Schnitzel nach Balkan Art
Christof Klenk über Korrektheit in der Sprache
Ein Kind stößt immer wieder auf Verbote, deren Sinn es nicht richtig verstehen kann. Im besten Fall klettert es nicht auf den Baum mit den dünnen Ästen, obwohl die Aussicht von dort oben sicher großartig ist. Nicht, weil es absehen kann, dass es sich schwer verletzen könnte, wenn die Äste brechen, sondern weil es nicht will, dass die Eltern schimpfen. In Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung ist das die niedrigste moralische Stufe. Bis zum neunten Lebensjahr ist das völlig normal.
Leider bewegen wir Erwachsenen uns auch schon mal auf dieser Stufe. „Darf man das heute noch sagen?“, ist eine gängige Frage, die wir gerne mit einem gehörigen Schuss Koketterie vortragen. „Darf man noch Zigeunerschnitzel sagen?“ „Muss ich die Kalorienbombe jetzt tatsächlich Schokokuss nennen?“ Häufig ist es keine echte Frage. Wüssten wir nicht, dass da etwas faul ist, würden wir gar nicht fragen. Wir wollen eher zum Ausdruck bringen, dass wir das ganze „Gedöns“ übertrieben finden.
Mich stört dabei nicht in erster Linie der Tabubruch, mich stört die zur Schau gestellte Naivität. Es dauert wenige Sekunden, um herauszufinden, warum ein Ausdruck heute nicht mehr verwendet wird. Vielleicht stecken dahinter rassistische Konzepte, vielleicht fühlen sich Gruppen damit abgewertet, vielleicht verletzen wir Menschen. Wenn wir den Hintergrund kennen, erscheint manche Sprachregelung nicht mehr so abgefahren. Es hindert uns aber auch niemand daran, nach Eleganterem zu suchen. Ansonsten wäre es ehrlicher zu sagen: „Ich bin zu bequem, mich um eine andere Sprache zu bemühen.“
Christof Klenk ist Redakteur bei Family und FamilyNEXT.