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6 bis 10 – Mein Kind hat Legasthenie

Elternfrage: „Bei meinem Kind (8) wurde Legasthenie diagnostiziert. Wird es ihm trotz dieser Diagnose möglich sein, ein normales Leben zu führen und etwas zu erreichen? Wie kann ich es dabei unterstützen?“

Die Diagnose Legasthenie kann erst einmal beängstigend sein. Aber es ist wichtig zu bedenken, dass Legasthenie in erster Linie eine Lernstörung ist. Das bedeutet, dass das Lernen schwerer fällt, zum Beispiel dauert das Lesen deutlich länger, lautes Lesen ist stockender und es passieren deutlich mehr Fehler beim Schreiben. Das wirkt sich dann aber auch auf die Noten aus.

In Mathe ist es aufgefallen

Eine betroffene Mutter berichtet, dass ihre Tochter mit 12 Jahren durch einen Test die Diagnose erhielt. Ihr war es aufgefallen, weil sie in einer Klassenarbeit in Mathe, die nur aus Textaufgaben bestand, größere Probleme hatte, obwohl das Rechnen ihr nicht schwerfiel. In der Rechtschreibung hatte sie hauptsächlich Probleme mit kleinen Worten, wie „dann“, „wenn“ oder Bindeworten, während sie „Marathon“ richtig schrieb. „Das Hauptproblem war allerdings, dass Nicole (Name geändert) sich dumm fühlte und nicht mehr gern in die Schule ging“, sagt Nicoles Mutter. Wenn sich schon so früh ein solches Gefühl einstellt, ist das für den Rest der Schulzeit natürlich schlecht und kann psychische Probleme zur Folge haben. Daher ist es wichtig, die Situation anzugehen. Denn mit Intelligenz hat Legasthenie nichts zu tun; diese spezielle Störungist in der Regel angeboren.

Als Eltern fragt man sich, wie man sein Kind am besten unterstützen kann. „Üben, Wörter richtig zu schreiben, bringt überhaupt nichts“, berichtet Nicoles Mutter. „Sie hat am nächsten Tag wieder dieselben Fehler gemacht.“ Stattdessen gibt es verschiedene schulische und außerschulische Förderprogramme, die gezielt und professionell mit den Kindern arbeiten. „Das hat vor allem den Vorteil, dass Eltern sich ganz auf die persönliche Unterstützung konzentrieren können und zu Hause weniger Konflikte beim Üben entstehen“, berichtet Nicoles Mutter.

Förderprogramme von Schule und Jugendamt

Es gibt eine Reihe von schulischen und außerschulischen Fördermaßnahmen. Insbesondere Programme jenseits der Schule müssen zwar organisiert werden, aber es lohnt sich. Und sie werden, je nach Land, teilweise auch vom Jugendamt finanziert, sodass auf die Eltern zwar der organisatorische, aber nicht der finanzielle Aufwand zukommt. Zudem gibt es in der Schule, bei Vorlage entsprechender Tests, einen Nachteilsausgleich. Dadurch erhalten die Kinder bei Tests und Klassenarbeiten mehr Zeit und die Rechtschreibung wird weniger streng bewertet. „Auch da muss man als Eltern manchmal sehr hinterher sein, denn Lehrerinnen und Lehrer oder die Schulleitung haben das nicht immer auf dem Schirm“, sagt Nicoles Mutter. Aber letztlich gibt es die Möglichkeit bis zum Abitur und darüber hinaus. Viele Ausbildungen, Hochschulen und Universitäten gewähren mittlerweile ebenfalls einen Nachteilsausgleich.

Alle Wege stehen offen

„Nicole ist mittlerweile 19. Sie hat das Abitur geschafft und studiert an einer Fachhochschule. Ihren Alltag kann sie ohne Probleme bewältigen“, berichtet die glückliche Mutter. „Das Wichtigste war, ihr zu vermitteln, dass wir sie unterstützen und an sie glauben, und sie zu motivieren. Wir haben das Problem erkannt, es angenommen und das Beste daraus gemacht.“ Wegbegleiter haben Nicole und ihrer Mutter ebenfalls Mut gemacht, sich nicht unterkriegen zu lassen. Prinzipiell stehen einem Kind mit Legasthenie alle Wege offen. Sicher sind manche Wege etwas schwieriger, aber ein normales Leben ist ohne Einschränkungen möglich.

Marcus Beier ist Redakteur bei Family und Family NEXT.

Kann mein Kind trotz Legasthenie normal leben?

Wenn einem Kind das Schreiben  besonders schwerfällt, kann sich dahinter Legasthenie verbergen. Viele Eltern fragen sich bei dieser Diagnose: Kann mein Kind damit ein normales Leben führen? Wie können wir es unterstützen?

Die Diagnose Legasthenie kann erst einmal beängstigend sein. Aber es ist wichtig zu bedenken, dass Legasthenie in erster Linie eine Lernstörung ist. Das bedeutet, dass das Lernen schwerer fällt, zum Beispiel dauert das Lesen deutlich länger, lautes Lesen ist stockender und es passieren deutlich mehr Fehler beim Schreiben. Das wirkt sich dann aber auch auf die Noten aus.

In Mathe ist es aufgefallen

Eine betroffene Mutter berichtet, dass ihre Tochter mit 12 Jahren durch einen Test die Diagnose erhielt. Ihr war es aufgefallen, weil sie in einer Klassenarbeit in Mathe, die nur aus Textaufgaben bestand, größere Probleme hatte, obwohl das Rechnen ihr nicht schwerfiel. In der Rechtschreibung hatte sie hauptsächlich Probleme mit kleinen Worten, wie „dann“, „wenn“ oder Bindeworten, während sie „Marathon“ richtig schrieb. „Das Hauptproblem war allerdings, dass Nicole (Name geändert) sich dumm fühlte und nicht mehr gern in die Schule ging“, sagt Nicoles Mutter. Wenn sich schon so früh ein solches Gefühl einstellt, ist das für den Rest der Schulzeit natürlich schlecht und kann psychische Probleme zur Folge haben. Daher ist es wichtig, die Situation anzugehen. Denn mit Intelligenz hat Legasthenie nichts zu tun; diese spezielle Störungist in der Regel angeboren.

