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Meinem Schulkind helfen

„Mein Kind ist gerade in die Schule gekommen. Wie kann ich es unterstützen?“

Verena drückt sich am Freitagmorgen ein Tränchen heraus und gibt sich untröstlich. „Jetzt sind schon wieder Ferien! Kannst du uns nicht doch Hausaufgaben geben?“, bettelt sie bei der geliebten Lehrerin, die entspannt am Pult sitzt und die Hefte der Kinder durchschaut. Mit „Ferien“ meint das Mädchen den langen Samstag und den langen Sonntag, an dem sie nicht weiter lernen darf.

Auch Fabian weint. Er sitzt in einer anderen Klasse in einer Stillarbeitsphase vor seinem Rechenheft. „Ich will diese Aufgaben nicht machen!“, jammert er laut und wirft sich schlapp auf den Schultisch, um eine Weile zu schmollen. Seine Lehrerin merkt davon nichts. Sie ist gerade damit beschäftigt, mit Vanessa deren Fibel zu suchen, die sich wieder einmal im Ranzen nicht auffinden lässt. Die Lernvoraussetzungen und die Reife, die Erstklässler in die Schule mitbringen, sind extrem unterschiedlich. Höchst verschieden sind auch die Gegebenheiten, die die Kinder in ihren jeweiligen Schulen vorfinden. Fast immer aber profitieren Schulneulinge davon, wenn sie von ihren Eltern gelassen unterstützt werden.

TIPPS VOM SCHULLEITER

Ich gebe als Schulleiter immer einige Tipps, die für jedes Kind gültig sind:

  • Bei allem, was Ihnen gefällt oder nicht gefällt, und bei allem, was Sie verstehen oder worüber Sie den Kopf schütteln: Sie als Eltern sollten sich stets hinter die Entscheidungen und die Vorgehensweise der Lehrkräfte stellen. Jedenfalls in Gegenwart Ihres Kindes. Denn Erstklässler vergöttern ihre Lehrer gern und für lange Zeit. Das gibt ihnen Sicherheit und Motivation. Beides sollten Eltern nur im Ausnahmefall stören. In der Schule geht es nicht immer gerecht zu. Es können auch nicht alle Kinder immer in der ersten Reihe sitzen.
  • Begrenzen Sie die Bildschirmzeiten Ihrer Kinder! Smartphones, Tablets und Spielekonsolen haben bei Grundschülern nichts zu suchen!
  • Stecken Sie Ihre Kinder so früh wie möglich ins Bett, gönnen Sie ihnen auch mal einen Mittagsschlaf. Im Schlaf werden alle Eindrücke und alles Gelernte verarbeitet und gespeichert.

ÜBERHÄUFEN SIE IHR KIND MIT BÜCHERN!

  • Lesen ist der Schlüssel für den schulischen Erfolg. Daher: Lesen Sie viel mit Ihren Kindern. Üben Sie mit ihnen Buchstaben und Silben. Lesen Sie ihnen vor. Überhäufen Sie sie mit Büchern.
  • Helfen Sie Ihren Kindern dabei, Ordnung im Ranzen und in den Schulmaterialien zu halten. Besuchen Sie die Elternabende, nehmen Sie Anteil, lesen und beachten Sie die schulischen Elternbriefe.
  • Gerade Jungen fangen schnell damit an, Grenzen zu suchen und zu erproben. Sie beleidigen ältere Schüler oder verstecken sich während des Unterrichts auf der Schultoilette. Die Konsequenzen sollten sie dann tragen müssen, ohne dass Sie als Eltern gleich händeringend zum Telefon greifen.
  • Hausaufgaben werden anfangs in der Nähe der Mutter oder des Vaters an einem ruhigen Ort gemacht.

Insgesamt: Bleiben Sie entspannt! Nicht alle Kinder können den schulischen Erwartungen in gleicher Weise entsprechen. Manche können schon an Weihnachten lesen, andere erst später.

