Mein Mann ist in ständiger Sorge

„Wir haben nach der Geburt erfahren, dass unser Sohn einen Herzfehler hat. Er musste gleich operiert werden. Ich habe es mittlerweile ganz gut verarbeitet, aber mein Mann kommt nicht darüber hinweg. Er hat ständig Angst um unseren Sohn. Er hat das Trauma nicht aufgearbeitet und ist auch nicht der Typ, der über seine Gefühle redet. Wie kann ich ihm helfen?“

Wir hören in unserem Beratungsalltag sehr häufig, dass Mütter und Väter unterschiedlich mit „schlechten Nachrichten“ oder schwer krankem Familienzuwachs umgehen. Oft haben Mütter das Bedürfnis, darüber zu reden und Erfahrungen auszutauschen, während Väter im Internet aktiv sind oder sich in ihre Rolle als Ernährer zurückziehen. Auch sich aktiv Hilfe zu holen, scheint für Männer oft schwerer zu sein als für ihre Partnerinnen.

Männer leiden anders als Frauen

Manche leiden still, aber genauso intensiv – nur eben anders. Die Paarbeziehung gerät in den Hintergrund, die Eltern „funktionieren“ in der gemeinsamen Sorge um das herzkranke Kind. Für die Geschwister bleibt oft nicht mehr so viel Kraft und Zeit, wie diese es sich wünschen. Die sorgen sich ja auch und bräuchten viel Zuwendung und Erklärungen, warum jetzt alles so anders ist, seit das herzkranke Kind in die Familie kam. Ein Dilemma, für dessen Lösung die Familien Hilfe und Unterstützung brauchen.

Falls Sie es noch nicht getan haben, rate ich Ihnen, Hilfe über Eltern-Vereine in Anspruch zu nehmen. Bei Elterncoachings beispielsweise können Sie gemeinsatrm mit professionellen Coaches Ihre drängenden Fragen und Ängste besprechen und erhalten dort einen zuversichtlichen Blick in eine Zukunft mit dem oft chronisch herzkranken Kind. Und Sie lernen andere Eltern in ähnlichen Situationen kennen, mit denen Sie sich austauschen können. Corona-bedingt tauschen sich Väter, Mütter und Coaches derzeit in Online-Seminaren aus, was den Vorteil hat, dass beide Eltern gleichzeitig anwesend sein können.

Angebote speziell für Väter

Die Eltern-Vereine verhelfen Ihnen auch zu einer Familien- orientierten Reha (FOR). In Nachsorgekliniken können sich die belasteten Familien inklusive der Geschwister vier Wochen lang neu finden und Kraft tanken für den künftigen gemeinsamen Alltag. Dort gibt es auch Angebote speziell für Väter. Die Kosten trägt entweder die Renten- oder die Krankenversicherung.

Es gibt auch „Väter-Wochenenden“, die speziell die Bedürfnisse von Vätern ansprechen. In einem geschützten Raum können sie sich fallenlassen, sich jemandem anvertrauen und sich mit anderen Betroffenen austauschen. Hier können sie neue Methoden für den Umgang mit Rückschlägen erlernen und Kraft tanken.

Hermine Nock ist Geschäftsführerin beim Bundesverband Herzkranke Kinder e. V. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Webtipps:

www.bvhk.de
www.kohki.de
www.herzkind.de
www.kindernetzwerk.de
www.evhk.ch
www.herznetz.ch

Facebookgruppe: „Eltern und Familien herzkranker Kinder“

Zu früh für einen Babysitter?

„Mein Mann und ich waren seit der Geburt unseres Kindes vor ein paar Monaten nicht mehr gemeinsam aus, würden es aber gern mal wieder. Ab wann kann ich einen Babysitter engagieren, wie alt muss er/sie sein, was muss er/sie mitbringen und wie viel bezahlt man ihm/ihr?“

Ein Abend zu zweit ist eine sehr gute Idee. Nach der Geburt des Kindes besteht die Gefahr, dass die Eltern zunehmend „nur noch“ Vater und Mutter sind und ihre Identität als Liebespaar vernachlässigen. Um dem vorzubeugen, sind regelmäßige Paar-Zeiten ganz wichtig.

Das Baby sollte seinen Sitter kennen

Wann das wieder möglich ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Grundsätzlich dann, wenn Sie Ihr Baby mit gutem Gefühl eine Weile jemand anderem überlassen können und keine Faktoren wie Füttern, Krankheiten oder Ängste dagegensprechen. Wenn das Baby gestillt wird, stellt sich die Frage, wie lange Pausen es aushält. Wenn es zwei bis drei Stunden recht zuverlässig schafft, ist zum Beispiel ein gemeinsames Abendessen gut umsetzbar. Abpumpen erhöht die Flexibilität.