Als Eltern fragt man sich, wie man sein Kind am besten unterstützen kann. „Üben, Wörter richtig zu schreiben, bringt überhaupt nichts“, berichtet Nicoles Mutter. „Sie hat am nächsten Tag wieder dieselben Fehler gemacht.“ Stattdessen gibt es verschiedene schulische und außerschulische Förderprogramme, die gezielt und professionell mit den Kindern arbeiten. „Das hat vor allem den Vorteil, dass Eltern sich ganz auf die persönliche Unterstützung konzentrieren können und zu Hause weniger Konflikte beim Üben entstehen“, berichtet Nicoles Mutter.

Förderprogramme von Schule und Jugendamt

Es gibt eine Reihe von schulischen und außerschulischen Fördermaßnahmen. Insbesondere Programme jenseits der Schule müssen zwar organisiert werden, aber es lohnt sich. Und sie werden, je nach Land, teilweise auch vom Jugendamt finanziert, sodass auf die Eltern zwar der organisatorische, aber nicht der finanzielle Aufwand zukommt. Zudem gibt es in der Schule, bei Vorlage entsprechender Tests, einen Nachteilsausgleich. Dadurch erhalten die Kinder bei Tests und Klassenarbeiten mehr Zeit und die Rechtschreibung wird weniger streng bewertet. „Auch da muss man als Eltern manchmal sehr hinterher sein, denn Lehrerinnen und Lehrer oder die Schulleitung haben das nicht immer auf dem Schirm“, sagt Nicoles Mutter. Aber letztlich gibt es die Möglichkeit bis zum Abitur und darüber hinaus. Viele Ausbildungen, Hochschulen und Universitäten gewähren mittlerweile ebenfalls einen Nachteilsausgleich.

Alle Wege stehen offen

„Nicole ist mittlerweile 19. Sie hat das Abitur geschafft und studiert an einer Fachhochschule. Ihren Alltag kann sie ohne Probleme bewältigen“, berichtet die glückliche Mutter. „Das Wichtigste war, ihr zu vermitteln, dass wir sie unterstützen und an sie glauben, und sie zu motivieren. Wir haben das Problem erkannt, es angenommen und das Beste daraus gemacht.“ Wegbegleiter haben Nicole und ihrer Mutter ebenfalls Mut gemacht, sich nicht unterkriegen zu lassen. Prinzipiell stehen einem Kind mit Legasthenie alle Wege offen. Sicher sind manche Wege etwas schwieriger, aber ein normales Leben ist ohne Einschränkungen möglich.

Marcus Beier ist Redakteur bei Family und Family NEXT.

„Mein Kind schwänzt die Schule“ – Experte rät: Ruhe bewahren!

Wenn der Sohn nicht mehr zur Schule möchte, ist das oft nur ein Symptom, sagt Experte Michael Felten. Das Problem sollte man an der Wurzel packen.

„Vor kurzem habe ich erfahren, dass mein Sohn (15) regelmäßig die Schule geschwänzt hat. Ich habe Angst, dass er seinen Abschluss so nicht schafft. Gespräche über das Thema wehrt er immer ab. Was kann ich tun?“

„Mein Kind ist ein Schulschwänzer“ – das zu realisieren ist für Eltern meist ein Schock. Schließlich ist der Schulbesuch ja nicht nur Pflicht, sondern auch ein bedeutsamer Faktor im jugendlichen Reifungsprozess – und eine wichtige Vorbereitung aufs Berufsleben. Tröstlich mag sein: Sie sind nicht allein! Pubertät, Lernunlust, Schulverweigerung – das müssen Jahr für Jahr tausende Eltern durchstehen. Doch Jugendliche kann man kaum noch zwingen. Vielmehr muss man ihnen dabei helfen, selbst zu einer vernünftigen Entscheidung zu kommen.

Mobbing oder Hochbegabung?

Mögliche Gründe fürs Schule-Schwänzen gibt es viele: Mobbing oder Stress mit der Clique, eine familiäre Beziehungsstörung oder berufliche Aussichtslosigkeit – vielleicht auch „nur“ anhaltende Überforderung oder aber die Langeweile eines Hochbegabten. Man müsste also genauer wissen: Seit wann existiert das Problem, in welcher Form und in welchem Ausmaß? Was sagt Ihr Sohn selbst dazu? Wie waren seine bisherigen Schulerfahrungen? Was sind seine Pläne, was seine Wünsche für die Zukunft? Nicht zuletzt: Wie ist Ihre familiäre Situation, die Beziehung zwischen Sohn und Eltern?

Eltern sollten versuchen, nicht panisch zu reagieren, sondern die „Ordnungswidrigkeit“ als Symptom anzusehen. Als eine Art Notlösung, eine Revolte, einen Hilferuf aus vermeintlicher Sackgasse. Dann fällt es leichter, ungünstige Erstgefühle wie Ärger oder Hilflosigkeit hintanzustellen. Ganz wesentlich ist jetzt nämlich, dass Sie wieder miteinander ins Gespräch kommen. Versuchen Sie, mit Ihrem Sohn gemeinsam auszuloten, wie sich das Problem angehen lässt, wo Auswege liegen könnten. Gleichzeitig ist es günstig, das Blaumachen zu erschweren: ihn zur Schule bringen oder Abholdienste durch Mitschüler arrangieren, sich regelmäßig mit dem Klassenlehrer austauschen und bei Erkrankung Arbeitsaufträge organisieren. Das kann man auch schriftlich vereinbaren – mit Aussagen über Belohnungen oder Sanktionen.

Mentor kann helfen

Man hat übrigens gute Erfahrung damit gemacht, wenn bei problematischen Entwicklungen im Jugendalter ein nichtelterlicher Erwachsener mithilft. Er muss Sicherheit und Reife ausstrahlen und der strauchelnde Jugendliche müsste ihm ein persönliches Anliegen sein bzw. werden (der Familienpsychologe Steve Biddulph nennt das „Mentor“). Vielleicht haben Sie das Glück, dass ein Lehrer bereit und in der Lage ist, Ihren Sohn eine Zeit lang besonders unter seine Fittiche zu nehmen, etwa ein früherer Grundschullehrer, den er noch in unbelasteter Erinnerung hat.