Johannes Köster ist Leiter der Primarstufe an der Freien Christlichen Schule Ostfriesland. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern im Landkreis Leer.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

„Lernt mein Kind genug für die Schule?“ Das rät der Elterncoach

„Meine Frau macht unserem Sohn total Druck, weil er ihrer Meinung nach zu wenig für die Schule macht. Ich finde, er ist alt genug, um es selbst zu entscheiden. Wie können wir diesen Erziehungskonflikt lösen?“

Die Beziehungen zu unseren Kindern verändern sich im Lauf ihrer Entwicklung. Ein großer Umbruch ist der Übergang von der Kindheit ins junge Erwachsenenalter. Dieser fordert sowohl uns als Eltern als auch die Teenager heraus. Eine Aufgabe für Teenager besteht darin, von der emotionalen Abhängigkeit zu mehr Selbstständigkeit zu gelangen. Für Eltern heißt eine große Lernaufgabe: von direktem Versorgen und Entscheiden hin zu mehr indirektem Begleiten und Freiheit schenken.

Diese Umstellung fällt uns nicht immer leicht. Da jeder von uns seine eigenen Erziehungserfahrungen gemacht hat, liegt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es auch verschiedene Sichtweisen zu gleichen Themen gibt. Das kann uns als Paar herausfordern, da wir doch häufig gute Gründe für unsere Einstellungen zu bestimmten Themen haben und gerne hätten, dass der andere diese mit uns teilt. Manchmal sind hier Konflikte vorprogrammiert. Es ist gut, dass Sie sich auf den Weg machen möchten, Erziehungskonflikte gemeinsam zu lösen – trotz unterschiedlicher Sichtweisen.

SCHRITT 1: ZIEHEN SIE AN EINEM STRANG!

Finden Sie gemeinsame, realistische Erziehungsziele für Ihr Kind. Stecken Sie sich lieber kleine, erreichbare Ziele als große und unrealistische. Möglicherweise müssen Sie hier Kompromisse finden. Um das zu erreichen, schlage ich vor, sogenannte „Erziehungskonferenzen“ durchzuführen, bei denen Sie sich Zeit nehmen, ungestört über die aktuellen Erziehungsherausforderungen zu reden.

Sprechen Sie dabei auch über Ihre jeweiligen Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Jeder hat hier seinen eigenen Rucksack auf den Schultern. Aussagen wie: „Ich werde das auf jeden Fall anders machen!“ kennen wir vermutlich alle. Unterhalten Sie sich über Ihre Erziehungserlebnisse, hören Sie einander zu. Wichtig sind nicht nur die Sachaussagen, sondern auch die geäußerten Gefühle und Einstellungen. Das schafft Verständnis für so manche Verhaltensweise.

SCHRITT 2: TREFFEN SIE EINE VEREINBARUNG

Setzen Sie sich mit Ihrem Sohn zusammen und vereinbaren Sie einen sozialen Vertrag. Was ist das Mindeste an schulischer Leistung, was wir als Eltern erwarten? Wie werden wir damit umgehen, wenn er sich nicht an die Vereinbarungen hält, und was sind positive Konsequenzen bei Einhaltung? Welches Verhalten wünscht er sich von seinen Eltern?

Besprechen Sie diese Fragen mit Ihrem Sohn und lassen Sie ihn unbedingt mitentscheiden. Handeln Sie mit ihm Grenzen und Freiräume aus. Wo ist er alt genug und kann eigene Entscheidungen treffen? Versuchen Sie Absprachen zu finden, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind. Geben Sie ihm die Möglichkeit, auch ungewohnte Dinge zu versuchen oder ungewöhnliche Ideen auszusprechen. Verschriftlichen Sie Ihre gemeinsamen Absprachen in einem Vertrag. Jeder sollte ihn unterschreiben. Das hat erhöht die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung – gerade vonseiten der Teenager.

Sandra Schreiber ist Beraterin und Systemischer Elterncoach im „LebensRaum Gießen“. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

 

„Es ist dein Leben!“

Gestern Abend habe ich mich mit ein paar Frauen in den Zwanzigern über Schule unterhalten. Auslöser war das Gespräch über ein 12-jähriges Mädchen, deren Eltern ihm Stress machen: Das Kind muss nicht nur beste Noten haben, es soll auch im Sport erfolgreich sein. Außerdem in seiner Freizeit ein Instrument und eine weitere Fremdsprache lernen. Wir waren uns einig, dass das nicht der ideale Weg sein kann. Und die jungen Frauen – die im Studium oder Beruf ihren Weg gefunden haben – erzählten, dass sie als Teenager in der Schule oft ganz schön lässig waren. Oft auch zu lässig, fahrlässig, nachlässig. Aber sie haben von ihren Eltern fast immer die Botschaft bekommen: „Es ist dein Leben, du musst die Kurve kriegen.“ Und sie haben sie gekriegt. Ohne Stress von Seiten der Eltern.

