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Erwachsene Kinder: Wie viel Neugier ist okay?

Sobald die Kinder aus dem Haus sind und ihr eigenes Leben führen, muss sich die Beziehung zwischen Eltern und Kindern neu ordnen. Wieviel Nähe und Nachfragen ist nötig oder gewünscht?

Die Eltern-Kind-Beziehung in dieser Lebensphase wandelt sich stark – und sollte dies auch, damit sie langfristig für beide Seiten als befriedigend erlebt werden kann.

Beziehung auf Augenhöhe

Der größte Unterschied liegt darin, dass kleine Kinder abhängig sind und ich sie erziehen, also in eine Richtung lenken will. Jetzt aber besteht kein Abhängigkeitsverhältnis mehr. So bin ich gefordert, in eine neue Rolle hineinzuwachsen. Bin aufgefordert, die Beziehung neu zu klären. Was macht mein Elternsein bei erwachsenen Kindern eigentlich aus? Eine besondere Form von Freundschaft über die Generationsgrenze hinweg? Was hilft beim Hineinwachsen in eine gleichberechtigtere Beziehung zwischen Erwachsenen, die auf Augenhöhe sind?

  • Ganz grundsätzlich ist, dass ich darauf vertraue und mir sicher bin, dass mein erwachsenes Kind sein Leben gut bewältigen wird. Wenn es diese Sicherheit von mir spürt, wird das schon die Beziehung entspannen.
  • Ich kann mir vornehmen, ab einem gewissen Alter Lebensentscheidungen (Beruf, Partnerschaft) des Kindes nicht mehr in Frage zu stellen. Und nachzufragen, ob es meine Meinung hören möchte.
  • Ich übe ein, mich auf eine lebendige Beziehung einzulassen. Lebendig bedeutet, dass das Nähe-Distanz-Verhältnis in Bewegung ist, wellenförmig verläuft. Deshalb bleibe ich wachsam und sensibel für mein Gegenüber mit seinen gegenwärtigen Bedürfnissen und seiner Offenheit für Nähe im persönlichen Austausch. Dieser persönliche Austausch sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Das heißt, die Fragen, die ich stelle, bin ich auch bereit, selbst zu beantworten.
  • Ich übe eine gleichberechtigte Beziehung ein, in der sich beide aktiv einbringen und die von beiden Seiten aus gepflegt wird. Eine Beziehung, in der Nachfragen Zeichen von gegenseitigem Interesse aneinander ist, nicht von Kontrolle.

Diese Wandlung hin zu einer Beziehung auf Augenhöhe ist ein Weg, ein Prozess. Es ist ein bewusstes Einüben, für das ich mich in jeder Begegnung neu aktiv entscheiden muss.

Zwei Problemfälle

Es gibt Eltern, die einen intensiven Kontakt einfordern, ungefragt Ratschläge erteilen und erwarten, dass diese befolgt werden. Solch ein Verhalten entspricht der alten, fürsorglichen und verantwortlichen Elternrolle, wird jetzt aber als bevormundend erlebt. Hier befindet sich die Beziehung in Schräglage, weil sie nicht mit der Unabhängigkeit des Kindes mitgewachsen ist.

Kinder, die große Probleme bewältigen müssen, zum Beispiel gesundheitlich oder psychisch, und deshalb nicht immer als Erwachsene agieren können, sind weiterhin auf unterstützende Eltern angewiesen. Um dem Kind aus seinen Schwierigkeiten wieder herauszuhelfen, bewegt man sich in einem Eiertanz zwischen Augenhöhe und Verantwortungsübernahme.

Und egal, an welchem Punkt man steht, man darf sich jederzeit zugestehen, dass man als Elternteil Unterstützung braucht. Man kann sich diese über den Austausch mit Freunden oder durch professionelle Hilfe holen. Wichtig ist, man holt sie sich.

Michaela Schnabel arbeitet als Sozialpädagogin und ist Mutter von drei erwachsenen Töchtern.