Dieser Mentor könnte mit Ihrem Sohn seine Stärken sowie berufliche Perspektiven durchsprechen – und ihm anbieten, ihn im nächsten halben Jahr besonders zu unterstützen. Das kann durch regelmäßige Begleitung, Kontrolle seiner schulischen Arbeiten oder auch in kleinen Lerngesprächen geschehen. Oder gibt es einen Onkel oder Opa (oder sonstigen vertrauenswürdigen männlichen Freund der Familie), der diese Mentorenrolle übernehmen kann? Ein solcher Mentor dürfte sich natürlich von ersten Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern müsste eine Weile dicht am Ball bleiben. Ich kenne jedenfalls zahlreiche Jugendliche, die innerhalb kürzester Zeit wie umgedreht waren, wenn sie sich erst einmal von einem vernünftigen externen Älteren verstanden, in ihren Potentialen ermutigt und sinnvoll unterstützt fühlten.

Michael Felten hat 35 Jahre als Gymnasiallehrer gearbeitet, jetzt ist er in der Lehrerweiterbildung tätig. Neben Erziehungsratgebern veröffentlichte er zahlreiche Beiträge zu Bildungsfragen. eltern-lehrer-fragen.de

Sommerferien: Mit diesen 3 spaßigen Spielen können Sie jetzt Lernlücken schließen

Im Sommer wollen Kinder vor allem Spaß haben. Mit diesen Übungen bleibt der Schulstoff trotzdem spielend leicht im Kopf.

Jedes Kind freut sich auf die Sommerferien. Einfach nichts tun, sich mit Freundinnen und Freunden treffen, den Hobbys nachgehen – das ist ganz wichtig! Kinder brauchen eine Auszeit, um vom stressigen Schulalltag abzuschalten. Nur so tanken sie Kraft fürs neue Schuljahr. Dennoch kann es für manche hilfreich sein, Lernlücken aufzuarbeiten.

Gerade in der Grundschulzeit ist es wichtig, den Lernprozess bestmöglich zu unterstützen. Vor allem in den Ferien sind Kinder aber verständlicherweise nur schwer zu motivieren, wenn es um Schule geht. Jetzt ist spielerisches Lernen angesagt, das für Erfolgserlebnisse sorgt! Spaß beim Lernen ist das A und O für ein angenehmes Lernklima und einen geringen Stresspegel. In den Ferien stehen die Kinder nicht unter Leistungsdruck und können gute Lernerfolge erzielen. Denn gelernt wird in der schulfreien Zeit nur ungern, gespielt dafür umso mehr! Hier drei Lernspiel-Ideen an der frischen Luft:

Lernidee 1: Wasser Marsch

Material: Wasserpistole/Wasserbomben, Kreide
So geht’s:
 Malt mit Kreide Kreise auf den Boden. Sie sollten nicht zu weit voneinander entfernt sein, um sie mit der Wasserpistole/den Wasserbomben zu treffen. In jeden Kreis schreibt ihr je nach Fach zum Beispiel Ergebnisse von Rechenaufgaben, Wörter zum Vorlesen, Antworten zu Fragen etc. Wenn ihr Rechenaufgaben (1×1) üben wollt, kommt in jeden Kreis die Lösung einer Aufgabe. Dann stellt ihr dem Kind eine Aufgabe. Mit der Wasserpistole/ einer Wasserbombe muss jetzt der richtige Kreis getroffen werden.

Lernidee 2: Schatzsuche

Material: Papier, Stift, Schere & kleiner Schatz (z. B. ein Bonbon)
So geht’s:
 Schneidet ein Blatt in zehn Teile. Danach beschreibt ihr jeden Zettel je nach Fach mit Rechenaufgaben, Lese- oder Schreibübungen. Zudem notiert ihr auf jedem Zettel, wo das Kind den „nächsten Hinweis“ suchen muss, wie: „Jetzt beginnt die Schatzsuche. Den ersten Hinweis findest du bei der Schaukel!“ Auf dem letzten Zettel steht, wo das Kind den Schatz suchen muss. Vor der Schatzsuche versteckt ihr alle Hinweise – außer den Startzettel – an den jeweiligen Orten. Nach Erledigung der Aufgaben wird der nächste Zettel gesucht.

Lernidee 3: Bleib fit!

Material: Papier, Stift
So geht’s: Auf ein Blatt schreibt ihr die Zahlen 1 bis 10. Neben jede Zahl ergänzt ihr eine Bewegung (Hampelmann springen, auf einem Bein hüpfen, hinknien, klatschen etc.). Nun stellt ihr dem Kind eine Aufgabe, zum Beispiel 32:8. Das Kind sagt die Lösung (4) und führt die Bewegung neben der Zahl 4 aus. Das Lernspiel eignet sich auch für Vokabeln, Fragen, Begriffszuordnungen etc. Statt Zahlen schreibt ihr die jeweiligen Lösungen neben die Bewegungen.

Katharina Hilberg ist Diplompädagogin mit über 18 Jahren Erfahrung als Nachhilfelehrerin sowie in der Kinder- und Jugendarbeit und bloggt auf lernenmitspielundspass.de.

Tochter (8) ist von Zeugnis enttäuscht: So schlägt der Lernfrust nicht aufs Selbstbewusstsein

Schule ist nicht alles! Erziehungswissenschaftlerin Daniela Albert rät Eltern, den Fokus nicht auf Noten zu setzen.

„Meine Tochter (8) ist frustriert, weil ihr das Lernen schwerfällt. Wie kann ich ihr trotzdem vermitteln, dass sie wertvoll und wunderbar gemacht ist?“

Es ist wunderbar, dass Sie im Blick haben, dass Ihre Tochter aufgrund von Lernschwierigkeiten auch sich selbst als Person infrage stellen kann. Und dass die Gefahr besteht, dass die eigene Wertigkeit an Lernerfolge geknüpft wird. Denn leider geht das oft in unserem auf Leistung ausgelegten Schulsystem unter. Zu Hause einen Gegenpol zum Leistungsdruck zu bieten, ist eine gute und wichtige Sache. Ich behaupte einmal ganz vermessen: Allein Ihr Gespür dafür wird dafür sorgen, dass in Ihrer Familie eine Atmosphäre der Wertschätzung über Leistungen hinaus herrscht.

Dennoch möchte ich infrage stellen, ob Ihrer Tochter wirklich „das Lernen“ schwerfällt. Tatsächlich ist es ja so, dass Ihr Kind in den ersten Jahren seines Lebens mit Sicherheit schon sehr viel gelernt hat und auch jetzt täglich Neues dazulernt, neue Fähigkeiten entwickelt und Vorhandenes ausbaut. Vieles geht unbemerkt vonstatten oder wird nicht gesehen, weil es sich dabei vielleicht nicht um die Fähigkeiten und Fertigkeiten handelt, die gerade gesellschaftlich als wichtig erachtet werden.

