Lippenbekenntnisse?
Eine Wiederauflage der Großen Koalition in Deutschland ist in greifbare Nähe gerückt. Hoffentlich mit guten Ergebnissen für Familien!
Vor der Bundestags-Wahl betonten die meisten Parteien, wie wichtig ihnen die Entlastung von Familien sei. Angela Merkel stellte in Aussicht, die Kinderfreibeträge auf Erwachsenen-Niveau zu heben. Martin Schulz versprach während der Fernsehdebatte, dass eine Familie mit mittlerem Einkommen 200 bis 250 Euro mehr in der Kasse haben würde. (Zwischenfrage: Warum haben sie das eigentlich nicht schon in der vergangenen Legislaturperiode umgesetzt – schließlich hat man doch zusammen regiert?)
Nun der Neustart. Mal sehen, was dieses Mal draus wird, die Hoffnung stirbt zuletzt: Vier Jahre hat das Parlament nun Zeit, sich in Regierung und Opposition diesem Projekt zu widmen. Zeit, um zu zeigen, dass die geplanten Anstrengungen keine Lippenbekenntnisse waren.
Ein erster Schritt wäre es, Familien bei der Rente besser zu stellen. Denn das Investment, das Familien mit Kindern für die Gesellschaft betreiben, ist immens – auch finanziell. Der Bundesgerichtshof hat da längst Veränderungen angemahnt, bislang aber ohne Ergebnis.
Die Diskussion findet nicht nur in der großen Politik, sondern auch mit Freunden und Nachbarn statt. „Es muss ja keiner Kinder bekommen!“ „Das wolltet ihr doch so!“ – Mit Sätzen wie diesen werden Eltern gelegentlich konfrontiert. „Stellt euch nicht so an – ihr bekommt doch Kindergeld!“
Ja, wir lieben unsere Kinder, ja, wir wollten das so und ja, wir bekommen Zuschüsse, die einen Teil der Kosten decken. Aber insgesamt sind das doch schwache Argumente derer, die darauf vertrauen, von unseren Kinder finanziell mit versorgt zu werden. Denn am Ende wird nur das Geld da sein, das die nächste Generation einzahlt.
„Die Rente ist sicher!“ Das sagte der damalige Minister Norbert Blüm in einer hitzigen Debatte vor genau 20 (!) Jahren – im Oktober 1997 im Bundestag. Damals war die Frage, wie die Generationen-Gerechtigkeit am besten umgesetzt würde und das Rentensystem langfristig funktionieren würde. „Die Rente ist sicher!“ Dieser Satz wurde der Blüm-Satz schlechthin. Weniger bekannt ist ein anderer Satz aus derselben Rede. „Es geht nicht ohne Veränderung!“ Dafür ist es höchste Zeit.
Martin Gundlach