Wie gut kommt ihr Baby mit Trennungen zurecht? Die meisten Babys fangen mit fünf bis sechs Monaten an, Trennungsangst zu entwickeln, bei manchen kommt es schon früher vor. Man sollte daher dafür sorgen, dass das Baby den Babysitter vorher zumindest zwei- bis dreimal für einige Zeit kennenlernen konnte (im Beisein eines Elternteils) und auch vor dem Verlassen der Wohnung mindestens eine halbe Stunde zusammen mit dem Babysitter zum „Warmwerden“ einplanen, bevor man sich verabschiedet. Auf keinen Fall sollte man sich rausschleichen, sondern kurz und herzlich verabschieden. Wenn das Baby jünger als drei bis vier Monate ist, reicht es oft aus, wenn es den Babysitter ein- oder zweimal vorher kennengelernt hat, da Trennungsangst da meist noch keine Rolle spielt.

Babysitter in Rituale und Abläufe einführen

Der Babysitter sollte über alle wichtigen Abläufe, Rituale und Besonderheiten beim Schlafen, Wickeln und Füttern Bescheid wissen. Am besten zeigt man möglichst vieles davon schon einmal vorher: Wo ist der Schnuller, wann gibt es diesen? Wie schläft das Baby am besten ein, wie kann man es gut beruhigen?

Gerade bei Babys ist es meist gut, wenn der Babysitter schon volljährig ist. Es gibt aber auch Jugendliche, die schon viel Erfahrung und ein gutes Händchen haben, dann sollte man diese aber vorher sehr genau einweisen, prüfen, ob sie ausreichend souverän wirken und die vorhandene Erfahrung erfragen. Manche haben ein sogenanntes „Babysitter-Diplom“ über eine Schulung erhalten, das ist ein Pluspunkt.
Man sollte bestimmte Notfallnummern für den Babysitter sichtbar aufhängen und natürlich sicherstellen, dass man selbst erreichbar ist. Für den Anfang bietet es sich an, nicht zu weit wegzufahren, um möglichst rasch wieder zu Hause zu sein. Bei der Bezahlung sollte man sich bei volljährigen Babysittern am gesetzlichen Mindestlohn von 9,50 Euro pro Stunde orientieren. Jüngere Babysitter erhalten oft zwischen 6 und 8 Euro pro Stunde, je nach Region sind die üblichen Preise auch höher. In der Schweiz erhalten bis 15-Jährige bis 10, ältere bis 18 Franken pro Stunde.

Melanie Schüer ist Erziehungswissenschaftlerin, verheiratet, Mutter von zwei Kindern und als freie Autorin und Elternberaterin mit dem Schwerpunkt Schrei- und Schlafprobleme tätig (www.elternleben.de sowie www.neuewege.me).

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Ständig Angst ums Baby

„Seit meiner Schwangerschaft, aber besonders seit mein Baby auf der Welt ist, habe ich ständig Angst, dass es stirbt – am plötzlichen Kindstod zum Beispiel oder bei einem Unfall. Ist das normal? Und wie gehe ich mit der Angst um?“

Oh, wie gut kann ich mich an diese Zeit erinnern: die ersten Monate mit dem ersten Kind – eine ganz besondere Zeit im Leben. Zum einen spürt man die absolute Faszination für das Wesen, das im eigenen Körper gewachsen ist, und das Staunen über die Perfektion dieses kleinen Menschleins. Zum anderen gibt es enorm viele Fragen, Herausforderungen, Unsicherheiten und eben auch Ängste.

Oft werden alltägliche Dinge zu gefühlten Bedrohungen: stark parfümierte Besucher, die mein Kind auf den Arm nehmen wollen, eine laute Umgebung und erst recht der erste Schnupfen. Alles bekommt eine intensive Bedeutung und wird aus dem Blickwinkel heraus betrachtet, was die jeweilige Situation für mein Kind bedeutet und inwiefern es ihm schaden könnte. Wenn sich dann sogar der plötzliche Kindstod oder eventuell auftretende Unfälle in die Gedanken der jungen Mutter schleichen, dann kann das so manche von ihnen kaum aushalten und es entwickeln sich echte Ängste.

Wenn die Ängste zu stark werden

Viele Eltern kennen diese Ängste und bis zu einem gewissen Grad halte ich sie für normal. Die Verantwortung für ein so kleines Lebewesen zu tragen, ist eine große Herausforderung. Und gerade beim ersten Kind weiß man vieles noch nicht und ist in vielen Fragen entsprechend unsicher. Wenn diese Ängste mich jedoch in meinem Alltag zu sehr einschränken, lähmen und mir die Freude am unbeschwerten Umgang mit meinem Kind nehmen, dann ist es an der Zeit, sich mit diesen Ängsten intensiver auseinanderzusetzen und zu fragen, woher sie kommen.

