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Studie zeigt: Wer sich in Beziehungen mächtig fühlt, ist zufriedener damit

Menschen, die das Gefühl haben, Einfluss in ihrer Partnerschaft zu haben, sind zufriedener mit ihrer Beziehung. Das ist das Ergebnis einer Studie von Prof. Astrid Schütz von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Doktorand Robert Körner von der Universität Halle-Wittenberg.

Macht ist für viele ein negativ besetzter Begriff. Sie stellen einen Zusammenhang zwischen Macht und Beziehungsqualität fest. Wie geht das zusammen?
Astrid Schütz:
Das Image von Macht ist zu Unrecht so negativ, denke ich. Wenn wir von der Möglichkeit sprechen, Einfluss zu nehmen, dann klingt es schon nicht mehr so negativ. Eigentlich wollen wir alle in unserem Leben Kontrolle und Einfluss haben. Das Gegenteil wäre Ohnmacht und das ist ja ganz klar ein negativer Begriff. Es geht nicht darum, jemanden zu unterdrücken, sondern darum, in angemessener Weise die eigenen Ziele zu verfolgen. Dann ist eine zufriedene Beziehung und Macht auch kein Gegensatz.

Sie unterscheiden zwischen objektiver Macht und subjektiv empfundener Macht.
Robert Körner:
 Es geht zum einen um die erlebte Macht. Wie sehr glaubt man selbst, den Partner oder die Partnerin in einer Beziehung beeinflussen zu können? Wie sehr ist man davon überzeugt, in der Beziehung Entscheidungen zu treffen? Die positionelle Macht ist ein objektives Macht-Merkmal. Da geht es um Einkommen, den beruflichen Status, den Bildungsabschluss etc.

Liegen objektive Macht und das Macht-Erleben in der Beziehung denn auch mal weit auseinander?
Robert Körner:
 Da ist schon ein Zusammenhang. Wer objektiv viel Macht hat, der erlebt das auch so, dass er oder sie Entscheidungen treffen kann. Allerdings können die Aspekte im Einzelfall auch losgelöst voneinander sein.

Ist ein Gleichgewicht nicht besser?

Mich hat überrascht, dass Sie keinen positiven Zusammenhang zwischen Beziehungsqualität und Macht-Balance feststellen konnten.
Astrid Schütz:
 Ja, wir waren auch überrascht.
Robert Körner: In früherer Forschung wurde tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Macht-Balance und Beziehungsqualität festgestellt. Allerdings haben wir die Zusammenhänge statistisch differenzierter ausgewertet und aktuellere Methoden verwendet. Es könnte aber auch sein, dass unsere Stichprobe durch Paare charakterisiert war, die sowieso ein Macht-Gleichgewicht hatten. Dann wäre trotzdem denkbar, dass sich ein extremes Macht-Ungleichgewicht negativ auf die Beziehungsqualität auswirkt.
Astrid Schütz: Ich denke, es geht darum, dass beide damit zufrieden sind, wie sie Einfluss ausüben können. Solange die Person, die weniger Macht hat, das Gefühl hat: „Ich kann das, was mir wichtig ist, durchsetzen“, ist die Macht-Balance nicht so entscheidend.

Was ist eine effektive Form der Einflussnahme in Beziehungen?
Astrid Schütz:
 Ich sehe die gewaltfreie Kommunikation, wie sie Rosenberg beschrieben hat, als eine effektive Strategie der Einflussnahme. Sie stößt beim anderen auf weniger Abwehr, als wenn ich versuche, etwas durchzudrücken. So kann ich auf Dauer konstruktiv Einfluss nehmen.

Wie wurde die Studie umgesetzt?

Wie messen Sie Beziehungsqualität?
Robert Körner:
 In dem Fragebogen konnten die Befragten bestimmten Aussagen zustimmen. So lässt sich insgesamt die Beziehungsqualität abbilden. Wir haben uns verschiedene Bereiche angeschaut: Die Bewunderung für den Partner beziehungsweise die Partnerin, daneben das Vertrauen, das man gegenüber der anderen Person hat. Auch Sexualität haben wir uns angeschaut und ob man sich unterdrückt oder eingeschränkt fühlt. Außerdem spielte das Engagement für die Beziehung eine Rolle.

Bei Leuten, die sich nicht als einflussreich in ihrer Beziehung empfunden haben, waren diese Werte niedriger?
Robert Körner:
 Genau. Das Gefühl, Entscheidungen in der Ehe bestimmen zu können, hat entscheidenden Einfluss auf die erlebte Qualität der Beziehung.

Zwei Narzissten sind keine gute Mischung

Kann das gutgehen, wenn zwei Alphatiere zusammenfinden?
Astrid Schütz:
 In einer Studie zur Stressbewältigung in Familien haben wir auch den Selbstwert angeschaut. Wir haben die Partner zu einem konflikthaften Ereignis, auf das man sich vorher verständigt hatte, getrennt befragt. Es gab Personen mit überhöhtem Selbstwert, Narzissmus würden wir sagen, meist waren es Männer. Diese Leute haben den Fehler stets bei der anderen Person und nicht bei sich gesehen. Solch ein überhöhter Selbstwert war in keinem Fall bei beiden vorhanden. Ich denke, so eine Konstellation kann nur sehr kurz gutgehen.
Robert Körner: Wenn beide zum Beispiel hohe positionelle Macht haben, also eine Führungsposition im Beruf, muss sich das nicht negativ auf die Beziehung auswirken. Wenn beide aber ein starkes Bedürfnis haben, Macht in der Beziehung auszuüben, dann kann das negative Folgen für die Beziehung haben – das hat die Forschung gezeigt.
Astrid Schütz: Ja, diese Unterscheidung ist wichtig. Wir alle tragen ja das, was wir im Beruf machen, nicht notwendigerweise mit nach Hause. Es gibt Studien zu Gender-Effekten, die zeigen, dass Frauen, die hohe Leitungspositionen bekleiden, zu Hause sehr zurückhaltend sein können und sich nicht unbedingt durchsetzen.

