Wenn der Klassenkamerad das Geschlecht wechselt
Elternfrage: „Ein Klassenkamerad meines Sohnes (16) hat vom Selbstbestimmungsgesetz Gebrauch gemacht und hat jetzt einen weiblichen Namen. Wie würdet ihr das mit euren Teenagern thematisieren?“
Das ist nicht „Iiiiiihhh“
Über dieses Thema haben wir als Familie immer wieder diskutiert und die Argumente, die für und gegen die Akzeptanz der Geschlechtsänderung sprechen, offen zusammengetragen. Meine Kinder forderten von mir schon sehr früh die volle Akzeptanz, wenn ich mich eher herausgefordert gezeigt habe. Ihre Meinung haben sie durch die Schule und Social Media geformt. Ich erlebe jedoch auch, dass Jugendliche an der Schule, an der ich arbeite, mit einem „Iiihhh!“ und völligem Unverständnis reagieren, wenn sie eine Geschlechtsumwandlung mitbekommen.
Ich frage sie dann, ob sie der Richter sind und genau wissen, was richtig und falsch sei. Ob sie nachgefragt haben, was die Person dazu bewegt habe, sich für eine andere Geschlechterrolle zu entscheiden und wie sie das Gebot der Nächstenliebe deuten, wenn sie jemanden abstempeln und unüberlegt mit einem „Iiihhh!“ in eine Ecke katapultieren. Steht uns das als Menschen zu? Und was macht es mit meinem Nächsten, wenn ich so mit ihm oder ihr umgehe? Als Familie haben wir uns dazu entschlossen, diese Personen als Nächste zu sehen und auch so zu behandeln.
Stefanie Böhmann ist Pädagogin und individual-psychologische Beraterin. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Suche nach Frieden
Mir wäre es wichtig, mit meinem Sohn zunächst darüber zu reden, dass Jesus diesen Mitschüler unendlich liebt. Ich würde ihn sensibel dafür machen wollen, dass sein Mitschüler bis zu dieser Entscheidung bestimmt eine ziemlich schwere Zeit durchgemacht hat und dass er einen Weg sucht, um innerlich Frieden zu finden, sich körperlich und seelisch stimmig zu fühlen, sich als ganz zu erleben. Die Änderung seines Geschlechtseintrages und Namens ist sein Weg, den er mit der Hoffnung einschlägt, dadurch Frieden zwischen Körper und Seele zu finden.
Gleichzeitig würde ich meinem Sohn aufzeigen, dass ich davon überzeugt bin, dass ihm diese äußeren Veränderungen keinen schlussendlichen Frieden schenken können, weil er mit diesem Weg gegen seinen Körper „arbeitet“. Und gegen einen Teil von sich selbst zu sein, wird ihn immer in Unfrieden lassen. Deshalb wäre es mir ein Anliegen, meinen Sohn zu ermutigen, (mit mir) für seinen Mitschüler zu beten, dass Gott ihm in seiner Liebe begegnet, er Jesus kennenlernt und er Körper und Seele zueinander finden lässt, sodass seine Identität als junger Mann ganz hergestellt wird.
Tobi Schöll ist Papa von drei Kids, leitet den Christus-Treff Berlin und ist als Jugendevangelist unterwegs.
Entscheidung akzeptieren
Ich würde den Mut der Person loben, die diese Entscheidung getroffen hat. Unfreiwillig von der Norm abzuweichen, kann für viele Menschen ein hartes Los sein. Sich dieser Abweichung zu stellen und zu ihr zu stehen, verdient Respekt. Ja, die Bibel, so wie ich sie verstehe, sieht diese Abweichungen nicht vor. Da gibt es nur Mann und Frau, die jeweils das andere Geschlecht lieben. Doch unabhängig davon, wie man sich in diesem Dilemma zwischen biblischer Sexualethik und heutigen Moral- oder Gendervorstellungen positioniert: Diese Positionierung spielt bei der Entscheidung des Klassenkameraden keine Rolle.
Denn es ist seine Entscheidung, nicht meine. Und da seine Entscheidung keine andere Person schädigt, seine Freiheit also nicht die Freiheit anderer berührt, kann sie einfach akzeptiert werden. Und das tun junge Menschen für gewöhnlich auch – schwer tun sich nur die Erwachsenen.
Hauke Hullen ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften und hat fünf Kinder.
Nicht von Gottes Liebe abgeschnitten
In meinem nahen Umfeld gibt es zwei Jugendliche, die sich als transgender und queer geoutet haben. Sie haben es sich nicht ausgesucht, sich nicht in ihrem Körper wohlzufühlen. Ich kann mir nur annähernd die Zerrissenheit vorstellen, die diese Erkenntnis und die daraus resultierende Selbstfindungsreise für die Familie bedeutet. Das Selbstbestimmungsgesetz wurde in ihren Kernfamilien gemeinsam mit Sekt gefeiert und zeigte ihnen, dass sie gesehen und ernst genommen werden.
Die beiden haben genau wie alle anderen auch Menschenrechte. Sie brauchen vor allem Unterstützung von der Gesellschaft, damit sie die Möglichkeit haben, ihr Leben selbstbestimmt gestalten zu können. Es ist nicht an mir, das von außen zu be- und verurteilen. Glücklicherweise, so denke ich, sind wir nicht von Gottes Liebe abgeschnitten, weil wir uns in unserem Geburtskörper nicht wohlfühlen. Seine Liebe ist so groß, dass sie uns in unseren individuellen Lebenswegen umhüllt, sodass wir uns bei ihm gehalten wissen können, wenn es uns schier innerlich zerreißt.
Priska Lachmann lebt mit ihrer Familie in Leipzig. Sie ist Theologin, Journalistin und Autorin.








