Entwicklung von Babys: Nicht alle Tabellen sind hilfreich
Viele junge Eltern fragen sich, ob die Entwicklung ihres Babys gut verläuft und suchen im Internet nach Rat. Doch Vorsicht: Nicht jede Quelle ist wirklich zuverlässig!
Ein Blick ins weltweite Netz reicht aus – und schon finde ich Dutzende verschiedener Links zu Kalendern für die wichtigsten Entwicklungsphasen eines Babys. Ein Blick in viele verunsicherte und verängstigte Gesichter junger Mütter zeigt mir, mit wie viel Vorsicht all diese Tabellen zur Entwicklung zu genießen sind. Zu oft habe ich erlebt, dass es Eltern wortwörtlich den Schlaf raubt, weil ihr Kind einen bestimmten Entwicklungsschritt im vorgegebenen Zeitraum noch nicht gemacht hatte.
Eigenes Tempo
Damit will ich keinesfalls all diese Tabellen und Literatur verwerfen. Es kann hilfreich und wichtig sein, sich damit zu befassen, welche Entwicklungsschritte mein Kind gerade zu bewältigen hat. Es sollte sich dabei jedoch um verlässliche Quellen handeln. Und vor allem sollten Eltern bedenken, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat. Manche Babys drehen sich schon im zarten Alter von drei Monaten vom Rücken auf den Bauch, andere bewältigen diese herausfordernde Leistung eben mit sechs Monaten.
Manche Kinder fangen an zu „sprechen“, sobald sie aus dem Mutterleib geschlüpft sind (Sie merken, ich übertreibe), andere beschränken sich zwei Jahre lang auf die für sie wesentlichen Wörter. Und so könnte man viele Beispiele aneinanderreihen.
Meiner Beobachtung nach haben zudem sehr viele Säuglinge tatsächlich einen Entwicklungsschwerpunkt, also einen Bereich, den sie besonders stark „trainieren“ und in dem sie weiter sind als viele ihrer Altersgenossen. Andere Bereiche entwickeln sie dafür ein wenig später. Bei manchen ist es die Grobmotorik, bei anderen eher die Feinmotorik, das Lautieren oder das aufmerksame Beobachten. Durch intensives Zusammensein können Eltern diese für das Kind charakteristischen Themen herausfinden und ihr Baby unterstützen.
Der Blick aufs Kind
Einen guten Einblick in die wichtigsten Entwicklungsphasen bekommt man in den Elternbriefen vom Arbeitskreis Neue Erziehung. Und wer sich intensiver in das Thema einlesen möchte, ist mit Remo H. Largos Buch „Babyjahre“ gut beraten. Es liefert eine gute Übersicht über die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern, ohne unter Druck zu setzen, bestimmte Entwicklungsschritte im festgelegten Alter bewältigt zu haben. Außerdem ist es sehr übersichtlich gegliedert und kann praktisch als Nachschlagewerk genutzt werden. Aber Vorsicht: Der Blick ins Buch ersetzt nicht den Blick aufs Kind – ich bin sicher, das wissen Sie!
Martina Parrisch war viele Jahre lang Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin.