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Seelische Verletzungen erkennen und heilen

Im Erwachsenenalter können Krisensituationen auftreten, die uns im Kern erschüttern und uns zeigen, dass etwas tief in uns nicht stimmt. Oft lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit, um Fehlentwicklungen aufzudecken, um sie zu korrigieren und seelisch zu gesunden. Von Marion Geißler

Woran könnten wir erkennen, dass uns seelische Verletzungen aus der Vergangenheit einholen? Es ist oft ein Konglomerat aus Angst, Wut, Verzweiflung, mangelndem Selbstwert, Antriebslosigkeit, Trauer, Desinteresse, sozialem Rückzug, starker Gereiztheit, aggressivem Verhalten, fremd wirkenden Gefühlen oder gar Lebensmüdigkeit. Es können aber auch psychosomatische Beschwerden entstehen wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsschwierigkeiten. Um nicht darüber hinwegzusehen, ist es wichtig, regelmäßig auch mit sich selbst in Kontakt zu sein. Fragen wie: „Wie geht es meiner Seele?“, „Wonach sehnt sie sich?“, „Was raubt mir die Kraft?“ sind wichtig. Wir nennen es Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge.

Die oben genannten Symptome psychischen Angeschlagenseins, die auch in kleineren Krisenzeiten auftauchen können und dann wieder verschwinden, haben das Potenzial, sich in Zeiten der Erschütterung und des Umbruchs zu klinischen Krankheitsbildern zu verdichten. Das müssen nicht zwangsläufig negative Umbrüche sein, wie zum Beispiel Trennungen, Kündigungen oder Krankheiten. Auch freudige Ereignisse wie Schwangerschaft und Hochzeit sind mögliche Auslöser. Dann entstehen zum Beispiel Angststörungen, Depressionen oder psychosomatische Erkrankungen. Nicht selten fördern diese Ereignisse seelische Verletzungen zutage, die in der Entwicklung in der Kindheit oder Jugend liegen, die es gilt, zu erkennen und daran zu arbeiten. Die Psychologie hat gute Konzepte entwickelt, die Menschen eine wertvolle Unterstützung geben können, um schädliche Muster zu erkennen, aus krisenhaften Konflikten herauszufinden und seelisch zu gesunden. Wie so etwas funktionieren kann, möchte ich kurz zeigen. Zwei meiner PatientInnen waren bereit, uns an ihrer Entwicklung teilhaben zu lassen.

Pascal: Selbstständigkeit lernen

Als Pascal (alle Namen geändert) in meine Praxis kam, war er äußerlich gesehen „erfolgreich“. Er studierte im Masterstudiengang Maschinenbau, hatte eine feste Freundin, eine Ehe zogen sie in Betracht. Er lebte immer häufiger in ihrer Wohnung. Folgende Probleme benannte er: „Ich möchte selbstständiger werden, aber meine Eltern setzen mich mit ihrer finanziellen Unterstützung für meine Wohnung unter Druck. Um meine Entscheidungen frei treffen zu können, muss ich mich von ihnen wohl finanziell ganz ablösen und mir mein Leben selbst verdienen!“

Allerdings fühlte es sich für ihn an, als würde er seinen Eltern die Freundschaft kündigen. Alles in ihm sträubte sich gegen diese Entscheidung. Sie führte bei ihm zu Ängsten, starker innerer Unruhe sowie Grübeln mit depressiven Gefühlen. Seine Mutter entwickelte Sorgen um ihn, konnte nachts nicht mehr schlafen und warf ihm vor, nichts mehr mit ihnen zu tun haben zu wollen. „Mir war damals nicht bewusst, dass diese Situation nur die Spitze eines großen Eisbergs von Situationen und Mustern war, denen ich mich stellen musste“, erinnert sich Pascal.

In den Gesprächen wurde mir klar, dass Pascals Probleme ihre Wurzeln im Familiensystem haben mussten, sodass wir uns auf eine Spurensuche begaben. Wir bildeten einen Familienstammbaum (Genogramm) über vier Generationen und entdeckten, dass in der Linie seiner Mutter die Frauen oft herrisch waren, während die Männer zu Gewalt neigten. In der Linie seines Vaters hingegen arbeiteten die Männer viel und waren abwesend. Darüber hinaus führten wir eine Familienaufstellung mit Holzfiguren durch, um die Konstellation seiner Familie in der Kindheit zu analysieren. Hier stellte sich heraus, dass Pascal sich stark von seiner Mutter unterdrückt fühlte. Sie legte ihre Angst auf ihn und war häufig gereizt und überfordert. Die Figur seines Vaters stand schräg hinter der Mutter, da er andauernd arbeitete und zu Hause müde war. Pascal stellte fest: „Mir fehlte ein starkes Vorbild, das mir beibrachte, wie man sich verteidigt und dass man sich für sich selbst einsetzen darf.“

Er war – tiefenpsychologisch gesprochen – als Erwachsener gefangen in einem Konflikt der Kontrolle versus Unterwerfung. In einer Entwicklungsphase, in der er als Kind begann, sich selbstwirksam zu erleben, neue motorische Fähigkeiten auszuprobieren (wie z. B. Krabbeln), mit individuellen Bedürfnissen, und auch mal Nein zu sagen, ist er wahrscheinlich zu sehr kontrolliert und entmutigt worden. Anstatt Autonomie zu lernen, hat Pascal sich den Eltern „unterworfen“, ist gehorsam und angepasst geworden, um ihre Liebe nicht zu verlieren. In einer Lebensphase, in der er naturgemäß immer selbstständiger werden wollte und musste, fühlte er unbewusst den Druck, sich unterzuordnen. Diese tiefe innere Spannung kam an die Oberfläche und die unbewussten Ängste haben einen Konflikt entfacht. Je mehr er diese zugrunde liegende Problematik verstand, desto besser konnte er sich von den Vorstellungen seiner Eltern abgrenzen und erlebte, wie die Symptome zurückgingen.

Sylvia: Selbstwert entwickeln

Sylvia hätte überglücklich sein können. Sie hatte zwei Ausbildungen und war erfolgreich und zufrieden in ihrem Beruf. Ihr Freund hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht. Sie konnte sich darüber aber nicht freuen. Sie wurde ihm gegenüber immer aggressiver und ausfallender. War sie allein, musste sie viel weinen. Sie empfand sich als ungenügend und bedeutungslos, sie verstand die Welt nicht mehr. Auch hier half ein Blick in das Familiensystem, denn der Selbstwert-Konflikt, der zum Vorschein kam, war bereits in ihrer Kindheit angelegt.