„Bedrängt mich nicht, aber bietet Unterstützung an!“

Wie erleben junge Erwachsene die Abnabelung von den Eltern? Was wünschen sie sich von ihnen? Borika Lea Luft (22) hat sich umgehört.

„Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, tust du, was ich sage!“ Wie oft haben wir als Kinder diesen Satz gehört – nicht unbedingt in dieser Formulierung, aber doch in allen möglichen Variationen. Manchmal haben wir uns wirklich nichts sehnlicher gewünscht, als endlich auszuziehen und zu machen, was wir wollen. Nicht von Mama und Papa abhängig zu sein, selbst bestimmen zu dürfen und einfach frei zu sein. Und auf einmal beginnt diese Zeit des Loslassens, Abnabelns, Ausziehens, Unabhängigwerdens, ob aufgrund des Studiums, der Arbeit, eines Auslandsjahres oder einer Beziehung. Gründe wie auch Zeitpunkte sind unterschiedlich, aber irgendwann kommen alle Eltern und ihre Kinder an den Punkt, an dem sie einander auf irgendeine Weise loslassen müssen. Manche fürchten sich davor, andere sehnen es herbei.

AN DEN GEDANKEN GEWÖHNEN

Auch meine Eltern und ich stecken in diesem Prozess. Ein erstes Loslassen gab es, als ich mit 19 für ein halbes Jahr auf eine Bibelschule ging. Das erste Mal richtig weg von Mama und Papa, weitgehend auf mich allein gestellt. Die sechs Monate haben mich sehr geprägt – in meinem Glaubensleben und meiner Beziehung zu Jesus und auch in Hinblick auf die Nähe zu meinen Eltern. Der Weg dahin war für mich sehr schwer, da ich schon immer sehr an meinen Eltern hing und es für mich kaum etwas Schlimmeres gab, als von ihnen getrennt zu sein. Doch diese Zeit ist für uns zum Segen geworden.

Nach der Bibelschule zog ich aufgrund meiner beruflichen Situation wieder daheim ein. Jetzt, mit 22, wohne ich immer noch beziehungsweise schon wieder im Elternhaus und komme nicht umhin, mich tagtäglich mit dem Thema „Loslassen“ und allen zugehörigen Fragen zu beschäftigen. Vor allem meinem Vater ist es schon immer sehr wichtig gewesen, dass meine zwei jüngeren Brüder und ich uns an den Gedanken gewöhnen, irgendwann auf uns allein gestellt zu sein, eigene Entscheidungen treffen und für uns selbst Verantwortung zu übernehmen. Unsere Eltern betonten aber stets, dass sie immer für uns da seien, wenn wir Hilfe oder Unterstützung bräuchten. Und das waren und sind sie auch.

ZWEI TERMINKALENDER

Im Gespräch mit Freunden und Freundinnen zwischen 18 und 23 Jahren habe ich festgestellt, dass Loslassen ein sehr individueller und subjektiver Prozess ist. Jede und jeder versteht ein bisschen etwas anderes darunter. Manchen fällt es leichter, andere tun sich schwer damit, sich zu lösen. Deshalb fand ich es spannend zu erfahren, was andere junge Erwachsene denken und habe sechs Freunde und Freundinnen befragt. Vier von ihnen sind Studierende oder gehen noch zur Schule, zwei stehen an der Schwelle zum Eintritt in das Arbeitsleben. Drei sind schon ausgezogen, die anderen leben noch im Elternhaus. Als Gründe für den Auszug von daheim wurden die Entfernung zur Uni oder Schule, die Heirat oder ein angespanntes Verhältnis zu einem Elternteil genannt. Ob schon ausgezogen oder noch zu Hause lebend – fast alle bewerteten das aktuelle Verhältnis zu den Eltern als gut bis sehr gut. Bei allen Befragten fiel auf, dass sie die Beziehung zu den Eltern in der Pubertät als angespannt und weniger gut beschrieben und der Wunsch nach Freiheit von den Eltern in dieser Zeit groß war.