Nicht über Schulnoten sprechen, sondern über Themen

Ich gehe aber davon aus, dass es sich bei Ihrer Frage um das schulische Lernen und den damit verbundenen Schulerfolg – also um Noten – handelt. Tatsächlich ist es so, dass nicht jedes Kind für dieses System, so wie es in den deutschsprachigen Ländern meistens umgesetzt wird, gemacht ist. Das schulische Lernen fällt manchen Kindern besonders schwer, und sichtbare Erfolge wollen sich nicht einstellen. Da finde ich es wichtig, dass Sie als Eltern das stark machen, was sonst schnell unsichtbar bleibt.

Wenn am Ende eines Schulhalbjahres ein Zeugnis kommt, würde ich weniger über die Noten sprechen als über die Themen, die bearbeitet wurden. Denn bestimmt hat Ihre Tochter in den vorangegangenen Monaten etwas gelernt. Vielleicht die ersten Worte in einer neuen Sprache? Vielleicht eine neue Rechenart? Oder sie weiß nun mehr über Geografie oder Religion? Selbst wenn sich der Lernerfolg nicht in Ziffern auf einem Blatt Papier bemessen lässt, heißt das nicht, dass Ihr Kind nicht dazugelernt hat. Machen Sie dieses Dazulernen sichtbar für Ihr Kind und feiern Sie es immer dann, wenn ein Schulhalbjahr endet.

Hobbys im Blick behalten

Darüber hinaus ist es wichtig, auf die Dinge zu schauen, die Ihre Tochter besonders gut kann. Vielleicht zählen dazu nicht die in der Schule gefragten Fähigkeiten, aber andere. Malen? Basteln? Geschichten erzählen? Musik oder Sport? Gerade an Tagen, an denen in der Schule etwas nicht gut gelaufen ist, ist es wichtig, das stark zu machen, was Ihr Kind kann. Sorgen Sie an solchen Tagen dafür, dass Ihr Kind seine Stärken ausleben darf: Nehmen Sie sich gemeinsam Zeit für sein liebstes Hobby oder eine andere Aktivität, in der es gut sein darf. So lernen Kinder früh, dass die Schulnoten nicht das sind, was sie als Menschen ausmacht.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern– und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de. 

Erziehungswissenschaftlerin rät Eltern: Finger weg von den Hausaufgaben Ihres Kindes!

Streit bei den Hausaufgaben muss nicht sein, meint Daniela Albert. Denn die sind gar nicht Aufgabe der Eltern.

„Mein Sohn (9) und ich rasseln beim Hausaufgabenmachen häufig aneinander. Besonders schlimm war es beim Homeschooling. Immer, wenn ich ihm helfen wollte, stellte er auf stur, woraufhin ich immer ungeduldiger wurde. Es ist wie ein Teufelskreis. Wie kommen wir da raus?“

Zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass Sie nicht allein sind. Besonders das, was Sie vom Homeschooling beschreiben, haben im letzten Jahr viele Eltern erlebt. Wir sind durch die Schulschließungen in einer Doppelrolle gelandet, die eigentlich nicht unsere ist.

Eltern lebten eine Doppelrolle

Bildung ist ein Monopol des Staates und zumindest die formale Schulbildung ist in einen anderen Rahmen ausgelagert – aus gutem Grund! Denn dort wird diese Aufgabe von Menschen übernommen, die sich durch Studium und Ausbildung dafür qualifiziert haben. Sie sind mit unseren Kindern in professionellen Settings zusammen, bei denen eben diese Schulbildung im Mittelpunkt steht. Wir werden von unseren Kindern anders wahrgenommen und haben eine andere Rolle in ihrem Leben. Deshalb fällt es vielen Kindern auch schwer, Hilfe von ihren Eltern anzunehmen und sich auf deren Art von Wissensvermittlung und Umgang mit Schulstoff einzulassen. Konflikte sind hier vorprogrammiert.

Unsere Rolle im Leben und auch in der Bildungsbiografie unserer Kinder ist es, der Ort zum Regenerieren und zum Auftanken zu sein, vielleicht auch Gesprächspartner, mit denen Gelerntes alltagstauglich verfestigt werden kann oder mit denen kritische Fragen diskutiert werden. Natürlich können wir ihnen auch mal zum Abfragen, Wiederholen oder Erklären zur Verfügung stehen, wenn sie dies wünschen. Zu unserer Kernaufgabe gehört das aber nicht.

Es ist nicht Ihre Aufgabe!

Vielleicht hilft es Ihnen, sich einmal vor Augen zu führen, dass es eigentlich gar nicht Ihre Aufgabe ist, Ihrem Sohn bei den Hausaufgaben zu helfen. Natürlich können Sie ihn, wenn er Sie darum bittet, unterstützen. Wenn er diese Unterstützung aber nicht möchte, kann er auch allein arbeiten. Das, was zu Hause erledigt wurde (oder eben nicht), ist nämlich eigentlich eine Sache zwischen ihm und seinen Lehrkräften. Wir Eltern haben nur oft das Gefühl, wir müssten das begleiten und es sei unser Job, dass die Kinder ihre Aufgaben möglichst gut erledigen. Ist es aber gar nicht.

Ich würde Ihnen daher empfehlen, Ihren Sohn nur so viel bei den Hausaufgaben zu begleiten, wie er es sich wünscht, und ihm darüber hinaus die Verantwortung für das, was er tut, zu übertragen. Seien Sie lieber seine Powerbank zum Aufladen und sein geborgener Ort, wenn der Schulstoff ihn angestrengt oder geärgert hat. Den Rest überlassen Sie den Lehrerinnen und Lehrern in der Schule. Ihr Fokus sollte nicht so sehr auf der anstrengenden Hausaufgabenzeit liegen, sondern auf dem, was danach kommt. Wie wäre es, wenn Sie, während er Hausaufgaben macht, schon einmal Kakao kochen und Obst schneiden, um sich danach gemütlich mit ihm zusammenzusetzen?

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin sowie Eltern– und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen und bloggt unter eltern-familie.de. 

Lerntrott adé

Lernen ist nicht auf den Schreibtisch beschränkt – davon ist Nachhilfelehrerin Katharina Hilberg überzeugt. Sie gibt Eltern Tipps, wie sie Hausaufgabensituationen entfrusten und mit Spaß und Spiel kombinieren können.

In vielen Familien ist Hausaufgabenmachen und Lernen purer Stress. Woran liegt das?