Sylvias Vater war ihr gegenüber respektlos und übertrat ständig ihre Grenzen, zum Beispiel, indem er ihre Tagebücher las. Ihre Mutter war überfordert und nicht in der Lage, ihre Tochter zu schützen. Zugleich war Sylvia aber für ihre Individualität und Selbstwertentwicklung darauf angewiesen, in ihren Eltern liebevolle Vorbilder zu sehen, die auf ihr Kind stolz sein können. Da ihr diese Bestätigung verwehrt blieb, zog sich Sylvia resignativ in ein Gefühl der Bedeutungs- und Wertlosigkeit zurück und versuchte, durch Leistung Bewunderung und Anerkennung zu bekommen. In ihrer jetzigen Beziehung fühlte sich Sylvia in ihre Kindheit versetzt und bediente sich früherer Lösungsansätze: Sie versuchte Anerkennung durch Leistung und durch die Abwertung ihrer eigenen Person zu bekommen. Aber in ihr stieg auch verborgene Wut auf. Erst in der Therapie verstand sie, dass ihre Kindheit und das Verhalten ihrer Eltern alles andere als normal und gesundheitsfördernd für sie gewesen waren.

Zur seelischen Stabilisierung und Neuorientierung war für sie als erster Schritt ein (vorübergehender) Abstand zu ihren Eltern wichtig, da die Bindung immer noch sehr eng und die schädlichen Muster aktiv waren. In weiteren Schritten arbeiteten wir vor allem mithilfe von Imaginationen (dem Herstellen von inneren Bildern) schmerzhafte Erinnerungen durch, in denen das Kind von damals Hilfestellung und Korrektur erfahren konnte, sodass sich innere Glaubenssätze und tief verankerte Grundgefühle verändern können. Auf diese Weise können negative neuronale Netzwerke neu verknüpft bzw. überschrieben werden und schon in der Kindheit entstandener Stress kann abgebaut werden. Sylvia ist auf dem Weg, sich als wertvoll anzunehmen, ohne dafür etwas Besonderes leisten zu müssen, und auch ihre – bis dahin unbewusste – Frustration und Wut zu verarbeiten.

Das sind nur zwei Beispiele, wie wir durch die Aufarbeitung von familiären Systemen oder unerfüllten Grundbedürfnissen Konflikte aufdecken und seelisch gesunden können. Daraus ergibt sich für uns als Eltern, die Grundbedürfnisse unserer Kinder im Blick zu behalten (siehe dazu den Artikel auf S. 42) und auch in uns selbst hineinzuschauen, wo wir unbewusst Konflikte in uns tragen. Es muss nicht immer sein, dass schwerwiegende Symptome entstehen. Aber wenn es dazu kommt, ist professioneller Rat in jedem Fall angemessen.

Bindung – verbunden mit Gott

Was schützt uns nun also vor solchen Fehlentwicklungen, und was brauchen unsere Kinder, um die vor ihnen liegenden Entwicklungsstufen zu bewältigen und seelisch gesund zu sein und bleiben zu können? Auch später als Erwachsene? Sie brauchen das Gefühl, sicher gebunden und um ihrer selbst willen geliebt zu sein.

Und ich staune darüber, dass uns Gott genau das in seinem Bund mit uns anbietet. Er gibt uns diese Wärme, diese Nähe, dieses Verständnis und diese Geborgenheit. Sein Bund basiert nicht auf Bedingungen, sondern auf seinem Versprechen von Treue und Vergebung. Läuft bei mir etwas schief, bietet er Heilung und Wiederherstellung an in und durch Jesus Christus. Er liebt mich für immer und ewig und die tiefste Heilung beginnt dort, wo wir (wieder) in diesen Bund eintreten. Übertragen wir dieses Modell des Bundes auf unsere Familien und Beziehungen, kann ich – verbunden, sicher, geliebt und fröhlich in Gott – das Gute für den anderen suchen und lernen, mit meinen Mitmenschen in einer Bündnisbeziehung zu leben, so wie Gott mit mir.

Marion Geissler ist Psychologische Psychotherapeutin und arbeitet in Kassel in einer Praxis. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Depression, Angststörung und Co.: Wohin kann ich gehen? Diese Adressen helfen konkret

Psychische Erkrankungen sind kein Sonderfall. Wenn die Belastung zu groß wird, gibt es viele Hilfen – sogar ohne lange Warteliste!

Wenn das Knie schmerz oder der Kopf brummt, wissen wir genau, an wen wir uns wenden müssen. Und zumindest beim Hausarzt müssen wir nicht lange auf einen Termin warten. Doch wenn die Psyche belastet ist, sieht das oft ganz anders aus.

Es ist längst kein Tabu mehr, eine Psychotherapie zu machen. Prominente reden offen darüber, es wird immer bekannter, dass niemand „verrückt“ ist, der eine Therapie braucht oder wünscht. Immerhin sind laut Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) jedes Jahr 27,8 Prozent der Menschen in Deutschland von einer psychischen Erkrankung betroffen und etwa die Hälfte aller Menschen erlebt im Laufe seines Lebens zumindest einmal eine Depression, Angststörung oder andere psychische Erkrankung. Somit zählen seelische Belastungen nicht zur Ausnahme, sondern sind ein normaler, häufiger Bestandteil des menschlichen Lebens.

Lebensberatungsstelle hilft gegen Wartezeiten

Und doch gibt es noch immer viel zu wenige Therapieplätze, weil zu wenige Kassensitze zur Abrechnung freigegeben werden. Deshalb sind die Wartezeiten oft lang, sie betragen laut Bundespsychotherapeutenkammer durchschnittlich vier bis fünf Monate. Zur Überbrückung sind häufig Termine in einer Lebensberatungsstelle oder, für Kinder und Jugendliche, in einer Erziehungsberatungsstelle hilfreich. Dort arbeiten ausgebildete psychosoziale Fachkräfte, die zwar noch keine Therapie anbieten können, aber stabilisierende und klärende Beratung im Angebot haben. Kostenlose Anlaufstellen in der Region (z. B. von der Diakonie, Caritas und AWO) sind beispielsweise über den Online-Beratungsführer dajeb.de zu finden.

Beratungsstellen sind generell die richtige Adresse, wenn es nicht unbedingt um eine psychische Störung (oder nur mit leichten Symptomen), sondern eher um die Klärung schwieriger Lebensfragen und -situationen geht. Hier kann auch eine Seelsorge gute Dienste leisten. Seelsorge ist eine geistliche Beratungsform, bei der neben bekannten Beratungstechniken zusätzlich Aspekte des Glaubens einbezogen werden. Die Beziehung zu Gott kann in den Prozess integriert werden, auch das Gebet kann zu einem seelsorgerlichen Gespräch dazugehören. In vielen Kirchengemeinden gibt es Seelsorgeangebote, zudem lassen sich Adressen in Verzeichnissen wie cstab.de oder acc-deutschland.org finden.

Bei Krankheit hilft Psychotherapie

Wenn hingegen die Belastung Krankheitswert bekommt, ist auf Dauer Psychotherapie zu bevorzugen. Krankheitswert bedeutet, dass die Symptome (z. B. Ängste, starke Niedergeschlagenheit, ausgeprägte Antriebslosigkeit) so stark sind, dass sie die Funktionsfähigkeit im Alltag deutlich einschränken oder drohen, dies bald zu tun.

