„Fasse Mut, mein Herz!“

Eine kleine Karte flüstert den Spruch in mein Herz. „Fasse Mut!“ Ich gebe widerwillig meine Gegenworte: Wie denn? Die letzten Jahre haben mir Hoffnungsmut abverlangt und meine Stoßgebete täglich trainiert. Jeder Tag forderte neue Anpassungsfähigkeit und neue kreative Lösungen, um Nähe zu ermöglichen und Alltag zu leben. Nun zwinkere ich Tränen weg angesichts der Weltlage und komme mir klein vor und sprachlos.

Meine Mechanismen formen in meinem Denken derzeit einen Reaktionsweg, der tiefe Furchen in mein Gehirn ziehen. Muster, die sich gar nicht nach mir und meiner Persönlichkeit anfühlen. Eine Mischung aus „Ach lass mich in Ruhe!“ und Kreischalarm. Die Gehirnforschung zeigt, dass wir in Krisen neue Reaktionspfade anlegen und dabei Sätze oder Gesehenes, Gerüche und Geräusche damit verbinden. Sobald eine dieser Sinneserfahrungen erneut angestoßen wird, gibt es eine blitzschnelle Aktivierung des Krisenpfades. Ich reagiere nicht so reflektiert, entspannt, wohlwollend, sondern im Krisenmodus.

„Fasse Mut!“ Ich kann meine Augen von dem Ausrufezeichen nicht abwenden. Eine Forderung, eine Ansage. Seufzend suche ich den Autor – wer wendet sich an mich? Ich reagiere mittlerweile auf nett gemeinte Aufmunterungssprüche und sarkastischen Humor mit einer lähmenden Müdigkeit. Woher bekomme ich eine neue Sichtweise auf Herausforderungen?

In der Bibel gibt es viele Hinweise auf begründete Hoffnungssätze. Diese Kraftquelle von Gott kann mir erlauben, meinen Kriegspfad zu verlassen. Das Ausrufezeichen der kleinen Postkarte vor mir wird zu einer gesicherten Nachricht und einer begründeten Aussage. Ich darf wissen: Hier bei Gott kann ich Mut finden und mein Herz neu ausrichten. Ich starre die Karte an und möchte so gern die nächste Stunde, die nächste Messenger-Nachricht oder Mail mutiger aufnehmen. Wenn mein Gehirn auf Sinneserfahrungen reagiert, dann ist es auch möglich, Mut zu programmieren. Ich will meinen Tag füttern mit Mut in Musik, mit Menschen, die in allem mutig bleiben, mit frischen Düften und kleinen Geschmacks-Entdeckungen. Klingt zu banal? Meine Seele hat in den letzten Zeiten eine kostbare Arbeit geleistet und darf sich neu spüren und erfrischen.

„Fasse Mut, mein Herz!“

Mut, um weiter Möglichkeiten im Nichts zu erahnen.

Mut, um Unbequemes zu tun und zu sagen.

Mut, um zu teilen und zu bewahren.

Stefanie Diekmann ist Gemeindepädagogin in Göttingen und Mitarbeiterin im freien Redaktionsteam von Family und FamilyNEXT.