Kommunikation lernen – Vier Säulen der Partnerschaft (Teil 3)
Kommunikation betrifft alle Bereiche der Beziehung und verbindet die Partner miteinander. Worauf es dabei ankommt, zeigen Kim und Kristian Reschke in ihrem Artikel über die dritte Säule der Partnerschaft.
Einander zu hören und sich so auszudrücken, dass der Partner uns versteht, ist eine heikle Sache. Oftmals verstehen wir uns selbst nicht – wie soll es da unserem Partner gelingen? Unserer Beobachtung nach entstehen 80 % der Konflikte in Partnerschaften durch Unfähigkeit in der Kommunikation. Denn einander hören bedeutet nicht, einander zu verstehen. Und den Partner zu verstehen, heißt nicht, ihm zuzustimmen und das Thema umzusetzen. Die Säule Kommunikation erleben wir daher wie den Tanzboden für die anderen Säulen der Partnerschaft – hakt es hier, hakt es auch dort!
Den Partner „entschlüsseln“
Viele schlaue Köpfe haben versucht, Kommunikation zu beschreiben. Einer davon ist Paul Watzlawick. Er bemerkt: „Wir können nicht nicht kommunizieren.“ Was zunächst wie ein Rechtschreibfehler wirkt, entpuppt sich als Schlüssel des Miteinanders. Tatsächlich spricht alles, was wir tun (oder nicht tun), zu unserem Partner. Permanent lesen wir einander und versuchen, unser Gegenüber zu entschlüsseln. Entscheidend ist, eine Kommunikation zu erlernen, die Nähe stiftet. Denn unsere Signale fördern entweder Distanz oder Nähe.
Jeder Mensch hat eine persönliche Art, sich mitzuteilen. Sie ist bedingt durch Kultur, Sozialisation oder Vorlieben. Kennen wir die speziellen Kommunikationsvorlieben unseres Partners? Fühlt er oder sie sich gehört und verstanden, öffnet sich das Herz! Was bedeutet also ein Schweigen, eine Gestik, ein Blick oder Tonfall? Kann das „Ja“ in Wirklichkeit „Nein“ oder „lieber nicht“ bedeuten? Überlegt gemeinsam: Was konntet ihr bereits über die Kommunikationsart des anderen lernen? Wo stehen zwischen euch noch Fragezeichen?
Kristian: „Für mich war es ein längerer Weg, zu verstehen, was Kim wirklich meint. Anfangs hat das Lernen wenig Freude gemacht. Dann wurde mir klar, dass ich die Sache anders angehen musste. Denn die Verantwortung für nähestiftende Kommunikation liegt bei beiden Partnern. ‚Kim, du bist die einzige Expertin in Sachen Kim. Wenn du willst, dass ich dich verstehe, musst du mir Kim-Misch beibringen!‘ Erst als wir uns beide darauf einließen, kamen wir weiter.“
Krisenkommunikation
Konflikte sind in Partnerschaften normal und bieten uns die Chance auf eine „Beziehungs-Vertiefung“. Unser Ziel ist nicht, Konflikte zu vermeiden, sondern gut damit umzugehen. Eine Unstimmigkeit entwickelt sich oftmals, weil wir einander nicht verstehen. Die partnerschaftliche Kommunikation wird dann besonders herausgefordert und durchläuft einen ungewollten Stresstest. Wir werben dafür, dass Paare eine gesunde Konfliktkultur entwickeln. Sie hilft dabei, einen Konflikt früh zu erkennen, sinnvoll anzusprechen und aufzulösen. Die Fähigkeit, nähestiftend zu kommunizieren, ist dabei zentral. Die folgenden Punkte helfen euch, eine solche Konfliktkultur zu entwickeln.
Vergebung suchen statt Zorn anhäufen. Vergebung ist die Basis für eine langfristige Partnerschaft, während schwelender Zorn sie zersetzt. Wollen wir gemeinsam gehen, brauchen wir gegenseitige Vergebung. Um nichts anbrennen zu lassen, versuchen wir, Unstimmigkeiten anzusprechen, bevor die Sonne untergeht. Wir achten darauf, das „Versagen“ unseres Partners nicht aufzurechnen. Vergeben heißt, seine Schulden von unserem inneren Konto zu löschen.
Kristian: „Kim und ich haben unterschiedliche Zugänge zum Thema. Vergebung fällt mir eher leicht. Ich klammere mich selten an Wut gegenüber anderen Menschen. Wenn doch, segne ich sie, bis ich fühle, dass Ärger und Verletzung abfallen.“ Kim: „Für mich ist Vergebung eine rationale Entscheidung, der die Emotionen folgen müssen. Innerhalb eines Konfliktes kann ich mich ganz schön hochschaukeln – doch dass ich später vergeben werde, steht dabei immer fest. Dies führt manchmal dazu, dass, obwohl ich Kristian vergeben habe, ein ‚Nachzorn‘ weiterköchelt. Kristian hat gelernt, damit umzugehen. Für mich ist klar, dass ich letztlich fühlen werde, was mein Wille entscheidet. Manche denken, sie müssen Vergebung erst fühlen, damit sie echt ist. Das ist bei mir anders.“
Mit offenen Karten spielen statt selektiv zu kommunizieren. Jeder von uns hat eine eigene Agenda und kommuniziert selektiv. Wir betonen Dinge und spielen andere herunter oder verschweigen sie. Jesus ruft uns auf, im Licht zu leben. Wir müssen herausfinden, was das für unsere Partnerschaft bedeutet. Wollen wir in einer Kultur der Schatten oder des Lichts miteinander die Lebenszeit verbringen? Eine Selbstprüfung kann helfen: Halten wir gegenüber unserem Partner Informationen oder Emotionen zurück, die uns einen Vorteil verschaffen?
