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Das erste Treffen mit der Freundin

„Unser Sohn studiert an einem anderen Ort und hat dort seine Freundin kennengelernt. Sie sind seit über einem Jahr zusammen. Nun möchte er sie uns vorstellen, worüber wir uns sehr freuen. Trotzdem machen wir uns Gedanken, wie wir dieses erste Treffen möglichst entspannt gestalten können.“

Dies ist wahrscheinlich eine neue Situation für Sie. Bisher haben Sie die meisten Freunde und Freundinnen Ihres Sohnes gekannt, weil sie im selben Ort lebten. Irgendwann hört dieser Zustand auf, und es treten Menschen in das Leben des erwachsenen Kindes, die wir als Eltern nicht mehr kennen. Und nun auch noch eine neue „Unbekannte“, die bisher nur vom Hörensagen eine Rolle in der Familie spielt. Als Eltern kann einem das schon mal die Schweißperlen auf die Stirn treiben: Wie wird sie sein? Werden wir uns mit ihr verstehen? Wird sie mit den Umgangsformen unserer Familie klarkommen? Da könnte schon allerhand schiefgehen – muss es aber nicht. Denn die junge Frau ist wahrscheinlich genauso aufgeregt und angespannt wie Sie auch. Sie wird sich freuen über ein lockeres und warmes Willkommen und über so viel Selbstverständlichkeit wie möglich.

DER ERSTE EINDRUCK
Ich denke gern an so ein erstes Kennenlernen in unserer Familie zurück. Die Freundin unseres Sohnes zeigte sich als unkomplizierte und freundliche junge Frau, die es uns leicht machte, ins Gespräch zu kommen. Am Anfang waren beide Seiten entsprechend aufgeregt, und auch unserem Sohn war der Stress der Situation anzumerken. Die Aufregung legte sich schnell, ein ausgedehntes Frühstück trug zur Lockerheit bei, und gemeinsame Gesprächsthemen waren schnell gefunden. Beiden Seiten scheint es wichtig zu sein, sich möglichst positiv zu zeigen, nach dem Motto: Der erste Eindruck zählt! Das kann, muss aber nicht so sein. Auch ein nicht so gelungener Auftakt, zu dem es vielleicht vor lauter Anspannung kommt, muss nicht der Anfang einer schlechten Beziehung sein. Mit etwas Humor und Gelassenheit kann sogar eine nicht so glücklich gelaufene erste Begegnung Anlass für ein entspanntes zukünftiges Miteinander sein. Mir hat der Gedanke geholfen, dass unser Sohn einen guten Geschmack hat und dass er ja schließlich mit der Freundin zurechtkommen muss. Als Eltern sind wir zwar irgendwie Teil des Ganzen, aber auch nur am Rande interessant. Gute Beziehungen brauchen Zeit zum Wachsen und zum Reifen, und so lohnt es sich, immer wieder neu dort zu investieren.

NEUE FARBE
Ich möchte Ihnen Mut machen, diese Begegnung als Chance zu sehen, sich selbst, die eigene Familie und eine ganz andere Familie mit anderen Werten, aber auch manchen Gemeinsamkeiten kennenzulernen. Durch die Partner unserer Kinder kommt oft eine neue Farbe in unsere Familie. Wir entdecken neue Seiten an uns und lassen uns auf kleine und große Herausforderungen im Miteinander ein. Offenheit und eine gute Portion Gottvertrauen helfen uns dabei, eine Chance in dem Neuen zu sehen, sich nicht zu verschließen und die Tür füreinander offenzuhalten.

 

Antje Rein leitet das Lebensnah Institut für Beratung, Bildung und Coaching, www.lebensnah-institut.de.