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Fremdverliebt: Zum Hochzeitstag bekommt Sina einen Liebesbrief – vom falschen Mann

Aus dem Nichts verliebt sich Sina Wendel [Pseudonym] in einen Vater aus der Kita. Plötzlich steht ihre Ehe vor dem Abgrund.

Es ist ganz plötzlich passiert. Ein Bekannter aus der Kita kommt zu Besuch und reißt mich aus dem Trott der Gefühle. Die sprichwörtlichen Schmetterlinge toben durch meinen Bauch, völlig unerwartet und ungewollt. Warum er? Warum trifft es mich so? Mir wird schnell klar: Er verkörpert all das, wonach ich mich zutiefst sehne. Die Zeit, die er sich für seine Kinder und auch für mich nimmt. Die tiefgreifenden Fragen, die er stellt. Die Art, wie er das ausspricht und mit Begeisterung tut, was ihm in den Sinn kommt. Er springt in eine Lücke meines Herzens und öffnet dort einen Raum der Sehnsucht.

Als ich mich in den Mann aus der Kita verliebe, gleicht meine Ehe eher einer Fahrt durch ein Industriegebiet als durch blühende Landschaften. Unsere beiden Kleinkinder brauchen viel Aufmerksamkeit und Geduld, manchmal mehr, als mein Mann und ich zu geben haben. Außerdem sind wir beide beruflich und ehrenamtlich sehr gefordert. In unseren Gesprächen und in der körperlichen Beziehung zueinander kämpfen wir ständig mit Ampeln und Staus, kurzum: Unsere Ehe läuft nicht mehr richtig rund.

Er erwidert die Gefühle

Nach der Begegnung mit dem anderen Mann möchte mein Herz unbedingt in dieser neuen, schönen Landschaft weiterfahren, doch mein Verstand erkennt die Gefahr und bremst mich. Nach einer Woche Schlaflosigkeit gestehe ich ihm, dem Bekannten, meine Gefühle – mit der Bitte um Abstand. Er empfindet auch etwas für mich, wie er unumwunden zugibt. Damit bringt er alles ins Rollen und treibt mich nach und nach fort aus meinem vertrauten Leben. Ich erfahre etwas, das ich so bisher nicht kannte – eine zweigeteilte Liebe in mir: erfrischendes Verliebtsein auf der einen Seite, tiefe Verbundenheit auf der anderen. Auf der Geisterfahrt meines Herzens entferne ich mich immer mehr von meinem Mann und allem, was mir bislang wichtig war: meinem Glauben, meinen Freunden und meinen Kindern. Denn trotz des Versuchs, Abstand zu halten, kommt es immer wieder zu zufälligen Zusammentreffen, die mir sehr nahe gehen. Ich verzweifle an der Macht, die mich mit aller Wucht gepackt hat und mich unwillkürlich in Richtung Ehebruch zieht.

In unserer Kleinstadt weiß jeder fast alles über den anderen. Ich bete und flehe und weiß keinen anderen Weg als den der Ehrlichkeit: Ich beichte das Verliebtsein meinem Mann, den ich eigentlich schonen wollte. Er reagiert verletzt und wütend. Ich bin getroffen von seiner großen Distanz mir gegenüber und der Distanz, die ich von nun an zum Anderen in aller Konsequenz halten soll. Der tägliche Kampf gegen den Wunsch, ihn wiederzusehen, mit ihm zu reden, ihm zu schreiben oder auch nur an ihn zu denken, beginnt. Jeder Tag erscheint mir wie eine Schlacht, die all meine Kraft kostet. Fast alles andere um mich herum weicht der Auseinandersetzung mit mir selbst in dieser Phase des Fremdverliebtseins.