Psychotherapeutinnen und -therapeuten sind unter therapie.de oder über die Psychotherapeutenkammer des Bundeslandes (z. B. „Psychotherapeutensuche Psychotherapeutenkammer NRW“ in eine Suchmaschine eingeben) zu finden. Hilfreich sind auch die sogenannten Terminservicestellen der Bundesländer. Dort können Betroffene sich melden und bekommen dann einen ersten Kontakt zu einer therapeutischen Praxis vermittelt. In den sogenannten Sprechstunden können sie überprüfen, ob die „Chemie“ zum Therapeuten stimmt – wenn nicht, dürfen sie selbstverständlich wechseln. Klientinnen und Klienten sollten hier nicht zögern – wie bei körperlichen Symptomen dürfen sie erst einige Ärzte „testen“, bis sie den richtigen gefunden haben.

Versichertenkarte reicht

Psychiaterinnen und Psychiater sind übrigens Ärztinnen und Ärzte, die auf die Behandlung psychischer Erkrankungen spezialisiert sind. Sie bieten jedoch keine ausführliche Therapie an, sondern meistens nur gelegentliche Gespräche und Medikation. Dies kann anfangs oder zur Überbrückung sinnvoll sein, ersetzt jedoch keine gründliche Therapie.

Übrigens, ein häufiger Irrtum: Für den Besuch bei einem Psychotherapeuten braucht man keine Überweisung – die Versichertenkarte reicht völlig aus.

Bei besonders schweren psychischen Belastungen kann es sein, dass eine ambulante Behandlung, beispielsweise einmal pro Woche, nicht ausreicht. Dann kann eine Behandlung in einer psychiatrischen Klinik sinnvoll sein. Auch das kann in einer ambulanten Therapie geplant werden.

Melanie Schüer ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Autorin (neuewege.me).

Von Liedern und Tränen: Das erlebt eine Psychologische Beraterin auf der Isolierstation

Corona hat das Leben von Christina Ott grundlegend verändert. Als Beraterin steht sie Ärzten und Patienten zur Verfügung. Und hält auch mal die Hand zum Abschied.

Und wieder trete ich in voller Schutzmontur ans Bett einer schwer erkrankten Patientin. Eben wurde ihre Zimmernachbarin häppchenweise von mir gefüttert. Nun kann ich mich Frau W. zuwenden. Wir kennen uns schon. Heute wirkt die kleine Frau besonders zerbrechlich. Sie liegt schwach in ihren Kissen und schaut mich aufmerksam an. Die Sauerstoffmaske hat ihren Nasenrücken wundgescheuert. Ich greife behutsam ihre Hand. Unser Gespräch bringt uns zum Lied „Der Mond ist aufgegangen“. Frau W. freut sich, dass ich es auch kenne.

Erst beginne ich die Melodie zu summen. Dann fange ich einfach zu singen an. Frau W. stimmt mit kurzatmigen Textfetzen ein. Ich verlangsame mein Tempo, bis wir ein Gleichmaß gefunden haben. Als ich mich im Text verhasple, sagt Frau W. geduldig: „Das macht nichts“. Mitten in der vorletzten Strophe – der Strophe vom Sterben – weiß ich nicht mehr weiter. Beim Singen für meine Kinder hatte ich sie immer übersprungen. Die letzte Strophe kommt dann wieder flüssig: „… verschon‘ uns Gott mit Strafen und lass uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbarn auch.“

Irgendetwas tun im Corona-Chaos

Eigentlich hatte ich den Beruf der Krankenschwester vor einem Jahr an den Nagel gehängt. Nach zahlreichen psychologischen Ausbildungen wollte ich einer anderen Leidenschaft folgen. Deshalb ging ich im April 2020 in die Selbständigkeit als Psychologische Beraterin, Referentin und Autorin. Doch Corona machte mir einen Strich durch die Rechnung. Der Start verlief eher holprig. Viele Aufträge mussten abgesagt werden. Im Herbst schnellte die Zahl der registrierten Coronafälle in unserem Landkreis Schmalkalden-Meinigen dann nach oben. Die Thüringer Landesregierung startete einen Aufruf, mit dem medizinisches Personal reaktiviert werden sollte. Das ließ mich etwas in die Tat umsetzen, was schon länger in meinem Hinterkopf präsent war.

Anfang Januar bot ich dem Elisabeth-Klinikum Schmalkalden meine Mitarbeit als Krankenschwester an. Ich wollte wenigstens irgendetwas tun können in dieser akuten Notlage. Damit kam der Stein ins Rollen: Mein psychologisches Know-how stach der Pflegedienstleiterin ins Auge, der zuständige Chefarzt setzte sich für eine Anstellung ein und der Verwaltungsleiter machte es möglich. So fand ich mich innerhalb weniger Tage auf der Isolierstation wieder. Als Krankenschwester mit spezieller Aufgabenstellung.

Im Schutzanzug ist Naseputzen unmöglich

Durch diese neue Arbeit hat sich mein  Leben verändert. Angesichts der harten Realität, in die ich nun mit eingebunden bin, ist ein Stück meiner Leichtigkeit verflogen. Dafür kam mehr Tiefgang dazu. Das erlebe ich als Bereicherung. Natürlich ist persönliches Erleben immer ganz anders als Vermutungen aus sicherem Abstand. Schon am ersten Tag hatte ich Grundlegendes zu lernen: Schutzanzug anziehen? Ja sicher. Und dabei nichts verkehrt machen. Es geht schließlich auch um meine Gesundheit. Also konzentrieren und jedes Detail beachten. Wer erst einmal im Isolierbereich ist, sollte für längere Zeit dortbleiben. Naseputzen? Ist nicht möglich. Ich frage eine routinierte Kollegin, wie sie das Problem löst. Sie zuckt die Schultern und antwortet pragmatisch: „Hochziehen“. Was die gute Kinderstube verboten hat, bleibt hier als einzige Option. Genauso wenig ist es im Isoliertrakt möglich, einen Schluck Wasser zu trinken oder zur Toilette zu gehen.

Persönlichen Bedürfnisse werden automatisch zurückgestellt, um Covid-19-Patienten zu versorgen. Die Schwestern der Station machen das seit Monaten. Obwohl ihre Erschöpfung spürbar ist, tun sie tagtäglich diese schwere Arbeit: Pflege unter widrigsten Umständen. Keine Schwester hat das während ihrer Ausbildung in dieser Form gelernt. Das Gleiche gilt für Ärzte. Auf ihnen lastet enorme Verantwortung. Und eine wirkliche Entlastung ist nicht in Sicht. Das Telefon klingelt und holt meine abschweifenden Gedanken abrupt wieder ins Stationsgeschehen.

Patienten müssen mit Folie abgedeckt werden

Eine neue Patientin wird angekündigt für das eben freigewordene Bett. Zwei Schwestern ziehen los. Beim ersten Mal erschütterte der Vorgang mich noch: Der infektiöse Patient muss mit Folie im Bett oder Rollstuhl abgedeckt werden. Für sein Gesicht bekommt er behelfsmäßig ein Loch eingerissen. Auf diese Weise von vermummten Schwestern abgeholt werden, bedeutet seelischen Stress für die Menschen. Sie kommen über die Notaufnahme, von anderen Stationen oder werden im ambulanten Bereich „rausgefischt“. Wenn sich dann die Tür der Isolierstation hinter dem Patienten schließt, ticken die Uhren anders. Das Personal lässt sich nur noch über die Stimme oder über die Art der Bewegung wiedererkennen. Den schnellen Sprung ins Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen, etwas nachzufragen oder auf die Klingel zu reagieren, gibt es auf der Isolierstation nicht.