Oft ist es in solchen Situationen hilfreich, sich Unterstützung zu suchen, zum Beispiel bei der Wochenbetthebamme oder der behandelnden Frauenärztin. Sprechen Sie offen über Ihre Gefühle und haben Sie keine Hemmungen, die Situation so zu schildern, wie Sie sie empfinden. Eine andere Möglichkeit wäre es, sich mit dem Verein „Schatten und Licht“ (www.schatten-und-licht.de) in Verbindung zu setzen, der sich auf psychische Probleme rund um die Geburt spezialisiert hat.

Sprechen Sie mit anderen Müttern

Manchen Müttern hilft auch ein einfacher Realitätscheck: Wie häufig passiert das, wovor ich mich fürchte? Und was sind die häufigsten Auslöser? Was kann ich also durch einen aufmerksamen Umgang mit meinem Kind vermeiden?

Für viele Mütter ist auch das Gespräch mit Frauen in der gleichen Lebenssituation das, was ihnen aus dem Grübeln und ihren Ängsten hinaushilft. Gehen Sie mit Müttern aus Ihrem Rückbildungskurs oder Krabbelkurs gemeinsam spazieren oder eine Tasse Kaffee trinken und tauschen sich über dieses neue Universum „Muttersein“ aus. Sie werden staunen, wie viele Frauen ähnlich empfinden wie Sie.

Martina Parrish ist Hebamme, Stillberaterin, Mutter, dreifache Oma und lebt in Berlin.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Schnuller? Oder kein Schnuller?

„Mein Baby (2 Monate) will ständig an meiner Brust nuckeln – ohne zu trinken. Mir ist das zu viel, auch weil ich ‚nebenbei‘ meinen dreijährigen Sohn betreuen und mich um den Haushalt kümmern muss. Ich war immer gegen Schnuller, aber nun überlege ich, unserem Baby doch einen anzubieten, damit sein offenbar großes Saugbedürfnis gestillt wird. Das kann doch nicht schaden, oder?“

„Mein Baby (2 Monate) will ständig an meiner Brust nuckeln – ohne zu trinken. Mir ist das zu viel, auch weil ich ‚nebenbei‘ meinen dreijährigen Sohn betreuen und mich um den Haushalt kümmern muss. Ich war immer gegen Schnuller, aber nun überlege ich, unserem Baby doch einen anzubieten, damit sein offenbar großes Saugbedürfnis gestillt wird. Das kann doch nicht schaden, oder?“

Kontroverses Thema

Der Nuckel – eines der dauerhaft kontrovers diskutierten Themen. Die einen lehnen ihn vehement ab, die anderen schwören auf ihn als eine gute Hilfestellung, um ein Baby zufriedenzustellen. Da es für beide Sichtweisen vielfältige und gute Argumente gibt, kann dieser Text nur einige wenige Denkanstöße geben, die Eltern hoffentlich helfen, zu einer eigenen Entscheidung in dieser Fragestellung zu kommen.

Ersten sechs Lebenswochen sind kritisch

Zunächst die Frage: Ab welchem Alter des Babys sollte denn überhaupt erst ein Schnuller angeboten werden? Kritisch sind die ersten sechs Lebenswochen des Babys. In diesem Zeitraum besteht die Gefahr, dass die Kinder in eine Saugverwirrung kommen, wenn sie einen Nuckel (oder auch eine Flasche) bekommen. Die Brustwarzen der Mutter sollten heil sein und nicht mehr schmerzen und die Gewichtsentwicklung des Kindes muss gut sein. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, darf der Schnuller zum Einsatz kommen.

Jede Mutter entscheidet selbst

Tatsächlich brauchen viele Säuglinge eine Möglichkeit, ihr Saugbedürfnis zu stillen, die über das Saugen während der Nahrungsaufnahme hinausgeht. Dies darf gern an der Brust der Mutter geschehen, wenn die Mutter das bejaht. Grundsätzlich ist aber jede Mutter frei zu entscheiden, ob sie das möchte oder nicht. Wenn eine Mutter entscheidet, ihre Brust nicht als Nuckel nutzen lassen zu wollen, muss eine Alternative gefunden werden, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, dieses grundlegende Bedürfnis zu stillen. Und damit wären wir beim Beruhigungssauger. Informationen zu Formen, Material, Beeinträchtigungen im kieferorthopädischen oder logopädischen Bereich erhalten Sie zum Beispiel auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Europäischen Institut für Stillen und Laktation.

Der Schnuller ist kein „Ruhigsteller“!

Zwei Dinge möchte ich Ihnen noch mitgeben, die Ihnen bei Ihrer Entscheidung helfen sollen: Zum einen möchte ich beim Einsatz des Nuckels davor warnen, das Kind bei jedem Muckser mit dem Schnuller zuzustöpseln. Die Versuchung ist groß, weil es so einfach ist. Bei einer solchen Vorgehensweise wird häufig leider nicht danach geschaut, welches Bedürfnis das Kind eigentlich gerade zum Ausdruck bringen möchte, sondern der Nuckel wird undifferenziert zum „Ruhigstellen“ benutzt. So sollte er bitte nicht eingesetzt werden.