Als Mutter finde ich das ziemlich entlastend. Ja, wir müssen unsere Kinder begleiten. Wir müssen sie auch immer wieder motivieren. Aber Druck und Stress aufzubauen, ist der falsche Weg. Das Sporttraining oder das Treffen mit Freunden und Freundinnen zu verbieten, weil die Noten nicht im oberen Bereich liegen, ist keine Lösung. Natürlich muss man auch mal klare Worte sagen. Aber das Wichtigste ist die Botschaft: „Ich liebe und schätze dich – egal, was auf dem Zeugnis steht.“ Und: „Es ist deine Verantwortung.“ Das ist nicht immer leicht. Und im Einzelfall müssen sicher auch mal Grenzen aufgezeigt werden. Aber der Grundton muss stimmen: Liebe, Anerkennung, Wertschätzung, Loslassen.

Bettina Wendland, Redakteurin bei Family und FamilyNEXT

Nachhilfe, ja oder nein?

„Ich habe das Gefühl, mein Kind kommt im Unterricht nicht mit. Ab wann ist Nachhilfe sinnvoll?“

Nachhilfe ist sinnvoll, wenn ein Schüler versetzungsgefährdet ist, viel krank war und dadurch große Lücken entstanden sind, oder in einem Fach regelmäßig Probleme bei den Hausaufgaben und Klassenarbeiten entstehen. Auch bei Leistungsunterschieden durch einen Schulwechsel ist sie empfehlenswert. Kurz gesagt: Nachhilfe ist dann sinnvoll, wenn Wissenslücken geschlossen werden müssen. Wenn Ihr Kind sich oft krank fühlt und die Noten in den Keller rutschen, kann das aber auch auf andere Gründe, wie zum Beispiel Mobbing hindeuten. Dann kann Nachhilfe unterstützen, aber die Ursache sollte parallel gefunden und bearbeitet werden.

WIE VIEL KOSTET NACHHILFE UND WER GIBT SIE?
Individuelle Förderung ist oft teurer als das Lernen in kleinen Gruppen. Für eine private Nachhilfestunde bei Schülern oder Studenten kann man zwischen 10 und 18 Euro investieren. Ausgebildete Pädagogen können schon mal bis zu 30 Euro nehmen. Der Vorteil dieser 1:1-Betreuung ist die individuelle Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Schülers. Wenn die Chemie stimmt, kann es Ihr Kind motivieren, mit einem Studenten zusammenzuarbeiten, der selbst noch mitten im Lernprozess steckt und weiß, was es heißt, Klausuren schreiben zu müssen. Außerdem sind Studenten altersmäßig näher an den pubertierenden Kindern und können sich anders einfühlen. In der Zeitung oder im Internet findet man die Angebote zahlreicher geeigneter Lehrer. Eine Unterrichtsstunde (45 Minuten) in Kleingruppen kostet dagegen zwischen acht und dreizehn Euro, wobei oft 90 Minuten gearbeitet wird. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und beobachten Sie, wie es besser lernt. Arbeitet es gerne in einer Gruppe, dann ist ein Nachhilfeinstitut sicherlich empfehlenswert. Qualitätsmerkmale dort sind das Angebot einer Probestunde sowie ein persönliches Gespräch, in dem die Bedürfnisse des Schülers abgefragt werden, das Angebot von Fachpersonal, ansprechendes Lernmaterial sowie nachweisbares Qualitätsmanagement und eventuell sogar ein TÜV-Siegel.

AN WEN SOLL ICH MICH WENDEN?
Mit dem eigenen Kind über die Nachhilfe sprechen. Idealerweise sollte es selbst motiviert sein, Unterstützung beim Lernen zu bekommen, sonst bleibt oft der Erfolg aus. Den Lehrer des Kindes um ein Gespräch bitten. Eventuell hat er auch gleich eine Adresse für eine Nachhilfemöglichkeit. Wie viel individuelle Förderung erhält ihr Kind schon schulintern? Steht die Frage im Raum, ob das Kind unter Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) oder Matheschwäche (Dyskalkulie) leidet, braucht es gezielte Förderung. Suchen Sie daher das Gespräch mit dem Schulpsychologen. Auch Schulangst kann der Grund für eine Lernblockade sein. Hier ist die Erziehungsberatungsstelle oder der Schulpsychologe der richtige Ansprechpartner.