Zum einen sitzen die Kinder bis in den Nachmittag hinein in der Schule und müssen sich dort lange konzentrieren. Freunde treffen und im Garten oder auf dem Spielplatz herumzutoben, ist danach wesentlich attraktiver, als am Schreibtisch zu sitzen und Hausaufgaben zu machen oder zu pauken. Wenn wir von der Arbeit kommen, brauchen wir doch auch Freizeit. Das ist bei Kindern nicht anders. Zum anderen herrscht in der Schule ein gewisser Leistungsdruck, den die Kinder mit nach Hause bringen. Vielen vergeht dabei die Lust am Lernen. Zusätzlich stehen Familien wegen Corona vor extremen Herausforderungen: Immer wieder neue Regeln stellen den Schul-, aber auch den Familienalltag auf den Kopf. Das stresst nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern, die neben der Arbeit und dem Haushalt auch noch Lernbegleiter sein sollen. Da liegen schnell die Nerven blank.

Sie haben ein Buch mit Spiel- und Lerntipps für Hausaufgabensituationen herausgebracht. Warum ist das spielerische Lernen Ihrer Meinung nach so wichtig?

Kinder wollen spielen und in Bewegung sein, sind aber auch unheimlich wissbegierig. Das kann man nutzen! Wenn mein Kind beispielsweise Vokabeln lernen muss, muss es dies nicht zwangsläufig auf dem Sofa oder am Schreibtisch tun. Verlegt das Lernen nach draußen und verbindet es zum Beispiel mit dem Activity-Kreis (siehe unten). Lernspiele bringen Spaß und Schwung in die Lern- und Hausaufgabenzeit und vertreiben die Langeweile! Wenn Kinder erleben, dass Lernen Spaß macht, kommt die Freude am Fach wieder, und so werden sie auch wieder selbstständiger lernen.

Was ist sonst noch hilfreich für eine gute Lernatmosphäre?

Es geht nicht darum, dass der Schreibtisch aufgeräumt oder das Licht gut ist, sondern vor allem darum, dass das Kind sich wohl fühlt. Die Lernsituation muss sich an das Kind anpassen – nicht umgekehrt. Jedes Kind lernt anders. Schauen Sie, wo sich Ihr Kind wohl fühlt, und wechseln Sie den Lernort immer mal wieder. Wichtig ist auch, dass Eltern Vorbilder sind. Wenn sie den Kindern einen genervten Eindruck bei den Hausaufgaben oder dem Lernen vermitteln, überträgt sich das. Bemühen Sie sich, Freude am Lernen zu zeigen. Dafür sind Lernspiele in meinem Buch für drinnen und draußen ein Anreiz. Und: Vergleichen Sie nicht! Jedes Kind hat sein eigenes Tempo.

Activity-Kreis

1. Malt mit Kreide einen Kreis auf die Straße und teilt ihn in acht Felder, in die Aufgaben, Vokabeln oder Fragen hineinpassen. Alternativ könnt ihr rechteckige Felder wie bei einem langen Activity-Pfad aufeinander malen.

2. Es gibt vier Lern- und Aktivitätsfelder, die sich im Kreis abwechseln. In jedes zweite Feld schreibt ihr Aktivitäten/Bewegungen, die das Kind ausführen muss, wie z. B. zehnmal hüpfen, Seilspringen, Slalom laufen oder Bälle in einen Eimer werfen.
3. In die übrigen vier Felder schreibt ihr – je nach Fach – Vokabeln, Fragen oder Aufgaben.

Activity-Kreis

 

Interview: Ruth Korte.

Von Katharina Hilberg ist das Buch erschienen: Hausaufgabenfrust adé! Lernen mit Spiel und Spaß (www.lernenmitspielundspass.de).

11 Tipps für entspanntes Home-Schooling

Diese Tipps unterstützen Eltern bei der Herausforderung Distanz-Unterricht. Ein Gastbeitrag der Pädagogin und Autorin Dr. Birgit Ebbert.

1. Suchen Sie Ihren eigenen Weg!

Jede Familie ist anders, deshalb kann es kein Rezept für alle geben. Erfinden Sie Ihre Zuhause-Schule mit Ihrer Familien-Klasse, in Ihrem Wohnzimmer-Klassenraum und dem Knowhow in Sachen Lernstoff und Lernen, das Sie mitbringen. Lassen Sie sich nicht von anderen Familien beeindrucken, sondern vertrauen Sie darauf, dass Ihr Weg für Sie und Ihr Kind bzw. Ihre Kinder richtig ist.

2. Legen Sie für jedes Kind einen Lernplatz fest!

Das A und O für das Home-Schooling ist ein Lernplatz, der „Lernen“ ruft! Suchen Sie für Ihre Familie die richtige Lösung – jeder in seinem Zimmer, alle an einem Tisch, richtig oder falsch gibt es da nicht. Wichtig ist, dass der Platz immer derselbe ist, sodass klar ist: An diesem Platz wird gelernt! Das hilft, sich aufs Lernen zu konzentrieren.

3. Erstellen Sie einen Lernstundenplan für die ganze Familie!

Auch im normalen Alltag passiert in einer Wohnung im Laufe des Tages einiges. Der eine kommt, der andere geht, arbeitet, kocht, putzt, räumt auf – eben was gerade anfällt. In diesen bewährten Plan muss nun das Home-Schooling von einem oder mehreren Kindern und vielleicht sogar noch das Home-Office der Eltern eingefügt werden. Das ruft nach einem Lernstundenplan für die Familie, in dem die lauten und leisen Zeiten aller Mitglieder aufeinander abgestimmt werden. Dadurch werden Konflikte reduziert und alle wissen, woran sie sich orientieren können.

4. Vereinbaren Sie erreichbare Ziele!

Sie können es sich nicht oft genug klar machen: Sie und Ihr Kind können nicht dasselbe leisten wie die Schule. Die Lehrerinnen und Lehrer ziehen auch nicht immer das Programm durch, das sie sich für eine Stunde, Woche oder ein Halbjahr vorgenommen haben. Setzen Sie sich realistische Ziele. Im besten Fall hat die Lehrkraft bereits die Arbeitsblätter oder den Wochenplan mit Sternchen versehen, die zeigen, was mindestens erledigt werden sollte. Klären Sie mit Ihrem Kind, was es sich zutraut und arbeiten Sie auf dieses Ziel hin. Erreichte Ziele machen glücklich und motivieren, nicht erreichte Ziele frustrieren und blockieren die Lernmotivation.

