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Einschlafprobleme überwinden – Das sollten Eltern wissen

Eines der größten Probleme von Kleinkindern ist das Einschlafen. Warum das oft schwierig ist und was Eltern tun können erklärt Kinder- und Jugendtherapeutin Melanie Schüer.

Schlaf, Kindlein, Schlaf … wenn das Einschlafen doch so einfach wäre: Man singt ein oder zwei Lieder, streichelt dem kleinen Schatz noch kurz den Rücken und dann schlummert der Nachwuchs seelenruhig und friedlich ein.

Die Realität sieht für viele Eltern von Kleinkindern leider oft ganz anders aus: Das Kind will nicht ins Bett, womöglich schon nicht die Zähne putzen, muss noch etwas trinken, hat Bauchweh und überhaupt noch so unfassbar viele Gründe, warum es einfach noch nicht schlafen kann! Dabei wollen wir als Eltern doch einfach auch irgendwann mal Feierabend haben – das Wohnzimmer für uns, ein Stündchen „Erwachsenenzeit“, in der wir mal nicht versorgen, begleiten und beruhigen müssen.

Einschlafen ist eine Form von Loslassen

Ein Aspekt, der vielen Kindern, aber auch Erwachsenen, das Einschlafen erschwert: Einschlafen geht nur, wenn wir ein Stück weit loslassen können. Einschlafen bedeutet, dass man all das am Tag Erlebte – das Schöne wie das Stressige – nun „gut sein lässt“. Man trennt sich von den Gedanken, Plänen, Eindrücken und Fragen des Tages und lässt sich von der Welt des Denkens und Handelns in die Welt des Fühlens und Seins gleiten. Man gibt ein wenig die Kontrolle ab und lässt auch die lieben Menschen zumindest kurzzeitig los. Denn im Schlaf können wir nicht mit ihnen sprechen und nehmen ihre Gegenwart nicht mehr bewusst wahr.

Wir verabschieden uns also vom Tun und der Geschäftigkeit und auch für eine Weile von unseren vertrauten Menschen – und das fällt besonders Kleinkindern oft gar nicht leicht. Sie fangen gerade an, ihre Welt zu entdecken, lernen ständig Neues dazu und sind voller Tatendrang. Das macht Spaß und ist so spannend, dass es schwierig sein kann, abzuschalten. Und zugleich sind die Kleinen noch völlig abhängig von ihren Bezugspersonen, sodass ihnen die Trennung von ihnen das Gefühl von Verunsicherung und Unruhe bereiten kann.

Durch Nähe zur Ruhe kommen

Gerade weil Kleinkinder so abhängig sind von ihren Bezugspersonen, brauchen sie die Begleitung von diesen, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Kuscheln, vorher noch gemeinsam ein Buch lesen, ein altersgerechtes Gebet, in dem man für das Gute dieses Tages dankt und auch das Schwere und Belastende in Gottes Hände legt … all das hilft, den Tag gut abzuschließen. Auch beruhigende Musik ist oft hilfreich als Teil des Abendrituals. Manchen Kindern helfen auch Hörbücher – hier sollte man aber nicht zu spannende Handlungen wählen! Empfehlenswert für Kleinkinder ist z.B. „Die Geschichte vom kleinen Elefanten, der so gern einschlafen möchte“.

Insgesamt ist Körpernähe und die liebevolle Präsenz von zugewandten, geduldigen Eltern eine wichtige Grundlage für ein gutes Einschlafen. Daher, liebe Eltern: Sorgt auch gut für euch, wenn ihr euer Kind ins Bett bringt! Wenn ihr wisst, dass es länger dauern kann, bis euer Kind abschalten kann: Macht es euch bequem im Kinderzimmer und vielleicht hilft auch ein Hörbuch oder angenehme Musik per Kopfhörer, um die Zeit für euch angenehm zu gestalten. Kinder spüren, wenn ihre Eltern unruhig darauf warten, wann sie endlich schlafen – und werden dann oft von dieser Unruhe angesteckt.

Dunkelheit, Düfte, Durchhalten

Zu viel Licht verhindert die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Deshalb sollten Kinder etwa eine, besser zwei Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr auf Bildschirme starren. Etwa 30-45 Minuten vor dem Schlafengehen sollte das Licht möglichst gedämmt werden. Ein Nachtlicht sollte entweder ganz weggelassen oder durch ein rötliches ersetzt werden – das stört die Produktion von Schlafhormonen am wenigsten.

Ab dem Alter von drei Jahren kann man auch ätherische Öle wie Lavendel oder Zirbenholz (z.B. 1-2 Tropfen auf einem Stück Holz) in der Nähe des Kinderbettes nutzen.

Dass Säuglinge beim Füttern, Kuscheln oder Spazierenfahren einschlafen, ist völlig normal. Ab einem Alter von 3-4 Monaten ist es allerdings empfehlenswert, mit dem Kind nach und nach etwas mehr Eigenständigkeit beim Einschlafen einzuüben. Das bedeutet nicht, dass man das Kind wecken sollte, wenn es auf dem Arm eingeschlafen ist. Doch wenn das Kind noch nicht fest schlummert, ist es ratsam, die elterliche Einschlafhilfe in kleinen Schritten sanft zu reduzieren.

Wenn ein Kind auch mit drei Jahren nur in den Schlaf finden kann, wenn Mama oder Papa direkt neben ihm liegen, kann das dazu führen, dass es genau diese Begleitung auch nachts erwartet, wenn es aus dem Leichtschlaf aufwacht – und nicht in der Lage ist, sich nachts selbst zu regulieren. Die Eltern „schleichen“ sich heimlich heraus, wenn das Kind schläft – und dieses wacht irgendwann erschrocken auf und merkt: „Mama/Papa ist ja gar nicht mehr da! So kann ich doch nicht schlafen!“

Grundsätzlich gilt beim Schlafenlernen die Devise „Durchhalten“, denn Gewohnheiten bilden sich erst nach einiger Zeit und Rückfälle durch Stressfaktoren wie Entwicklungsschübe, Zahnen, Infekte, einen Umzug o.ä. sind normal!

Schritt für Schritt zum Ziel

Von Einschlafprogrammen, die sehr rabiat vorgehen und beinhalten, dass Kinder längere Zeit allein im Bett weinen müssen, ist eher abzuraten. Denn diese können der Eltern-Kind-Beziehung schaden und langfristig dazu führen, dass das Kind Einschlafen mit Angst und Unbehagen verbindet. Viel besser ist es, schrittweise und behutsam vorzugehen, beispielsweise wie in diesem Fall:

Tom, 3 Jahre alt, kann nur einschlafen, wenn seine Eltern ihn umhertragen. Wenn er dann endlich im Land der Träume angekommen ist, legen sie ihn ganz vorsichtig ab und verlassen auf Zehenspitzen das Zimmer. Spätestens nach 2 Stunden, oft deutlich früher, weint Tom dann und sie müssen ihn erneut tragen, was sich in der Nacht dann mehrfach wiederholt.