Auf die Frage, was „Loslassen“ in Bezug auf Eltern und Elternhaus für sie bedeute, wurden folgende Antworten gegeben: „Ausziehen und allein leben“, meint Eduard (18). Bennet (19) nennt die Stichworte „Verantwortung annehmen“ und „selbstständig werden“. „Nicht mehr abhängig sein, eigene Entscheidungen treffen, versuchen, alles selbstständig zu erledigen, wie kochen oder waschen“, lautet die Antwort von Jon (20). Für Melli (20) stehen „Selbstständigkeit, zwei Terminkalender haben, nach eigenen Lösungen suchen“ im Vordergrund. Und Sara (21) antwortet: „Loslassen bedeutet für mich, meine gewohnte Routine mit meinen Eltern loszulassen und eine neue, eigene Routine zu finden. Loslassen bedeutet für mich nicht, seine Eltern nur noch selten zu sehen und sich ganz von ihnen abzuschotten.“

Diese Aussage finde ich sehr bezeichnend. Loslassen heißt nicht, seine Eltern in die Wüste zu schicken, sondern sich ein eigenes, selbstbestimmtes Leben aufzubauen, welches die Eltern zwar enthält, aber nicht durch sie vorgegeben wird.

Rebekka (23) ergänzt diesen Gedanken. Loslassen bedeute für sie, sich selbst zuzutrauen, im Leben klarzukommen. Sie müsse nicht ständig wissen, was ihre Eltern machen und diese nicht, was Rebekka mache. Gleichzeitig finde sie, dass Loslassen auch die Freiheit beinhalte, sich diese Dinge gegenseitig freiwillig zu erzählen. Es bedeute, sich gegenseitig Freiheit zu geben.

Fast allen der Befragten ist oder wäre es wichtig, mit ihren Eltern in Kontakt zu bleiben, ob über Handy, Mail oder durch regelmäßige Besuche.

VERTRAUENSBEWEIS

Letztens kam mir ein Bild für das Loslassen in den Kopf: Ein Vater steht mit seinem Kind an einem Fußgängerüberweg und nimmt es an die Hand. Das Kind möchte sich losreißen und über die Straße zum Park rennen. Es realisiert nicht, dass Autos angerast kommen, die es umfahren könnten. Der Vater erkennt die Gefahr, hält das Kind fester und erklärt ihm: „Es ist gefährlich, einfach so über die Straße zu rennen. Ich möchte, dass du an meiner Hand bleibst, bis wir auf der anderen Straßenseite sind. Ich werde dich sicher nach drüben bringen.“ Das leuchtet dem Kind ein und es geht an der Hand des Vaters über die Straße. Je näher sie der anderen Straßenseite kommen, desto unruhiger wird das Kind. Es möchte allein laufen. Der Vater würde es lieber weiterhin an der Hand halten. Aber er sieht ein, dass das Kind nur noch stärker an seinem Arm ziehen und sich vielleicht einfach losreißen wird, wenn er es nicht loslässt. Also gibt er das Kind frei und es kann allein laufen. Der Vater setzt sich auf eine Bank und beobachtet es aus einer Distanz. Das Kind kann sich frei bewegen, aber es sieht, dass er doch noch irgendwie da ist. Sollte also etwas passieren, hätte es die Möglichkeit, zum Vater laufen.

Dieses Bild bedeutet für mich, dass wir die Führung unserer Eltern bis zu einem gewissen Punkt brauchen. Sie haben mehr Erfahrung, oft mehr Überblick und wissen wirklich manches besser – auch wenn wir das als Teenager oft bezweifeln. Je näher wir dem Erwachsenesein kommen, desto mehr Freiheit wünschen wir uns. Wir zerren an der Hand, wollen allein laufen. Jetzt liegt es an unseren Eltern: Lassen sie uns freiwillig los und unterstützen uns bei unserem Erkundungsdrang? Oder halten sie uns weiter fest und riskieren damit, dass wir uns weiterhin an ihnen festklammern oder dass wir uns losreißen und wegrennen? Loslassen hat viel mit Vertrauen zu tun. Es ist es ein echter Vertrauensbeweis, wenn die Eltern ihre Kinder fliegen lassen. Wenn sie ihnen zutrauen, sich selbstständig im Leben zurechtzufinden und klarzukommen.