Schnuller bringt Entspannung

Auf der anderen Seite kann der Einsatz eines Beruhigungssaugers viel Entspannung in eine Familie bringen, weil er dem Kind hilft, zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden. Ebenso kann er helfen, Stressmomente zu überbrücken – und dies ist besonders in Familien ein Segen, in denen es mehrere Kinder gibt, die alle ihre Bedürfnisse haben und zu ihrem Recht kommen müssen. Nun liegt der Ball bei Ihnen – viel Spaß bei der Entscheidungsfindung!

Martina Parrish ist Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin. 

Ist Kitzeln übergriffig?

„Meine Tochter (2) liebt es, ausgekitzelt zu werden – zumindest habe ich das bisher immer angenommen, weil sie uns häufig dazu auffordert. Nun wurde ich von einer anderen Mutter darauf hingewiesen, dass Kitzeln total übergriffig und Quälerei für Kinder sei. Ich bin verunsichert. Ist Kitzeln für Kinder schädlich?“

Beim Kitzeln geht es wie so oft um besondere Achtsamkeit für Grenzen. Gerade im Umgang mit uns Eltern – also ihren vertrautesten Personen – lernen Kinder ihre körperlichen Grenzen kennen. Und noch viel wichtiger: Dass andere Menschen diese respektieren müssen.

Das Kitzeln stellt uns hierbei vor eine besondere Herausforderung: Das Problem ist nämlich, dass uns die Reaktion der Kinder signalisieren kann, dass sie Spaß haben, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Die normale körperliche Reaktion auf Kitzeln ist Lachen. Doch wir lachen nicht unbedingt, weil wir belustigt sind oder diesen Zustand genießen. Lachen ist in diesem Fall nur ein Reflex. Selbst Menschen, die tatsächlich durchgekitzelt werden, um sie damit zu quälen, lachen dabei. Lustig oder gar angenehm ist ihnen aber nicht zumute.

Nur sanft und kurz kitzeln

Wenn wir über das Kitzeln von Kindern sprechen, ist es wichtig zu schauen, wie es abläuft. Kitzeln kann eine angenehme Form des Körperkontakts sein. Das ist immer dann der Fall, wenn es als leichte Berührung und nur für relativ kurze Zeit stattfindet und wenn das Kind möglichst schon vorher weiß, was kommt, also wo es gekitzelt wird. In meinen Eltern-Kind-Kreisen haben wir beispielsweise Lieder, die Massage- und Streicheleinheiten mit einem kurzen Kitzelmoment verbinden, den wir vorher in der jeweiligen Liedstrophe benennen. Diese Art des Kitzelns bezeichnet man auch als sanftes Kitzeln. Sie ist nicht übergriffig und führt auch nicht zwangsweise zu einem Lachreflex.

Davon zu unterscheiden sind Kitzelattacken. Davon spricht man, wenn jemand festgehalten und wirklich durchgekitzelt wird und sich nicht dagegen wehren kann. Diese Art des Kitzelns kann sich für den Betroffenen mitunter sogar schmerzhaft anfühlen. Auf jeden Fall ist es nicht angenehm.

Ein Nein akzeptieren

Wenn Ihre Tochter Sie auffordert, sie zu kitzeln, meint sie wahrscheinlich eher eine sanfte Form. Dagegen spricht überhaupt nichts. Doch wie so oft sind die Übergänge von sanftem zu nicht mehr so angenehmem Kitzeln fließend. Und hier sind wir als Eltern gefragt. Wir kennen unsere Kinder am besten und können darauf achten, ab wann das Kitzeln aufhört, schön zu sein. Hilfreich ist es, wenn wir beim Kitzeln immer wieder Pausen einlegen und schauen, wie unser Kind reagiert. Und ganz wichtig ist, dass auch beim Kitzeln ein „Nein“ ein „Nein“ ist. Wenn ihr Kind äußert, dass es nicht mehr möchte, dann ist es an der Zeit, wirklich aufzuhören. Manchmal liegt hinter dem Wunsch, durchgekitzelt zu werden, auch einfach nur das Bedürfnis nach intensiver körperlicher Nähe. Eine gute Alternative finde ich hier wildes Kuscheln und Toben, in das man immer mal wieder kurzes, sanftes Kitzeln einbauen kann.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Elternund Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter www.eltern-familie.de.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

Freies Spiel macht kreativ

„Macht es Sinn, bei meinem zweijährigen Kind freies Spiel zu fördern? Wie stelle ich es an? Und warum ist es so wichtig, wie alle immer sagen?“

Freies Spiel – also vom Kind selbst initiiert und unbeeinflusst vom Erwachsenen – ist sehr wichtig für die kindliche Entwicklung. Denn dabei eignet es sich Wissen über seine Umwelt mit Hilfe eigener Fähigkeiten und in seinem eigenen Tempo an. Beim freien Spiel ist das Kind kreativ, findet Lösungen für Probleme, übt sich in Ausdauer und Geduld und macht vielfältige Sinnes- und Materialerfahrungen.

