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Lerncoach: Auch Menschen 50+ können Neues lernen, wenn die Voraussetzungen stimmen

Auch Senioren können noch Sprachen, Instrumente oder einen neuen Sport lernen. Coach Annette Penno erklärt, welche fünf Tricks dabei helfen.

„Wirst du es nicht bereuen? Wenn du jetzt aufhörst, wird das später viel schwerer. Denn was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr …“ Ich war in der Grundschule und hatte meinem Vater gerade erklärt, dass ich keinen Bock mehr auf den blöden Klavierunterricht hatte, den ich bekam. Wobei mich genau genommen meine Lehrerin langweilte – und nicht das Instrument. Und jetzt hingen die Worte meines Vaters wie eine dunkle Wolke in der Luft. Denn seine Warnung war zugegeben eine schlimme Vorstellung für mich: Ein Leben als Erwachsene in ewigem Bedauern darüber, dass ich eine Chance meines Lebens für immer verspielt hatte! Sollte das Sprichwort wahr werden? Lieber nicht. Also hielt ich noch ein weiteres Jahr durch und lernte viel. Nur leider eins nicht: Klavier spielen.

Lernen ist auch im Alter möglich

Damit Lernen leicht und mit Freude funktioniert, ist immer ein günstiges Umfeld notwendig. Und der Eindruck, dass etwas Neues zu lernen dem Gehirn umso schwerer fällt, je älter man ist, lässt sich ja nicht einfach so von der Hand weisen: Die Vokabeln fürs Urlaubsland wollen einfach nicht so gut hängen bleiben, wie man sich das denkt. Die jungen Wilden sind beim Bouldern oder Reiten so schnell so viel besser als man selbst. Und das Pauken für die Prüfung der Weiterbildung dauert gefühlt dreimal so lang wie zu Schulzeiten. All das erlebt man oft, wenn man sich an ein neues Lern-Unterfangen heranwagt. Außerdem es ist unangenehm, wenn einen das Gefühl beschleicht, dass man das nicht (mehr) hinkriegt! Lernt unser Gehirn im Erwachsenenalter also schlechter als in jungen Jahren? Lohnt sich der Aufwand überhaupt – auch gemessen am Frust, den man verdauen muss?

Die Erkenntnisse der Hirnforschung zur Lernfähigkeit des Gehirns machen Mut: Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, ist es tatsächlich so, dass zeitlebens neue Nervenzellen im Gehirn gebildet werden. Die Fähigkeit zur Veränderung unserer Gehirnstrukturen hört nicht auf, nur weil wir erwachsen sind. Ein gesundes Gehirn, das älter wird, ist also nicht wie ein statisches Gebäude, an dem unweigerlich der Zahn der Zeit nagt und das nach und nach verfällt. Es ist ein sehr flexibles, phänomenales Etwas, das durch unser Denken permanent bewegt und in seinen Netzwerken aus Nervenzellen umgebaut werden kann. Wir können mit unserem Geist bis zum Lebensende Neues lernen. Und da wir ohnehin nur zehn Prozent unserer verfügbaren Gehirnmasse benutzen, ist die intelligente Reserve zwischen unseren Ohren schier endlos.

Das Gehirn braucht Training

Dass unsere Lebenserfahrung uns dennoch so oft ein anderes Bild malt, liegt meiner Erfahrung und Beobachtung nach vor allem an zwei Dingen: Zum einen ist Lernen ein enorm komplexer und damit auch sehr störanfälliger Prozess. Es gibt einige Faktoren, die den Erfolg sehr beeinträchtigen oder hinausschieben können. Und zum anderen ist es mit unserem Gehirn wie mit einem Muskel. Wer seinen Geist gut im Training hat – indem er zum Beispiel liest, nachdenkt, für Perspektivwechsel, Haltungsänderungen und Neues offen ist –, kommt auch besser voran.

Wenn wir uns also bestimmte Störfaktoren bewusst machen und sie ausschalten, ist schon viel gewonnen. Und wenn wir uns dann noch entscheiden, lebenslang Lernende zu sein und mit einer Wachstumshaltung durch den Alltag zu gehen, wird sich der stetige Lernfortschritt kaum aufhalten lassen.

Lassen Sie sich nicht ablenken!