5. Helfen Sie die Aufgaben sinnvoll zu sortieren!

Lernzeit ist eine wichtige und oft auch schöne Zeit, aber draußen spielen, mit dem Hund spazieren gehen und mit Freunden skaten – all das macht auch Spaß. Je besser die Lernzeit geplant wird, umso mehr Zeit bleibt für Hobbys und gemeinsame Aktivitäten übrig. Deshalb lohnt es sich, die Lernaufträge clever zu sortieren und am besten die Materialien passend zurechtzulegen. Dann können die Aufgaben hintereinander abgearbeitet werden und am Ende bleibt mehr Zeit für Herzensdinge.

6. Fragen Sie bei Unklarheiten in der Schule nach!

Auch wenn das Wort „Home“ in Home-Schooling sehr dominant ist, bedeutet das nicht, dass Sie alleine vor der Aufgabe stehen. Nutzen Sie die Angebote der Schule, Sie und Ihr Kind zu unterstützen, und fordern Sie ggf. Hilfe ein, höflich, freundlich, aber souverän, denn Sie und die Schule sind Partner in diesem außergewöhnlichen Projekt.

7. Geben Sie Tipps statt Lösungen!

Ja, es ist oft verlockend, hinter eine Rechenaufgabe die richtige Lösung zu schreiben. Aber damit helfen Sie Ihrem Kind nicht, Sie verschieben das Problem nur, dass Ihr Kind das Thema nicht verstanden hat. Fragen Sie Ihr Kind nach Ideen, wie es die Aufgabe lösen könnte, geben Sie Tipps oder erzählen Sie, wie Sie die Lösung angehen würden. Entwickeln Sie mit Ihrem Kind das Grundprinzip einer Aufgabe und wenn es gar nicht geht, notieren Sie, dass Ihr Kind dieses Thema nicht verstanden hat und geben Sie das an die Schule weiter. Nur so können die Lehrerinnen und Lehrer Ihrem Kind helfen.

8. Sehen Sie Fehler als Chance für alle Seiten!

Leider leben wir in einer Gesellschaft, in der Fehler negativ beurteilt werden. Dabei sind Fehler eine Chance. Beim Lernen helfen sie zu erkennen, wo Unterrichtsstoff nicht oder falsch verstanden wurde. Als Lerncoach lernen auch Sie noch und Sie machen Fehler, aber daraus können Sie lernen und wissen beim nächsten Mal, was gut funktioniert und was nicht. Sehen Sie Ihre Fehler, die Ihres Kindes und auch die der Lehrkräfte als Hinweis darauf, wo etwas zu verändern ist.

9. Gönnen Sie sich den Mut zur Lücke!

Ein Lerncoach ist ein Begleiter, kein Zauberer! Sie können Ihr Leben nicht mit einem Fingerschnips umkrempeln, damit Ihr Kind optimale Home-Schooling-Bedingungen hat. Schauen Sie, was Sie leisten können – und wenn das weniger ist, als die Schule erwartet, teilen Sie der Schule dies mit. Lassen Sie auch mal Fünfe gerade sein und eine Aufgabe liegen – wegen eines nicht geschriebenen Aufsatzes ist bisher die Welt noch nicht untergegangen!

10. Feiern Sie Erfolge!

Zeigen Sie Wertschätzung für die Leistung Ihres Kindes und für Ihre eigene. Eine Woche Home-Schooling, das allein ist schon ein Fest wert, zumindest eine Portion Eis oder eine Pizza vom Italiener nebenan. Feiern Sie die Erfolge, wie Sie fallen, nicht nur die Lernerfolge Ihres Kindes –  die sowieso. Feiern Sie auch Ihre eigenen Erfolge, wenn zum Beispiel Ihr Lernstundenplan perfekt aufgegangen ist, Ihr Kind selbstständig am Videomeeting der Klasse teilgenommen hat und vorher der Technik-Check auf Anhieb geklappt hat. Home-Schooling besteht aus so vielen Puzzleteilen, die zusammengefügt werden müssen, da ist jedes fertige Motiv eine Anerkennung wert.

11. Bleiben Sie gelassen!

Vor allem aber: Setzen Sie sich nicht selbst unter Druck. Home-Schooling ist keine Meisterschaft und es winkt auch kein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für die perfekten Lerncoach-Eltern. Home-Schooling ist ein Weg, damit die Schülerinnen und Schüler den Anschluss behalten und nicht zu viel Lernstoff verpassen. Und wenn Ihr Kind dennoch etwas verpasst, dann holt es das später nach. Die wesentlichen Informationen werden im Wissensspeicher auf jeden Fall ankommen. Vor allem ist wichtig, dass Ihr Kind sich gedanklich mit dem Schulstoff beschäftigt und nicht beim In-die-Luft-gucken das bisher Gelernte vergisst. Lernen braucht Wiederholung. Home-Schooling hilft hier auf jeden Fall, Lesen, Schreiben und Medienkompetenz im Falle eines digital gestützten Unterrichts zu trainieren. Das ist mehr, als Ihr Kind ohne die Schule zu Hause mitnehmen würde. Bleiben Sie also gelassen. Schule ist wichtig, aber nicht überlebenswichtig.

Diese Tipps entstammen dem „Ratgeber Homeschooling & Co.“, herausgegeben von Birgit Ebbert und Stephan Schampaul, als eBook und Hörbuch erschienen im Schulwerkstatt-Verlag.

Rezeptbuch gegen Langeweile

Die Lehrerin Katharina Lang hat für ihre Schülerinnen und Schüler eine Sammlung von Ideen zusammengestellt, damit zu Hause keine Langeweile aufkommt. Sie hat uns erlaubt, das auch hier zu veröffentlichen. Also, schaut mal rein, da gibt es viele tolle Anregungen:

Rezeptbuch gegen Langeweile (1)

Darum geben wir bis Klasse 9 keine Noten – So arbeitet Deutschlands Vorzeigeschule

Die Evangelische Schule Berlin Zentrum gehört zu Deutschlands erfolgreichsten Reformschulen. Uli Marienfeld, der stellvertretende Schulleiter, erklärt im Interview mit Family, wie Kinder besser lernen können und wie wichtig dafür gute Schulen sind.

 

Herr Marienfeld, Sie haben jetzt 35 Jahre Berufserfahrung als Lehrer und Schulleiter an fünf Schulen. Was haben Sie in dieser Zeit über das Lernen gelernt?

