Beiträge

Zur Hoffnung erziehen: Diese Botschaft müssen Kinder hören

Was hilft uns, wenn alles scheinbar den Bach runtergeht? Wie können wir unsere Kinder zur Hoffnung erziehen? Erziehungsexpertin Daniela Albert rät: Wir können den Herausforderungen nur gemeinsam begegnen.

Beim Konsumieren meiner Eltern-Bubble in Social Media bin ich in den letzten Jahren immer wieder an meine Grenzen gekommen. Ich folge vielen Müttern und Vätern, die sich für die Belange dieser Welt engagieren – in der Klima­bewegung, in politischen Parteien, NGOs oder in christlichen Werken und Organisationen. Alle haben sie gemeinsam, dass sie für ihre Themen brennen, sie immer wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken und für Entwicklungen sensibilisieren, die ich sonst sicher nicht mitbekommen oder nicht in diesem Maße durchdringen würde. Mir gefällt das. Ich mag Menschen, die meinen Horizont erweitern und sich sinnvoll einbringen. Das macht Hoffnung.

Auf Halt angewiesen

Doch in vielen Bereichen, in denen man sich für Gottes Welt einsetzen kann, herrscht gerade eine eher schwierige Stimmung, weil unser Planet durch eine krisenhafte Zeit geht. Und so finde ich in besagten Profilen leider auch eine zunehmende Lust am Untergang. Wenn Menschen ihre Themen platzieren, dann gern aus Sicht des schlimmstmöglichen Ausgangs. Wir sehen das bei der Klimakrise, wir konnten es in teilweise verstörendem Maß seit Beginn des Kriegs in der Ukraine wahrnehmen, und während ich das schreibe, sind nicht wenige davon überzeugt, dass in den USA das Ende der Demokratie bevorsteht. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass wir offenbar alle Teil eines riesigen Sozialexperiments namens „Smartphone“ sind, das unsere Kinder und Jugendlichen in bisher ungeahntem Maß dauerhaft schädigen wird.

Wow! Geht es auch eine Nummer kleiner? Besonders wenn diejenigen, die den Weltuntergang beschwören, nebenbei auch Kinder betreuen. Denn gerade sie sind doch darauf angewiesen, dass sie von Erwachsenen begleitet werden, die ihnen Halt und Hoffnung geben. Und die nicht mit der Einstellung umherlaufen, dass wir unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuern. Schließlich wollen wir, dass die kommenden Generationen den multiplen Krisen, in die sie hereinwachsen, etwas entgegensetzen können. Doch wie geht das eigentlich? Wie werden Kinder stark und resilient? Wie können sie sich zu Menschen entwickeln, die sich mutig den Herausforderungen stellen, statt sich ängstlich zurückzuziehen? Ich bin der festen Überzeugung: Dafür brauchen sie Eltern, die ihnen Hoffnung vermitteln.

Ein erster Schritt zur Hoffnung

Wenn Krisen – globale oder persönliche – in unser Leben treten, fühlen wir uns oft erst mal machtlos. Wichtig ist es, nicht in diesem Zustand zu verweilen, sondern zu schauen, was wir selbst tun können, um die Situation zu verändern. Dabei kann es oft nicht darum gehen, ein Problem umfassend zu lösen. Gerade die globalen Themen sind dazu viel zu komplex. Selbst private Krisen lassen sich meist nicht mit einem Fingerschnipp beseitigen. Aber irgendwas geht immer: ein erster Schritt, eine kleine Erleichterung, ein schöner Moment inmitten von Schmerz, Wildblumensamen, die neben sterilen Gärten ausgestreut werden. Und all solche Schritte mögen klein – vielleicht sogar sinnlos – erscheinen. Sie sind es aber nicht. In der Rückschau auf persönliche Krisen, die ich erlebt habe, ist mir das bewusst geworden. Den Unterschied hat am Ende die Ansammlung von vielen kleinen, für sich genommen scheinbar unwichtigen Dingen gemacht. Wie eine Patchworkdecke fügen sie sich zusammen zu etwas, das die Macht hat, Geborgenheit zu geben und Kälte draußen zu halten.