WAS GILT ES ZU BEACHTEN?
Achten Sie darauf, dass in der Nachhilfe nicht nur der aktuelle Lernstoff wiederholt wird, sondern auch der Lernstoff bearbeitet wird, den Ihr Kind nicht verstanden hat. Außerdem gilt: Nachhilfe sollte keine Dauerlösung sein! Nach einem halben Jahr sollte man überprüfen, ob die Nachhilfe erfolgreich und weiterhin nötig ist.

Stefanie Böhmann ist Grund- und Hauptschullehrerin und lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

 

Mal wieder diese schlimmen Eltern!

Passend zu den Halbjahreszeugnissen hat die Bertelsmann Stiftung Studienergebnisse zum Thema Nachhilfe veröffentlicht: Demnach bekommen rund 14 Prozent der deutschen Schüler zwischen 6 und 14 Jahren Nachhilfe. Das Erstaunliche: ein Drittel der Schüler nutzt die zusätzliche Förderung, obwohl die Noten zwischen sehr gut und befriedigend liegen.

Erstaunlicher finde ich allerdings, dass viele Medien daraus eine Riesengeschichte machen, die sich so liest, als ob das ein Megatrend sei und nun alle Eltern ihre Kinder zum Einser-Abi drängen. „Immer mehr gute Schüler nehmen Nachhilfe“, heißt es. Oder dass es in vielen (!) Familien Alltag sei, dass ein Kind trotz einer 2 Nachhilfe bekomme.

Vielleicht hätten die zuständigen Journalistenkollegen in Mathe besser aufpassen oder selbst Nachhilfe nehmen sollen. Denn: 14 Prozent aller Schüler bekommen Nachhilfe, ein Drittel davon haben gute Noten, sprich: Auf weniger als 5 Prozent der Schüler trifft es zu, dass sie trotz guter Noten Nachhilfe nehmen. Ist das etwa viel? Gut, es mag grundsätzlich absurd sein, bei solchen Noten an Nachhilfe zu denken. Aber ich finde es angesichts ebenso absurder Numerus-clausus-Erfordernisse – beispielsweise ein Einser-Schnitt für Soziale Arbeit – durchaus verständlich, dass der eine oder andere sich ein bisschen Unterstützung holt, damit der gewünschte Studiengang in erreichbare Nähe rückt. Oder die Qualifikation für die Oberstufe.

Und übrigens: Im internationalen Vergleich liegen wir im unteren Mittelfeld, was die Nutzung von Nachhilfe angeht. Ist also alles gar nicht so schlimm!

Aber es macht sich immer gut, auf diese „schlimmen Eltern“ zu schimpfen. Mal sind sie überbehütende Helikopter-Eltern, mal streberhafte Schulstressmacher, mal überehrgeizige bis prügelnde Fußballeltern. Natürlich gibt es die. Leider. Aber es wird schnell der Eindruck erweckt, dass es die Mehrheit der Eltern sei und nicht bloß eine Minderheit. Sicherlich gibt es den Trend, dass immer mehr Eltern ihr Kind um jeden Preis aufs Gymnasium schicken wollen. Aber die große Mehrheit der Eltern geht sehr verantwortungsvoll mit den Anforderungen um, die sie und die Gesellschaft an ihr Kind stellen. Viele Eltern machen sich lange Gedanken darüber, welche Schule die beste ist für ihr Kind. Und den meisten geht es dabei um das Wohl ihres Kindes.

Aber es ist ja so einfach, sich über die Eltern zu beschweren. Ich muss zugeben, dass ich auch gern in dieses Muster verfalle und Pauschalurteile fälle. Diese Nachhilfe-Studie hat mir mal wieder gezeigt, dass es wichtig ist und sich lohnt, genau hinzugucken. Und seine Wortwahl zu bedenken. Fünf Prozent sind nicht „viel“. Und die meisten Eltern machen ihren Job richtig gut!