Dass Lernen möglich ist. Dass Lernen Spaß macht und eigentlich alle Menschen lernen wollen. Die Neugier, mit der Kinder auf die Welt kommen, geht – nicht nur entwicklungsbedingt, sondern auch durch ungeschickte Arrangements und Strukturen – leider oft an der Schule verloren. Doch sie kann wiederentdeckt werden.

Ich liebe es, diese Neugier zu wecken und glaube, dass man als Lehrer ganz viel bewegen kann. So wie Eltern zu Hause dafür sorgen, dass Kinder vertrauensvoll in die Welt blicken, können auch Schulen Wege bereiten, die Kinder befähigen, Gestalter des Lebens zu werden. Mir ist wichtig, ihnen zu vermitteln: Du bist gewollt. Du kannst diese Welt entdecken. Du hast Begabungen. Und wenn du hinfällst, dann helfen wir dir, wieder aufzustehen. Es geht im Leben nicht um Perfektion. Es geht um Neugier und darum, unsere Welt in Gemeinschaft zu gestalten.

 

Was sind Grundvoraussetzungen für gelingendes Lernen in der Schule?

Ich glaube, dass allen Menschen Beziehungen guttun. Und Kindern hilft es, wenn Schulen beziehungsorientiert arbeiten – im Gegensatz zu mechanischer Wissensvermittlung. Das bedingungslose Ja zu jedem Kind ist fundamental. Ich möchte vermitteln: Es ist gut, dass du da bist. Ich sehe dich. Ich nehme dich wahr, spreche dich beim Namen an. Im Gegensatz dazu ist es Gift, wenn Kinder hören: Aus dir wird nichts. Du hast hier nichts zu suchen. Lass mich in Ruhe. Oder was auch immer einem rausrutschen mag. Solche Urteile wirken viel tiefer als jede noch so gute methodische Unterrichtsreihe. Das sind die Botschaften, die bis ins Unterbewusstsein eindringen. Und besonders Kinder, die von Hause aus wenig Vertrauen haben, zutiefst verunsichern. Von daher ist Schule für mich in erster Linie ein Ort von gelebten Werten. Es ist wichtig, eine angstfreie Atmosphäre zu schaffen.

Auch Heterogenität bezüglich Begabungen, Interessen, sozialen und ethnischen Hintergründen, ist für mich eine Grundvoraussetzung für gelingendes Lernen. In Schulen wird oft versucht, eine vermeintliche Homogenität herzustellen. Dies führt dazu, dass 25 Schüler und Schülerinnen über einen Kamm geschoren werden. Es wird nicht wahrgenommen, dass sie alle Individuen sind, die auf unterschiedliche Weise aufblühen können und wollen. Schule ist gefordert, unterschiedliche Lernformen anzubieten, Mut zu machen und Neugier zu fördern. Das Grundverständnis, dass Schule Potenziale entfaltet und nicht dafür da ist zu selektieren, ist mir wichtig. Ich mag auch den Begriff der Resonanz. Es geht nicht um die Weitergabe von möglichst viel (totem) Wissen, sondern darum, dass etwas in Schwingung gebracht wird, dass sich Staunen, Begeisterung und Leidenschaft entwickeln können.

 

Welche Kompetenzen werden Schüler und Schülerinnen in Zukunft brauchen?

Vor allem geht es um Teamfähigkeit, Resilienz, Durchhaltevermögen, Kreativität und Eigenverantwortung. Dann sicher auch um ein gesundes Basiswissen in Mathe, Deutsch, Fremdsprachen, Verständnis für historische Zusammenhänge und kulturelle Unterschiede und vieles andere mehr. Doch vor allem ist Neugier wichtig – und die Bereitschaft sich in neue Situationen hineindenken zu wollen. Keiner hat eine Ahnung, wie die Lebens- und Arbeitswelt in zehn, geschweige denn in dreißig Jahren aussehen wird. Das Smartphone ist gerade mal zwölf Jahre alt. Es gab eine Welt davor, und es wird eine Welt danach geben. Wie diese aussieht, können wir nicht wissen. Doch wir können gemeinsam lernen zu unterscheiden: Wo brauche ich persönliche Begegnung? Was kann ich auf digitalem Weg machen lassen? Im Mittelalter wusste jeder, was er einmal machen würde, weil es dasselbe war, das der Großvater auch schon gemacht hatte. Das geht definitiv nicht mehr. Wir sollten junge Menschen dazu befähigen, mutig in neue, unsichere Situationen hineinzugehen.

 

Und wie kann Schule das am besten fördern?

Indem sowohl Schüler und Schülerinnen als auch Lehrer und Lehrerinnen ganzheitlich betrachtet werden und etwas von der Vielfalt reflektieren, die in dieser Welt sowieso vorhanden ist. Anstatt in isolierten Räumen auf isolierte Weise isolierte Fächer zu lehren, sollte man rausgehen, sich die Natur anschauen, im Regen nass werden und ganzheitliche – also auch körperliche und emotionale – Erfahrungen machen. Ich halte eine Kombination aus einer geschulten, fachlichen Perspektive, verbunden mit ganzheitlichen Begegnungen miteinander und der Welt für notwendig. Es ist gut, zentrale Abschlussprüfungen zu haben, doch der Weg dahin sollte sich, je nach Lebensraum und Bedürfnissen, stark unterscheiden dürfen. Bei aller Normierung von Prüfungen sollte Schulen auch Freiheit zugestanden werden, selbst zu gestalten. Da arbeiten in der Regel 20 bis 100 Akademikerinnen, die eine Menge studiert haben. Man sollte ihnen durchaus zutrauen, gemeinsam vernünftige Lehrpläne und -methoden für ihre Schule zu entwickeln.

 

Seit eineinhalb Jahren arbeiten Sie als stellvertretender Schulleiter der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. Was überzeugt Sie am Konzept dieser Schule?

Dass wir mutig sind! Wir träumen und überlegen, was möglich ist. Und dann machen wir es einfach. Unsere Schüler und Schülerinnen schicken wir am Anfang der 8. bis 10. Klasse drei Wochen lang auf „Herausforderung“. Sie überlegen sich vor dem Sommer, woran sie Freude haben, formulieren es schriftlich und werden gecoacht. Dann gehen sie zu Beginn des Schuljahres in Kleingruppen – begleitet von Studierenden – in Brandenburg Kanu fahren, in Süddeutschland eine Radtour machen oder auf einen Bio-Bauernhof, um dort mitzuarbeiten. Sie lernen, in dieser Zeit mit 150 Euro auszukommen. Sie erfahren auch, dass es untereinander nicht immer so harmonisch ist, wenn man drei Wochen zusammen ist. Dadurch lernen sie das echte Leben kennen. Von den etwa 300 Jugendlichen, die wir jedes Jahr losschicken, brechen manche früher ab. Das kann passieren. Der Umgang mit dem Scheitern ist Teil des Lernprozesses.