Zwischenmenschlich starke Personen vergeben leichter

Sie haben auch untersucht, wie Vergebungsbereitschaft und Machtempfinden zusammengehen.
Robert Körner:
 Ja, das haben wir in einer deutschen und einer israelischen Stichprobe untersucht, insgesamt waren es über 300 Paare. Selbstwert und das Empfinden, Einfluss zu haben, geht mit höherer Vergebungsbereitschaft einher. Wir erklären uns das so: Wenn man jemandem vergibt, verlässt man die Opferrolle. Das erfordert zwischenmenschliche Stärke.
Astrid Schütz: Anders gesagt: Ein stabiler Selbstwert ist hier essenziell.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Christof Klenk

Die Sorgenkralle bezwingen!

Stefanie Diekmann ist anfällig für Sorgen.

Das Gemeine an der Sorgenkralle in meinem Leben ist: Sie krampft sich unvermittelt um mein Herz. Ich gebe mein Schulkind zum Segeln ab und realisiere den erstaunlichen Größenvergleich von Frachter und Segeljolle mit meinem Kind (das sehr fröhlich winkt). Dann auf einmal gibt die Sorgenkralle ihr Bestes: „Wenn sie kentert? Und was ist, wenn sie dann unter dem Boot bleibt?“ Eng wird es mir und vor Sorge bleibt fast die Luft weg. Die Sorgenkralle scheint auch meine wunden Punkte zu kennen. Beim Klaviervorspiel hat meine Tochter besonders großes Herzklopfen und möchte sich am liebsten drücken. Sie drückt sich sogar tatsächlich! Und ich spüre von einem Moment auf den anderen zermürbende Sorgen: Wieso traut sie sich so wenig zu? Was habe ich vermittelt, was ihr nicht guttut und sie bremst? An einigen Tagen bin ich sehr vertraut mit der Sorgenkralle und komme kaum dazu, einen Blick auf etwas anderes zu werfen. Ich sorge mich rein in ein Gefühl der Machtlosigkeit und der groben Erziehungsfehler und bin mehr und mehr gefangen in einer rostigen Kralle der „Wenns“ und „Achs“ … Jesus kennt unsere Anfälligkeit zum Sorgen und hat eine Idee: „Sorgt nicht!“, sagt er wiederholt. Was zu banal klingt, übe ich täglich. Spüre ich den Druck der Enge im Herzen, habe ich eine Art Spezialöffner für Sorgenkrallen. Ich schüttele ab, was sich für Szenarien in mir abbilden wollen und atme betend durch. Ich richte mich auf, als Mutter, als Frau, als Ich. Manchmal entweicht mir ein kleines: „Herr, segne du!“ oder ein „Jesus, hilf mir!“, manchmal nutze ich die scheinbare Enge, um über Freiheit und Mut zu beten. Das mag die Sorgenkralle gar nicht. Wenn ich bei Bekannten mitbekomme, wie sie in ihrer Ehe um Vorteile zerren, reagiert die Sorgenkralle verzögert. Erst nicke ich beim Zuhören zustimmend, wenn eine Frau über ihren Mann schimpft. Doch dann will mir die Sorgenkralle das Gefühl von Beziehungsmüdigkeit und von lieblosen Missverständnissen vor Augen führen. Bis ich meine eigene Ehe sorgenvoll betrachte. Auch hier will ich mich schneller aus dem Zugriff der Sorgenkralle befreien. Ich versuche, Gutes über meinen Mann und unser Miteinander zu sagen. Ich strecke der Sorgenkralle die Zunge raus, denn ich übe mich darin, meinem Mann direkt einen fast unaussprechlichen Wunsch an unsere Beziehung zu nennen. Was mir in letzter Zeit aufgefallen ist: Die Zeit in der Sorgenkralle verbringe ich allein, und sie kostet mich viel Kraft. Wenn ich mich herauswinde, habe ich die Chance, Gestalterin zu sein und nicht ausgelieferte Untätige. Ich setze mich zum Bügelperlen bezwingenden Kind dazu. Oder ich mache meinem Jugendlichen, der einen Studienort sucht, einen Tee. Ich bin Teil ihrer Gedanken, anstatt mich in der Distanz zu sorgen. Ich richte meinen Blick auf das Jetzt und das Miteinander. Ich lebe, sehe in die Augen des anderen, lache, schimpfe, höre zu. So wird mein Herz stark und lebendig. Die Sorgenkralle passt gar nicht mehr richtig drum … Beim Segeln ist übrigens nie etwas passiert.

Stefanie Diekmann ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ingelheim am Rhein.