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

Lernen in den Ferien: Selbstbewusstsein stärken statt Büffeln

Eins vorweg: Kinder sollten in den Ferien nur lernen, wenn es sinnvoll und vor allem nötig ist. Dazu kann gehören, Defizite abzubauen und den Druck für das neue Schuljahr zu senken. Ansonsten gehört die Schultasche in den Schrank. Die Ferien dürfen keine Belastung darstellen. Denn Schüler haben Ferien genauso nötig wie Berufstätige ihren Urlaub.

Das bedeutet nicht, dass partout nichts gelernt werden darf. Die Frage ist, wie man den Lernbegriff definiert. Die Ferien sollten dazu genutzt werden, Lernen positiv aufzuladen und aus dem schulischen Umfeld herauszulösen. Motivierend lernen statt fachlich orientiert. Weniger mit dem Schulbuch als mit anderen, neuen Methoden.

Im Schulalltag haben Kinder einen klar definierten Rahmen. Ganztagsschulen fördern diese Strukturen und verhindert damit oft, dass Schüler selbstständig planen. Mein Appell an alle Eltern lautet deshalb: Versucht einen großen Teil der Ferien so zu nutzen, dass Kinder möglichst viel selbst laufen können, im übertragenen Sinn. Dazu gehört, dass wir Eltern aufhören, den Tag zu organisieren. Wenn die Kinder morgens an den Tisch kommen und fragen, was wir jetzt machen, kann die Antwort am Anfang der Ferien also ruhig mal lauten: „Keine Ahnung.“

Die Kinder langweilen sich? Gut so! Denn dann werden sie sich irgendwann selbst motivieren und sich mit den Dingen beschäftigen, auf die sie wirklich Lust haben. Das ist schließlich der Sinn von Ferien, von einer Auszeit: Es wird ein Gegensatz zum Schulalltag gebildet, der Kopf bekommt Luft für neue Erfahrungen.

Die etwas anderen Hausaufgaben

Das ist bereits bei den meisten Müttern und Vätern angekommen. Eine aktuelle scoyo-Umfrage hat gezeigt, dass viele Eltern zwar die schulischen Leistungen in den Ferien im Blick behalten, es jedoch wichtiger finden, dass sich ihre Kinder auf anderen Gebieten weiterentwickeln. Je 95 Prozent der Befragten legen Wert darauf, dass ihre Kinder soziale Kompetenzen ausbauen und ihr Selbstbewusstsein stärken. 93 Prozent wünschen sich, dass die Kinder selbstständiger werden, 83 Prozent halten die Weiterentwicklung der Kreativität für wichtig. Dafür ist die Ferienzeit wie geschaffen:

Selbstständigkeit trainieren

Kein Kind hat Lust, jetzt auf einmal für alles verantwortlich zu sein. Es sind ja Ferien! Die Selbstständigkeit der Kinder können wir aber auch auf subtile, motivierende Art fördern. Das kann schon beim Mittagessen anfangen: Die Kinder dürfen einen Tag lang entscheiden, was es zu essen geben soll und sind gleichzeitig für Einkauf und Zubereitung verantwortlich.

Auch einen kleinen Ausflug zu organisieren, ist eine tolle Aufgabe für die Ferien. Die Möglichkeiten sind unendlich: Von der Radtour über den Museumsbesuch bis zum Tag im Freibad gibt es viele aufregende Erlebnisse, die gleichzeitig die Selbstständigkeit der Kinder fördern.

Zelten gehen, zur Not im Garten, lauschen, wie sich die Nacht anhört, und die Kinder alles organisieren lassen – ein großes, spannendes Abenteuer für unseren Nachwuchs.

Gleichzeitig sollten wir unsere Kinder einbeziehen, wenn es um den Familienurlaub geht. Das kann bei der Abstimmung zum Reiseziel anfangen und bei der gerechten Verteilung von Aktivitäten aufhören. Jedes Familienmitglied sollte Mitspracherecht haben, zumindest dabei, was vor Ort gemacht werden kann. Dazu gehört aber auch, sich hinzusetzen und zu recherchieren, was es dort überhaupt für Möglichkeiten gibt.

Das alles schult enorm viele Kompetenzen unserer Kinder, sie lernen, sich zu organisieren, sich einzubringen, aber auch, auf andere einzugehen und Abstriche zu machen.