Geringe Konzentration: Um voll bei der Sache sein zu können, brauchen wir einen freien Kopf. Das ist im Arbeitsleben oft viel schwieriger als zu Schulzeiten, weil unsere Verantwortungsbereiche größer geworden sind. Kreisende Gedanken an den Anruf bei der Schwiegermutter oder den Knatsch mit dem Chef müssen erst einmal gestoppt werden, damit sie uns nicht ablenken. Dafür alles, was sich in drei Minuten erledigen lässt, am besten vor der Lern- oder Trainingsphase erledigen. Das, was man nicht vergessen will, auf einen Zettel notieren und ihn bis zur Bearbeitung bewusst an einen anderen Ort legen. Alle äußeren Reize, die ablenken, so gut es geht aussperren oder eliminieren.

Für einen guten Fokus ist außerdem ein gut gefüllter Energietank wichtig: Wenn das letzte Drittel anbricht, fällt die Konzentration naturgemäß schwer. Daher am besten einen Zeitpunkt zum Lernen wählen, an dem man nicht bereits hundemüde oder noch in Hektik ist. Bei Kopfarbeit für Wasser, Nüsse oder Traubenzucker und frische Luft sorgen, gern ein paar Kniebeugen machen oder zum aktuellen Lieblingssong durchs Zimmer tanzen – so kann ein gut versorgtes und angeregtes Gehirn 20 Prozent mehr (!) leisten als bei Unterversorgung.

Finden Sie heraus, was Sie motiviert!

Schwache Motivation: Wenn wir uns das schöne Ziel unseres Lern-Vorhabens vor Augen malen, einen guten Zeitpunkt dafür gewählt haben und die Menge der Aufgabe nicht überfordert, haben wir eine gute Grundmotivation, um loszulegen. Dennoch kann es sein, dass es sich sehr mühsam anfühlt. Da jeder Mensch durch unterschiedliche Dinge motiviert wird, kann es helfen, sich zu überlegen, welche Umstände (auch in anderen Momenten) motivierend wirken und die Stimmung heben. Das kann alles sein, vom Lieblingspulli über einen reizarmen Lernplatz oder schönes Arbeitsmaterial bis zum Witz des Tages, den man sich vorliest. Was auch immer für gute Laune sorgt und einen in den „Ich-bin-großartig-und-kann-das-schaffen“-Modus versetzt, sollte genutzt werden!

Und: Oft wird unterschätzt, wie schwierig das Lernen allein ist. Das jüngste Distanzlernen allein vorm Bildschirm hat nicht ohne Grund eine noch größere Leistungsschere unter Schülerinnen und Schülern hervorgebracht. Egal, wie alt wir sind: Wir sind nicht dafür gemacht, alles allein zu schaffen. Hat man einen Lernpartner oder ein kleines Team, geht es oft leichter, weil man sich gegenseitig anspornen, ausfragen und auch mal bei Bedarf den Lernfrust bei den anderen abladen kann …

Greifen Sie auf Bilder und Eselsbrücken zurück!

Falsche Lernstrategien: Wer sich die Vokabeln schon früher nicht mit Karteikarten oder stumpfem Abschreiben ins Gedächtnis hämmern konnte, dem wird das auch als Erwachsenem nicht plötzlich gelingen. Ist auch kein Wunder: Soll kognitiver Lernstoff ins Hirn, braucht gehirnfreundliches Lernen eigene assoziative Bilder und Emotionen. Die sind quasi das Lieblingsessen für unsere grauen Zellen und gehen gut rein. Sketchnotes, Mnemostrategien oder auch die gute alte Eselsbrücke wären entsprechende Techniken, die man sich aneignen kann und die so „merkwürdig“ sind, dass sie besser im Kopf bleiben.

Seien Sie nett zu sich!

Geschwächte Beziehung: Ausreichend Studien belegen, dass der Lernerfolg zu mindestens 60 Prozent von der Beziehung zur Lehrkraft oder Trainingsperson abhängt. Lernen ist Beziehungsarbeit. Lernt man allein, ist die Art und Weise, wie man mit sich selbst dabei umgeht, umso wichtiger: Wie rede ich eigentlich gedanklich mit mir, wenn mir etwas nicht gleich gelingt? Wie reagiere ich bei Fehlern oder eigenen Schwächen? Das ist ein Hinweis darauf, wo noch ungenutztes Erfolgspotenzial liegt. Denn wir alle brauchen Lob, Nachsicht und Ermutigung – und sabotierende Sätze im gedanklichen Selbstgespräch wie „Mist, schon wieder falsch“, „Bin ich eigentlich blöd?“ oder „Boah, ich kann das echt nicht“ sind hinderlich für Leistung und Laune. Gehen wir also liebevoll mit uns um, damit wir unseren Erfolg nicht selbst ausbremsen.