KEINE ROMANE ERWARTEN

Zum Schluss habe ich meine Freunde und Freundinnen gefragt, wie sich Eltern nach dem Auszug der Kinder verhalten sollten. Sara hat sich von ihren Eltern gewünscht, „mich zu unterstützen und die Trauer nicht so sehr zu zeigen und verständnisvoll zu sein.“ Jon ist es wichtig, dass seine Eltern ihn „auf Anfrage hin unterstützen, sonst mich meinen Aufgaben selbst überlassen.“ „Lauft mir nicht nach, sonst komme ich nicht wieder“, würde Eduard seinen Eltern raten. Und Melli meint, ihre Eltern sollten nicht enttäuscht sein, wenn sie ohne sie auskommt. „Erwartet keine Romane von meinem Leben“, formuliert Bennet, während Rebekka betont: „Bedrängt mich nicht, aber bietet Unterstützung an!“ Liebe Eltern, wir möchten einerseits unabhängig sein, aber andererseits mit dem Wissen in die Welt gehen, dass ihr für uns da seid, wenn wir euch von uns aus um Hilfe oder Unterstützung bitten. Lasst uns frei, aber seid erreichbar. Bevormundet uns nicht, aber gebt uns Rat, wenn wir ihn erbeten. Und vor allem, betet für uns um Segen, Bewahrung und Weisheit. Das ist nämlich das größte Geschenk, das ihr uns mit auf den Weg ins Erwachsenenleben geben könnt.

Borika Lea Luft (22) lebt in Pforzheim, studiert Soziale Arbeit und absolviert zurzeit ihr Praxissemester bei pro familia. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in ihrer Gemeinde.

 

Borika Lea Luft hat für diesen Artikel einen Fragebogen entwickelt, um junge Erwachsene zum Thema Abnabelung und Loslassen zu befragen. Die Befragten haben ihn als sehr hilfreich empfunden. Deshalb haben wir ihn zum Herunterladen online gestellt.

Eine dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir

Auch in einer eigentlich glücklichen Ehe kann es Einsamkeitsgefühle geben. Von Manuela Rein-Ziegler

Mein größter Wunsch als junges Mädchen war es, eines Tages zu heiraten. Vor meinem inneren Auge sah ich bereits meine Traumhochzeit mit dem passenden Prinzen an meiner Seite, der mir alle Wünsche von meinen Augen ablesen würde. Und tatsächlich: Mit 26 Jahren bekam ich einen Heiratsantrag. Bei der Verlobung dachte ich erleichtert: „Mein Traum wird endlich wahr. Ich werde mich nie mehr einsam fühlen, und ich werde rundum glücklich sein.“ Ein Jahr später heirateten Daniel und ich mit Schloss und weißer Kutsche. So wurde meine Traumhochzeit samt „Prinz Charming“ Wirklichkeit.