Selbstbewusstsein stärken, Talente entdecken

So komisch es klingt, am einfachsten findet jeder heraus, was ihn wirklich interessiert, wenn er sich langweilt. So ist es auch bei Kindern. Dadurch werden sie sich bewusst darüber, was sie wollen, abseits von dem, was sie sollen. Es macht Kinder stark, wenn Eltern nicht immer regulierend eingreifen, sondern dem Nachwuchs die Freiheiten lassen, etwas selbst zu schaffen – und ihn darin unterstützen.

Raum schaffen für Kreativität

In den beiden Lernzielen Selbstbewusstsein stärken und Selbstständigkeit trainieren steckt natürlich immer auch Kreativität, die es im besonderen Maße zu fördern gilt. Trotzdem stellt Kreativität kein eigenes Lernziel dar. Jeder hat diese Ideen in sich, was fehlt, ist Zeit, um sie wachsen zu lassen und auszuleben. Ein separates Ziel sollte deshalb immer sein: Raum schaffen, damit sich Kreativität entfalten kann. Und wenn nicht in den Ferien oder an den Wochenenden, wann dann?

Extra-Tipp: Spielend und kreativ lernen meine Söhne zum Beispiel mit einem speziellen Schnitzmesser für Kinder. Einfach damit in den Garten oder das nahe gelegene Waldstück gehen, ein Holzboot aus Rinde schnitzen, den kleinen Stock oben reinstecken und ab damit zum See.

Und am Ende ist es doch so: Die beste Requisite für Kinder ist die, die gerade griffbereit liegt. Unser Nachwuchs braucht nicht immer unsere Hände und Ideen. Am kreativsten sind sie in ihren Fantasie- und Abenteuerwelten. Und da können wir Eltern eh nicht mithalten.

 

Tipps von Daniel Bialecki, Bildungsexperte und Geschäftsführer des Online-Lernspezialisten scoyo: Der gelernte Diplom-Ingenieur ist seit 13 Jahren im Bereich der digitalen Wissensvermittlung tätig. Den dreifachen Vater beschäftigt vor allem, mit welchen Methoden und Mitteln man unseren Kindern den Spaß am Lernen erhalten kann.

 

In den Ferien lernen?

Zum Ende des Schuljahres habe ich von der Lehrerin meines Zweitklässlers einen netten Elternbrief bekommen. Er enthält die Anregung, in den Ferien „spielerisch“ und „unbemerkt“ mit dem Kind zu üben. Man könne zum Beispiel bei Autofahrten die Zahlen der Nummernschilder addieren lassen, mit dem Kind Urlaubskarten schreiben oder zusammen ein Buch lesen. Voraussetzung sei aber, dass Kind und Eltern daran Spaß haben.

Ich finde das eine schöne Herangehensweise an die Frage, ob Schüler in den Ferien etwas für die Schule tun sollen oder nicht. Wobei sie es ja eigentlich nicht für die Schule tun …

Ein Problem sehe ich aber auch: Bei Grundschulkindern mag es „spielerisch“ und „unbemerkt“ ja noch funktionieren. Aber in der weiterführenden Schule wird das schon schwieriger. Es sei denn, man verbringt den Urlaub in England, Frankreich oder dem Vatikan, um dabei ganz unbemerkt die entsprechende Fremdsprache zu üben. Bei einem Urlaub in Dänemark oder Großbritannien kann man das Kind beim Einkauf auch mal die Preise in Euro umrechnen lassen. Und beim Kniffelspielen über die Wahrscheinlichkeit eines Fünferpasches sinnieren.

Grundsätzlich gilt natürlich: Ferien sind Ferien. Und Lernstress haben viele Schülerinnen und Schüler schon das ganze Jahr. Andererseits haben Tests gezeigt, dass der IQ von Schülern von Ferienbeginn bis -ende merklich absackt. Es schadet sicher niemandem, alle paar Tage mal eine halbe Stunde Vokabeln zu lernen. Vielleicht ist das auch eine Chance, für eine intensive Eltern-Kind-Zeit: Mal sehen, wie gut Papas Französisch noch ist. Und wer gewinnt wohl das Wettrechnen?

Wichtig ist vor allem, keinen Stress aufzubauen. Letztlich muss aber jede Familie die Frage nach dem Lernen in den Ferien individuell beantworten. Und wie beantwortet ihr sie?

