Auftanken im Vaterhaus
Christof Matthias feiert mit seinen Freunden Gottesdienst.
Es ist über 15 Jahre her. Mit ein paar Freunden saßen wir in unserem Wohnzimmer. An dem Abend beschäftigte uns die Frage, in welcher Art und Weise wir Gott am besten begegnen können. Die Brainstorming-Runde brachte die unterschiedlichsten Gedanken hervor: Gemeinschaft, Singen, nachdenkliche Impulse, Zeit zu hören, überschaubarer Rahmen und Kaffee natürlich. Wir wagten einen ersten Versuch, trafen uns in einer kleinen evangelischen Kirche.
Es war freier, vertraulicher und überschaubarer als ein sonntäglicher Gottesdienst. Unter den Initiatoren waren erstklassiger Musiker, erfahrene Seelsorger, Theologen und alle mit einem weiten Herz.
Aus dieser damaligen Idee ist eine feste Gewohnheit geworden. Wir treffen uns bis heute immer am letzten Dienstag im Monat und nennen das Ganze „Vaterhaus“. Der Ort hat gewechselt, Menschen kamen und gingen, einige blieben über all die Jahre treu. Wir beginnen immer mit „Hallo und wie geht’s?“ bei Kaffee, Tee, Gebäck, Chips und Flips. Ganz entspannt, zwanglos. Mal schauen, wer heute dabei ist und was er mitbringt. Nach und nach trudeln die Leute ein, wie auch immer sie es schaffen. Eine Maxime gilt: Wir machen uns keinen Stress. Das passt für uns nicht zu dem Gedanken des Auftankens und der freien Begegnung.
Irgendwann geht das Musikteam an den Start. Klavier, Gitarre, Saxofon und schöne Stimmen helfen uns, innerlich runterzufahren und unser Herz für Gott zu öffnen. Wir singen nicht nur drei bis fünf Lieder, wir lassen es laufen und kommen zur Ruhe.
Einer von uns hat im Vorfeld Gedanken, die ihn gerade bewegen, vertieft und für alle vorbereitet. Es geht uns immer und ausschließlich um das Thema Beziehung und Begegnung; was hilft und trennt, was belastet und befreit. Wir laden zum Austausch und zur persönlichen Reflektion ein. Zum Abschluss singen wir wieder oder wenden uns den Snacks zu. Auf jeden Fall bleiben wir aber im Gespräch, bis die Müdigkeit und die Vernunft uns nach Hause und ins Bett zwingt.
Ich erlebe diese Abende als „Rundumauftankerlebnis“. Das herzliche „Schön, dass du da bist!“, verbunden mit dem Geruch und Geschmack des Kaffees und meinen Lieblingschips, zeigt mir, dass ich willkommen bin. Das Gefühl, angenommen zu sein, brauche ich wohl mein Leben lang. Meine Seele scheint da ein dauerhaftes Bedürfnis zu haben. Die lieben vertrauten Menschen, die zuhören und denen ich Aufmerksamkeit schenken darf, zeigen mir, dass ich nicht allein bin. Wir stehen zusammen und sind füreinander da. Der aus meiner Sicht hervorragende Lobpreis durchdringt durch seine einfühlsame und abholende Art meine Fassade und wärmt mein Herz. Für mich eröffnet sich dabei immer wieder eine jenseitige Lebenswelt, die meine Seele berührt. Selbst nach einer halben Stunde will ich noch mehr davon. Es tut so gut. Die Gesprächs-Impulse geben mir die Gelegenheit, meine Erkenntnis zu weiten. Gerade im Austausch mit anderen kann ich meine Sichtweise hinterfragen und lerne dazu.
Ach, war das wieder ein schöner Abend. Mehr davon!
Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und im Leitungsteam von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.