Seltsame Behauptungen von Mitbürgern

Ärzte und Schwestern können nur ratlos den Kopf schütteln, wenn Mitbürger behaupten, es wäre alles nicht so arg und es gäbe keine Übersterblichkeit. Dabei wäre es doch ein Leichtes, Ärzte und Schwestern zu befragen, die tagtäglich mit dieser Thematik zu tun haben. Doch offensichtlich benutzen manche Menschen lieber andere Quellen. Solche Behauptungen reichen bis auf die Isolierstation. Schwestern erzählten mir, dass sie da schon krasse Episoden erlebt hätten. Es gab tatsächlich Patienten, die sich lächerlich machten über die notwendigen Schutzmaßnahmen. Das stelle man sich vor: Ausgerechnet die Menschen bekommen das an den Kopf geworfen, die sich selbst in Gefahr begeben, um die Ignoranten vor den schlimmsten Folgen zu schützen.

Corona ist fies

Meine eigene Sicht auf das Virus ist im letzten Jahr mitgewachsen. Ende März 2020 hatte ich mein druckfertiges Buch „Unvollkommen glücklich – Vom Mut, ich selbst zu sein“ um ein aktuelles Kapitel ergänzt. Darin geht es um Mut in unsicheren Zeiten und es gibt erste Coronabezüge. Schon damals flößte mir das Virus Respekt ein. Gleichzeitig waren Zuversicht und Gottvertrauen immer meine Begleiter. Auf der Isolierstation steht mir nun deutlich vor Augen, was ich vorher eher mit dem Kopf verstanden hatte: wie tückisch und unberechenbar dieses Virus ist. Und wie massiv es unseren Anspruch auf ein Leben nach eigenen Vorstellungen hinterfragt. Ich erlebe nun ganz existenziell, was ich damals aus der psychologischen Perspektive so beschrieb: „Kaum etwas hilft uns mehr aus emotionaler Bedrückung, als etwas Sinnvolles tun zu können. Für uns und für andere.“

Als bunt zusammengewürfeltes Team funktionieren

Es fühlt sich einfach richtig an, hier zu sein als Ansprechpartnerin für medizinisches Personal. Die Ärzte nutzen dies im Rahmen von regelmäßigen Teamsupervisionen. Mit Schwestern ergeben sich die besten Gespräche beim gemeinsamen Arbeiten. Immer schwingen dabei persönliche Belastungen mit. Die eine hat Trouble in der Familie. Der andere macht sich Gedanken darum, wie sein Zwölftklässler demnächst das Abitur bewältigen wird. Leiharbeitskräfte sind weit weg von Zuhause und wissen nicht, wie sie die Freizeit in unserer derzeit „schlafenden“ Kleinstadt nutzen können. Unser Team auf der Isolierstation ist bunt zusammengewürfelt aus Pflegerinnen und Pflegern, die bereit gewesen sind, sich dort einsetzen zu lassen. Es stellt die Beteiligten täglich vor Herausforderungen, Hand in Hand zu arbeiten, ohne als echtes Team zusammengewachsen zu sein.

Ein Brief muss reichen

Ich komme mit einer unserer neuen Patienten, Frau Sch., ins Gespräch. Sie erzählt mir, dass ihr Mann ebenfalls im Haus liegt und noch gar nicht weiß, dass sie nun auch eingeliefert wurde. Nun will sie ihn besuchen – unmöglich. Ein weißes A4-Blatt hilft weiter. Die Patientin diktiert, ich schreibe. Gemeinsam suchen wir passende Worte, um den herzkranken Mann gleichzeitig informieren und beruhigen zu können. Der letzte Satz sprudelt aus Frau Sch. heraus: „Wir drücken uns gegenseitig die Daumen, dass wir noch viele schöne Stunden mit unseren Enkeln erleben können. Deine J.“ Anschließend bringe ich den Brief auf die andere Station. Ich darf ins Zimmer des Patienten. Er liegt zusammengerollt in seinem Bett. Die Langeweile lässt er gern unterbrechen. Nachdem ich den Brief vorgelesen habe, reiche ich ihn Herrn Sch. Er steckt das gefaltete Blatt mit einer raschen Bewegung unter sein Kopfkissen. In seinen Augen schimmern Tränen.

Ich möchte es den Menschen leichter machen

Natürlich gibt es Situationen, in denen auch ich nicht weiß, was ich sagen oder tun soll. Dann gebe ich trotzdem, was ich habe: ein offenes Ohr, ein weites Herz und den einen oder anderen weiterführenden Gedanken. Ich mag den Leitspruch der Pastorin Monika Deitenbeck-Goseberg, die kurz vor Ausbruch der Pandemie in Deutschland verstarb. Sie sagte immer wieder: „Wir sind dazu auf der Welt, um es anderen leichter zu machen zu leben, zu lieben, zu leiden und zu glauben.“ Wie weise. So zeigt sich Christsein von der besten Seite. Deshalb bin ich gern dabei. Ich möchte es Menschen leichter machen – Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten, Schwestern und den Verantwortlichen des Hauses. In unserer Menschlichkeit sind wir alle gleich bedürftig nach Zuspruch, Wertschätzung und Unterstützung. Als der Verwaltungsleiter unter seine Mail den kurzen Satz schrieb: „Schön, dass Sie bei uns sind“, war das eine echte Bestätigung für mich.

Abschied von Frau W.

Als ich Frau W. beim nächsten Dienst wieder aufsuche, liegt sie im Sterben. Leise singe ich ihr noch einmal das Lied vor – „Der Mond ist aufgegangen.“ Ich habe den Text inzwischen aufgefrischt. Frau W. öffnet die Augen und wendet mir ihr Gesicht zu. Später will sie nur noch, dass ich still bei ihr bleibe und ihr die Hand halte. Zwischendurch sagt sie ein paar Mal: „Du bist ein liebes Mädchen!“ Gerührt antworte ich ihr: „Und Sie sind eine freundliche Frau.“ Ihre Hand hält mich fest, sobald ich eine kleine Bewegung mache, um mich leise zu entfernen. Ich schmunzle und bleibe noch länger sitzen. Später frage ich sie: „Darf ich Ihnen noch einmal die Lippen anfeuchten?“ „Gerne.“ Ihre Hand löst sich. Mit einem Stielschwämmchen wische ich Frau W. vorsichtig über die Lippen. Dann streichle ich sie zart und verlasse mit einem Segensgebet im Herzen leise das Zimmer.

Christina Ott ist Psychologische Beraterin. 2020 hat sie ihr Buch „Unvollkommen glücklich – Vom Mut, ich selbst zu sein“ (Francke) veröffentlicht.