ROTER FADEN Das Gefühl „Ich bin allein“ zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Kann oder muss eine Ehe dieses Gefühl der Einsamkeit wettmachen? Jeder bringt sein Päckchen an Vergangenheit mit in die Ehe. Mein Päckchen war eher ein Paket: Verletzungen, alte Wunden und ein recht ausgelassenes Jugendleben wirkten sich nicht positiv auf unsere Beziehung aus. Auch die Vorstellungen über unser neues gemeinsames Leben variierten bei uns am Anfang sehr stark. Mein Mann liegt neben mir, für ihn ist die Welt in Ordnung. Aber für mich ist nichts in Ordnung. Ich fühle mich nicht beachtet und ungeliebt. Ein flüchtiger Kuss oder eine Umarmung ab und zu nehmen mir nicht das Gefühl von Einsamkeit. Was mir fehlt, sind Hingabe für unsere Ehe, Initiative seitens meines Mannes und das Wissen, das Daniel mich von Herzen begehrt und wertschätzt. Ich kämpfe gegen Gefühle wie Kälte, Passivität und Distanz an. Konkret empfinde ich, dass ich allein gelassen werde. Ich sehe eine hohe, dicke Mauer zwischen meinem Prinzen und mir. So sieht es manchmal in meinem Herzen aus: Es ist ein tiefes, schwarzes Loch. Ich fühle mich zurückgelassen mit unerfüllten Wünschen und unbefriedigten Bedürfnissen. Mein Mann liebt mich, und in meinem Kopf weiß ich das auch. Aber mein Herz macht mir immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Wenn Alltag und Pflichten überhandnehmen und die Zweisamkeit fehlt, überkommt mich diese Leere. Ich fühle mich wie gelähmt und funktioniere nur noch.

NICHT VOM EHEMANN ABHÄNGIG Es war ein langer und steiniger Weg, zu erkennen, dass ich mein Glück samt all meinen Gefühlen nicht von meiner Ehe und noch weniger von meinem Ehemann abhängig machen darf. Doch immer wieder tappe ich in diese Falle. Sind alle Umstände gut, dann fühle ich mich geliebt. Ein fataler Fehler! Denn meine Umstände werden nie ganz perfekt sein. Ich sage gerne zu meinem Mann: „Und wenn du 24 Stunden mit mir zusammen wärst, würde es mir nicht ausreichen.“ Warum fühle ich mich überhaupt immer so einsam im Herzen? Wie kann ich mich trotz dieser verzwickten Lage geliebt und angenommen fühlen? Diese Fragen muss ich mir immer wieder selbst stellen, um aus diesem Teufelskreis der Lügen über Alleinsein und Ungeliebtsein ausbrechen zu können. Ich habe einen Ausweg aus diesem gedanklichen Teufelskreis gefunden, indem ich mich auf Gott fokussiere. Ich bin überzeugt: Gott liebt mich so, wie ich bin. Er kann das Riesenloch in meinem Herzen mit seiner Liebe füllen. Hier ein paar Gedanken, die mir helfen, das im Alltag immer wieder neu zu verstehen:

1. BEDINGUNGSLOSE LIEBE Ich darf wissen, dass ich in Gottes Augen wertvoll bin und er mich bedingungslos liebt.
Umsetzung: Es ist ein täglicher Prozess zu erkennen, dass Gott mich liebt und ich bei keinem anderen diese Bestätigung suchen muss. Dabei hilft es mir, in der Bibel zu lesen. Dadurch wird mir vor Augen geführt, wer Gott wirklich ist und wie unsagbar groß seine Liebe zu mir ist.

2. GESCHENKE UND ANSPRÜCHE Ich muss erkennen, dass alles, was ich bin und habe, ein Geschenk Gottes ist. Außerdem muss ich leider oft bitter erkennen, dass ich keine Ansprüche in dieser Welt habe.
Umsetzung: Dies ist vielleicht die härteste Lektion, die ich jeden Tag neu lernen muss. Früher dachte ich, es sei mein Recht zu heiraten, glücklich zu sein oder ein schönes Haus zu haben. Schließlich bin ich ein ziemlich guter Mensch! Ich hatte hier eine völlig falsche Perspektive und musste diese drastisch verändern. Eine dieser Lektionen war zu erkennen, dass es ein Geschenk Gottes ist, dass ich heiraten durfte und dass es nicht selbstverständlich ist. Durch diese Erkenntnis kann ich viel dankbarer sein für meine Ehe. Das hilft mir wiederum, meinen Ehemann und meine Familie viel mehr zu schätzen.

