Belohnen oder bestrafen?
In unserer Grundschule wurde jetzt ein Ampel-System eingeführt: Morgens sind alle Schüler auf „grün“. Wer stört oder sich anderweitig unpassend benimmt, landet nach drei Ermahnungen auf „gelb“. Bessert sich das Verhalten nicht, landet der Schüler oder die Schülerin schließlich auf „rot“ und bekommt einen Eintrag im Hausaufgabenheft oder muss gegebenenfalls nachsitzen.
Gut an dem System finde ich, dass es nun eine einheitliche Regelung für alle Lehrer und Schüler gibt. Und dass am nächsten Morgen alle wieder bei „grün“ starten. Neuer Tag, neue Chance. Was mir aber nicht gefällt: Der Lehrer oder die Lehrerin reagiert nur auf negatives Verhalten. Es gibt nur Bestrafungen, keine Belohnungen.
Nun ist die Diskussion, was nun mehr positiven Nutzen bringe – Belohnungen oder Bestrafungen – eine endlose. Regelmäßig erscheinen neue Studien dazu. Vor kurzem haben zwei Forscher aus Österreich herausgefunden, dass es am besten sei, beide Methoden zu kombinieren, kurz gesagt: erst Zuckerbrot, dann Peitsche. Also erst mit Belohnung Anreize schaffen und dann die, die sich davon nicht motivieren lassen, mit Strafen unter Druck setzen. Klingt für mich sehr logisch. (nachzulesen hier: http://www.wiwo.de/erfolg/management/motivation-erst-das-zuckerbrot-dann-die-peitsche/11069086.html)
Auch wenn sich diese Studie nicht speziell auf die Schule bezieht, würde ich mir wünschen, das Ampel-Modell in dieser Richtung zu verändern. Wobei dann die Ampel nicht mehr das passende Modell ist. Ich stelle mir vor, dass die Kinder in einem neutralen Bereich starten. Wer sich gut verhält, fleißig arbeitet, sich am Unterricht beteiligt, kommt zum Beispiel in den „Daumen hoch“-Bereich. Wer stört, mit Radiergummis wirft oder den Sitznachbarn ärgert, landet bei „Daumen runter“. Als ich diese Idee allerdings bei einem Elternabend in die Diskussion einbrachte, wurde ich ziemlich unfreundlich von einer anderen Mutter angegangen: „Es ist doch wohl selbstverständlich, dass die Kinder sich gut benehmen. Das muss man ja nicht noch belohnen!“
Ja, ist es das? Ist es selbstverständlich, dass der Siebenjährige ruhig auf seinem Platz sitzt und Textaufgaben rechnet, statt wild rumzutoben? Ist es selbstverständlich, dass die Neunjährige sich mit Rechtschreibregeln beschäftigt, statt Pferdebilder zu malen?
Ich finde nicht! Ich jedenfalls freue mich über Lob und Anerkennung. Ich habe auch manchmal damit zu kämpfen, mich auf das zu konzentrieren, was grade ansteht. Wenn dann ein freundlicher Leserbrief kommt, gehe ich mit viel mehr Motivation ans Werk.
Nun ist die Frage von Belohnung und Bestrafung ja nicht nur in der Schule relevant. Und ich muss zugeben: Meine kritischen Kommentare bezüglich Zimmer-Aufräumen, Vokabeln-Lernen oder Kaninchen-Stall-Säubern sind oft mehr zu hören als lobende, wertschätzende Worte. Daran will ich arbeiten!
Bettina Wendland
Family-Redakteurin