Eine schlimme Entdeckung

Nur nach und nach kamen Pias Eltern dahinter, dass es beim Spielen mit einem älteren Mädchen zu sexuellen Übergriffen gekommen war. Diese Übergriffe haben schwerwiegende Folgen …

Als unsere Tochter Pia (Name geändert) fünf Jahre alt war, machten wir eine schlimme Entdeckung. Die 12-jährige Tochter von Bekannten, die gern mit unserer Kleinen spielte, hatte unbeaufsichtigte Zeiten im Kinderzimmer unserer Tochter und bei sich zu Hause dafür genutzt, stark grenzüberschreitende sexuelle „Spiele“ mit ihr zu erproben. Um nicht erwischt zu werden, entwickelte sie Strategien, die restliche Familie abzulenken und unsere Tochter massiv unter Druck zu setzen, damit sie nichts verrät. Bei sich zu Hause sperrte sie sie auch in einem Zimmer ein. Das alles konnte Pia uns nur ganz langsam, Stück für Stück erzählen. Vermutlich wissen wir bis heute nicht alles. Wir können aus ihren Erzählungen schließen, dass diese „Spiele“ ungefähr in dem Zeitfenster zwischen ihrem vierten und fünften Lebensjahr stattgefunden haben müssen.

Als wir unsere Bekannten darauf ansprachen, warfen sie uns vor, Pia hätte sich das alles ausgedacht. Wir hatten ihnen behutsam und ohne Vorwürfe von den Vorfällen erzählt. Deshalb waren wir sehr enttäuscht über diese Reaktion. Zum Schutz unserer Tochter haben wir den Kontakt daraufhin abgebrochen.

Kaum Experten zu finden

Seitdem sind mehr als zwei Jahre vergangen. Es war sehr schwierig für uns, die passende professionelle Hilfe zu finden. Für Kinder in diesem Alter scheint es keine spezialisierte, stationäre Behandlungsmöglichkeit zu geben, bei der Kinder mit einer Bezugsperson aufgenommen werden können. Zudem können nicht alle ambulant tätigen Kinderpsychologen diesen Bereich abdecken. Oder sie haben sehr lange Wartezeiten. Da wir im ländlichen Raum wohnen, verstärkt sich das Problem noch. Zu Rate gezogene Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie Ergotherapie, Heilpädagogik oder Psychotherapie haben auch noch mit gegensätzlichen Ansätzen versucht, Pia zu therapieren. Das hat uns Eltern verunsichert und dazu geführt, dass Pia Aggressionen gegenüber Therapeuten entwickelt hat.

Verletzende Bemerkungen

Schwierig ist es auch, in unserem Umfeld mit diesem Thema umzugehen. Wir würden uns manchmal am liebsten zu Hause verkriechen, um nicht noch mehr verletzt zu werden. Pia sieht man nicht an, was sie durchgemacht hat, und zu ihrem Schutz möchten wir es auch nicht jedem erzählen. Teile ihrer Persönlichkeit sind im Alter von drei bis vier Jahren stehen geblieben, weil da ihre Welt noch in Ordnung war. Andere Teile sind deutlich weiter als ihr biologisches Alter, sodass sie allein dadurch schon ein sehr gespaltenes Verhalten zeigt. Sie leidet so stark unter sich selbst, dass sie schon im Alter von sechs Jahren traurig und hilflos sagte: „Mama, ich halte mich nicht mehr aus, aber ich kann doch nicht vor mir selbst weglaufen!“ Sie ist oft aggressiv, leidet unter Zwangshandlungen und kann kaum entspannte Beziehungen zu anderen Kindern aufbauen.

Sprüche wie „Euer Nesthäkchen hat euch aber ganz schön im Griff!“ tun uns sehr weh. Sogar Menschen, die informiert sind, machen verletzende Bemerkungen: „Irgendwann muss sich das doch auch mal verwachsen haben!“ „Macht ihr da nicht aus einer Mücke einen Elefanten?“

Keine Besuche von anderen Kindern

Zum Glück konnten wir Pias Einschulung um ein Jahr verschieben. Inzwischen meistert sie den Schulalltag ganz gut. Sie hat Freude am Lernen und ist von ihren Fähigkeiten her auch gut in der Lage, die Anforderungen zu bewältigen. Sie möchte so sein wie die anderen Kinder und strengt sich sehr an, niemanden merken zu lassen, dass mit ihr „etwas nicht stimmt“. Sie genießt die Schulzeit, da sie dort in einem durch Lehrer/innen und Betreuer/innen geschützten Raum mit anderen ohne Angst spielen kann. Das schafft sie zu Hause oder bei Freundinnen nicht. Wir bekommen schon lange keinen Besuch mehr von Kindern, und Pia geht nie zu anderen Kindern zum Spielen.

Unerträgliche Konflikte

Fast alle Einladungen zu Kindergeburtstagen mussten wir absagen. Pia möchte es so gern und gerät immer in unerträgliche Konflikte, wenn sie Einladungen bekommt. Für mich als Mutter ist das schlimm. Ich muss die Entscheidung für sie treffen, ob wir nun zusagen oder absagen. Egal, wie ich entscheide, wird es für Pia nicht gut sein. Ich weiß nicht, was ich den anderen Müttern sagen soll. Ich möchte Pia schützen. Wem sagt man was und wie viel? Wir wohnen sehr ländlich, ich mache mir da nichts vor: Es wird geredet … Manchmal möchte ich allen die Wahrheit vor den Kopf knallen und schreien: „Lasst uns doch einfach in Ruhe! Ihr wisst ja nicht, was ihr da redet!“

Ein großes Stück Kindheit genommen

Für uns als Eltern ist es unerträglich traurig, dass unserer Tochter ein sehr großes Stück ihrer Kindheit genommen wurde. Auch an unseren deutlich älteren Söhnen ist die Belastung nicht spurlos vorbeigegangen. Besonders ich als Mutter mache mir große Vorwürfe, die Taten nicht rechtzeitig erkannt und verhindert zu haben. Seit Januar 2020 habe ich selbst auch endlich einen Platz bei einer guten Psychotherapeutin bekommen. Ich bin froh, über meine Sorgen mit einer außenstehenden Person reden zu können und Hilfe zu bekommen, wie ich die Last tragen kann, ohne daran zu zerbrechen.

Die Schuldfrage klären

Eigentlich sind wir nach fast zweieinhalb Jahren erst am Anfang der Aufarbeitung, dafür aber am Ende mit den Nerven. Im Moment leben wir von Tag zu Tag. Wir machen uns gerade auf den Weg, die Täterin mit ihrer Tat zu konfrontieren. Pia ist mittlerweile sehr wütend auf das Mädchen. Aus therapeutischer Sicht ist das gut. Sie will, dass die andere auch „bestraft“ wird und eine Therapie machen muss. Pias Therapeutin befürwortet das sehr. Für Opfer sei es zur Verarbeitung sehr wichtig, dass die Schuldfrage eindeutig geklärt sei, da sie sich meistens eine Mitschuld geben.

Hätte ich damals gewusst, wie groß der angerichtete Schaden ist, hätten wir die Taten dem Jugendamt gemeldet. Zwischendurch hatte uns die Kraft verlassen, noch eine Baustelle aufzumachen. Nun wollen wir es angehen.

