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Inakzeptabel!

Über die befreiende Kraft, sich seinen Schwachpunkten zu stellen.

Warum sorgen immer wieder Menschen für Skandale, von denen man es am wenigsten erwartet hätte? Menschen, die hohe moralische Ansprüche an sich selbst und an ihr Umfeld stellen. Die in der Öffentlichkeit stehen und Vorbilder sind. Politikerinnen, Pastoren und Geschäftsleute gehen plötzlich fremd, veruntreuen Geld oder missbrauchen ihre Macht. Wenn dann jemand auffliegt, sind wir überrascht und empört. Dabei vergessen wir, dass auch ganz normale Menschen wie du und ich Gefahr laufen, verheerende Fehler zu machen.

Ein Beispiel: Herr Müller fühlt sich seit Jahren einsam. Aber er würde es nie zugeben, nicht sich selbst und schon gar nicht einem anderen Menschen gegenüber. Es macht ja keinen Sinn. Er, der glücklich verheiratet zu sein scheint. Er, der immer von Menschen umgeben ist, die ihn schätzen. Warum sollte er sich einsam fühlen?

Ausweichmanöver

Für Herrn Müller ist bald klar, dass es an seiner Frau liegen muss, dass er sich einsam fühlt. Bei ihr müsste es ihm doch gut gehen, aber das tut es nicht. Aber natürlich ahnt auch Herr Müller, dass es Unsinn ist, seiner Frau die alleinige Schuld zu geben. Deshalb löst jede Begegnung mit seiner Frau eine innere Zerrissenheit bei ihm aus.

Um nicht ständig mit diesen widersprüchlichen Gefühlen konfrontiert zu werden, zieht er sich immer mehr von seiner Frau zurück. Er beginnt, wie verrückt Sport zu treiben. Einen Ironman hat er absolviert, geholfen hat es nichts. Jetzt ist er drauf und dran, sich auf andere Ersatzhandlungen einzulassen, die seiner Ehe noch mehr schaden werden, um dieses Gefühl der Einsamkeit für kurze Zeit zu betäuben.

Wir alle haben Persönlichkeitsanteile und Gedanken, die nicht besonders vorzeigbar sind. Natürlich versuchen wir, unsere schwierigen Seiten so gut wie möglich zu verbergen. Manchmal sogar vor uns selbst, weil wir uns schämen, uns einsam, minderwertig, zornig, lüstern oder eifersüchtig zu fühlen. Aber das Problem ist: Wenn wir unsere inakzeptablen Seiten verdrängen, verschwinden sie nicht. Nur weil sie nicht sein dürfen, sind sie nicht plötzlich weg. Im Gegenteil: Sie werden dann auf Umwegen und besonders in unserer Partnerschaft umso heftiger wieder auftauchen.

Selbstannahme und Veränderung

Um das zu verhindern, braucht es Ehrlichkeit und Mut. Die Ehrlichkeit, sich einzugestehen, dass man selbst auch problematische Persönlichkeitsanteile hat. Und den Mut, sich seine Abgründe anzusehen. C. G. Jung hat es einmal so formuliert: „Nur was ich annehme, kann ich verändern.“ Herr Müller kann seine Einsamkeit entweder weiter verdrängen und sich in Süchte oder in eine neue Partnerschaft flüchten. Oder er kann sich ihr stellen. Wenn es ihm gelingt, ehrlich mit seiner Frau ins Gespräch zu kommen, stehen die Chancen gut, dass seine Einsamkeit keine destruktiven Ventile mehr braucht oder sogar geheilt werden kann.

Für Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und für ihre hohen moralischen Ansprüche bekannt sind, ist die Gefahr besonders groß, ihre inakzeptablen Seiten zu verdrängen. Auf der Bühne beklatscht zu werden und sich gleichzeitig einzugestehen, dass man bedürftig ist und hässliche Persönlichkeitsanteile hat, ist anspruchsvoll. Es scheint einfacher zu sein, diese inakzeptablen Seiten zu verdrängen. Doch genau das führt dazu, dass sich diese Anteile ein anderes Ventil suchen und so wesentlich zu den Skandalen beitragen.

Marc Bareth und seine Frau Manuela stärken mit FAMILYLIFE Schweiz Ehen und Familien. Marc Baret ist der Leiter dieser Arbeit. Er bloggt unter: familylife.ch/five