Ein schrittweises, sanftes Vorgehen könnte so aussehen:

Bei jedem Schritt findet vorher ein liebevolles Abendritual statt – z.B. mit Geschichte, Gebet, Kuscheln oder Massage.

So klappt das Einschlafen

Schritt 1: Die Eltern tragen Tom wie gewohnt umher – aber nur, bis er ruhig und entspannt ist. Das eigentliche Einschlafen findet auf dem Arm, aber im Sitzen statt (erste Reduktion: die Bewegung wird ausgeschlichen).

Schritt 2: Sobald es 2-3 Abende ohne Bewegung (oder höchstens kurzes Tragen zum Entspannen, 2-3 Minuten) klappt, setzen sich die Eltern direkt mit Tom auf dem Arm hin und kuscheln mit ihm. Auch hier warten sie auf den Zeitpunkt, wenn Toms Augen langsam zufallen und er kurz davor ist, in den Schlaf zu sinken: Dann legen sie ihn sanft in sein Bettchen und bleiben noch nah bei ihm, um ihn zu streicheln bzw. eine Hand an seinem Körper zu lassen (zweite Reduktion: Einschlafen im Bettchen statt auf dem Arm).

Schritt 3: Auch hier lassen die Eltern der neuen Gewohnheit 2-3 Abende Zeit, sich zu festigen. Dann legen sie ihn schon etwas früher in sein Bettchen und streicheln ihn nur noch, bis er kurz vor dem Einschlafen ist. An diesem Punkt ziehen sie sich etwas zurück und sitzen nur noch neben dem Bett, ggf. mit leisem Singen oder Summen (dritte Reduktion: Einschlafen ohne Körperkontakt).

Der Stuhl neben dem Bett kann dann nach und nach weiter weggerückt werden. Wenn das Kind sich nicht beruhigen lässt, ist es ratsam, noch einmal Nähe und Sicherheit zu vermitteln, bis das Kind wieder entspannter ist und dann einen neuen Versuch zu starten. Anfangs sind oft viele Wiederholungen dieses Beruhigens und erneut Versuchens nötig – aber steter Tropfen höhlt den Stein.

Beratung suchen – online und vor Ort

Vielerorts gibt es Beratungsstellen mit Fachkräften, die sich mit dem Thema Kinderschlaf gut auskennen, oft in Erziehungsberatungsstellen (Adressen findet man unter dajeb.de). Manche Themen lassen sich auch online gut besprechen, z.B. in der kostenlosen Onlineberatung des Portals „ElternLeben“ (elternleben.de).

Melanie Schüer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und Autorin. Zudem berät sie Eltern von Babys und Kindern mit Schrei- und Schlafproblemen. 

Die richtige Krippe finden – Darauf sollten Sie achten

Krippenplätze sind heiß begehrt. Doch worauf kommt es an bei der Krippenwahl? Wie erkenne ich, ob die Krippe zu uns passt?

Wenn Sie Ihr Kind in einer Krippe betreuen lassen möchten, gibt es ein paar Punkte, die Sie im Vorfeld beachten können, damit der Start in die Fremdbetreuung gelingt. In den meisten Einrichtungen hat sich das Berliner Modell der sanften Eingewöhnung durchgesetzt, da es dem kindlichen Bedürfnis nach Bindung und Sicherheit am meisten entspricht. Über einen Zeitraum von zwei bis sechs Wochen, je nach Kind, wird das neue kleine Gruppenmitglied im Idealfall von einer festen Bezugserzieherin schrittweise in die Gruppe eingewöhnt. Die Eltern erhalten in dieser Phase viele Rückmeldungen und Informationen und arbeiten mit den Erzieherinnen zusammen. Wenn Sie also über einen Wiedereinstieg in den Beruf nachdenken, sollten Sie sich mindestens zwei Monate vor Arbeitsbeginn um den Start in die Krippe bemühen. Ein zeitgleicher Arbeits- und Krippenstart ist nicht möglich.

Spezielle Angebote

Nach der Eingewöhnung ist ein strukturierter Tagesablauf mit anregenden Angeboten für das Kind förderlich. Fragen Sie im Erstgespräch nach wiederkehrenden Abläufen, aber auch nach speziellen Angeboten wie Musik oder Kreativem, und ob die Gruppe regelmäßig nach draußen geht, zum Beispiel auf das Außengelände oder auf Ausflüge in die nähere Umgebung. Überlegen Sie sich, was Ihnen für Ihr Kind besonders wichtig erscheint: bilinguales Konzept, offene Gruppen, eine naturnahe Lage der Einrichtung …

Manchmal helfen auch Berichte von anderen Krippeneltern, um ein realistisches Bild einer Einrichtung zu bekommen. Trauen Sie sich ruhig, jemanden anzusprechen, den Sie kennen, und lassen Sie sich von den Erfahrungen berichten.

Da die Kinder meist bis zu drei Mahlzeiten täglich in der Krippe einnehmen, ist es sinnvoll, sich über das Verpflegungskonzept des Trägers zu informieren. Ein abwechslungsreicher, gesunder Speiseplan mit Mahlzeiten aus frischen Lebensmitteln sollte selbstverständlich sein.

Gutes Bauchgefühl

Bevor Sie Ihr Kind in Ihre favorisierte Einrichtung geben, prüfen Sie, ob der tägliche Anfahrtsweg (Zuhause – Krippe – Arbeit) auf Dauer zeitlich realistisch und finanziell machbar ist. Wer nicht in Krippennähe arbeitet oder wohnt, muss viel Wegezeit einrechnen, was die möglichen Arbeitsstunden deutlich reduziert. Auch ist der Anfahrtsweg wichtig, falls das Kind einmal außerplanmäßig früher abgeholt werden muss, zum Beispiel bei akuter Krankheit.