Tochter soll ein Segen sein

Wenn ich abends nicht schlafen kann, weil mein Körper und mein Geist nicht zur Ruhe kommen, spüre ich oft ganz real, dass Gott mich selbst umarmt und mich mit tiefer Freude und innerem Frieden erfüllt. Meine Beziehung zu Gott ist noch enger geworden und das ist das Positive, das ich in all dem Leid trotzdem zu schätzen weiß. Pias Taufspruch ist: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!“ Das macht mir so viel Mut. Gott bereitet sie darauf vor, ein Segen zu sein! Eine wunderbare Verheißung!

Pia ist nicht nur der Missbrauch! Das ist für mich wichtig zu sehen. Sie ist Gottes geliebtes Kind, unsere Tochter, eine Schwester … Sie ist fröhlich, frech, liebt Pferde und unseren Hund, sie ist lebhaft, neugierig, durchschaut sehr schnell, ob jemand „echt“ ist, mag Deutsch, aber bloß kein Mathe. Sie ist eigentlich ein normales Mädchen, das leider etwas sehr Schlimmes erlebt hat. Mit Gottes Hilfe werden wir es schaffen, dass sie zu dem Menschen werden kann, den er sich gedacht hat.

Auf Andeutungen achten!

Ich bin mir sicher, dass es sehr viele Kinder gibt, die Ähnliches erlebt haben. Das Schicksal unserer Tochter ist kein Einzelschicksal, auch wenn es mir bei der Suche nach Hilfe oft so vorkam. Vielleicht wird es oft nicht entdeckt oder nicht ausreichend ernst genommen. Da es sich meistens um keine unbekannten Täter handelt, wird auch oft aus Angst und Scham geschwiegen.

Mein Appell an alle Eltern und Menschen, die mit Kindern zu tun haben, ist: Bitte achtet auf kleinste Andeutungen, die Kinder machen! Nehmt Verhaltensveränderungen, vermeintlich alberne Ticks, Aggressionen, Rückzug, Entwicklungsrückschritte ernst und versucht, erst die Ursache herauszufinden, bevor das unerwünschte Verhalten erzieherisch unterbunden wird. Duldet kein Unrecht, das an Kindern begangen wird! Und zerstört keine Kinderseele, um einen Täter zu schützen!

Die Autorin möchte zum Schutz ihrer Tochter und der minderjährigen Täterin anonym bleiben. 

 

Sexuelle Übergriffe – was tun?

Woran kann ich merken, dass mein Kind Opfer sexualisierter Gewalt wurde? Was soll ich in diesem Fall tun? Antworten von Beraterin Silvera Schmider.

Anzeichen von sexualisierter Gewalt an Kindern sind vielfältig und oft nicht eindeutig. Häufig sind es kleine Verhaltensänderungen: neue Ängste, die vorher nicht da waren. Plötzliche Schamgefühle, depressive Verstimmungen, unklare Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Alpträume, Einnässen. Wutausbrüche, das Meiden bestimmter Orte oder Personen. Sobald Eltern oder Bezugspersonen solche Verhaltensänderungen ohne erkennbaren Grund wahrnehmen, sollten sie das Gespräch mit dem Kind suchen.

Das Kind erzählen lassen

Schaffen Sie eine angenehme, vertraute und offene Atmosphäre. Sie könnten die beobachteten Verhaltensänderungen ansprechen und Ihrem Kind mitteilen, dass es über alles mit Ihnen sprechen kann. Manche Kinder erzählen dann sofort. Andere brauchen erst mal Zeit, bis sie zum Sprechen bereit sind. Wenn das Kind bereit ist, lassen Sie es frei erzählen. Ermutigen Sie es, über seine Ängste zu sprechen. Vermeiden Sie vorschnelle Kommentare und legen Sie dem Kind nicht Ihre Vermutungen oder Ängste in den Mund.

Und lassen Sie Ihr Kind nur so viel erzählen, wie es möchte. Bohrende Fragen führen eher zu einer Verunsicherung. Manche Kinder erzählen nur häppchenweise von den belastenden Erfahrungen. Fragen Sie nach den Gefühlen des Kindes. Manchmal hilft es, sich vom Kind über Emojis zeigen zu lassen, wie es sich zum Beispiel auf der Freizeit gefühlt hat. Oder welches Gefühl da war, wenn Person X dabei war. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es Ihnen alles anvertrauen kann.

Machen Sie Ihrem Kind auch deutlich, dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt. Über schlechte Geheimnisse sollte man mit seinen Eltern oder Vertrauenspersonen reden. Wenn es dann anfängt zu erzählen, lassen Sie es einfach reden. Hören Sie aufmerksam zu. Und ganz wichtig: Glauben Sie Ihrem Kind! Über sexualisierte Gewalt zu reden, ist für die Kinder sehr schwer.

Verletzungen dokumentieren

Sollte Ihr Kind äußerliche Verletzungen im Genitalbereich wie blaue Flecken oder Blutungen vorweisen, die es nicht plausibel erklären kann, nehmen Sie bitte sofort ärztlichen Rat in Anspruch. Sprechen Sie mit dem ärztlichen Fachpersonal die Wichtigkeit der Dokumentation an. Leider zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass darauf zu wenig Wert gelegt wird. In einer Kinderschutzambulanz, von denen es leider noch viel zu wenige gibt, kann eine gesicherte Dokumentation stattfinden. Dazu gehören Fotos mit Maßangaben ebenso wie genaue Beschreibungen der Verletzungen. Begleiten Sie Ihr Kind bei diesen Untersuchungen, erklären Sie die Maßnahmen und geben Sie den Gefühlen des Kindes Raum. Zeigen Sie Verständnis, Trost und Einfühlungsvermögen. Denn solche Untersuchungen sind für die Kinder äußerst belastend. Aber um einen Täter auch wirklich zur Rechenschaft zu ziehen, ist eine gesicherte Dokumentation von großer Wichtigkeit. Erklären Sie das Ihrem Kind.

Außerdem ist es hilfreich, mit einer Opferschutzorganisation (siehe „Hilfreiche Adressen“) vor Ort Kontakt aufzunehmen. Diese Stellen können beraten und Betroffene an entsprechend geschultes ärztliches Fachpersonal oder andere Stellen verweisen. Außerdem kann man die Adressen von engagierten Anwälten erfragen.

Den Täter anzeigen

Vor dem Gang zur Polizei schrecken viele Eltern zurück. Man möchte es lieber geheim halten, das Kind schützen. Doch wenn ein Täter einmal sexuell übergriffig geworden ist, wird er in der Regel weitermachen. Und meist gibt es bereits andere betroffene Kinder. Deshalb rate ich zur Anzeige. Vertrauen Sie dabei Ihrem Gefühl! Fragen Sie nach geschulten Polizisten oder Polizistinnen und einem kindgerechten Befragungsraum. Bitte verlangen Sie, dass die Vernehmung per Video aufgezeichnet wird. So kann man dem Kind erneute Vernehmungen ersparen.

