuten fertig.

Eine neue OP steht an

Doch der „Luxus“, dass wir uns gemeinsam um die Pflege kümmern konnten, würde bald aufhören. Die Elternzeit meines Mannes neigte sich dem Ende zu. Unsere Kinderärztin fragte mich: „Wie wollen Sie das denn in Zukunft handhaben?“ „Ich werde die Beutel alleine wechseln“, antwortete ich. „Das können Sie nicht schaffen. Alleine geht das nicht“, sagte die Ärztin bestimmt. Falls ich eine helfende Hand bräuchte, könnte ich jederzeit in die Praxis kommen. Als wir auf dem Parkplatz standen, fing ich an zu weinen. Wie sollte ich den Alltag mit unserem Sohn bloß bewältigen?

Wir arbeiteten uns immer mehr in das Thema ein, nicht nur, was den künstlichen Darmausgang betraf. Wir wechselten in eine Spezialklinik. Die Biopsie bestätigte den Verdacht: Unser Sohn hatte die Hirschsprung-Krankheit. Ein Termin zur Operation wurde vereinbart. Der kranke Teil des Darms sollte entfernt werden, eventuell der künstliche Darmausgang schon rückverlegt. In den Wochen vor dem Klinikaufenthalt graute mir vor dem, was auf uns zukommen würde. Es hafteten noch die schlimmen Erlebnisse aus den vergangenen Wochen an mir. Unkontrolliert brach ich manchmal unter der Dusche zusammen, ließ das Wasser mein Schluchzen wegspülen.

An Schlaf ist nicht zu denken

Der Tag der Operation kam. Wieder zur OP-Schleuse, wieder den Kleinen in die Hände der Ärzte geben. Der Warteraum vor dem OP-Saal wurde zu dem Vorhof meiner persönlichen Hölle. Irgendwie hatten mein Mann und ich es geschafft, die fast sechs Stunden rumzukriegen, die unser Sohn im OP lag. Der Anruf kam: Es lief alles gut. Wir kamen aufs Zimmer. Da der Darm so kurz nach dem Eingriff noch nicht arbeiten kann, durfte der Kleine keine Milch trinken. Infusion, Wasser, Tee – all das reichte ihm nicht. „Irgendwann geben alle nach und trinken Wasser“, wollte die Krankenschwester uns beruhigen. Unser Sohn nicht. Er schrie und schrie, mal vor Hunger, mal vor Schmerzen. Nachts war an Schlaf nicht zu denken.

Eine dritte Operation steht an

Die Visite am nächsten Tag zeigte, dass etwas nicht in Ordnung war. Ein Tag sollte abgewartet werden. Wieder eine Nacht des Grauens. Und am nächsten Morgen machte der Chirurg ein ernstes Gesicht. „Ihr Sohn muss noch einmal operiert werden. Von außen können wir nicht sehen, was nicht stimmt. Im Notfall muss ihm erneut ein künstlicher Darmausgang gelegt werden“, informierte er mich. Ich schrieb meinem Mann eine Nachricht, er soll sofort kommen. Und wieder mussten wir zur OP-Schleuse. Der Eingriff zeigte, dass eine Naht sich gelöst hatte. Es wurde noch einmal genäht, der Heilungsprozess musste wieder von vorn beginnen.

40 Mal Stuhlgang am Tag

Nach zwei Wochen konnten wir die Klinik endlich verlassen. Glücklich darüber, wieder vereint zuhause sein zu können. Dass unser Sohn in den ersten Wochen täglich bis zu 30 oder 40 Mal Stuhlgang haben könnte, vermieste unsere Laune nicht. Nach all dem, was wir schon erlebt hatten, kam uns dieses Problem nicht so groß vor. Doch es wurde groß und immer größer. Nicht nur sammelten sich riesige Windelberge vor unserer Wohnung, sondern der Stuhlgang wurde nicht weniger. Nicht nach einem, nach zwei, drei, vier oder fünf Monaten. Es blieb.

Unser Sohn begann erst Brei, dann vom Tisch zu essen. Und damit begannen starke Schmerzen. Nicht nur ein dauerhaft wund-blutiger Po, sondern heftige Schmerzen beim Stuhlgang selbst. Ganz plötzlich beginnt er zu schreien, ballt seine kleinen Hände zu Fäusten und zittert am ganzen Körper. Und füllt die Windel. Wieder und immer wieder, bis zu 30 Mal am Tag.

Warum schweigt Gott?

In der Nachsorge sagte der Chirurg, dass die Phase mit dem häufigen Stuhlgang bei einem guten Verlauf schon abgeschlossen wäre. Das war keine Überraschung für uns – die „beschissene“ Phase war längst schmerzlicher Alltag geworden. Fragen brennen uns aus auf der Seele, die kein Mensch beantworten kann und zu denen Gott bisher geschwiegen hat. Wann wird es unserem Sohn endlich besser gehen? Wann fängt ein neuer Lebensabschnitt für uns drei an? Schaffen wir es, bis dahin durchzuhalten?

Zwischen den Fragen machen sich bei mir manchmal Zukunftsängste und Horrorszenarien breit. Wie steht es um die Gesundheit unseres Sohnes, wenn er in den Kindergarten kommt? Wird er sich noch in die Hose machen, wenn er zur Schule geht? Gehört er zu den wenigen Betroffenen, bei denen Morbus Hirschsprung zur Inkontinenz führt? Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber es gibt sie. Genauso wie die Wahrscheinlichkeit, dass wenn mein Mann und ich uns für ein zweites Kind entscheiden würden, es dieselbe Krankheit hätte.