3. KOMMUNIKATION Der Schlüssel zum Frieden ist die Kommunikation. Umsetzung: Wir haben schon einige gute Eheseminare besucht und eines der Themen, die jedes dieser Seminare beinhaltete, war die Kommunikation. Viele Missverständnisse zwischen uns sind aufgrund von schlechter oder gar keiner Kommunikation entstanden. Es ist so ein einfacher Tipp: „Redet doch offen und ehrlich miteinander!“ Doch das ist oft schwierig umzusetzen. Wir müssen lernen zu sagen, was wir wirklich fühlen. Wir beide haben uns auf einem Schiff kennengelernt und ich verwende gern folgendes Bild: zwei Boote, die nebeneinander segeln, statt immer mehr auseinanderzudriften. Mut und Demut sind nötig, um auf seinen Partner zuzugehen. Wichtig sind auch Ich-Botschaften, damit Liebe und Respekt im Zentrum unserer Ehe bleiben.

4. SICH HELFEN LASSEN Es ist keine Schande, wenn man sich (professionelle) Hilfe sucht. Umsetzung: Ob man sich ein Ehepaar sucht, mit dem man sich ab und zu gemeinsam zum Austausch und Gebet trifft oder ob man sich ganz professionell Eheberatung sucht, ist egal. Hauptsache, man bleibt am Ball und lässt sich helfen. Ein Dritter sieht die Dinge oft ganz anders. Uns haben diese Eheberatungsgespräche schon oft sehr geholfen und gestärkt.

5. ZWEISAMKEIT UND LACHEN Wir als Ehepaar haben für uns herausgefunden, dass Wochenenden ohne Kinder sehr hilfreich für unsere Beziehung sind. Umsetzung: Wir dürfen die Kinder bei Oma und Opa lassen. Ob zu zweit zu Hause oder mit Tapetenwechsel, wir wollen uns Zeit als Paar nehmen. Zusammen lachen tut so gut und ist so wichtig. Neben den vielen Pflichten vergisst man schnell, dass es auch Zeiten braucht, in denen man sich fallen lassen darf. Auch die Intimität, das Eingehen aufeinander kann das Gefühl des Alleinseins zum Schmelzen bringen. Wir schreiben uns fixe Termine in den Kalender, wo Zweisamkeit stattfinden kann.

6. BETEN Unser Verlobungsvers steht in Prediger 4: „Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell.“ Das durften wir in unseren neun Ehejahren schon oft erleben. Wenn Gott in unserer Mitte ist, dann ist unsere Ehe stark, und jeder fühlt sich geliebt und respektiert. Gott als unsere dritte Schnur, die uns beide zusammenhält und vor allem mir hilft, mich nicht alleine zu fühlen. Umsetzung: Wir suchen uns ganz konkrete Zeiten, um füreinander zu beten. Wir nennen Gott unsere Wünsche und Träume und lassen Gott an unserem Partner arbeiten. Dies hilft mir, nicht andauernd Forderungen zu stellen und meinen Mann selbst ändern zu wollen. Mein Gebet fängt so an: „Lieber Herr Jesus, mach mich zu einer Ehefrau, die ihrem Ehemann gut tut, bei der er sich wohl fühlt und angenommen weiß. Hilf mir, meinen Ehemann so zu lieben und zu respektieren, wie du es vorgesehen hast. Fülle du meine Leere mit deiner Liebe aus, damit ich dankbar und zufrieden sein darf …“ Diese Liste ist bestimmt noch nicht ausgeschöpft und bei dem einen oder anderen kann sie ganz unterschiedlich aussehen. Doch eine Zuversicht will ich hier noch weitergeben: „Wir alle sind gewollt, geliebt und wertvoll in den Augen Gottes!“ Diese Gewissheit der Liebe Gottes wünsche ich mir und allen, die sich auch immer einmal allein in der Ehe fühlen.

Manuela Rein-Ziegler lebt mit ihrer Familie in Hessen.