Liebesbrief vom falschen Mann

Doch das innere Loslassen braucht wesentlich mehr Zeit als angenommen. Immer wieder gibt es Rückschläge durch unvermeidliche Begegnungen in der gemeinsamen Kita. Ein ständiges Auf und Ab. Dabei bin ich mir bewusst, dass mein Handeln weitreichende Konsequenzen für sieben andere Menschen hat. Denn der andere Mann ist sogar bereit, mit mir ein neues Leben anzufangen. Was ich nicht wusste: Die innerliche Trennung von seiner Partnerin hatte schon vor unserer Begegnung stattgefunden. Mein Mann spürt die Entfremdung zwischen uns als Ehepaar deutlich und ist im Alltag schnell gereizt. Mir wird ebenfalls alles zu viel: die Eifersucht und der Vertrauensverlust meines Mannes, das auf mich gerichtete Verliebtsein des Anderen und meine eigene Sehnsucht und Angst. Ich bin am Ende meiner Kräfte. In all diesem Durcheinander, das ich anrichte, hilft mir mein Glauben. Der christliche Glaube erzählt mir, dass Gott mich auch jetzt noch liebt. Nicht nur als brave Kirchgängerin, als Vorzeigemama oder Ehefrau. Ganz neu lese ich die Passagen in der Bibel. Jesus hört zu, verurteilt nicht gleich. Auch die Psalmenbeter leiden mit mir, wenn ich einfach nur traurig bin. Dafür bin ich unendlich dankbar und erfahre eine neue Tiefe des Glaubens, die mir zuvor verschlossen war.

Der Höhepunkt des Fremdverliebtseins ist zugleich der Tiefpunkt unserer Ehe. An einem Sommertag sehe ich den anderen Mann durch Zufall allein in der Stadt. Er umarmt mich und spricht davon, dass er meine innere Einsamkeit sieht, die mein Mann nicht erkennen kann. Am nächsten Morgen erhalte ich einen Liebesbrief zum Hochzeitstag, allerdings vom falschen Mann. Mein Ehepartner erfährt nichts von dem Treffen und dem Brief, aber er ahnt es instinktiv. Es kommt zu einem riesigen Streit mit meinem Mann, der zu tiefen Verletzungen auf beiden Seiten führt. Unser Vertrauen ineinander hat einen heftigen Schlag abbekommen. Ich erkenne, dass es so nicht weitergehen kann und beschließe deshalb, dass meine Kinder nach den Ferien die Kita wechseln werden. Der Wechsel klappt mit nur einem Anruf, meine Kinder werden beide zusammen in meiner Wunschkita aufgenommen. Was für eine Erleichterung in dieser schwierigen Situation!

Schleichende Besserung

Die dringend notwendige Behebung der Ursachen erfolgt schleichender. Uns wird bewusst, dass mein Fremdverliebtsein aufzeigt, was sich in den letzten Monaten und Jahren in die falsche Richtung entwickelt hat. Im verflixten siebten Jahr unserer Ehe sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir desillusioniert voreinander stehen. Farblos und langweilig erscheint uns der geliebte Mensch, alles andere ringsherum wirkt lebendiger. Mein Mann und ich brauchen beide Zeit, um uns gegenseitig ein „Ja“ wieder neu zusprechen zu können.

Bewusst suche ich die Nähe zu meinem Mann und gebe dafür die Kinder öfter bei den Schwiegereltern ab. Er ist zwar gekränkt, es hilft ihm jedoch, dass ich mit dem anderen nicht geschlafen habe. Ich erkenne mehr denn je, dass wir nur Hand in Hand alles andere in unserem Leben bestehen können: vom Ehrenamt über die Hausarbeit bis hin zur Kindererziehung. In einer Gesprächstherapie nimmt unser eingeschlafener Ehemotor schließlich langsam wieder Fahrt auf. Oft stotternd, grummelnd, holprig, doch der Dialog ist wieder da.

Froh über das „Nein“

Unser gemeinsames Navigationssystem, die Bibel, trägt mich und meinen Mann durch die schwierigsten Zeiten am Abgrund. Sie zeigt Grenzen auf und macht deutlich, dass Ehebruch einfach falsch ist und nichts Gutes bringt. Mein Mann hält an unserem Eheversprechen fest, es trägt ihn in all den Zweifeln an mir. Gleichzeitig lerne ich auf dieser Irrfahrt meine inneren Schätze neu kennen. Durch kreative Methoden wie Gedichte schreiben, in der Bibel zeichnen und ein Dank-Tagebuch führen kann ich einige Lebensthemen aufarbeiten.

Mittlerweile bin ich froh, dass ich dieses kleine „Nein“ dem Anderen gegenüber immer wieder ausgesprochen habe und die Krise überwunden ist. Es ist zum Symbol meiner Stärke, meiner Treue zu mir selbst, zu all meinen Werten und zu meinem Glauben geworden. Ich verstehe, warum Verzicht eine grundsätzliche Lebenskunst ist, die alle Religionen lehren und die jeder Mensch irgendwann lernen muss. Ich habe mich dafür entschieden, das Unperfekte in meinem Mann anzunehmen und er in mir. Wir sind wieder gemeinsam unterwegs und können dank unserer Gegensätzlichkeit viele Schwierigkeiten auf unserem Weg besser meistern. Zusammen setzen wir voll Zuversicht und neuer Freude unseren Weg fort.