Narben, die bleiben

Ein Jahr nach der Geburt unseres Sohnes leiden wir immer noch. Wir leiden darunter, dass unser schutzbedürftiger Junge jeden Tag körperliche Qualen erleiden muss, die wir ihm nicht abnehmen können. Wir leiden darunter, dass unser Start ins Familienleben mit kräfteraubenden Klinikaufenthalten und Operationen verbunden war. Wir leiden darunter, dass unser Sohn nie die unbeschwerte Kindheit haben wird, die andere Kinder haben können.

Aber in all dem Leid sehen wir einen Jungen, der seine Schmerzen mit dem Moment vergisst, in dem sie aufhören. Der fröhlich ist, viel lacht und erzählt, schnell krabbeln gelernt hat und mittlerweile seine ersten Schritte geht. Der Alltag für uns ist und bleibt in der kommenden Zeit ein Kampf zwischen Leid und der Hoffnung, dass es eines Tages besser wird. Ich bin sicher, dass der Kampf sich lohnt – auch wenn Narben zurückbleiben werden. Und das werden sie – wie die zwei großen Narben am Bauch unseres Sohnes, hinter denen diese ganze Geschichte steckt.

Betroffene von Morbus Hirschsprung oder ähnlichen Krankheiten finden bei SoMA e. V. Hilfe: soma-ev.de.

Doula mit Herz

Marit Boguslawski ist zertifizierte Doula. Das heißt, sie begleitet Frauen bei der Geburt. Eine Hebamme ist sie allerdings nicht. Ein Interview.

Was genau ist eine Doula?

Eine Doula ist eine Geburtsbegleiterin. Sie hat Erfahrung und schon eigene Kinder geboren. Sie ist nur bei der Geburt mit dabei und für das Wohl der Mutter da.

Also eine Art Hebamme?

Eine Hebamme hat eine längere und intensivere Ausbildung hinter sich und auch mehr Aufgaben und Verantwortung. Sie muss bei der Geburt zum Beispiel auch das Baby genau im Blick behalten sowie nicht zuletzt wegen des Personalmangels die anderen Entbindenden im Kreißsaal. So kann es immer wieder zu Unterbrechungen und Störungen kommen, die die Mütter verunsichern oder verängstigen. Diese Lücken kann die Doula füllen. Sie ist ausschließlich für die Mutter da und begleitet sie vom Anfang bis zum Ende der Geburt.

Man hat also im besten Fall eine Hebamme und eine Doula?

Genau. So wäre es perfekt.

Es geht nicht ums Betüddeln

Es gibt aber Frauen, die unter der Geburt nicht gern betüddelt werden …

Es geht nicht ums Betüddeln, sondern darum, dass jemand für die Frau da ist, ihr etwas zu trinken gibt, mit ihr atmet, sie massiert und ermutigt, darauf achtet, dass die Tür geschlossen bleibt und nicht ständig jemand reinkommt – vor allem, wenn der Vater nicht mit dabei sein kann.

Werden Sie von den Vätern nicht als Konkurrenz gesehen?

Wenn mich Eltern engagieren, treffen wir uns erst einmal zu einem Kennenlerngespräch, um zu sehen, ob die Chemie stimmt. Dann sprechen wir Erwartungen ab und wer bei der Geburt welche Aufgabe übernimmt. Ich dränge mich nicht dazwischen. Ich bin einfach nur da. Die Männer waren bisher immer erleichtert, mich dabeizuhaben, weil sie so mal verschnaufen oder auch mal rausgehen konnten, ohne ihre Frauen allein zu lassen. Übrigens auch die Hebammen, die ja häufig mehrere Frauen gleichzeitig betreuen.

Viele Frauen sind nach einer Geburt traumatisiert

Warum sind Sie Doula geworden?

Mich haben Erzählungen von Geburten betroffen gemacht, die wegen fehlender Anwesenheit Ermutigender, mangelnder Empathie und auch falscher Krankenhauspolitik schiefgelaufen sind. Viele Frauen sind nach einer Geburt so traumatisiert und desillusioniert, dass sie sich im schlimmsten Fall keine weiteren Geburten vorstellen können. Ich finde es schade, dass das Wunder Gottes so ein Akt geworden ist und glaube, dass eine Geburt perfekt von Gott vorbereitet ist und es besser klappen kann. So habe ich es auch erlebt. Ich bin eigentlich Erzieherin und wollte nicht zurück in den Kindergarten, nachdem ich drei Kinder bekommen habe und zehn Jahre zu Hause war. Also habe ich eine Weiterbildung zur Doula gemacht. So mache ich zwar nicht in der Masse, aber bei der einzelnen Frau einen Unterschied.

Haben Sie das auch so erleben können?

Ja. Viele Mütter haben mir zurückgemeldet, dass sie sich nicht erträumt hätten, dass eine Geburt auch so verlaufen kann, entspannt, fast unspektakulär – so, wie es sein sollte. Sie kommen mit unterschiedlichen Erwartungen zur Geburt. Ich kann ihnen dienen und zur Seite stehen, egal was kommt, indem ich zeige: „Ich bin da. Du bist nicht allein.“ Ich bin bisher immer sehr erfüllt und beglückt aus dem Kreißsaal gegangen, weil ich das Gefühl hatte, die richtige Person für diese Frau gewesen zu sein.

Interview: Ruth Korte

Eine Doula finden:

doulas-in-deutschland.de
doula.ch
doula.at
Die Kosten variieren zum Teil stark. Es gibt auch Angebote auf ehrenamtlicher Basis und eine finanzielle Unterstützung einkommensschwacher und alleinerziehender Frauen.