Kim: „Beim Teilen von Informationen haben wir beide unterschiedliche Vorlieben. Mir fällt das Spiel mit offenen Karten aufgrund der hohen Lebensgeschwindigkeit und Informationsflut oft schwer. Ich selbst möchte nicht zu viele (unnötige!) Informationen bekommen. Dementsprechend gebe ich sie Kristian auch nicht. Für ihn hingegen ist es wichtig, alle Fakten zu kennen. So fühlt er sich einbezogen und wertgeschätzt. Früher empfand ich seinen ständigen Wunsch, Details zu wissen, als Überwachung. Inzwischen ist mir klar, dass Informationen ihm helfen, die Übersicht zu bewahren und zu entspannen. Unsere Unterschiedlichkeit führt dankbarerweise nur noch selten zu Konflikten und endet meist im Lachen.“
Schwierige Themen brauchen einen sicheren Rahmen. Ein Treppenhausstreit – ein Partner will gehen und wir rufen ihm oder ihr noch nach, was uns schon den ganzen Tag stört – ist wenig hilfreich. Ein ähnliches Szenario kann beim Abendbrot oder während einer Autofahrt geschehen. Wir merken: Konflikte werden selten nebenbei gelöst – sie brauchen einen sicheren Rahmen. Ein für beide guter Zeitpunkt, das Verwenden von Ich-Botschaften sowie liebevolles Erfragen und Geben von Hintergrundinformationen können eine solche Umgebung schaffen.
Um Konflikten einen sicheren Rahmen zu geben, benutzen wir drei Formate: Einen regelmäßigen Familienkreis, in dem jeder sagen kann, was er an der Familie gut findet und was er sich anders wünscht; gemeinsames Spazierengehen, um besonders schwierige Themen zu besprechen; und unseren Partnerschaftstag: Einen Vormittag die Woche haben wir für uns reserviert, schalten die Handys aus und sind nur füreinander da. Wir nehmen uns Zeit für Gott, gehen bouldern, spazieren oder essen. Dabei versuchen wir, nur über uns zu sprechen und Zweisamkeit zu genießen.
Verletzlichkeit statt Machtspiele. In unseren Partnerschaften geht es nicht um das Überleben des Stärkeren. Wir wollen nie einen Streit, sondern den Partner gewinnen! Deswegen ist gewaltfreie Kommunikation in einer Partnerschaft ebenso unabdingbar wie der Fokus auf Inhalte. Den anderen „unter den Tisch zu reden“, einen scharfen Ton oder strengen Blick zu verwenden oder zu manipulieren (durch Weinen, Rückzug, Liebesentzug etc.) steht außer Frage. Auch Humor als Waffe einzusetzen, spöttische Bemerkungen über Aussehen, Benehmen oder Versagen des Partners zu machen, ist inakzeptabel. Im Gegenteil: Wir machen uns verletzlich, achten darauf, dem Partner unsere Wertschätzung auszudrücken, auch wenn Meinungsverschiedenheiten bestehen bleiben. Es tut gut, sich in Konflikten auch an unser eigenes Unvermögen zu erinnern und uns zu fragen: Sind wir in der Liebe oder im Recht?
Augenhöhe statt Erziehungsversuche. Kennst du den innigen Wunsch, deinen Partner zu verändern? Die Versuchung ist groß, einander unterschwellig zu erziehen, doch der Partner ist nicht das Kind! Beschulen wir unseren Partner, erschaffen wir im schlimmsten Fall unser Ebenbild. Die Spannung und Attraktivität der Unterschiedlichkeit lösen sich auf und es bleiben Langeweile und Trott. Um Partner im Sinne eines Teams zu sein, lassen wir einander frei. Der oder die andere sollte immer das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung haben. Doch innerhalb von Konflikten neigen wir dazu, ein Kommunikationsgefälle herbeizuführen. Statt auf Augenhöhe zu bleiben, schlüpfen wir in eine elterliche Rolle (fürsorglich oder bestimmend) oder in eine kindliche (unreflektiert oder zornig). Beides ist wenig hilfreich.
Kristian: „In unseren Anfangsjahren habe ich mich Kim gegenüber oft elterlich benommen und versucht, zu erziehen – wie peinlich! Ich schätzte mich irrigerweise an Lebenserfahrung und Spiritualität weiter entwickelt ein. Dann erlebte ich ein ernüchterndes Gespräch mit Gott: ‚Kristian, Kim kennt mich besser als du – hör auf, sie zu belehren!‘ Heute bin ich dankbar für diese Zurechtweisung. Niemand sollte einen anderen Menschen ungefragt belehren oder sich über ihn stellen. Gleichzeitig hat Kim einen guten Umgang gefunden, wenn ich einen Rückfall habe: Sie lacht. Eine angemessene Reaktion, finde ich.“
Reflexionsfragen für eure Partnerschaft
- Vielleicht stehst du auch vor der Herausforderung, „Kim-Misch“ (setze den Namen deines Partners ein) zu lernen? Wie könnte dein Partner dir dabei helfen? Macht gemeinsam einen Plan.
- Bei welchen Themen habt ihr das Gefühl, von eurem Partner nicht „gehört oder verstanden“ zu werden? Wo geschehen häufig Missverständnisse? Bei welchen Themen fördert die Kommunikation eher Distanz als Nähe? Schreibt einzeln Themen auf und vergleicht eure Listen. Formuliert einen positiven Traum für die wichtigsten Themen. Was sind eure nächsten Schritte?
Kim und Kristian Reschke sind seit über 20 Jahren gemeinsam unterwegs, sind systemische Coaches und begleiten Paare und Einzelpersonen. Sie leben mit ihren beiden Kindern in Hamburg, St. Pauli.