Man kann nicht früh genug damit beginnen, sein Kind diesbezüglich zu fördern. Schließlich helfen ihm diese Fähigkeiten sein ganzes Leben lang. Wer gelernt hat, selbst Lösungen zu finden und sich allein mit etwas zu beschäftigen, ist unabhängiger und entwickelt durch die vielfältigen Erfahrungen ein stabiles Selbstbewusstsein.

Zeit zum Nichtstun

Wir haben bestimmt schon alle erlebt, dass wir unseren Kleinen Spielzeuge angeboten haben, im Glauben, dass sie genau das gerade bräuchten. Aber sie haben es keines Blickes gewürdigt. Das Spielzeug, welches wir als gut befunden haben, passte in diesem Moment nicht in den Entwicklungsplan des Kindes. Es ging sozusagen an seinem Thema vorbei. Genauso ist es mit durchgeplanten „Frei-Zeit“-Aktivitäten. Wir wollen unseren Kindern das Beste bieten, vergessen aber oft, dass die Kinder nicht primär Unterhaltung, sondern Zeit brauchen, um Gesehenes zu verarbeiten, einzuüben und schließlich zu verfestigen. Übung macht bekanntlich den Meister. Also planen Sie öfter Zeit ein, in der Ihr Kind einfach „nichts“ tut.

Der Erwachsene sollte in solchen Zeiten nur die Beobachterrolle einnehmen und nur dann Hilfestellung leisten, wenn das Kind es ausdrücklich wünscht. In solchen Situationen beschäftigen sich Kinder mit dem, was sie gerade bewegt. Sie handeln intuitiv und arbeiten höchst motiviert an ihren Entwicklungsthemen.

„Wichtiges“ verschieben

Achten Sie darauf, welche Materialien das Kind wirklich interessieren. Was hat es immer wieder in der Hand? Welche Tätigkeiten übt es immer wieder aus? Ist es ihm möglich, sich mit diesen Materialien allein zu beschäftigen? Oder müssen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden? Oft interessieren Kinder die Materialien, die auch wir ständig in der Hand haben, zum Beispiel beim Kochen, Putzen, Arbeiten oder bei der Gartenarbeit. Stellen Sie Ihrem Kind ein sicheres Paket zusammen und lassen Sie es damit herumexperimentieren. Im Alter von zwei Jahren ist beispielweise schütten, werfen, klettern, rennen oder Fahrzeuge fahren oft sehr beliebt.

Wenn freies Spiel geschieht, verlangt es von uns Erwachsenen ein gewisses Maß an Spontanität. Fragen Sie sich deshalb: Ist das, was Sie eigentlich vorhatten, wirklich wert, den Lernprozess des Kindes zu unterbrechen? Ist es jetzt, wo das Kind gerade so schön spielt und lernt, wirklich nötig, einkaufen zu gehen? Zeit können Sie nicht einkaufen oder herunterladen. Zeit muss man sich noch ganz altmodisch nehmen.

Anika Schunke ist Erzieherin, bietet Bewegungskurse für Eltern und Kinder an und lebt mit ihrer Familie in Eggenstein bei Karlsruhe.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Auf das Baby vorbereiten

„Wir erwarten unser zweites Kind. Ich habe Angst, dass unsere Tochter (2) eifersüchtig werden könnte. Wie kann ich sie jetzt schon auf die Ankunft ihres Geschwisterchens und ihre Rolle als große Schwester vorbereiten?“

Bereiten Sie sich gemeinsam mit Ihrer Tochter aufs Baby vor: Lassen Sie sie Babysachen aussuchen, das Kinderzimmer mit einrichten oder die Schränke einräumen. Es kann der großen Schwester helfen, ihren neuen Platz zu finden, wenn sie sich wichtig und gebraucht fühlt. Fragen Sie sie, wenn das Baby da ist, ruhig oft um Hilfe. Egal, ob es ein Glas Wasser ist, das während des Stillens gereicht wird oder die Windel beim Wickeln. Oder überlegen Sie gemeinsam, ob Sie alles für das Baby eingepackt haben, wenn Sie das Haus verlassen. Geben Sie ihr die Chance, sich als wertvollen Teil der Familie wahrzunehmen.