Besonnen bleiben

Bei allem aber bleiben Sie ruhig und handeln Sie besonnen. Das Wichtigste ist: Ihr Kind hat die Situation überstanden und die Übergriffe werden gestoppt! Die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt löst die widersprüchlichsten Gefühle in einem aus. Ängste, Ohnmacht, Schuld, Versagen. All diese Gefühle helfen aber Ihrem Kind nicht weiter. Für die Eltern und Vertrauenspersonen heißt es jetzt: da sein, aushalten und lieben. Bleiben Sie in engem emotionalen Kontakt mit Ihrem Kind und sprechen Sie mit ihm jeden Schritt ab. Es ist ganz wichtig, dass Ihr Kind die Kontrolle behalten darf. Auch eine Vernehmung kann unterbrochen werden. Man muss nichts zwangsweise durchziehen. Wenn bei der Untersuchung nur ein Arzt da ist, Ihre Tochter aber von einer Ärztin untersucht werden möchte, dann bleiben Sie stark und setzen sich für Ihre Tochter ein. Ein erneuter Tabubruch im Intimbereich muss so gut wie möglich vermieden werden.

Viel Verständnis benötigt

Auch nach dem Offenlegen der Übergriffe können manche Reaktionen im Alltag der Kinder sehr heftig sein und scheinbar aus dem Nichts kommen. Das ist für Außenstehende, aber auch für Eltern und Vertrauenspersonen erst einmal schwer nachzuvollziehen. Aber schon ein Geruch, eine Farbe, eine Melodie oder ein Geschmack kann das Kind „triggern“ und die Erinnerung an den Übergriff wieder wachrufen. Ihr Kind braucht nun enorm viel Verständnis.

Gemeinsam mit Fachpersonen in Beratungsstellen oder psychotherapeutischen Praxen können Sie überlegen, wie Sie Ihr Kind weiterhin schützen und die Erlebnisse verarbeiten können. Für Ihren eigenen Schmerz suchen Sie sich ebenfalls einen Gesprächspartner oder eine Gesprächspartnerin. Ihr Kind ist nicht die geeignete Person dafür.

Sexualisierte Gewalt verursacht tiefe Verletzungen. Doch auch diese können heilen. Haben Sie Mut, werden Sie aktiv und holen Sie sich Unterstützung, um diese Übergriffe zu stoppen!

Silvera Schmider ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, leitet Gewaltpräventionskurse für Vor- und Grundschulkinder („Voll STARK“) und hat eine Beratungspraxis: seelsorgepraxis-schmider.de

Hilfreiche Adressen:

Deutscher Kinderschutzbund: dksb.de
Polizei Deutschland: polizei-beratung.de/opferinformationen/sexueller-missbrauch-von-kindern
Opferhilfe Deutschland: weisser-ring.de
Wildwasser e.V.: wildwasser.de
Zartbitter e.V.: zartbitter.de
Ankerland e.V. (Trauma-Therapie): ankerland.de
Erziehungsberatungsstellen Deutschland: bke.de
Opferhilfe Schweiz: opferhilfe-schweiz.ch
Kriminalprävention Schweiz: skppsc.ch
Beratungsstelle Schweiz: castagna-zh.ch
Beratungsstellen Österreich: gewaltinfo.at
Nein lass das! e.V. (Verein für Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen): neinlassdas.com

Angst vor der Geburt

„Meine Tochter (25) erwartet bald ihr erstes Kind und hat schreckliche Angst vor der Entbindung. Wie kann ich ihr helfen?“

Ängste in der Schwangerschaft, vor allem bei der Erstentbindung, sind sehr häufig: Fast jede zehnte Mutter ist davon betroffen. Die Schwangerschaft ist eine Zeit des Umbruchs, die einer Mutter viel abverlangt – körperlich, aber auch seelisch. Eine Schwangerschaft kann auch schon länger vorhandene Ängste oder Traumata reaktivieren.

ÜBER ÄNGSTE SPRECHEN

Es kann Ihrer Tochter guttun, wenn Sie sie etwas bemuttern und ihr Hilfe – nicht nur im Haushalt – anbieten, zum Beispiel durch Massagen oder Entspannungsübungen. Signalisieren Sie Ihrer Tochter gegenüber auch immer wieder Gesprächsbereitschaft. Wichtig dabei ist, ihre Gefühle und Ängste ernst zu nehmen und nicht zu beschwichtigen. Sagen Sie ihr immer wieder, dass sie nicht allein mit ihren Ängsten ist, dass es vielen Müttern so geht wie ihr und dass sie Hilfe und Unterstützung von der Familie und von Fachleuten bekommen kann. Hebammen, Doulas, Mütter- oder Familienpflegerinnen beispielsweise sind im Umgang mit Schwangeren und deren Ängsten geschult und können Hilfe anbieten.

Sehr hilfreich und entlastend für die Schwangere und ihre Angehörigen kann das Gespräch mit anderen Betroffenen sein, zum Beispiel in Foren und Selbsthilfegruppen. Zu hören, dass es anderen genauso ging, es ihnen aber mittlerweile wieder gut geht, beruhigt die Schwangere und macht ihr Mut. Auch fällt es Betroffenen diesen Müttern gegenüber oft leichter, über ihre Ängste und Gefühle zu sprechen, weil sie wissen, dass diese Ähnliches wie sie erlebt haben und sie dadurch gut verstehen können. Dieser Erfahrungsaustausch kann auch ein wichtiger Schritt sein, um sich die psychischen Probleme einzugestehen und sich gegebenenfalls professionelle Hilfe zu holen.

PROFESSIONELLE HILFE

Um den Schweregrad ihrer Ängste besser einschätzen zu können, kann die Schwangere einen Test machen. Wir haben einen Selbsteinschätzungstest auf unserer Homepage www.schatten-und-licht.de zur Verfügung gestellt. Sollte es nötig sein, kann sie einen Termin bei Schwangerschafts- oder psychosozialen Beratungsstellen, die sie bei der Stadt oder Gemeinde erfragen können, bekommen, die Sie bei psychischen Problemen beraten und ihr helfen, mit ihren Ängsten umzugehen.

Sind die Ängste sehr stark ausgeprägt, sollte die Schwangere ihren Hausarzt oder einen Facharzt für Psychiatrie aufsuchen, um sich gegebenenfalls eine Psychotherapie verschreiben zu lassen. Ein Therapeut kann ihr helfen, ihre Ängste oder Traumata aufzuarbeiten. Natürlich gibt es gegen starke Ängste auch unterstützende Medikamente, die auch in der Schwangerschaft genommen und von Fachleuten verschrieben werden können. Dazu beraten Fachstellen wie www.embryotox.de oder www.reprotox.de.

Sabine Surholt ist erste Vorsitzende der Selbsthilfe-Organisation Schatten & Licht e.V., die Frauen in Krisen rund um die Geburt unterstützt.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Schnelle Hilfe in Krisensituationen

Die im April 2017 geänderte Psychotherapie-Richtlinie soll die Erreichbarkeit von Psychotherapeuten verbessern. Das ermöglicht schnellere Hilfe bei akuten Problemen. „Diese Akutbehandlungen sichern aber noch nicht automatisch eine kurze Wartezeit für einen Therapieplatz“, erklärt der Psychologe Ralf Dohrenbusch im Interview. Er ist Leiter der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz des Instituts für Psychologie der Universität Bonn und Autor des Ratgebers „Psychotherapie“ der Verbraucherzentrale.

