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Hilfe für Ukraine: Wir können nicht alles stehen und liegen lassen

Menschen (nicht nur) aus der Ukraine brauchen unsere Hilfe. Doch wie viel können wir ihnen geben? Ein Kommentar.

„Man muss doch etwas tun!“ – Dieser Gedanke ist wohl vielen in den letzten Wochen durch den Kopf geschossen. Angesichts des Leids in der Ukraine, angesichts der Menge an Geflüchteten spüren wir den dringenden Wunsch zu helfen. Und viele packen mit an: spenden Geld, Lebensmittel, Kleidung. Helfen an Sammelstellen, Spenden zu verladen. Fahren Hunderte Kilometer, um Hilfsgüter auszuliefern und Menschen mitzunehmen. Viele öffnen ihr Haus, ihre Wohnung, um eine Familie bei sich aufzunehmen.

Ich weiß nicht, was von all dem du schon gemacht hast. Ich kann nicht groß prahlen mit meinen guten Taten. Ja, ich habe gespendet. Ja, ich habe Dinge, die benötigt wurden, zu einer Sammelstelle gebracht. Ja, ich habe mitgeholfen, als an einem Wochenende 50 Menschen aus der Ukraine in unserer Gemeinde untergebracht werden mussten. Aber ich bin nicht mit einem Sprinter an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren. Ich habe keine Familie bei mir aufgenommen. Ja, ich habe ein schlechtes Gewissen. Weil andere so viel mehr machen. Weil ich mein normales Leben weiterführe, während andere Menschen gerade alles verloren haben.

Komfortzone verlassen – ja, aber nicht um jeden Preis

„Wir müssen einfach mal unsere Komfortzone verlassen“, meint Britta, die sich über Tage intensiv bei der Unterbringung von Geflüchteten in unserer Gemeinde engagiert. Aber es ist auch klar: Diese Notaktion für ein Wochenende, das können wir leisten. Dauerhaft schaffen wir es nicht. Wir können ja nicht alles stehen und liegen lassen – unsere Kinder, unsere Jobs, unser Engagement in anderen Bereichen. Und so verbringe ich tatsächlich mit gutem Gewissen ein Wochenende damit, den Geburtstag meines Sohnes zu feiern. Weil er zwei Jahre lang kaum Highlights hatte in seinem Leben. Und weil das für ihn jetzt wichtig ist.

Es bleibt – wie so vieles – ein Spagat. Besondere Situationen erfordern einen besonderen Einsatz. Wir müssen immer wieder unsere Komfortzone verlassen. Aber wir müssen auch unsere Grenzen sehen – und unsere realistischen Möglichkeiten. Also: Augen auf und sehen, wo wir helfen können. Und dafür auch mal alles stehen und liegen lassen. Aber auch akzeptieren, was nicht geht. Und übrigens: Unabhängig davon, ob ich etwas tun kann oder nicht, hilft es mir, ein Gebet für die Menschen und Situationen an Gott zu richten.

Bettina Wendland ist Redaktionsleiterin von Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

Beim Umzug helfen?

„Unser Sohn (23) zieht in eine neue Wohnung, wo noch viel renoviert werden muss. Dafür erwartet er unsere Hilfe. Wir haben aber gerade selbst viel um die Ohren und denken, dass er alt genug ist, um so etwas allein zu regeln. Können wir ihm absagen?“

 

Wenn die Kinder das Nest verlassen haben, bleibt bei Eltern oft nicht das erwartete Freiheitsgefühl, sondern ein Wehmutsgefühl zurück. Loslassen ist nicht einfach. Eltern müssen akzeptieren, dass ihr Kind sein eigenes Leben lebt. Es beinhaltet aber auch, dem Kind sein Erwachsensein zuzugestehen, ihm einen eigenen Lebensstil und eigene Entscheidungen auch innerlich zu erlauben. So eine Beziehung auf Augenhöhe fühlt sich nach all den Jahren der Fürsorge und Verantwortung erst einmal fremd an. Die Eltern-Kind-Beziehung wächst in ein neues Stadium hinein, das Schritt für Schritt ertastet werden will. Vieles daran fühlt sich ungewohnt an. Zum Beispiel, dass es zu einem ausgewogenen Geben und Nehmen kommen darf. Wir sind nicht mehr die nur Starken und Überlegenen, sondern wir dürfen uns auch mit unseren Schwächen und Grenzen zumuten.

ABSAGE ZUMUTEN
In Ihrer Frage wird deutlich: Da hat schon jemand das Nest verlassen. Sowohl Sie als auch Ihr Sohn haben ein jeweils eigenes, erfülltes Leben. Deshalb gilt: Ihr Sohn ist selbst verantwortlich für seinen Umzug. Dass Sie als Eltern noch gefragt werden, ist ja auch schön und zeugt von familiärer Verbundenheit. Im besten Falle hat sich zwischen Ihnen und Ihrem Sohn ein freundschaftliches Nebeneinander entwickelt. Und wie es unter guten Freunden üblich ist, darf man sich auch mit seinen Unvollkommenheiten zeigen. Auch Sie als Eltern haben Grenzen, zum Beispiel weil Sie keine Zeit haben, gesundheitlich nicht mehr so viel leisten können oder zu weit weg wohnen. Nehmen Sie auf einer erwachsenen Ebene Kontakt zu Ihrem Sohn auf und muten ihm eine Absage zu. Ihr Sohn muss lernen, dass einseitige Ansprüche der Vergangenheit angehören. Eltern wollen fair gefragt werden. Und auf eine Frage darf man auch mit „Nein“ antworten.