NEGATIVE GEFÜHLE ZUGESTEHEN

Doch all das ändert eins nicht: Für Ihre Tochter ist die Ankunft eines Geschwisterkindes ein einschneidendes Erlebnis, das nicht nur mit positiven Gefühlen einhergehen kann. Sie muss die Aufmerksamkeit und Zuwendung ihrer Eltern, die sie vorher für sich hatte, teilen. Auch Erwachsene fühlen sich in Situationen unwohl, in denen ihr sicher geglaubter Platz wankt. So würde wohl kaum jemand akzeptieren, dass der Partner eine weitere Person mit in die Beziehung bringt. Gestehen Sie Ihrer Tochter daher auch negative Gefühle wie Trauer, Wut und Eifersucht gegenüber dem neuen Kind zu.

Wichtiger, als diese Gefühle zu verhindern, ist es, Kinder darin zu begleiten. Für Ihre Tochter ist das, was in ihr vorgeht, mitunter sehr verwirrend. Denn neben Freude und Verliebtheit in das neue Wesen und auch Stolz, nun die Große zu sein, hat sie eben auch die ganzen anderen Gefühle. Sie nimmt auch wahr, dass sie die Einzige ist, die so fühlt, weil sie ja sieht, dass Sie als Eltern sich uneingeschränkt freuen. Sie können ihr in dieser Situation helfen, wenn Sie ihr Worte für das geben, was sie fühlt. Sprechen Sie an, was Sie wahrnehmen. „Ich sehe, dass du traurig bist, weil ich schon so lange mit dem Baby beschäftigt bin und du warten musst.“ Zeigen Sie ihr, dass das, was sie empfindet, empfunden werden darf.

NICHT SCHIMPFEN ODER STRAFEN

Oft steckt hinter dem Wunsch, Eifersucht zu vermeiden, die Angst, dass das Geschwisterkind dem Baby gegenüber grob werden könnte. Dass gerade kleine Kinder, die sich noch nicht gut ausdrücken können, ihren Frust so zeigen, ist möglich. Haben Sie Ihre Tochter also im Auge und seien Sie präsent. Wenn sie das Baby ärgert, gehen Sie sanft dazwischen. Machen Sie sich klar, dass Ihre Tochter das nicht tut, um wirklich jemanden zu ärgern. Sie kann in solchen Situationen noch nicht anders handeln. Schimpfen oder Strafen würden die Wut auf das Baby verschlimmern. Bedenken Sie: Mit zwei Jahren ist Ihre Tochter zwar jetzt die Große, aber trotzdem noch ein Kleinkind.

Stellen Sie dem großen Geschwisterkind eine weitere Bezugsperson an die Seite. Das kann der Elternteil sein, der sich weniger um das Baby kümmert, aber auch Großeltern oder erwachsene Freunde, die regelmäßig kommen, um exklusiv Zeit mit der großen Schwester zu verbringen.

Daniela Albert ist Eltern- und Familienberaterin, lebt mit ihrer Familie bei Kassel und bloggt unter www.eltern-familie.de.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

„Ihr Verhalten ist uns unangenehm“

„Unsere Tochter (1,5) schubst und schlägt andere Kinder – wenn ihr jemand zu nahe kommt zum Beispiel, oder wenn sie sich freut oder aufgeregt ist. Was können wir tun?“

Kinder unterscheiden sich in ihren Interessen und ihrem Temperament. Auch Gefühle bringen sie unterschiedlich zum Ausdruck: Manche weinen, stampfen oder werfen sich zu Boden, wenn sie sich ärgern oder wütend sind. Andere schlagen, beißen oder schubsen, auch dann, wenn sie sich freuen oder aufgeregt sind. Für Sie als Eltern ist dieses Verhalten oft sehr unangenehm. Dabei hat das vermeintliche „Fehlverhalten“ wenig mit Ihnen zu tun.

KEINE BÖSE ABSICHT

Das Gehirn des Kindes entwickelt sich erst. Während das „Gefühlszentrum“ schon angelegt ist und Ihr Kind unterschiedliche Gefühle wahrnehmen kann, ist sein „Vernunftshirn“ noch in der Entwicklung. Um wichtige Verbindungen zwischen „Gefühlszentrum“ und „Vernunftshirn“ herzustellen, braucht das kindliche Gehirn noch einige Jahre. Erst diese Verbindungen ermöglichen es ihm, sich bei bestimmten Gefühlen angemessen zu verhalten.

Vor allem in Stresssituationen funktioniert das im Kleinkindalter ohnehin nur rudimentär angelegte „Vernunftshirn“ noch weniger. Das „Gefühlszentrum“ bestimmt dann das Verhalten Ihres Kindes: Überfordert von den intensiven oder negativen Gefühlen, weiß es sich nur mit einfachen, reflexhaften Handlungen (schlagen, schubsen) zu helfen. Der Situation angemessene Verhaltensweisen muss sie noch lernen. Erst im Alter von drei bis vier Jahren fangen Kinder an zu verstehen, dass sie anderen mit ihrem Verhalten wehtun können. Es steckt also keine böse Absicht dahinter.