Selbst wenn Ihnen das schriftliche Konzept einer Einrichtung auf Anhieb gefällt, ist es das Beste, sich ein persönliches Bild zu machen. Was sich wie ein schwammiges Kriterium anhört, ist ein wichtiger Anhaltspunkt: das Bauchgefühl. Schnuppern Sie in der Gruppe, nehmen Sie die Atmosphäre wahr und die Art und Weise, wie Erzieherinnen und Kinder miteinander interagieren. Warmherzigkeit, Freundlichkeit und Zugewandtheit machen viel mehr aus als der beste bilinguale Förderkurs. Es braucht Vertrauen, sein Liebstes in fremde Hände zu geben, und ich bin mir sicher, dass Sie als Mutter das beste Gespür dafür haben, was für Ihr Kind das Richtige ist.

Friederike Schwencke ist Diplom-Sozialpädagogin bei den „Flotten Bienchen“ im CJD Wolfsburg.

0 bis 2 – Die passende Krippe

Elternfrage: „Ich bin alleinerziehend und suche nach einem Krippenplatz für meine Tochter (1). Worauf sollte ich achten, wenn ich mir eine Krippe anschaue?“

Wenn Sie Ihr Kind in einer Krippe betreuen lassen möchten, gibt es ein paar Punkte, die Sie im Vorfeld beachten können, damit der Start in die Fremdbetreuung gelingt. In den meisten Einrichtungen hat sich das Berliner Modell der sanften Eingewöhnung durchgesetzt, da es dem kindlichen Bedürfnis nach Bindung und Sicherheit am meisten entspricht. Über einen Zeitraum von zwei bis sechs Wochen, je nach Kind, wird das neue kleine Gruppenmitglied im Idealfall von einer festen Bezugserzieherin schrittweise in die Gruppe eingewöhnt. Die Eltern erhalten in dieser Phase viele Rückmeldungen und Informationen und arbeiten mit den Erzieherinnen zusammen. Wenn Sie also über einen Wiedereinstieg in den Beruf nachdenken, sollten Sie sich mindestens zwei Monate vor Arbeitsbeginn um den Start in die Krippe bemühen. Ein zeitgleicher Arbeits- und Krippenstart ist nicht möglich.

Spezielle Angebote

Nach der Eingewöhnung ist ein strukturierter Tagesablauf mit anregenden Angeboten für das Kind förderlich. Fragen Sie im Erstgespräch nach wiederkehrenden Abläufen, aber auch nach speziellen Angeboten wie Musik oder Kreativem, und ob die Gruppe regelmäßig nach draußen geht, zum Beispiel auf das Außengelände oder auf Ausflüge in die nähere Umgebung. Überlegen Sie sich, was Ihnen für Ihr Kind besonders wichtig erscheint: bilinguales Konzept, offene Gruppen, eine naturnahe Lage der Einrichtung …

Manchmal helfen auch Berichte von anderen Krippeneltern, um ein realistisches Bild einer Einrichtung zu bekommen. Trauen Sie sich ruhig, jemanden anzusprechen, den Sie kennen, und lassen Sie sich von den Erfahrungen berichten.

Da die Kinder meist bis zu drei Mahlzeiten täglich in der Krippe einnehmen, ist es sinnvoll, sich über das Verpflegungskonzept des Trägers zu informieren. Ein abwechslungsreicher, gesunder Speiseplan mit Mahlzeiten aus frischen Lebensmitteln sollte selbstverständlich sein.

Gutes Bauchgefühl

Bevor Sie Ihr Kind in Ihre favorisierte Einrichtung geben, prüfen Sie, ob der tägliche Anfahrtsweg (Zuhause – Krippe – Arbeit) auf Dauer zeitlich realistisch und finanziell machbar ist. Wer nicht in Krippennähe arbeitet oder wohnt, muss viel Wegezeit einrechnen, was die möglichen Arbeitsstunden deutlich reduziert. Auch ist der Anfahrtsweg wichtig, falls das Kind einmal außerplanmäßig früher abgeholt werden muss, zum Beispiel bei akuter Krankheit.

Selbst wenn Ihnen das schriftliche Konzept einer Einrichtung auf Anhieb gefällt, ist es das Beste, sich ein persönliches Bild zu machen. Was sich wie ein schwammiges Kriterium anhört, ist ein wichtiger Anhaltspunkt: das Bauchgefühl. Schnuppern Sie in der Gruppe, nehmen Sie die Atmosphäre wahr und die Art und Weise, wie Erzieherinnen und Kinder miteinander interagieren. Warmherzigkeit, Freundlichkeit und Zugewandtheit machen viel mehr aus als der beste bilinguale Förderkurs. Es braucht Vertrauen, sein Liebstes in fremde Hände zu geben, und ich bin mir sicher, dass Sie als Mutter das beste Gespür dafür haben, was für Ihr Kind das Richtige ist.

Friederike Schwencke ist Diplom-Sozialpädagogin bei den „Flotten Bienchen“ im CJD Wolfsburg.

„Fühle mich fast schizophren“ – Erfolgreiche Erzieherin scheitert oft als Mutter. Dann greift sie endlich durch

Als Anika Schunke Mama wird, muss sie feststellen: Ihre Erziehungstipps kann sie bei sich selbst nicht umsetzen. Doch dann macht es Klick.

Mehr als die Hälfte meines Lebens bin ich Erzieherin, oder, um dem Ganzen den Qualitätsstempel zu verleihen, den es verdient: pädagogische Fachkraft im Elementarbereich. Zehn Jahre lang war ich in derselben Einrichtung tätig, welche zum Großteil dazu beigetragen hat, dass ich heute beruflich so gefestigt bin. Ich stand mit beiden Beinen im Leben, war etwa sieben Jahre lang stellvertretende Leitung, war von Kolleginnen und Eltern geschätzt und machte mich sogar nebenberuflich selbstständig. Ich habe pädagogische Prinzipien, Überzeugungen und Wertvorstellung, die sich in dieser Zeit fest verankert haben. Mir war immer bewusst, dass es etwas anderes sein würde, Mutter zu sein, spielen hier ganz andere Faktoren eine Rolle. Doch was da kommen sollte, wäre mir im Traum nicht eingefallen.

Die erste Zeit mit Baby ist für alle frisch gebackenen Eltern emotional. Daher war es für mich erst mal nicht dramatisch, dass ich nicht so entspannt und ausgeglichen war, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Da sich die Erziehung zu Beginn noch im Rahmen hielt, beruhigte ich mich mit Sätzen wie „Das wird schon noch“, „Ist halt am Anfang so“ etc. Doch mit den Monaten merkte ich, das ich Dinge tat und dachte, die ich als Erzieherin nie tun oder denken würde und von denen ich sogar schon vielfach abgeraten hatte. Und obwohl es mir bewusst war, war es mir nicht möglich, anders zu handeln oder zu denken. Ich fühlte mich schon fast schizophren.