Unter dem Pseudonym „Sina Wendel“ beschreibt die Autorin ihre Erfahrungen zum Fremdverliebtsein auch in einem Blog. Neben Tagebucheinträgen und Heilmitteln hat sie dort auch viele Gedichte zum Thema veröffentlicht. fremdverliebt.wordpress.com

Endgültig am Ende

Wann der Neuanfang nach dem „Seitensprung“ gelingen kann. Und wann der Zerbruch nicht aufzuhalten ist. Von Stanislaus Klemm

Ein Paar kommt in die Eheberatung. „Mein Mann ist öfters fremdgegangen“, so die Frau, „ich sehe keine Basis mehr, ihm zu vertrauen. Gibt es dennoch eine Chance, unsere Ehe zu retten?“ Die Erfahrung zeigt, dass diese Frage generell sicher genau so oft verneint wie auch bejaht werden könnte. Es spielen dabei ganz sicher viele Faktoren eine entscheidende Rolle. Was sind das eigentlich für Wege, d ie d ann e ntweder z um u nwiderruflichen A bbruch oder aber zu einem neuen Aufbruch führen können?

Man kann leicht zu dem Schluss kommen, dass die eheliche Treue heute nicht mehr hoch im Kurs steht und im Begriff ist, ein trauriges Auslaufmodell zu werden. Immer selbstverständlicher und alltäglicher wird vom „Fremdgehen“, von außerehelichen Beziehungen oder dem „Seitensprung“ gesprochen oder in den Medien berichtet. Vielfach wird die Liebe zweier Menschen geradezu lieblos in unüberlegter Begrifflichkeit als One-Night-Stand abgehandelt – nach dem Motto: „einmal ist keinmal“. Gleichzeitig gibt es aber auch einen ganz anderen Befund: Die Treue und vor allem die sexuelle Treue wird von Frauen und Männern, aber ganz besonders von Jugendlichen als eines der Fundamente gelingender Partnerschaft angesehen. Vielleicht steckt dahinter doch eine Ahnung davon, dass das eheliche Vermächtnis: „den anderen zu lieben, zu achten und ihm in guten wie in schlechten Tagen die Treue zu halten“ nichts Geringeres ist als der Ausdruck einer Wahrheit, die hinter jeder Liebe steht.

Wenn man als gläubiger Mensch hinter dieser menschlichen Liebe das Fundament einer noch größeren Liebe erkennt, dann erscheint uns Treue nicht mehr nur als „Verpflichtung“. Sie ist unsere ganz natürliche Antwort, vielleicht auf eine biblische Zusage, wenn Gott sagt: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“ (Josua 1,5) Und dennoch erfahren viele Männer und Frauen – zusammen mit ihren Kindern – immer wieder, dass sie vom anderen Partner hintergangen, betrogen und gedemütigt worden sind. Grund genug, die Partnerschaft für immer beenden zu wollen.

SELBST VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN
Von außen betrachtet scheint die Rollenverteilung klar. Es gibt einen Missetäter und ein Opfer. Wir sind da oft ähnlich schnell in unserem Urteil wie die Pharisäer, die eine ehebrecherische Frau zu Jesus schleppten, in der Hoffnung, er möge ihre Steinigung anordnen. Wir achten kaum auf das, was ihn zum Täter, sie zur Täterin machte oder „vorbereitete“. Hier gibt es dann auch Gründe genug, sich dieses verletzende Verhalten hinlänglich zu erklären. Friedrich Nietzsche lässt einmal in seiner Schrift „Also sprach Zarathustra“ eine Frau sprechen: „Zwar brach ich die Ehe, doch zuvor brach die Ehe mich!“

Kann sie den Seitensprung wiedergutmachen?

Katharina ist fremdgegangen. Ihren Mann Nick hat das schwer getroffen. Der Ehebruch liegt mittlerweile zwei Jahre zurück. Doch die Ehe hat sich davon nicht erholt. Nick möchte weder in ein Beratungsgespräch, noch mit Freunden darüber reden. Der Glaube ist für ihn keine Hilfe, da er für Religion nicht viel übrig hat. Nick fordert von Katharina, dass sie das, was sie getan hat, irgendwie wiedergutmacht. Sie weiß nicht, wie das gehen soll. Wie können die beiden zueinanderfinden?

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