SEIEN SIE EIN VORBILD

In Situationen, die Ihre Tochter stressen oder starke Emotionen hervorrufen, können Sie ihr wichtige Hilfestellungen geben. Ihre Tochter reagiert nicht grundlos mit Schubsen und Schlagen, auch wenn die Gründe für das Verhalten nicht immer leicht zu verstehen sind. Überlegen Sie, wie sie sich wohl in Situationen fühlt, in denen sie gehäuft schubst oder haut. Was möchte sie mit ihrem Verhalten erreichen? Vermutlich schubst Ihre Tochter beispielsweise ein zu nahe kommendes Kind (nennen wir es Lara), weil sie sich in ihrer persönlichen Sicherheitszone verletzt fühlt und diese verteidigen möchte. Wehrt sich Lara daraufhin, ist Ihre Tochter frustriert oder fühlt sich noch bedrohter.

Seien Sie deshalb in der Nähe Ihrer Tochter, wenn sie mit anderen Kindern zusammen ist. So können Sie schnell reagieren, wenn ihr ein Kind zu nahe kommt. Sagen Sie ihr: „Du möchtest nicht, dass Lara dir zu nahe kommt? Schau, so kannst du es ihr zeigen.“ Seien sie dann ein Modell für Ihre Tochter (nennen wir sie Maria), indem sie freundlich mit Lara sprechen: „Lara, Maria möchte nicht, dass du ihr so nahe kommst. Kannst du dich bitte hierher stellen?“ So lernt Ihr Kind im Zuge seiner normalen Sprachentwicklung auch, eigene Grenzen zu wahren.

Seien Sie immer wieder ein gutes Modell, indem Sie Ihrer Tochter sagen und zeigen, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten kann. Sie braucht Sie als Übersetzungshilfe ihrer Gefühle und als Vorbild, um sich in Zukunft eigenständig sozial kompetent ausdrücken und verhalten zu können. Haben Sie Geduld!

Sandra Maul ist Psychologin und lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn bei Gießen.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Die Windel loswerden

„Wie kann ich meiner Tochter (2,5 Jahre) dabei helfen, trocken zu werden?“

Trockenwerden ist ein Thema, das oft für Unsicherheit sorgt – da sind die einen, oft aus der älteren Generation, die schon die Augenbrauen hochziehen, wenn zum ersten Geburtstag noch kein Töpfchen besorgt wird. Und dann die anderen, die der Meinung sind, Kinder dürften auch noch mit fünf Jahren eine Windel tragen.

Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte: Mit ein bis zwei Jahren ist es für die meisten Kleinkinder noch zu früh, um trocken zu werden. In der Regel kann der Schließmuskel erst mit drei bis vier Jahren gut kontrolliert werden. Dennoch zeigen manche Kinder schon vorher Interesse am Töpfchen – dann spricht nichts dagegen, sie diese neue Situation spielerisch kennenlernen zu lassen. Wenn Ihre Tochter Interesse zeigt, bieten Sie ihr ruhig an, sich auf die Toilette oder das Töpfchen zu setzen, wenn Sie mögen, auch während Sie selbst zum WC gehen. Zu Hause oder bei gutem Wetter draußen können Sie Ihre Tochter ohne Windel herumlaufen lassen und zwischendurch fragen, ob sie zum Töpfchen gehen möchte.

BLOSS KEIN DRUCK!

Kurz vor dem dritten Geburtstag kann man anfangen, das Thema etwas intensiver anzugehen: öfter nach Gelegenheiten ohne Windel suchen und den Töpfchenbesuch anbieten. Kinderbücher wie „Jakob und sein Töpfchen“ oder „Moritz Moppelpo braucht keine Windel mehr“ helfen, das Thema interessant zu machen.

Wichtig bleibt die Devise: Kein Druck! Wenn Eltern drängeln oder gar schimpfen, weckt das im Kind nur Widerstand. Vielmehr sollte man sich über jede „Sitzung“ – ob mit oder ohne „Erfolg“ – freuen, das Kind loben und gleichzeitig entspannt bleiben, wenn es mal nicht klappt oder das Kind plötzlich nicht mehr will. Dann ist es empfehlenswert, es erst einmal hinzunehmen, bis das Kind wieder Bereitschaft zeigt.

Wenn Ihr Kind mit etwa dreieinhalb Jahren noch immer kein Interesse zeigt, hilft ein Besuch beim Kinderarzt, medizinische Ursachen auszuschließen. Wenn es diese nicht gibt, lohnt es sich, das Ziel „Windel loswerden“ neu anzugehen und attraktiv zu machen – mit einem besonderen Toilettenaufsetzer oder Töpfchen oder kleinen Belohnungen wie Stickern, die für jeden Töpfchenbesuch aufgeklebt werden dürfen. Manchmal ist das Motivation genug – wenn nicht, kann es ab einer bestimmten Anzahl Stickern (vier bis sechs) eine kleine Belohnung geben.