Besuchen Sie einen Lerncoach!

Innere Blockaden: Wenn uns Missgeschicke oder Fehler im Lernprozess an Negativerfahrungen in unserer eigenen Lernbiografie erinnern, kann es sein, dass wir uns innerlich festfahren und Lernen zum emotionalen Drahtseilakt mit Absturz wird: Plötzlich holt ein bestimmter Gedanke, Satz oder ein ähnliches Setting wie zu Schulzeiten unsere längst vergessenen oder weggesperrten Gefühle wieder hoch. Und dann geht nix mehr. Unser Inneres blockiert und geht in den Widerstand. Erlebte Mini-Traumata wie Beschämung vor oder von anderen, zu viel Druck, verletztes Selbstvertrauen oder missglückte Prüfungserfahrungen legen uns wortwörtlich lahm. Denn die Stresshormone, die unser Körper dann ausschüttet, wirken wie eine Bremse aufs Denken. Und das ist keine Einbildung, sondern eine biochemische Tatsache. Nur ein entspanntes Gehirn lernt gut! Da von allein wieder herauszukommen, ist meist sehr schwierig. Spätestens dann lohnt sich der Gang zum Lerncoach, um diese Blockaden aufzulösen und Hilfen zum Überwinden an die Hand zu bekommen.

Gewiefte Greise

Auch wenn es von der zweiten Lebenshälfte bis zum Greisenalter noch etwas dauern mag: Aus den Erkenntnissen der Neurowissenschaft lässt sich demnach ein ganz anderes Zukunftsszenario entwerfen als das übliche Bild, das die Medien oft in Sachen Alter präsentieren. Ein betagter Hans Dampf statt Demenz, eine gewiefte Alte voller Scharfsinn statt Altersstarrsinn – wäre das nicht toll? Und die Chance auf diese Option ist oft nur eine Entscheidung weit entfernt: Unser Gehirn trainiert zu halten, uns nicht gedanklich festzufahren und immer bereit zu sein, etwas Neues zu lernen und das auch in Angriff zu nehmen. Hilfe gibt es bei Bedarf. Wenn damit unser demografischer Wandel viele Alte mit vielfältigen Fähigkeiten und beeindruckender Weisheit hervorbringen kann, ist das eine faszinierende Vorstellung, an deren Umsetzung ich gern mitwirken will. Deshalb tue ich tatsächlich gerade etwas, das ich schon lange vorhatte: Ich suche ein E-Piano …

Annette Penno praktiziert als Master-LernCoach offline und online in Lübeck: annettepenno.de

Checkliste: 4×7 Dinge, die Ihr Kind zur Einschulung können sollte

Welche Kompetenzen sollte Ihr Kind mitbringen, wenn es in die Schule kommt? Mit dieser einfachen Checkliste sind Sie bestens auf den Schulstart vorbereitet.

Zur Einschulung muss Ihr Kind nicht rechnen, lesen oder schreiben können. Das soll es schließlich in der Schule lernen. Allerdings erleichtern gewisse motorische, soziale und sprachliche Fähigkeiten Ihrem Kind den Einstieg. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht grundlegender Kompetenzen, die von Grundschulen für den Schulstart empfohlen werden.

1. Allgemeine Entwicklung

1. zuhören können
2. in zusammenhängenden, kompletten Sätzen sprechen
3. Fragen beantworten und selbst stellen
4. sich 10 bis 20 Minuten auf eine Sache konzentrieren
5. einen Stift halten und mit einer Schere umgehen
6. mit Enttäuschungen umgehen (Frustrationstoleranz)
7. Neugierde und Spaß am Lernen

2. Selbstständigkeit

1. Schuhe zubinden
2. Alleine an- und ausziehen
3. selbstständig die Toilette benutzen und sauber wieder verlassen
4. gründliches Waschen der Hände mit Seife für ca. 30 Sekunden
5. richtiger Umgang mit Mundschutz: an den Henkeln fassen, Innenseite beim Weglegen einklappen, nicht offen liegen lassen, regelmäßig wechseln
6. seinen vollständigen Namen und seine Adresse kennen
7. seine Kleidungsstücke wiedererkennen können

Kann das Kind bis zehn zählen?