Herr Dohrenbusch, stimmt es, dass psychische Erkrankungen „boomen“? Wie viele Menschen in Deutschland leiden an einer psychischen Störung?
Grob geschätzt kann man sagen, dass fast jeder Zweite in Deutschland irgendwann im Laufe seines Lebens einmal von einer psychischen Störung betroffen ist. Das bedeutet aber nicht, dass alle auch behandelt werden müssen. Viele psychische Störungen bilden sich von selbst wieder zurück, wir sollten sie nicht automatisch als behandlungsbedürftige „Krankheiten“ ansehen.

Die im April 2017 geänderte Psychotherapie-Richtlinie definiert neue Leistungsangebote und soll die Erreichbarkeit von Psychotherapeuten verbessern. Was sind die wichtigsten Neuerungen?
Patienten haben nun einen Anspruch auf eine psychotherapeutische Sprechstunde, in der geklärt werden soll, ob der Verdacht auf eine behandlungsbedürftige psychische Störung besteht. Erst nach diesem Orientierungsgespräch können sie – wenn erforderlich – weitere Behandlungen in Anspruch nehmen. Die Abrechnungsmöglichkeiten für Gruppentherapien wurden verbessert, sodass in Zukunft wahrscheinlich mehr Gruppentherapien angeboten werden. Für kürzere Therapien müssen Therapeuten keine Anträge mehr schreiben und begutachten lassen, um die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zu sichern. Und sogenannte Langzeittherapien werden nun gleich mit 60 statt bisher mit 45 Sitzungen veranschlagt.

Ist unbürokratische Hilfe bei akuten Problemen oder in Krisensituationen ab sofort besser möglich?
Zumindest die Rahmenbedingungen wurden so verändert, dass bei akuten Problemen schnellere Hilfe möglich wird. Die sogenannte Akutbehandlung soll Betroffene in Krisensituationen kurzfristig entlasten und einer Verschlimmerung vorbeugen. Vermutlich führt dieses Angebot dazu, dass in Zukunft Psychotherapeuten auch häufiger bei stärkeren emotionalen Reaktionen auf normale Belastungssituationen wie Trennungen oder familiäre Konflikte in Anspruch genommen werden, auch wenn keine psychische Störung im engeren Sinne vorliegt.

Hat die neue Richtlinie Einfluss auf die oftmals lange Wartezeit für einen Therapieplatz?
Das wissen wir noch nicht. Die verpflichtende Sprechstunde soll sicherstellen, dass jeder mit psychischen Problemen zeitnah Kontakt zu einem Psychotherapeuten aufnehmen kann. Ein erstes Kontaktgespräch und auch die Möglichkeit einer Akutbehandlung sichern aber noch nicht automatisch eine kurze Wartezeit. Wir müssen abwarten, wie die Ideen der Reformer von den Therapeuten umgesetzt werden.

In welchen Fällen kommt eine Psychotherapie in Frage? Welche Alternativen gibt es bei psychischen Problemen?
Jeder kann eine Psychotherapie erwägen, der nicht oder nur sehr eingeschränkt in der Lage ist, belastende Denk- und Verhaltensweisen oder Gefühle zu regulieren. Normalerweise sollte man schon Anstrengungen unternommen haben, um die psychische Not zu lindern, bevor man eine Therapie ins Auge fasst. Wenn die eigenen Bemühungen gescheitert sind, kann es sinnvoll sein, sich eine Therapeutin oder einen Therapeuten zu suchen. Alternativen zur Psychotherapie der Krankenkassen gibt es in Deutschland bei psychischen und sozialen Schwierigkeiten auch durch städtische oder konfessionelle Beratungsstellen.

Wie erkennt man unseriöse Angebote?
Unseriöse Anbieter haben sich häufig darauf spezialisiert, einen schnellen und intensiven Kontakt zu ihren Kunden herzustellen, unrealistisch hohe Erwartungen an einen Behandlungserfolg aufzubauen und ihre Kunden frühzeitig in eine emotionale Bindung zu sich zu bringen. So wird es den Hilfesuchenden erschwert, eigene kritische Entscheidungen zu treffen und sich für andere Angebote zu entscheiden. Problematisch sind esoterische Angebote, Angebote mit hohen Anteilen an magischspiritistischem Denken, symbolischen Ritualen oder Ankündigungen von Wunderheilungen. Leider lassen sich manche Anbieter – auch im Internet – immer wieder neuen Quatsch einfallen, von dem sich psychisch labile Personen einfangen lassen. Zurückhaltung ist  auch bei überhöhten Preisen geboten, also bei deutlich mehr als 80 Euro pro Stunde.

Psychotherapie ist ein sensibler Bereich. Stichwort Datenschutz: Wie sorgsam wird mit den persönlichen und vertraulichen Themen umgegangen?
Die Therapeuten unterliegen der Schweigepflicht, können davon aber vom Patienten entbunden werden. Innerhalb des Versorgungssystems der Krankenkassen wird sorgsam und verantwortungsvoll mit persönlichen Daten umgegangen. Die Abläufe sind so organisiert, dass außer dem Behandler kein anderer Einblick in die Details der Probleme und des Therapieverlaufs erhält. Patienten sollten sich aber bewusst sein, dass die Inanspruchnahme einer Psychotherapie im Archiv der Krankenkasse gespeichert ist. Wer später eine Lebens- oder  Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen und dazu Auszüge aus seinen Krankenkassendaten vorlegen muss, kann diese Therapieleistung nicht verheimlichen und muss eventuell mit höheren Gebühren bei der neuen Versicherung rechnen.

Hat die Neuregelung Einfluss darauf, wie in Zukunft psychotherapeutisch behandelt wird?
Nein. Nach wie vor unterscheidet das Krankenkassen-Versorgungssystem verhaltenstherapeutische und tiefenpsychologisch begründete Behandlungsverfahren. Zwar werden durch die neuen Angebote eher kurzfristige stützende und auf Informationsvermittlung ausgerichtete Behandlungen stärker gefördert als längere beziehungsorientierte Therapien. Unabhängig davon sollten aber alle Patienten darauf achten, dass ihre Behandlung den Verlauf nimmt, den sie selbst für sinnvoll halten. Unverändert gilt, dass Patienten ihre Therapie immer auch aktiv mitgestalten und die relevanten Entscheidungen nicht allein ihrer Therapeutin oder ihrem Therapeuten überlassen.

Was kann man tun, wenn die Krankenkasse den Antrag auf Kostenübernahme ablehnt?
Wahrscheinlich werden die neuen Regelungen dazu führen, dass Anträge auf Therapien von Therapeuten ohne Kassenzulassung von den Krankenkassen häufiger abgelehnt werden. Bisher  konnten Patienten, die zeitnah oder wohnortnah keinen Therapeuten mit Kassenzulassung fanden, mit Begründung auf Therapeuten außerhalb des kassenärztlichen Versorgungssystems zugreifen. Das wird in Zukunft wahrscheinlich schwerer. Privatversicherte oder Selbstzahler sind davon nicht betroffen.
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