RÜCKFÄLLE SIND NORMAL

Wichtig ist, dass die Eltern an einem Strang ziehen. Ab etwa dreieinhalb Jahren sollte man nicht mehr nur warten, sondern die Sauberkeitsentwicklung geduldig fördern, weil es sonst passieren kann, dass man den Zeitpunkt verpasst und das Festhalten an der Windel zu einem Muster wird, das immer schwieriger zu durchbrechen ist. Wenn man merkt, dass das Thema zu einem Machtkampf geworden ist oder Stress auslöst, kann es sinnvoll sein, es für ein paar Wochen auf Eis zu legen. Auch ein paar Termine in einer Erziehungsberatungsstelle können Wunder bewirken, wenn es so gar nicht klappen will. Rückfälle sind völlig normal, und es dauert oft bis zum Alter von vier bis fünf Jahren, bis das Kind zuverlässig trocken ist – und auch dann können Unfälle noch vorkommen.

Melanie Schüer ist Erziehungswissenschaftlerin, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie ist als freie Autorin und Elternberaterin mit dem Schwerpunkt Schrei- und Schlafprobleme tätig (www.elternleben.de sowie www.neuewege.me). Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Das Baby schreien lassen?

„Meine Freundin lässt ihr wenige Wochen altes Baby schreien, damit es lernt, allein zu schlafen. Ich finde es nicht nur viel zu früh, sondern auch falsch. Was kann ich tun?“

Ihre Gefühle kann ich gut verstehen. Wichtig wäre mir noch zu klären: Was meint Ihre Freundin mit „allein schlafen“? Heißt das „ganz allein in seinem Bettchen, ohne seine Mama zu spüren“? Und wenn ja, wie kam Ihre Freundin dazu, so zu handeln?

OFFEN REDEN

Manche Babys schreien gerade in den ersten drei Lebensmonaten sehr viel und finden schwer in den Schlaf. In der Regel nimmt eine Mutter ihr schreiendes Baby ja intuitiv zu sich und versucht es zu trösten, bis es sich beruhigt hat. Doch das andauernde Schreien kann für Mütter sehr herausfordernd und gleichzeitig auch verunsichernd sein. Solche Erfahrungen machen sie empfänglich für Ratschläge von anderen, die nicht immer hilfreich und gut sind. Woher kommt dieser Rat? Welche Erziehungsvorstellung steckt dahinter? Womöglich: Die Erwachsenen geben vor, wie ein Kind „funktionieren“ soll, ohne dabei die kindlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Früher wurde dies oft so gehandhabt, und natürlich haben die Kleinen dann irgendwann resigniert und sind vor Erschöpfung eingeschlafen. Aber mit welch trauriger Grunderfahrung: „Niemand ist da, keiner hilft mir!“ Wie fühlt sich eigentlich die Mama dabei, wenn sie ihr Baby im Nebenraum schreien hört? Reden Sie offen und achtsam mit Ihrer Freundin. Fragen Sie sie, wie es ihr geht. Was sind ihre Sorgen oder Nöte? Wie würde sie es eigentlich lieber machen? Wer kann sie dabei ermutigen und ihr guttun? Wer kann sie praktisch unterstützen? Ich glaube, in ihrem „Mama-Herzen“ weiß sie, wie es richtig wäre, aber dafür braucht sie Mitgefühl und Entlastung.

URVERTRAUEN ENTWICKELN

Wenn ein Baby schreit, gibt es immer einen Grund dafür – auch wenn es satt und gewickelt ist. Oft, vor allem nach einer langen Wachphase, drückt es damit aus: „Es geht mir nicht gut, Mama, ich brauche dich! Ich bin so aufgewühlt, ich kann noch nicht einschlafen!“ Je kleiner es ist, umso mehr braucht ein Baby eine ruhige, vertraute Person, in deren Armen es sich gehalten fühlt und seinen Stress rausschreien darf. Diese Erfahrung ist wichtig, um Urvertrauen entwickeln zu können. Erst auf dieser Basis von Geborgenheit kann ein Kind zum späteren Zeitpunkt lernen, allein (ein-)zu schlafen.

Dazu braucht es aber Zeit (mehrere Monate), in denen kindliche Entwicklungsprozesse reifen können, Rituale vertraut werden und das Kind tief verinnerlicht hat: „Mama ist da, auch wenn ich sie nicht sehe oder spüre. Ich kann sie rufen und sie wird mir helfen, wenn ich sie brauche.“ Den Zeitpunkt kann man nicht vorher festlegen. Das Baby oder Kleinkind zeigt es von sich aus, wenn es sich entspannt ablegen lässt und Mama den Raum verlassen kann, ohne dass es schreien muss.

Beate Döbel arbeitet als Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin in eigener Praxis. Viele Jahre begleitete sie vor allem Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern. www.therapiepraxis-doebel.de Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com