Wenn Kinder einen kleinen Anteil zur Bewältigung einer Krise leisten dürfen, erleben sie Selbstwirksamkeit. Und das ist eine der wichtigsten Erfahrungen, wenn es um die Bewältigung von Herausforderungen geht. Unsere Aufgabe ist es, die Stellen, an denen sie etwas bewirkt haben, für sie auch sichtbar zu machen. Denn oft fühlen sie sich weiterhin klein. So haben die ausgestreuten Blumensamen vielleicht nicht die Macht, den schlechten Nachrichten über Klimakatastrophen etwas entgegenzusetzen. Doch wenn wir den Kindern an einem Frühsommermorgen zeigen, wie viel Leben sich zwischen diesen Blüten tummelt, ist das doch ziemlich beeindruckend. Der schwerkranke Opa wird vielleicht nicht wieder gesund, wenn man ihn besucht. Doch wir können das Augenmerk der Kinder darauf richten, dass wir ihm inmitten von all der Schwere eine Freude machen konnten.

Wir sind nicht allein

Neben der Erfahrung, selbst etwas an der Situation verändern zu können, brauchen Kinder eine zweite wichtige Sicherheit: Dass es Menschen gibt, auf die sie sich verlassen können. Oft fühlen wir uns in Krisen alleingelassen, haben das Gefühl, dass das Anliegen, für das wir uns engagieren, von anderen kaum beachtet wird. Und überhaupt denken die meisten doch vor allem an sich, oder? Nein – das ist nicht wahr! Bei all dem Schlechten, das wir in den Nachrichten sehen oder uns von anderen berichtet wird, geht oft eines unter: Die meisten Menschen sind bereit, sich um andere zu kümmern und tun das auch, wenn es hart auf hart kommt.

Wir lesen immer wieder Geschichten von Notfällen, bei denen keiner zu Hilfe gekommen ist. Doch das liegt nicht etwa daran, dass alle immer ignoranter werden, sondern daran, dass so etwas selten vorkommt. Deshalb berichten Medien darüber. All die anderen 1.000 Notfälle, bei denen sofort helfende Hände da waren, schaffen es seltener in die Nachrichten, weil sie selbstverständlich sind – und keine Schnappatmung und somit weniger Klicks im Internet auslösen. Wenn wir unsere Kinder also zu hoffnungsvollen und mutigen Menschen erziehen wollen, können wir darauf achten, dass wir ihnen die guten Geschichten erzählen – die, in denen Menschen einander etwas Gutes tun, sich helfen. Und nicht zuletzt finde ich es, neben dem Vertrauen in sich und in andere, unfassbar hilfreich, dass unsere Kinder mit dem Glauben an einen Gott heranwachsen, der uns sogar Hoffnung über dieses Leben hinaus schenkt.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin, Eltern- und Familienberaterin. Sie lebt mit ihrer Familie in Kaufungen und bloggt: eltern-familie.de. In ihrem Buch „Was trägt? Was zählt? Was bleibt?“ (Neukirchener) gibt sie weitere Anregungen zum Thema.

Beim Konflikt helfen?

„Mein Sohn (25) engagiert sich als Trainer im Fußballverein. Nun gibt es einen heftigen Konflikt mit dem Vorsitzenden des Vereins, den ich gut kenne. Soll ich versuchen zu vermitteln? Oder sollte ich mich lieber raushalten?“

Spontan würde ich als Erstes sagen: raushalten! Schließlich handelt es sich ja um erwachsene Menschen – jedenfalls dem Alter nach. Aus meiner eigenen Tätigkeit als Trainer und als Mentor unserer Vereinsvorstände (Jugend und Senioren) weiß ich aber auch, dass die Kommunikation in Vereinen ausbaufähig ist. Manchmal sind auch die Beweggründe für Konflikte vielfältig und haben oftmals mit versteckten Interessen zu tun, die nicht öffentlich gemacht werden und auch nicht immer leicht zu erkennen sind. Unter bestimmten Voraussetzungen könnte es also schon sinnvoll sein, sich am Gesprächsgang zu beteiligen.

Klären Sie Ihre Rolle!

Wichtig in dem Zuge ist, dass Ihr Sohn dies nicht als Bevormundung empfindet, weshalb Sie meiner Meinung nach zunächst mit ihm das Gespräch suchen sollten. In diesem Gespräch sollten Sie folgende Fragen klären:

Will er, dass Sie an der Klärung beziehungsweise am Gesprächsprozess beteiligt sind?
Wenn ja, in welchem Maße – als direkt Beteiligter in den Gesprächen, als Ratgeber, als Mediator …?
Wäre es für ihn okay, dass Sie mit dem Vorsitzenden generell über den Konflikt reden – eventuell auch nur, um Ansichten zu spiegeln und für Verständnis und Klärung zu werben?
Gibt es Alternativen, die zu einer Klärung beitragen könnten, etwa externe Berater, Mediatoren, Ansprechpartner vom Verband oder Vereinsmitglieder, die großes Vertrauen im Verein genießen und als ausgleichende Persönlichkeiten bekannt sind?