RÜCKHALTLOSES ZUTRAUEN
Wir als Eltern sind nicht mehr verantwortlich für das Wohlergehen unserer erwachsenen Kinder. Und damit auch nicht für das Gelingen eines Umzugs. Diese Verantwortung liegt beim Sohn (oder der Tochter). Was Ihr Sohn braucht, ist Ihr rückhaltloses Zutrauen. Hat er das? Oder denken Sie, dass der Umzug ohne Ihre Mithilfe scheitern wird? Vielleicht lohnt es sich, wenn Sie über folgende Fragen nachdenken: Warum könnte es mir schwer fallen, Nein zu sagen? Was daran macht mir Angst? Dass unser Sohn Dinge falsch einschätzt und Fehler machen wird? Dass der Umzug misslingt? Halte ich es aus, wenn es vielleicht chaotisch läuft? Habe ich die Befürchtung, dass es mit einer Absage zu einem (grundsätzlichen) Konflikt kommen wird? Dass sogar die Beziehung als solche in Frage gestellt werden wird? Wollen wir einmal grundsätzlich miteinander darüber sprechen, wie jeder von uns sich eine erwachsene Eltern-Kind-Beziehung vorstellt, was jeder bisher erwartet hat, was sich jeder wünschen würde?

 

Michaela Schnabel ist Mutter von drei Töchtern, die ihre weltweiten Umzüge sehr selbstständig organisieren. Sie arbeitet als Sozialpädagogin und lebt in Witten.

„Das Bad hab ich geputzt!“

Wie man kleine Helfer motiviert

Die Mithilfe der Kinder im Haushalt ist ein Thema, bei dem Traum und Wirklichkeit oft weit auseinander klaffen. Wie schafft man es, Kinder zu kleineren und größeren häuslichen Arbeiten zu bewegen? Und warum sollen Kinder überhaupt mithelfen?

• Kinder erkennen und akzeptieren dadurch, dass bestimmte Tätigkeiten – auch wenn diese lästig, unangenehm oder eintönig sind – verrichtet werden müssen. Dies ist in unserer Spaß- und Freizeitgesellschaft nicht selbstverständlich!
• Die Kinder lernen: Das Zusammenleben in Gemeinschaft funktioniert nur dann, wenn alle ihren Teil beitragen.
• Die kindliche Mitarbeit entlastet nicht nur die Eltern, sondern stärkt vor allem das Selbstbewusstsein der Kinder. Erfahrungen wie: „Den Fruchtsalat habe ich alleine gemacht!“, „Das Bad habe ich geputzt!“, „Ich habe den Schnee in der Einfahrt weggeschaufelt!“ vermitteln den Kindern: Ich schaffe das!
• Die übertragenen Aufgaben lassen Kinder ihre eigenen Fähigkeiten und Begabungen erkennen und entwickeln. Im Haushalt lernen sie, Pläne zu machen, nach Vorgaben zu arbeiten und bestimmte Abläufe zu verrichten.
• Wenn Kinder mithelfen, bemerken sie bald: Mama und Papa gewinnen Zeit, um mit ihnen zu reden, zu spielen und Spaß zu haben. Es ist daher wichtig, dass Eltern die gewonnene Zeit nicht ausschließlich für ihre eigenen Interessen verwenden, sondern in erster Linie für die Beziehung zu ihrem Kind.

Was tun?

Eines steht fest: Die zu erledigenden Aufgaben müssen dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen. Dieser kann von Kind zu Kind sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Ab dem Grundschulalter können Kinder ihr Bett selbst machen, eigenständig Einkäufe erledigen, kleinere Mahlzeiten zubereiten, aufräumen, kurzzeitig auf jüngere Geschwister aufpassen, im Garten und rund ums Haus mithelfen, Schuhe putzen, das Badezimmer und die Toilette reinigen und die Küche in Ordnung bringen.

Wie motivieren?

Ob Kinder bereit sind, in Haus und Garten mitzuhelfen, hängt unter anderem davon ab, wie früh sie an die Hausarbeit herangeführt wurden. Auch die Familienatmosphäre spielt eine wichtige Rolle. Wird das Kind stets für seine Arbeit kritisiert? Kann es der Mutter nie etwas recht machen? Neigt der Vater zu besserwisserischen Belehrungen, wenn das Kind einen Fehler macht? Eltern, die diese drei Fragen mit „Ja“ beantworten müssen, dürfen sich nicht wundern, wenn das Kind keine Lust hat mitzuhelfen.

Es gibt kein Zaubermittel für die freiwillige Mitarbeit der Kinder – speziell im späten Grundschulalter. Sehr wohl gibt es eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn die Eltern selbst eine positive Einstellung zur Arbeit im Haushalt haben. Wer ständig über die Arbeit jammert, bekommt dies von seinen kleinen „Spiegelbildern“ umgehend präsentiert!

Zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Manche Familien führen mit ihren Kindern hin und wieder einen Arbeits-Relax- Tag durch. Genau in dieser Reihenfolge: Zuerst die notwendigen Arbeiten gemeinsam verrichten, dann ein leckeres Essen bestellen oder kochen und gemeinsam spielen und Spaß haben. So lernen Kinder schon früh: Arbeit und Freizeit gehören zum Leben dazu. Oder wie es schon in der Bibel zu lesen ist: „Ein Mensch kann nichts Besseres tun, als die Früchte seiner Arbeit zu genießen“ (Buch Prediger, Kapitel 3, Vers 22).

Roswitha Wurm arbeitet als Lern-, Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin und lebt mit ihrer Familie in Wien.