Bettina Wendland

Redakteurin Family

„Nele Eis haben!“

Wie Kinder sprechen lernen

Von der Geburt bis zum zweiten Geburtstag rast die Entwicklung der Sprache nur so. Das Kind lernt, die Laute seiner Muttersprache von denen zu unterscheiden, die für seine Umgebung irrelevant sind, und imitiert fortan nur noch diese. Es macht vielfältige Erfahrungen mit seiner Umwelt und speichert sie unter neuen Begriffen ab. Der Begriff „Auto“ kann beispielsweise verknüpft sein mit der Vorfreude, zur Oma gefahren zu werden, mit dem Gefühl des kühlen Metalls der Karosserie an den kleinen Händchen, mit der Farbe blau, mit dem lustigen Ton, der beim Hupen entsteht oder mit dem Vanilleduft des Duftbäumchens. All diese Erfahrungen speichert das Kind unter dem Wort „Auto“ ab.

Wenn es nun viele solcher Wörter in seinem Wortschatz abgespeichert hat und anfängt, die Laute seiner Muttersprache gezielt zu benutzen, setzt es diese Bausteine nach bestimmten Regeln miteinander in Beziehung. Diese Regeln nennen wir Grammatik. Das Kind beginnt, durch Ausprobieren und Imitieren seine aktive Sprache zu entwickeln.

Wenig reden, viel verstehen

Kinder im Alter von zwei Jahren können noch keine vollständigen Sätze mit Haupt- und Nebensätzen bilden. Sie schaffen es jedoch, mehrere wichtige Informationen in einen Mehrwortsatz einzuflechten. Ein Beispiel, das alle Eltern kennen: „Eis haben?“ Das Kind hat die wichtigste Information, das Eis, untergebracht und ist am Ende des Satzes mit seiner Stimme nach oben gegangen, sodass Mama auch versteht, dass es sich hier um eine Frage handelt.

Das Kind hat begonnen, die grammatikalischen Strukturen seiner Muttersprache zu benutzen. Zweijährige Kinder benutzen ungefähr schon 50 Wörter aktiv, verstehen aber deutlich mehr. In den Sätzen benutzen sie ungefähr zwei bis drei Wörter, wobei es noch sein kann, dass das Verb im Aussagesatz am Ende steht und im Infinitiv verwendet wird. Außerdem spricht das Kind von sich selbst oft noch in der dritten Person: „Tim Auto nehmen“. Es kann schon viele Laute bilden, ersetzt aber noch schwierige Laute und Lautverbindungen durch einfachere oder lässt sie aus.

Ist Förderung nötig?

Auffällig ist eine Sprachentwicklung dann einzuschätzen, wenn ein oder mehrere Bereiche nicht altersgemäß entwickelt sind. Das stellen häufig die Kinderärzte bei den Vorsorgeuntersuchungen fest. Am besten kennen Sie als Mutter oder Vater jedoch Ihr Kind. Werden Sie wachsam, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Kind nicht versteht, was Sie sagen, obwohl es nachweislich gut hört. Wenn es im Vergleich zu Gleichaltrigen nur wenig spricht und im Alter von zwei Jahren deutlich weniger als 50 Wörter aktiv benutzt, beraten Sie sich mit Ihrem Kinderarzt und stellen Sie Ihr Kind an einer Schule zur Sprachförderung oder an der Frühförderstelle zur Beratung vor. Die Experten dort können eine zuverlässige Aussage treffen, ob die Auffälligkeiten behandlungsbedürftig sind.

Für Eltern sogenannter Late-Talker, also der Kinder, die außergewöhnlich spät anfangen zu sprechen, gibt es das „Heidelberger Elterntraining“. Durch den Kurs werden Eltern geschult, die Sprachentwicklung ihrer Kleinkinder bereits sehr früh positiv zu beeinflussen. Denn je früher ein Kind gefördert wird, desto schneller kann es aufholen! Ob eine Logopädin, die Frühförderung an der Schule zur Sprachförderung oder die Frühförderstelle der geeignete Förderort für Ihr Kind ist, legen Sie dann zusammen mit ihrem Kinderarzt fest.

Birgit Wenzel ist Erzieherin und leitet eine Vorklasse an einer Schule zur Sprachförderung.

Keine Lust auf Schulaufgaben?

