Wasserläufer in der Pandemie
Christof Klenk zweifelt an der Vorbildfunktion von Petrus beim Verlassen des Bootes.
Was bedeutet Gottvertrauen in Pandemiezeiten? Singen ohne Maske? Auf Bewahrung hoffen und nicht auf den Impfschutz? „Mit meinem Gott kann ich über Wasser laufen“, heißt es in einem Lied. Es geht hier um die Begebenheit, von der in Matthäus 14 berichtet wird. Während die Jünger mit ihrem Boot im Sturm auf dem See Genezareth unterwegs sind, kommt ihnen Jesus auf dem Wasser entgegen, den sie zunächst für ein Gespenst halten. Der mutige Petrus steigt aus dem Boot aufs Wasser und geht auf Jesus zu, der den Jünger auf den letzten Metern retten muss, weil der Fischer dann doch Zweifel bekommt, ob ihn das Wasser trägt.
Diese Geschichte wird immer wieder als Beispiel dafür herangezogen, dass Christen mutig Schritte gehen sollen. Dagegen spricht für mich: Es war nicht die Idee von Jesus, dass Petrus aus dem Boot steigt. Wir lernen Petrus an verschiedenen Stellen als Jünger kennen, der vorschnell Entscheidungen trifft. Und man kann durchaus fragen, inwiefern es sinnvoll ist, dass er hier auf dem Wasser geht und gerettet werden muss. Jesus wäre wohl auch bald im Boot gewesen. Dass die anderen Jünger in ihrem Kahn geblieben sind, wird von Jesus an keiner Stelle kritisiert.
Ich bin überzeugt, dass Gott will, dass wir mutige Schritte tun. Viele christliche Hilfswerke verdanken ihre Existenz nicht zuletzt dem Mut ihrer Gründerinnen und Gründer. Aber Hand aufs Herz: Was hat die Menschheit davon, wenn ich übers Wasser laufe?
Wenn ich die Evangelien richtig verstehe, dann hat Jesus vor allem Menschen geheilt, denen niemand sonst helfen konnte. Er hat sich nicht darauf konzentriert, Nicht-Schwimmern das Bad im See Genezareth zu ermöglichen.
Christof Klenk ist Redakteur bei Family, FamilyNEXT und beim HauskreisMagazin. Der Kommentar greift Gedanken von Dr. Ulrich Wendel aus Faszination Bibel (2/2013) auf.