Schock im Bällebad

Zu Beginn waren es Kleinigkeiten. Zum Beispiel saß ich mit meiner etwa fünf Monate alten Tochter in einem öffentlichen Bällebad. Mit jeder Minute, die ich drin saß, mit jedem Ball, den sie anfasste und ablutschte, schrie es lauter in mir. Eine Stimme in mir rief: „Gefahr! Gefahr! Es ist ein Bazillenbad, getarnt als Bällebad.“ Doch ich hielt tapfer durch und lies meine Tochter und ihr Immunsystem lernen und wachsen. Denn die Erzieherin in mir winkte entspannt ab nach dem Motto: „Das ist nicht so wild, im Gegenteil. Und du weißt es.“

Mittlerweile ist meine Tochter fast drei Jahre alt. Wir können uns wirklich nicht beschweren, sie ist ein tolles Kind. Wir haben selten Schwierigkeiten mit ihr und wenn wir es für anstrengend und stressig halten, ist es im Vergleich zu manch anderen Familien harmlos. Aber die Konflikte häufen sich. Sie probiert mehr aus, diskutiert, bekommt kleine Wut- und Trotzanfälle, was eben alles zum Großwerden dazu gehört. Und hierbei macht sich nun die Schizophrenie zwischen Erzieherin und Mutter deutlich bemerkbar.

Ich weiß genau, dass dieses Verhalten völlig normal ist, sogar sein muss, um eine gefestigte Persönlichkeit zu entwickeln. Ich weiß auch, dass es richtig ist, wenn wir konsequent sind. Und trotzdem sitze ich heulend da und frage mich, was hier los ist. Warum kann ich nicht mit meiner gewohnten Professionalität darauf reagieren? Warum stellt sich die emotionale Mutter in mir so sehr gegen die souveräne Erzieherin? Und das, obwohl sie weiß, dass es uns allen besser ginge, wenn sie mehr mitreden könnte.

Erzieherin und Mutter im Dauerstreit

Da gibt es beispielsweise die „Situation Schnuller“. Dieser ist Fluch und Segen. Als Säugling wollte meine Tochter den Schnuller nicht, was ich prinzipiell gut finde. Jedoch hätte sie sonst den ganzen Tag an der Brust gehangen, um sich zu beruhigen, und das wollte und konnte ich nicht zulassen. Also musste der Schnuller Abhilfe schaffen. Mittlerweile ist es so, dass sie ihn ziemlich oft im Mund hat. Und das stört mich. Denn sie ist jetzt fast drei Jahre alt und ich finde, der Schnuller ist nach wie vor zur Beruhigung gedacht, also zu Ausruh- und Schlafenszeiten.

Am meisten stört mich, wenn sie ihn draußen beim Spazierengehen oder beim Radfahren im Mund hat. Ich finde es schrecklich! Denn das Bild ist so kontrovers. Auch wenn die Erzieherin in mir täglich mehrere Elterngespräche mit der Mutter in mir führt, schaffe ich es einfach nicht, ihr den Schnuller nur für die oben genannten Zeiten zu erlauben. Es ist wie eine Blockade.

Streit ums Thema Essen

Genauso ist es mit der „Situation Essen“. Wir legen beide großen Wert darauf, dass sie um gute Tischmanieren weiß. In meinem Erzieheralltag habe ich vielen Kindern unter drei Jahren das selbstständige Essen mit Löffel und Gabel beigebracht. Meine Tochter benutzt immer noch oft die Finger, obwohl es mich stört und ich es anders möchte. Ich habe oft gepredigt, dass Konsequenz das A und O ist, und ich weiß es auch ganz genau. Doch auch hier scheint diese Funktion mit dem Mutterinstinkt nicht kompatibel zu sein. Nach fast einem Jahr Theater, Gemotze und Tränen am Tisch hat die Erzieherin in mir sich doch mal energisch der Mutter gegenüber gezeigt und eine Lösung gefunden.

Die sieht so aus: Wir haben uns dafür entschieden, ihr eine positive Konsequenz anzubieten, wenn sie ordentlich isst. Auf dem Tisch liegen vier Gummibärchen. Wenn wir schimpfen müssen, weil sie ihr Essen rumschmiert, mit der Gabel rumfuchtelt etc. nehmen wir, nach einer Vorwarnung, ein Gummibärchen weg. Das vierte Gummibärchen bekommt sie, wenn sie den Teller leer gegessen hat. Was ihr nicht schmeckt, muss sie allerdings nicht essen.

Die Erzieherin erwacht

So langsam scheint die Erzieherin in mir den Ernst der Lage erfasst zu haben und mischt sich öfter ein. Ich habe das Gefühl, die Mutter in mir ist sehr erleichtert, war sie doch so oft hilflos und verzweifelt, weil sie das nötige Wissen nicht abrufen konnte. Vielleicht hat die Erzieherin in mir einfach ein bisschen Urlaub genommen oder auf Teilzeit gewechselt und das ganze Wissen mitgenommen. Nun beginnen die beiden endlich, als Team zusammenzuarbeiten. Ich merke das daran, dass ich Fachwissen wieder abrufen kann. Ich kann schwierige Situationen und ihren Ursprung besser deuten und angemessen reagieren.

Zum Beispiel in der „Situation Selbstständigkeit“. Mir ist es sehr wichtig, dass meine Tochter sich auch mal selbst beschäftigen kann. Bisher spielte das jedoch keine große Rolle, denn ich habe es als Mutter sehr genossen, viel Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Ich wollte sehen, was sie spielt. Somit war ich oft dabei, wenn sie in ihrem Zimmer gespielt hat. Dies hat aber zur Folge, dass sie es nicht gewohnt ist, sich alleine zu beschäftigen. Also stand wieder ein internes Elterngespräch an, in dem sich Erzieherin und Mutter schnell einig wurden, dass dies geübt werden muss. Die Erzieherin zaubert einige gute Ideen aus ihrem kompetenten, pädagogischen Hut und das Problem wird nun einfach angegangen. Im konkreten Fall heißt das beispielsweise: Während ich sauge, gebe ich ihr eine Aufgabe, welche sie in der Zeit erledigt. Das kann ein Puzzle sein oder etwas zum Nachbauen. So hat sie konkret ein Bild davon, was sie tun soll. Und falls das Saugen länger dauert als die Aufgabe, findet sie eher in ein selbstständiges Spiel.

Ich hoffe sehr, dass sich die nun beginnende, gute Zusammenarbeit nicht mit der Geburt des zweiten Kindes wieder auflöst. Zum Wohle aller.