Lerntipps für Grundschüler

Kinder sind von Natur aus wissbegierig. Sie tun den ganzen Tag nichts anderes, als zu lernen. Unbewusstes, spielerisches Lernen bereitet ihnen Freude. Anders sieht es beim gezielten Lernen aus. Sei es in Form von Hausaufgaben oder wenn es darum geht, Unterrichtsstoff nachzuholen oder zu vertiefen. Da ist Lernen plötzlich langweilig. Hilfreich ist es daher, die Schularbeiten von Anfang an als feste Struktur in den Tagesablauf des Kindes einzubeziehen und für eine optimale Lernumgebung zu sorgen.

Lernumgebung

Das A und O ist ein ruhiger Arbeitsplatz ohne Musik und Fernseher oder lärmende Geschwister. Um Ablenkung zu minimieren, sollte der Schreibtisch aufgeräumt sein und frei von Spielzeug, Handy oder Comics. Stattdessen sollte sich alles, was zum Arbeiten notwendig ist, greifbar und einsatzbereit finden: Lexikon, angespitzte (!) Stifte, Papier,  Lineal … Kinder begreifen das Lernen als Normalität, wenn es zu festgelegten Zeiten stattfindet. Der Zeitpunkt ist dabei allerdings individuell unterschiedlich: Manche Kinder brauchen nach dem Essen noch eine kleine Pause, andere können sofort beginnen.

Struktur und Konzentration

Nichts hilft beim Lernen mehr als strukturiertes Vorgehen. Deshalb sollten Hausaufgaben genau notiert werden. Vor der eigentlichen Lernarbeit sollte immer eine Planungsphase stehen. Das Kind verschafft sich dabei einen Überblick und legt die Reihenfolge der Aufgaben fest, zum Beispiel, indem es die Themen im Hausaufgabenheft nummeriert. Erledigte Punkte werden freudig abgehakt.

Förderlich für die Konzentration sind kleinere Pausen inklusive Frischluft, einem Obstsnack oder dem Gang zur Toilette. Positiv wirkt auch ein Lernstoffwechsel, also unähnliche Fächer oder Aufgaben nacheinander zu erledigen. Hausaufgaben sollten noch am gleichen Tag des Auftragens gemacht werden, weil die frische Erinnerung an das Gelernte ungemein hilft. Wer gar keinen Anfang beim Lernen findet, sollte mit einer Aufgabe beginnen, die leicht und schnell zu erledigen ist. Das schafft ein Erfolgserlebnis.

Wiederholt und kreativ

Die meisten Kinder müssen bestimmte Unterrichtsinhalte wie etwa das Lesen oder Einmaleins intensiver lernen. Hier gilt: Täglich kurze Zeit üben ist besser als seltener und lang. Wenn vor Klassenarbeiten gelernt wird, dann sollte das in mehreren Tagesetappen geschehen. Am letzten Tag vor der Arbeit kann dann noch einmal der Gesamtinhalt wiederholt werden.

Sehr hilfreich sind gezielt angewandte und kreative Lernmethoden. So kann ein Klebezettel mit schwierigen Wörtern am Kühlschrank ebenso Wunder wirken wie ein aktiv benutzter Zollstock im Kinderzimmer, um sich Maßeinheiten anzueignen. Wer beim Lernen oder Lesen läuft, löst häufig Denkblockaden. Ideal ist es, auf viele verschiedene Lernkanäle zurückzugreifen: hören und lesen, schreiben, malen, ertasten, bauen, vor allem aber auch sprechen. So profitieren viele Kinder davon, täglich laut zu lesen und zu rechnen.

Rolle der Eltern

Kinder sollten ihre Schularbeiten alleine erledigen, Erwachsene nur für Rückfragen zur Verfügung stehen. Falls notwendig, sollten Eltern allenfalls Tipps zur Lösung von Aufgaben geben, auf keinen Fall neue Lösungswege anbieten, die das Kind nur verwirren. Wenn das Kind eine Aufgabe gar nicht versteht, ist es sinnvoll, wenn es – vielleicht mit einer kurzen elterlichen Notiz – am nächsten Tag den Lehrer fragt.

Silke Mayer arbeitet im Bereich Weiterbildung und Training, daneben ist sie als freiberufliche Autorin tätig. Sie lebt mit ihrer Familie in Duisburg.

Illustration: Thees Carstens