Nicht in den Rücken fallen!

Ebenso könnten Sie Ihrem Sohn anbieten, gemeinsam die möglichen weiteren Verläufe des Konflikts mal zu durchdenken. Stellen Sie sich die Frage: „Was wäre, wenn …?“ Beachten Sie: Die Entscheidung über Ihre Rolle und Ihre Aufgabe(n) in dieser Kontroverse obliegt einzig Ihrem Sohn!

Wichtig ist meines Erachtens vor allem, dass Sie Ihrem Sohn nicht – gefühlt – in den Rücken fallen, zum Beispiel indem Sie hinter seinem Rücken agieren oder ohne sein Wissen mit dem Vorsitzenden sprechen. Selbst wenn der Filius im Unrecht wäre, würde eine Parteinahme zugunsten des Vorsitzenden Ihr familiäres Verhältnis schädigen. Verhalten Sie sich daher möglichst neutral – auch gegenüber dem Vorsitzenden. Das A und O ist Transparenz gegenüber Ihrem Sohn und die Vermittlung Ihrer Wertschätzung und Ihres Vertrauens ihm gegenüber!

Tim Linder ist Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Bochum-Ost und Co-Trainer der A-Jugend des SV Langendreer 04.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

Ein Paar, zwei Perspektiven: Weichherzigkeit

CLOWNS STATT DÖNER

Katharina Hullen kann manchmal nicht Nein sagen.

Katharina: Neulich beim Abendbrot: Es klingelt an der Tür. Wie üblich stürmt eine Horde neugieriger Kinder zur Tür, um sie lautstark zu öffnen und wenige Sekunden später „Mama“ herbeizurufen. Ich schlurfe los und sehe mich alsbald einem jungen Studenten gegenüber, der einen roten Teppich vor unserem Eingang ausgerollt hat. Er stellt uns sympathisch und hintergründig die gute Arbeit des „Rote Nasen Deutschland e.V.“ vor, einer Organisation, die durch Clownerie Lachen und Lebensfreude zu leidenden Menschen bringt. Umringt von enthusiastischen Kindern, die fröhlich in die Ausführungen des Studenten hineingrätschen mit ihren Geschichten vom eigenen Krankenhausaufenthalt, bei dem man damals um einen Tag den Clown leider verpasst hatte, oder dem tollen Schul-Zirkus-Projekt, bei dem es auch so lustige Clowns gab, erahne ich natürlich schon den Spendenaufruf. Angesichts der freudigen Anteilnahme meiner Kinder, dem wirklich guten Ansatz, Leid mit Humor zu begegnen, und vielleicht auch wegen des prominenten Unterstützers – Dr. Eckart von Hirschhausen – bin ich innerlich schon im Spendenmodus. Wie sich zeigt, ist es leider nicht möglich, nur einmalig zu spenden. Aber gut, die Kinder betteln, doch bitte, bitte, bitte mitzumachen – dann eben monatlich ein kleiner Beitrag. Gesagt, getan. Unter dem Jubel der Mädchen sind die Formalien schnell geklärt. Eine freundliche Verabschiedung und wir strömen zurück zum Abendbrottisch – wo mich ein resigniert kopfschüttelnder, etwas verärgerter Ehemann erwartet. Er murmelt etwas von Familieneinkommen und „Mal sehen, was wir stattdessen mal streichen können, damit wir ab jetzt Clowns unterstützen können“.

Oje, er hat Recht! Es ist schon wieder passiert! Normalerweise versuche ich recht rigoros Haustürgeschäfte abzuwimmeln. Was mir in der Regel auch gelingt. Ich will keine Fassadenreinigung und auch keine neuen Dachfenster.

Aber trotzdem gibt es manchmal Anfragen, die treffen mich so sehr ins Herz – oder besser in den Bauch –, dass plötzlich zum Beispiel eine Malteser-Mitgliedschaft dabei herauskommt.

Hauke ist viel besser in so etwas – bei ihm löst der Bauch (außer an der Dönerbude) niemals den Kopf ab. Er schafft es, angemessen freundlich oder unfreundlich jedes Gespräch zu einem Punkt zu bringen. Er lässt sich nicht von sentimentalen Geschichten einfangen. Ihm passiert es auch niemals, im Wartezimmer oder beim Einkaufen in ein Gespräch verwickelt zu werden. Nein, in der Zeit, in der mir das passieren würde, füttert Hauke seinen Kopf mit den Informationen der Verpackungen, der Rechtschreibung der Werbeschilder oder den Magazinen im Wartebereich.