Anika Schunke lebt in der Nähe von Karlsruhe und ist Erzieherin. Aktuell ist sie in Mutterschutz, arbeitete davor jedoch in einer Kita. Außerdem ist sie Autorin des Buchs „Kleine Räume, großer Spaß“. 

Sie will sich nicht waschen lassen

„Meine Tochter (2) trägt keine Windel mehr und riecht oft aus der Scheide. Will ich sie waschen, macht sie aber total Theater und schreit. Ich will sie nicht zwingen, immerhin ist es ja ihr Intimbereich. Aber ich will ja auch nicht, dass es sich entzündet. Was kann ich tun?“

Für Ihr Kind ergibt sich ab dem Moment, in dem es keine Windel mehr benötigt, eine neue Lebenslage. Die Erfahrung, koordinierte Toilettengänge hinzubekommen, Bescheid zu sagen, in Toilettenroutinen hineinwachsen zu dürfen und sich zu vergleichen mit anderen Familienmitgliedern, ist zunächst recht anspruchsvoll. Selbstbestimmung und Wahrnehmung sind wichtige Aspekte in diesem Prozess. Umso schöner zu sehen, wie sehr sich Ihre Tochter selbst freut und wahrnimmt.

Seife weglassen

Geruchliche Veränderung im Alter von zwei Jahren in Verbindung mit Geschrei sollten sie vom Kinderarzt abklären lassen. Sowohl eine geruchliche Veränderung durch infektiös veränderten Urin als auch eine Scheideninfektion kann in Betracht kommen. Eine sichtbare Rötung würde diesen Verdacht bestärken können.

Die Scheide hat ph-Wert-bezogen ein saures Milieu. Dort physiologisch angesiedelte Bakterien tragen in der Regel dem Schutz vor Infektionen bei. Die Scheide schafft es normalerweise, sich selbst zu regulieren. Wichtig ist, dieses Milieu nicht durch übertriebene Reinigung zu stören. Lassen Sie Seifen weg und reinigen Sie den Intimbereich nur mit warmem Wasser.
Gut ist in jedem Fall, Ihr Kind großzügig trinken zu lassen, denn jedes Wasserlassen spült Bakterien aus den Harnwegen und dem Scheidenausgang.

Perspektive ändern

Dass Sie Ihr Kind nicht zwingen wollen, ist korrekt, denn Zwang ist eine Form von Gewalt. Nichtsdestotrotz sind Sie als Eltern für die Pflege des Kindes zuständig und verantwortlich. Welchen guten Weg also könnte es geben, einvernehmlich das Ziel zu erreichen?

Wenn Sie von „totalem Theater“ sprechen, bewerten Sie das Geschehen bereits als „unnötig“. Verändern Sie die Perspektive und die Haltung. Ihr Kind hat einen eigenen „guten Grund“ dafür. Möglicherweise benötigt es mehr Sicherheit durch Sie? Diese erlangen Sie durch den Abbau eigener Unsicherheit. Verstehen Sie zunächst: Was möchten Sie tun? Wann beginnt das Geschrei? Was kann direkt zu Beginn schon positiv verstärkt werden? Treten Sie mit Ihrem Kind in ritualisierte Interaktion, welche das Gefühl der Selbstbestimmung berücksichtigt, und verstärken Sie durch Lob jeden guten Ansatz.
Möglich wäre, in der schaumigen Badewanne beliebte Kindermusik zu hören. Beim Badewannen-Rap einen Waschlappen zu nutzen und unauffällig nebenher zu reinigen, was zu reinigen ist, wirkt auf Kinder ganz anders, als wenn der Fokus auf der Waschung des Intimbereichs liegt. Vielleicht möchten Sie mit in die Wanne? Im Zweifel hilft auch ein Personenwechsel, den Sie als Unterstützung schätzen dürfen. Selbstbestimmung und Wahrnehmung bleiben förderliche Aspekte.

Irina Kostic ist Kinderkrankenschwester, Autorin und Schulsozialarbeiterin. Sie lebt mit ihrem Ehemann und vier Kindern in Nordfriesland.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Pflegemutter Christine berichtet: So anstrengend und schön ist es, Eltern auf Zeit zu sein

Christine Gehrig und ihr Mann nehmen regelmäßig Kinder vom Jugendamt für kurze Zeit bei sich auf. Eine Herausforderung, die sich lohnt.

Wenn ich mich morgens an einen Traum erinnern kann, dann sind das in der Regel Bruchstücke eines abstrusen Gebräus. An einem Novembermorgen jedoch erwachte ich mit einem warmen inneren Gefühl, so als würde eine Herdplatte nachglühen. In meinem Traum hatte ich ein kleines, süßes Mädchen in Pflege, das meine vier großen Kinder fröhlich von Schoß zu Schoß wandern ließen. Begeistert sah ich zu.

„Warum träume ausgerechnet ich das? Während der Erziehungsjahre habe ich meine Belastungsgrenzen deutlich gespürt. Ich bin so froh, dass ich wieder Freiräume habe. Wäre ja ein Witz, wenn heute der Pflegekinderdienst anriefe“, ging es mir durch den Kopf, bevor ich zur Tagesordnung überging. Immerhin war die letzte Anfrage des Jugendamtes an uns Pflegeeltern wegen eines Kleinkindes neun Monate her.

Am Nachmittag rief tatsächlich die Frau vom Pflegekinderdienst an: „Ein Notfall. Noch heute müsste ein knapp Zweijähriger für einige Wochen in einer Pflegefamilie untergebracht werden.“ Während einer kurzen Bedenkzeit tigerte ich im Haus auf und ab. Im Traum war es ein Mädchen gewesen. Egal, Kleinkind ist Kleinkind. Beim Rückruf hörte ich mich sagen: „Ja, ich nehme ihn.“

„Ich muss vollkommen durchgeknallt sein“

Auf dem Dachboden wühlte ich das Kinderreisebett hervor und schlug dafür eine Schneise in mein kleines Zimmer. „Ich muss vollkommen durchgeknallt sein, aber wir bekommen nachher einen kleinen Jungen zur Pflege“, begrüßte ich meine jüngste Tochter, als sie aus der Schule kam. „Echt jetzt? Wie cool!“

„Wir bekommen Familienzuwachs“, begrüßte ich meinen Mann, als er hereinschneite. „Ich konnte dich telefonisch nicht erreichen.“ – „Doch nicht etwa noch eine Katze?“ Ich schilderte kurz den Tathergang und freute mich, dass Andreas die Entscheidung akzeptierte.

