Traut euch (was zu)!

„Mein Mann lässt mir zum Glück freie Hand.“ Dieser Satz einer Mutter in Bezug auf die Erziehung ihrer Kinder hat mich ziemlich geschockt. Da freut sich eine Mutter darüber, dass sie ihre Ideen unbehelligt von ihrem Mann umsetzen kann. Nur ein Einzelfall?

Eine andere Mutter schreibt in ihrem Blog darüber, dass sie ihre Tochter schon in der Kita angemeldet hatte, aber hin- und hergerissen war, ob das das Richtige sei. Sie schildert ihr Abwägen, Gespräche mit Freundinnen, schlaflose Nächte – ihr Mann (den sie offensichtlich hat) kommt bei diesen Überlegungen nicht vor. Kann natürlich sein, dass er im Blog nicht erwähnt werden möchte. Aber im Mama-Blog-Universum scheint auch nicht so wichtig zu sein, was der Papa meint …

Kürzlich haben wir auf Facebook einen Artikel geteilt, in dem sich ein Vater darüber beklagt, dass seine Tochter lieber von Mama im Kindergarten abgeholt wird. Daraufhin kam es zu einer Diskussion: Ist Mama deshalb bei Kindern die Nummer 1, weil Papa sich aus Unsicherheit oder Bequemlichkeit zurückhält? Oder liegt es an den Müttern, die den Vätern zu wenig zutrauen und meckern, wenn sie etwas anders machen?

Natürlich sind nicht alle Väter, Mütter und Kinder gleich. Aber ich habe den Eindruck, dass oft beides stimmt: Väter lassen sich schnell verunsichern, wenn das Baby oder Kind auf sie nicht genau so begeistert reagiert wie auf die Mama. Aber es ist nun mal so, dass Mama oft Bezugsperson Nr. 1 ist, Papa „nur“ Nr. 2. Sich dann aber zurückzuziehen und Mama machen zu lassen, ist genau die falsche Reaktion. „Jetzt erst recht!“ – das würde ich mir von Vätern wünschen: Jetzt erst recht kuscheln! Jetzt erst recht die Windel wechseln! Jetzt erst recht trösten! Jetzt erst recht vom Kindergarten abholen!

Und die Mütter? Die sollten den Vätern auch mal das Feld überlassen. Nicht erst, wenn sie nicht mehr können. Nicht nur dann, wenn Papa es genau so macht wie Mama. Vielleicht muss dann manches intensiver diskutiert werden. Aber auch Papas haben das Recht und die Pflicht, bei Erziehungsfragen mitzuentscheiden! Der Mama freie Hand zu lassen, klingt erst mal gut, ist meines Erachtens aber der falsche Weg!

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.

2 Kommentare
  1. Sonjschein sagte:

    Ja, Zutrauen und Vertrauen und auch wieder mal das so oft erläuterte LOSLASSEN (das so wichtig ist und zugleich so schwer fällt)… egal ob in Erziehungsfragen, zu-Bett-bring-Ritualen, Spülmaschine anders einräumen oder Wäsche knittrig aufhängen …. ich finde es super, wenn die Papas sich auf ihre Art einbringen und von den Kindern so erlebt werden. Von Adam und Eva her haben wir Damen es gerne im Griff und unter Kontrolle (mich inbegriffen); was leider oft nicht beziehungsfördernd wirkt … Wir gewinnen alle, indem wir unsere Kompetenz und Wahrnehmung nicht gegen die andere Herangehensweise unserer Partner ausspielen; sondern in kleinen Schritten lernen MEINS IST NICHT BESSER ALS DEINS!
    Und unseren Kindern ist das absolut zuMUTbar!

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  1. […] Er an Mathe, ich am Editorial. Joshua strahlt mich von der Seite an: „Papa, du bist ein toller Redakteur!“ Begeistert schiebt er nach: „Könnte ich nicht mal dein Nachfolger werden? Den gaaanzen Tag […]

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