Vieles in unserer Arbeit zielt darauf, individuelle Lernwege zu ermöglichen. Darum geben wir bis Klasse 9 keine Noten, sondern erstellen Zertifikate, die ganz bewusst reflektieren: Was hast du gut gemacht? Was kannst du? Was können deine nächsten Schritte sein? Wir haben viele fächerübergreifende Formate. Wir arbeiten häufig im Team, durchmischen uns immer wieder neu. Das hat den Vorteil, dass sich immer mehrere Kolleginnen und Kollegen um ein Projekt kümmern. Und wir evaluieren, feiern dankbar, was gelungen ist und notieren, was wir beim nächsten Durchgang verändern wollen. Wir investieren als Pädagoginnen und Pädagogen – mit Einverständnis der Eltern – drei bis fünf bezahlte Studientage pro Jahr in die Entwicklung des Unterrichts und der Schule insgesamt. Wenn man möchte, dass sich Dinge verändern, braucht man auch Zeit dafür. Dadurch machen wir kein Schuljahr genauso wie das letzte. Das ist anstrengend. Aber es ist deutlich gesünder als die Haltung: Es war vor 20 Jahren schon nicht gut, aber uns sind ja die Hände gebunden.

 

Das heißt, Sie haben den Mut, Zeiten anders zu füllen, als es im Lehrplan vorgegeben ist? Und gleichzeitig das Vertrauen, dass am Ende die Prüfungen geschafft werden?

Genau! Die Präambeln der Bildungspläne sind oft mit weitem Horizont formuliert, und die Ziele des Zentralabiturs durchaus sinnvoll. Wir waren einfach mutig, uns modernen Ansätzen zu stellen und Wege neu zu gehen. Am Anfang war es eine reine Überzeugungssache. Doch unsere Erfahrung lehrt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Abitur 2018 hatte einen Schnitt von 1,89 und in diesem Jahr war es 2,07. Das ist weit über dem Berliner Landesschnitt (2,4, Anm. d. Red.). Und wir sind davon überzeugt, dass das, was unsere Schülerinnen und Schüler mitnehmen, weit über diese Dezimalzahl hinausgeht.

 

Was könnte man, auch mithilfe der Anregung von Eltern, leicht an anderen Schulen übernehmen?

Jedes Jahr kommen ca. 1.000 Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Europa zu uns. Und unsere Schülerinnen und Schüler erzählen ihnen, wie Schule läuft. Tendenziell gibt es ja in der Grundschule und in der Sekundarstufe 1 noch eher Spielräume. Doch je weiter es „nach oben“ geht, desto dünner wird die Luft. Da kann gerade das, was hier in der Oberstufe gemacht wird, für viele richtungsweisend sein. Auf unserer Homepage der „Neuen Oberstufe“ kann man sich die Ideen anschauen und davon übernehmen, was für die eigene Situation passt. Wir haben zum Beispiel Tage für die Vermittlung von Lern- und Arbeitskompetenzen eingeführt, bieten aber auch Workshops mit lebenspraktischen Themen an. Wir bringen den Kindern bei, wie sie einen Handyvertrag ausfüllen oder einen Mietvertrag abschließen können. Das kann ganz einfach an jeder Schule installiert werden.

 

Wie können Eltern ihre Kinder am besten in Sachen Schule unterstützen?

Das Wichtigste ist, in einem guten Dialog mit der Schule zu stehen und dass man versucht, mit den Lehrerinnen und Lehrern zu reflektieren: Was läuft gut? Und was sollte sich ändern? Kinder merken, wenn Eltern und Lehrer an einem Strang ziehen. Wenn Eltern Gutes als selbstverständlich und ohne Dank mitnehmen, dann aber über Schule maulen, ohne sich für Verbesserungen einzusetzen, bringen sie ihre Kinder in die Rolle der „armen Opfer, die die Ungerechtigkeit der Welt passiv erleiden müssen“. Man muss nicht alles gut finden. Aber es hilft, sich so zu verhalten, dass bei den Kindern ankommt: „Hey, das ist eine Herausforderung. Wo liegt darin eine Chance für dich? Lässt sich eventuell etwas an den Umständen verändern?“ Und bloß keine Panik, wenn mal eine schlechte Note nach Hause gebracht wird! Wenn man ehrlich ist, hat man die selbst auch gehabt. Darum dem Kind nicht noch mehr Druck machen. Viel wichtiger ist doch, dass es Freude in der Schule hat.

 

Wann sind denn Ihrer Ansicht nach Sorgen berechtigt?

Wenn Kinder wirklich nicht wissen, was sie wollen, wenn sie dauerhaft antriebslos sind, wenn sie permanent nur am Handy sind, keine Freunde haben, nicht über die Themen reden, die sie wirklich bewegen, wenn sie ein Stück weit verloren sind. Dann sind Sorgen berechtigt. Spielsucht und Internetabhängigkeit sind leider keine Seltenheit mehr. Das sind Dinge, die wirklich relevant sind. Und man sollte nicht scheuen, sich kompetenten Rat und auch therapeutische Hilfe zu holen. Ich hoffe, dass Freundeskreise, Nachbarschaft, Sportvereine oder auch Gemeinden Orte sind, an denen Kinder – auch in Peergroups – ein Gegenüber finden. Dort können sie sich entdecken, merken, wofür ihr Herz schlägt und Leidenschaft entwickeln. Eltern sollten gerade isolierten Kindern diese Erfahrungsräume öffnen und anfangen, sich wirklich für ihr Kind zu interessieren, herauszufinden, was das Kind kann und möchte. Und ihm zugestehen, dass es anders sein darf und andere Interessen hat, als die Erwachsenen sich das manchmal vorstellen. Kinder sind gottgeschaffene, eigenständige Persönlichkeiten mit ganz eigenen Möglichkeiten. Die zu entdecken und zu fördern ist die Aufgabe von Eltern und Lehrerinnen und Lehrern.

Das Interview führte Anna Koppri.