Schmal und blass kam Florian bei uns an. Ungeahnte Muttergene wallten in unseren beiden Töchtern auf. Die eine sauste zu einer befreundeten Mutter in der Nachbarschaft und borgte Kleidung. Die andere suchte ihre früheren Stofftiere heraus und wurde Florians größter Fan.

Florian bekommt rosige Pausbäckchen

Nachdem ich den Kleinen gebadet hatte, schlief er auf meinem Schoß rasch ein. Er rührte sich auch nicht, als ich ihn ins Bettchen legte. Um halb acht Uhr morgens erst erwachte er. Beim Frühstück griff er zunächst zögerlich zu, dann hörte er nicht mehr auf zu essen. Mein Mann und unsere Söhne trugen ihn immer wieder fürsorglich herum und machten Späßchen mit ihm. Unser Wohnzimmer wandelte sich rasch zur Spiel- und Wickelzone.

So sehr ich einerseits liebgewordene Tätigkeiten und Gewohnheiten einfrieren musste, so froh und stolz war ich andererseits über meine neue Aufgabe. Florian erwies sich nach anfänglichem Heimweh als ausgesprochen robust und lebenszugewandt. Den ganzen November über schien die Sonne, sodass er seinen Mittagschlaf stets im Kinderwagen an der frischen Luft hielt.

In den zehn Wochen seines Aufenthalts bei uns hat er sich sehr verändert, das fiel mir bei den Vorher-Nachher-Bildern auf. „Haben Sie ein neues Pflegekind oder ist es noch dasselbe wie neulich?“, fragte eine Bekannte, weil Florian rosige Pausbäckchen bekommen hatte. Ich bin dankbar, dass ich meine Kräfte für diese Zeit bündeln konnte, doch unmittelbar nach Florians Rückführung zu seiner Herkunftsfamilie erwischte mich die Grippe und wochenlanger Husten. Oft fragten wir uns, was Florian wohl jetzt macht und wie es ihm geht.

War das ein Fehler?

Anfang August wurden wir erneut angefragt, ob wir Florian vorübergehend aufnähmen. Diesmal würde eine Dauerpflegestelle für ihn gesucht. Mir war klar, dass dies unter Umständen viele Monate dauern konnte. Den langen Aufzucht-Atem hatte ich definitiv nicht mehr. Dennoch wollte ich Florian keinen neuen Bezugspersonenwechsel zumuten. So sagte ich Ja und schwankte zwischen Bangen und Zuversicht. Als ich mich in meiner Angst im Gebet bei Gott ausweinte, fragte ich: „War es ein Fehler, dass ich Ja gesagt habe?“ Mir schien, als legte Gott seinen Arm um mich und fragte: „Wie kann es ein Fehler sein, sich um eines meiner Kinder zu kümmern?“

Als Florian leer und erschöpft zu uns gebracht wurde, schlief er wieder ausgiebig. Danach lachte er und tauchte so vertraut ins Familienleben ein, als sei er kaum fortgewesen. Es war eine turbulente Full-House-Ferienzeit. Nach manchem Marathon-Tag meinte ich, abends jeden Knochen zu spüren.

Es heißt Abschied nehmen

16 Tage später: Uns rief eine alte Freundin an, die wir etwa zehn Jahre nicht mehr gesehen hatten. Sie habe an uns denken müssen und würde uns mit ihrem Mann gern besuchen kommen. Überrascht und erfreut sagten wir zu. Die Geschichte mit Florian bewegte die beiden sehr. Sie konnten sich gut vorstellen, seine Dauerpflegeeltern zu werden. Vier Tage später brachten sie ihren elfjährigen Sohn mit, der sehr aufgeschlossen für Florian war.

Das Jugendamt gab sofort grünes Licht. In den nächsten Wochen besuchten wir uns gegenseitig so oft wie möglich. Probehalber übernachtete Florian schon einmal in seiner neuen Umgebung, das meisterte er bewundernswert. Bewundernswert war es auch, wie unsere Freunde ihr Haus komplett umkrempelten, um ein großes freundliches Zimmer für Florian herauszuschlagen.

So schön wie das klingt, so wehmütig fühlte ich mich beim Abschied dann doch. Florian weinte. Aber nur kurz. Mit seiner Aufgeschlossenheit wendete er sich seiner neuen Umgebung rasch zu. Froh stellten wir bei späteren Besuchen fest, dass Florian sich freute, uns zu sehen, aber dass er uns auch leichten Herzens wieder ziehen ließ. Es macht uns ruhig zu wissen, dass es ihm richtig gut geht.

Mit einem Traum hatte das Ganze angefangen. Manchmal sind Träume nicht nur Schäume.

Christine Gehrig ist Familienfrau, Lebe-leichter-Coach und Nordic-Walking-Lehrerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Bamberg.

Kindern eine Sprache geben

Viele Eltern wünschten sich, ihr Baby oder Kleinkind besser verstehen zu können. Mit Zeichensprache kann das gelingen. Wie funktioniert es und warum ist es sinnvoll? Eunike Mass erzählt.

Du bist Mutter von drei Kindern und hast jedem von ihnen die Babyzeichensprache beigebracht. Wie kam es dazu?
Ich habe von einer Freundin, die es praktiziert hat, davon erfahren und fand es faszinierend. Sie hat mir daraufhin ein Buch ausgeliehen. Als ich darin blätterte und die Bilder sah, auf denen die Rückantworten der Kinder zu sehen waren, war ich schnell Feuer und Flamme dafür und wollte es unbedingt ausprobieren.

Wie hast du dir die Sprache angeeignet?
Die Zeichen sind sehr logisch, deshalb ist es sehr einfach zu lernen. Ich habe schon während der ersten Schwangerschaft geübt, aber man kann es sich auch aneignen, wenn das Kind schon da ist. Im Prinzip geht es darum, dass man in dem Moment, in dem man spricht, ein Zeichen macht. So lernt das Kind, Wörter mit Zeichen zu verbinden. Meine Kinder haben es sehr schnell gelernt.

Was waren die ersten Zeichen deiner Kinder?
Bei meinen Kindern waren am Anfang „Licht“ oder auch „Vogel“ ganz typische Zeichen. Im Alltag traten dann schnell die Zeichen für „mehr“ und „bitte“ auf, also zum Beispiel: „Kann ich bitte noch mehr haben?“ Und dann im Anschluss „satt“, was das gleiche Zeichen wie für „fertig“ ist. Man kann es generell benutzen, wenn man mit einer Sache fertig ist. „Weg“ kam auch bald – eine Sache ist verschwunden.