3. Soziale Kompetenzen

1. gewöhnt sein, getrennt von den Eltern in einer Gruppe mit anderen Kindern zu sein
2. Regeln einer Gruppe kennen und einhalten können
3. sich anderen Kindern mitteilen
4. um Hilfe bitten können, wenn nötig
5. anderen Kindern helfen
6. gemeinsame Aufgaben erledigen können
7. Konflikte mit Worten ausfechten

4. Kompetenzen in einzelnen Fächern

1. bis zehn vorwärts zählen können
2. allgemeines Verständnis für Zahlen haben
3. Farben und Formen unterscheiden
4. Namen in Druckschrift erkennen und ggf. auch schon schreiben können
5. mit Pinsel und Farbkasten umgehen können
6. einen Ball werfen und fangen
7. einfache Regeln für Bewegungsspiele verstehen und nachvollziehen können

Machen Sie sich keinen Druck!

Eltern, die diese Liste sehen und sich nun besorgt die Haare raufen, können sich wieder entspannen: Sie müssen nicht jeden Punkt auf der Liste abhaken können. Die grundsätzliche Eignung Ihres Kindes für den Schuleintritt wurde ja wahrscheinlich schon bei der medizinischen Schuluntersuchung überprüft. Individuelle Unterschiede bei Schulanfängern sind normal und sollten von den Lehrerinnen und Lehrern berücksichtigt werden. Einige Sachen (wie Schuhe zubinden oder alleine an- und ausziehen) können Sie mit Ihrem Kind sicherlich noch üben, bevor die Schule beginnt. Die Buchstaben und Zahlen lernt es dann im Unterricht.

Sarah Kröger ist freie Journalistin und Projektmanagerin und bloggt unter neugierigauf.de zu Themen wie Familie, Digitales, Arbeit, Soziales und Nachhaltigkeit.

Lernfähig bleiben!

Ich habe mir kürzlich Kleidung second hand gekauft. Hatte ich vorher ewig nicht gemacht. Angeregt dazu hat mich meine Tochter, die ihre wenigen Klamotten möglichst gebraucht oder bio kauft. Und ich hatte nicht nur ein besseres Gewissen dabei, sondern habe auch richtig Geld gespart. Dabei würde ich behaupten, dass ich schon immer ziemlich umweltbewusst gelebt habe. In den  Achtzigern war ich an meiner Schule die „Ökotante“, die mit Birkenstocks und Jutetasche herumlief. Jahrelang bin ich bewusst mit Bus und Bahn zur Arbeit gefahren. Geflogen bin ich nur selten.

Aber nun werde ich von der nachkommenden Generation herausgefordert, noch mehr zu tun, noch bewusster zu leben und auf Liebgewordenes (Coffee to go auf langen Autofahrten) zu verzichten. Ja, manches nervt. Aber manches ist auch richtig gut. Second-Hand-Klamotten zum Beispiel.

Deshalb macht es mich traurig, wenn ich wahrnehme, dass es oft die Menschen meiner Generation sind, die sich über die aktuellen Klimaschutzaktionen der Jugendlichen beschweren und sie schlechtmachen. Da wird gekrittelt, dass bei der Klimademo das Plakat mit Kabelbindern aus Plastik befestigt wurde. Als wenn man sich erst für eine Sache einsetzen dürfte, wenn man selbst alles perfekt macht. Ja, manche Forderungen der jungen Klimaschützer sind einseitig und undifferenziert. Aber viele Jugendliche sind für mich echte Vorbilder, zum Beispiel wenn sie eine schlechte Note in Kauf nehmen, weil sie für ihr Herzensanliegen die Schule schwänzen. Oder wenn sie auf Fleisch verzichten, obwohl sie es eigentlich gern essen.

Natürlich, sie machen nicht alles richtig und perfekt, aber das machen wir Erwachsenen ja auch nicht. Trotzdem fühlen wir uns schnell auf den Schlips getreten von den Gretas dieser Welt oder den Lisas und Leons bei uns zu Hause. Stattdessen sollten wir lieber schauen, was wir von ihnen lernen können. Beim Thema Klimaschutz, aber auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens.

Bettina Wendland, Redakteurin bei Family und FamilyNEXT