Ich liebe meinen Mann für seinen klugen, kühlen Kopf! Ich brauche dieses Korrektiv. Aber die Welt braucht auch mitfühlende Warmherzigkeit und impulsive Großzügigkeit. Dann essen wir halt einen Döner weniger im Monat und geben dieses Geld in Hände, die mehr daraus machen als nur einen satten Bauch. Ganz schön klug von mir, oder?

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

HOTSPOT FÜR SPENDENSAMMLER

Hauke Hullen könnte Nein sagen, aber dafür ist es oft schon zu spät.

Hauke: Man stelle sich vor: Während des Urlaubs in einer ausländischen Einöde passiert etwas, ein Unfall oder eine schwere Erkrankung – wäre es dann nicht toll zu wissen, dass man kostenlos einfach nach Hause geflogen wird? Eine beruhigende Vorstellung, nicht wahr?

Diese Vorstellung war der besten Ehefrau von allen dann auch direkt eine Mitgliedschaft und einen jährlichen Beitrag wert. Prompt fühlte sie sich sicherer und der Vertreter, der ihr den Deal an der Haustür aufgeschwatzt hatte, zog fröhlich weiter.

Dazu muss man wissen: Wir fahren kaum ins Ausland. Unser Radius endet meist an der Nordsee – die Lust auf längere Fahrten sank proportional mit der Anzahl der quengelnden Kinder auf den Rücksitzen. Auch habe ich nie verstanden, warum Urlaubsorte nur dann attraktiv sein sollen, wenn sie weit weg sind. Und schließlich kommt dazu, dass die Abenteuerlust meiner Frau auf einer Skala von 1 bis 10 bei minus 1 liegt. Letzteres macht verständlich, dass sich Katharina besser fühlt, wenn sie weiß, dass stets ein vollgetankter Jet im Dschungel bereitsteht, um sie nach einem Schlangenbiss nach Duisburg auszufliegen. Nur: Wir sind halt nie im Dschungel.

Nachdem wir die statistische (Un-)Wahrscheinlichkeit ausgiebig erörtert hatten, einen Nottransport in Anspruch nehmen zu müssen, den unsere Krankenkasse nicht bezahlen würde, hat Kathi die Mitgliedschaft schweren Herzens wieder gekündigt. In anderen Bereichen lassen sich die Folgen von Kathis Weichherzigkeit deutlich schwieriger eingrenzen. Und das hat vor allem moralische Gründe. Denn während ich bei der Flugrettung argumentieren kann: „Das brauchen wir nicht!“, sagt Kathi bei all den anderen Großherzigkeiten zu Recht: „Das brauchen die anderen!“ Und in der Tat – die Not in der Welt ist groß, es gibt unzählige unterstützungswerten Anliegen, und natürlich bricht unser Lebensstandard nicht zusammen, wenn einer weiteren Organisation mit 5 Euro im Monat geholfen wird.

Doch wo will und darf man da die Grenze ziehen? Dank meiner Frau ist unsere Haustür zum Hotspot der lokalen Spendensammel-Szene geworden und die Bettlerinnen vor unserem Supermarkt bekommen wahlweise Münzen, komplette Einkäufe oder kistenweise ausrangierte Kinderkleidung geschenkt. Doch was, wenn jetzt alle kommen und die Hand aufhalten? Was, wenn das alle machten?

Tief in meinem Herzen weiß ich, dass genau dies die eigentliche Frage ist: Was, wenn das alle machten? Was, wenn alle sich erweichen ließen und auf ein (durchaus ansehnliches) Stück ihres Wohlstandes verzichteten, um den Nächsten mit dem Nötigsten zu versorgen und um für den Übernächsten die passende Hilfsorganisation zu unterstützen? Während in meinem Kopf noch der Stellungskrieg tobt, ist meine Frau schon längst über meinen Schatten gesprungen und hat ohne groß nachzudenken wieder Geld ausgegeben für irgendetwas, was irgendjemandem eine große kleine Freude bereiten wird.

Streng genommen hat sie dabei auch mein Geld mit ausgegeben – und ich lasse sie gewähren.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

„Ihr Engagement ist gefragt!“

Ehrenamtliche Helfer werden überall gebraucht. Was tun? Manche ziehen sich komplett in die Familie zurück. Andere Mütter und Väter stehen in der Gefahr, sich vollkommen zu verzetteln. Weiterlesen