Konntet ihr durch die Zeichensprache auch schon Gespräche miteinander führen?
Natürlich konnten wir uns nicht fließend miteinander unterhalten, aber eben kindliche Konversation über alltägliche Dinge führen. Über die Vögel im Garten oder das Essen, über das, was die Kinder wahrgenommen haben. Wir als Eltern hatten so schon früh die Möglichkeit, darauf einzugehen und nachzuhaken. Es war einfach schön zu sehen, wie stolz und glücklich die Kinder darüber wirkten, dass sie von uns verstanden wurden.

Wo siehst du Schwachstellen dieses Konzeptes?
Es gibt Zeichen, die zwei Bedeutungen haben oder sehr ähnlich sind. Da Babys und Kleinkinder mit der Motorik noch nicht so weit sind, kann es zu Verwechslungen kommen oder man muss manchmal raten. Aber normalerweise geht die Bedeutung aus dem Kontext hervor.

Manche Eltern befürchten, dass ihr Kind durch das Erlernen der Zeichensprache später sprechen lernen könnte. Welche Erfahrungen hast du gemacht?
Unsere Kinder haben mit etwa zehn Monaten die ersten Zeichen gemacht, die dann bei jedem mit spätestens eineinhalb Jahren immer mehr durch Wörter verdrängt wurden. Sie werden zudem zweisprachig erzogen, weshalb wir eigentlich erwartet hätten, dass sie später sprechen lernen würden. Haben sie aber nicht. Ich kann diese Befürchtung also nicht bestätigen und kenne auch keine Familie, die Zeichensprache anwenden, auf die das zutrifft. Aus der Sprachentwicklung weiß man, dass man schon früh mit Kindern über Alltägliches sprechen soll. Genau das tun wir mit der Zeichensprache. Mit den Zeichen geben wir ihnen ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie viel von sich preisgeben können, noch bevor sie sprechen können. Es ist wie eine Brücke zur Sprache.

Interview: Ruth Korte

My boobs, my business: Wieso ich mein Kind mit zwei Jahren noch stille

Ruth Korte stillt ihre Tochter, obwohl diese längst älter ist als zwölf Monate. Dafür wird sie öfters schief angeschaut – und ärgert sich darüber.

Stillen ist eine tolle Sache. Darin sind sich Ärzte, Hebammen und Biologen einig. Muttermilch versorgt das Kind nicht nur mit allem, was es für sein Wachstum benötigt. Sie ist kostenlos, immer verfügbar, wohltemperiert und senkt das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Allergien. Auch die gesundheitlichen Vorteile für Mütter sind gut belegt: Wer stillt, erkrankt seltener an Herzkrankheiten und einer Reihe von Krebsarten wie etwa Brust- und Gebärmutterkrebs. Nicht zuletzt stärkt das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Heute anerkannt

Es gibt also gute Gründe zu stillen. Dies ist inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nachdem Stillen lange als verpönt und sogar gesundheitlich bedenklich galt, gibt es heute wieder mehr Still- als Flaschenkinder: Laut der Nationalen Stillkomission stillen hierzulande 90 Prozent aller Mütter nach der Geburt. Mit dem Alter des Kindes jedoch sinkt die Stillrate – genau wie die Toleranzrate in der Gesellschaft. Das zumindest ist mein Eindruck, wenn ich meine Tochter – bald zwei – stille. Ob sie denn nicht genug bekomme, ich sie noch stillen will, wenn sie in die Schule kommt und ob aus meinen Brüsten noch Milch heraus kommt, wurde ich schon häufig von etwas zu neugierigen Mitmenschen gefragt – stets rhetorisch natürlich.

Kritische Stimmen und Blicke

Mein Kind nimmt seit seinem zehnten Lebensmonat alle nötigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich. Trotzdem möchte sie manchmal noch gestillt werden, wenn sie müde ist zum Beispiel oder ängstlich. Ich genieße diese exklusive Zweisamkeit – wären da nicht die kritischen Stimmen und Blicke der anderen. Anders als in den ersten Lebensmonaten überlege ich inzwischen sehr genau, ob und wo ich meine Tochter anlege. Dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sogar das Stillen im zweiten Lebensjahr und darüber hinaus.
Wir sind auf einem guten Weg, was Stillen angeht. Nun wünsche ich mir eine Stilltoleranz die über die ersten zwölf Lebensmonate andauert. Und mehr Respekt vor Langzeitstillenden. My boobs, my business.

Ruth Korte ist freie Mitarbeiterin bei Family und lebt mit ihrer Familie in Gießen.

My boobs, my business

Ruth Korte ärgert sich über blöde Kommentare zum Stillen.

Stillen ist eine tolle Sache. Darin sind sich Ärzte, Hebammen und Biologen einig. Muttermilch versorgt das Kind nicht nur mit allem, was es für sein Wachstum benötigt. Sie ist kostenlos, immer verfügbar, wohltemperiert und senkt das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Allergien. Auch die gesundheitlichen Vorteile für Mütter sind gut belegt: Wer stillt, erkrankt seltener an Herzkrankheiten und einer Reihe von Krebsarten wie etwa Brust- und Gebärmutterkrebs. Nicht zuletzt stärkt das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Es gibt also gute Gründe zu stillen. Dies ist inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nachdem Stillen lange als verpönt und sogar gesundheitlich bedenklich galt, gibt es heute wieder mehr Still- als Flaschenkinder: Laut der Nationalen Stillkomission stillen hierzulande 90 Prozent aller Mütter nach der Geburt. Mit dem Alter des Kindes jedoch sinkt die Stillrate – genau wie die Toleranzrate in der Gesellschaft. Das zumindest ist mein Eindruck, wenn ich meine Tochter – bald zwei – stille. Ob sie denn nicht genug bekomme, ich sie noch stillen will, wenn sie in die Schule kommt und ob aus meinen Brüsten noch Milch heraus kommt, wurde ich schon häufig von etwas zu neugierigen Mitmenschen gefragt – stets rhetorisch natürlich.

Mein Kind nimmt seit seinem zehnten Lebensmonat alle nötigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich. Trotzdem möchte sie manchmal noch gestillt werden, wenn sie müde ist zum Beispiel oder ängstlich. Ich genieße diese exklusive Zweisamkeit – wären da nicht die kritischen Stimmen und Blicke der anderen. Anders als in den ersten Lebensmonaten überlege ich inzwischen sehr genau, ob und wo ich meine Tochter anlege. Dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sogar das Stillen im zweiten Lebensjahr und darüber hinaus.
Wir sind auf einem guten Weg, was Stillen angeht. Nun wünsche ich mir eine Stilltoleranz die über die ersten zwölf Lebensmonate andauert. Und mehr Respekt vor Langzeitstillenden. My boobs, my business.

Ruth Korte ist freie Mitarbeiterin bei Family und lebt mit ihrer Familie in Gießen.

Entspannt kleckern, statt gestresst essen

Mit Kleinkindern am Tisch

Zusammen mit der Familie zu essen, kann zwischen Beruf, Kita, Schule und Hobbys schnell zur Herausforderung werden. Trotzdem lohnt es sich, so oft wie möglich Zeit dafür zu schaffen. Denn bei gemeinsamen Mahlzeiten lernen Kleinkinder alles, was sie für ein gutes Essverhalten brauchen. Wie kann das Familienessen zu einem positiven Erlebnis für alle werden?

Papa tippt auf dem Handy, Mama liest Zeitung und die Kinder schauen auf den Fernseher im Hintergrund. Alle sitzen gemeinsam am Tisch, und doch schöpft dieses Szenario das Potenzial gemeinsamer Mahlzeiten nicht aus. „Gemeinsam essen ist nicht nur zum Sattwerden gut, sondern ein wichtiger Teil des Familienlebens. Am Tisch lernen Kinder zu kommunizieren und es werden Einstellungen zur Auswahl und Gestaltung des Essens vermittelt, die ein Kind fürs Leben prägen“, erklärt Prof. Claudia Hellmers, Hebammenwissenschaftlerin im Netzwerk Gesund ins Leben. Damit das klappt, braucht es genügend Zeit und Ruhe – und entspannte Eltern. Erzählen, lachen und Spaß machen schafft ein angenehmes Miteinander am Tisch, was die Ausbildung von Lebensmittelvorlieben und Essgewohnheiten fördert. Spielsachen, Fernseher und andere Ablenkungen stören dagegen und werden besser für die essensfreie Zeit aufgehoben. Idealerweise isst die ganze Familie mindestens einmal am Tag zusammen. Das kann morgens, mittags, abends oder zu mehreren Mahlzeiten sein, je nachdem, wie es am besten in den Alltag passt.

Ein regelmäßiger Mahlzeitenrhythmus, z. B. drei Hauptmahlzeiten und zwei kleinere Zwischenmahlzeiten, strukturiert den Alltag von Kindern und sie lernen, dass es Zeiten zum Essen und Zeiten für Spiel, Bewegung und andere Dinge gibt. Zwischen den Mahlzeiten brauchen sie kein Essen oder andere Getränke als Wasser. Wenn Kleinkinder erfahren, dass ein Essbedürfnis nicht sofort befriedigt und zugunsten der (gemeinsamen) Mahlzeiten aufgeschoben werden kann, fördert das ein gesundes Essverhalten. Außerdem schmeckt es mit Vorfreude auf die nächste Mahlzeit und Platz im Magen gleich noch besser.

Vorbild und klare Regeln

Eine Routine und klare Regeln für alle Familienmitglieder – ob zum gemeinsamen Beginn, dem Ablauf der Mahlzeit oder der Rolle aller beim Tischdecken und Abräumen – geben dem Kind Sicherheit und Orientierung und machen das Familienessen entspannter. Ein zusätzliches Plus ist, dass Kinder mit häufigen Familienmahlzeiten gesünder essen und eher ein Normalgewicht haben als jene, die nur selten in Gemeinschaft mit der Familie essen.

Kinder lernen durch Nachahmen, Selbermachen, Interaktion und Kommunikation. Das gilt für den Umgang mit Besteck über Tischmanieren bis zur Einstellung zu Lebensmitteln. Wenn Eltern als Vorbilder mit Genuss Gemüse essen oder Wasser zum Essen trinken, merken sich Kinder das gut. Deutlich schwieriger ist es dagegen, Kindern etwas zu vermitteln, das in der Gemeinschaft nicht gelebt wird.

Gelassen bleiben

Ohne Kleckern geht das Essenlernen nicht und mit etwas Übung wird das Kind bald „unfallfrei“ essen können.  Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wird auch ein umgefallenes Glas weniger Stress bereiten. Geduld und Toleranz helfen dabei, die Mahlzeit für alle so entspannt wie möglich zu gestalten. Auch Lob für Dinge, die das Kind schon kann, trägt zu einer schönen Atmosphäre bei und macht gleichzeitig stolz und selbstbewusst. Für das Kind ist es zudem ein wichtiger Lernprozess, bei Mahlzeiten sitzen zu bleiben und sich für das Essen, Schmecken und Sattwerden Zeit zu nehmen. Im Schnitt dauern Mittag- und Abendessen in Deutschland 20 min. Länger als 30 min sollte eine Hauptmahlzeit für Kleinkinder nicht dauern.

Wann Kinder die feinmotorischen Fähigkeiten für den Umgang mit Besteck, Geschirr und Trinkgefäßen entwickeln, ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Kleinkinder können schon mit elf Monaten Pudding mit dem Löffel nehmen und in den Mund führen, andere erst im Alter von zwei Jahren. Kleinere Gabeln und Löffel helfen, selbstständig zu essen. Spezielle Esslernbestecke (z.B. Schieber, spezielle Trinklernbecher) sind nicht notwendig. Wenn Eltern es ihrem Kind ermöglichen, selbstständig zu essen und aktiv an den Mahlzeiten teilzunehmen, wird das gemeinsame Essen zu einer runden Lernerfahrung.

 

EMPFEHLUNGEN DES NETZWERKS GESUND INS LEBEN: GEMEINSAME MAHLZEITEN

  • Kleinkinder sollten ihre Mahlzeiten in einem regelmäßigen Rhythmus bekommen (z.B. drei Hauptmahlzeiten und zwei kleinere Zwischenmahlzeiten). Mahlzeiten wechseln sich mit essensfreien Zeiten ab.
  • In den Essenspausen zwischen den Mahlzeiten sollten weder Snacks, zuckerhaltige Getränke noch Milch angeboten werden. Wasser kann und sollte das Kind zu jeder Zeit zu sich nehmen können.
  • Mahlzeiten in Gemeinschaft und mit genügend Zeit und Ruhe (ohne Ablenkung z.B. durch laufendes Fernsehgerät) sind wünschenswert. Es ist anzustreben, dass die Familie mindestens einmal am Tag gemeinsam isst.
  • Eine freundliche Atmosphäre bei den Mahlzeiten macht das Essen zu einem positiven Erlebnis.
  • Eltern sollten ihrem Kind ermöglichen, selbstständig zu essen sowie aktiv an den Mahlzeiten teilzunehmen, und es darin unterstützen.

Weitere Infos: www.gesund-ins-leben.de