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„Lust auf Veränderungen“

Welche Formen von Veränderungen gibt es? Und wie gehen wir damit um? Ein Gespräch am Rande der letzten Family-Teamsitzung.

WORAN DENKT IHR ALS ERSTES, WENN IHR „VERÄNDERUNG“ HÖRT?

Ingrid Jope: Mir fallen zwei Ebenen ein. Zum einen sind es äußere Veränderungen, zum Beispiel ein Umzug, eine neue Arbeitsstelle oder der Schulstart der Kinder. Außerdem verändert sich auch die Persönlichkeit. Das sind zwei unterschiedliche Ebenen. Allerdings haben sie miteinander zu tun, sie wirken aufeinander.

Jörg Berger: Bei uns gab es in den letzten Jahren viele äußere Veränderungen. Meine Frau hat den Job gewechselt, wir sind umgezogen, ich habe mich selbstständig gemacht … Wir haben also beide etwas gewagt. Und wir haben die Erfahrung gemacht: Gemeinsam so einen Traum zu verfolgen und konkret zu planen – das hat uns und unsere Beziehung lebendig gehalten.

Maren Seitzinger: Wenn ich „Veränderung“ höre, denke ich sofort: Da hab ich Lust drauf! Denn ich bin ein Mensch, der Veränderungen mag. Allerdings habe ich es überhaupt nicht gerne, wenn die Veränderungen von außen passieren und ich mich damit arrangieren muss. Das habe ich mir früher nicht so vorgestellt, dass das Leben einem von außen Dinge vorgibt. Dass es Veränderungen gibt, denen man hinterherkommen muss. Manchmal habe ich das Gefühl, dass eigene Veränderungen, auf die ich Lust habe, gar keinen Platz mehr haben, weil man immer damit beschäftigt ist, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren.

GERADE IN DER FAMILIE GIBT ES JA EINE MENGE VERÄNDERUNGEN DADURCH, DASS DIE KINDER SICH STÄNDIG VERÄNDERN. WIE GEHT IHR DAMIT UM?

Maren Seitzinger: Ich habe immer das Gefühl, ich gestalte wenig, sondern ich reagiere vor allem. Ingrid Jope: Die letzten Veränderungen der Kinder habe ich positiv erlebt, zum Beispiel als Joshua ein Kindergartenkind wurde. Oder als Anna durch einen Jahrgangswechsel ihren Platz in der Schule gefunden hat. Solche Veränderungen sind ja relativ leicht zu bewältigen. Darüber kann man sich freuen, denn es entstehen neue Freiheiten.

Jörg Berger: Ich finde das in doppelter Hinsicht spannend: Einmal, weil man mit den Kindern immer wieder etwas Neues erlebt, wenn man sie in neue Lebensabschnitte begleitet. Aber ich finde, das macht auch etwas mit der Partnerschaft, denn man erlebt sich ja gegenseitig in immer neuen Rollen. Es ist etwas anderes, gemeinsam einen Säugling zu betreuen oder bei den Hausaufgaben zu helfen. Jeder packt das anders an. Man muss sich da auf ein paar Grundlinien einigen. Das habe ich auch als etwas erlebt, was einen als Paar lebendig hält. Die Überlegung: „Wir bräuchten mal einen neuen Impuls für unsere Beziehung, wir sind schon seit Jahren im gleichen Trott“, wird damit überflüssig. Die Impulse kommen durch die unterschiedlichen Entwicklungsphasen und Lebensübergänge von den Kindern.

 

Alles bleibt anders

Das gefällt mir am Leben mit Kindern: Es wird nie langweilig. Immer wieder gibt es was Neues. Weiterlesen

Schreckenszeit Pubertät?

Was vielen Eltern Angst macht, ist eine wichtige Entwicklungszeit ihrer Kinder. Nicht mehr und nicht weniger

Es gibt wohl nur wenige Wörter, die Eltern so sehr in Schrecken versetzen wie „Pubertät“. Aufgeklärte, moderne und frohgemute Väter und Mütter sehen plötzlich mürrische, wie Landstreicher gekleidete, Schimpfwörter rufende Monster vor sich, deren Lieblingsausspruch „Ich bin dagegen!“ ist. Dabei bezeichnet der Begriff „Pubertät“ nichts anderes als eine physische Veränderung im Körper der Mädchen und Jungen.

Zeit der Veränderungen

Durch die hormonellen Veränderungen kommt es zu Stimmungsschwankungen. Der Teenager muss seinen „neuen“ Körper erst einmal akzeptieren. Aus dem süssen, blond gelockten Mädchen wird eine junge Dame, die plötzlich niemand mehr „niedlich“ findet. Der kleine, wilde Rabauke wird in kurzer Zeit zum sportlichen jungen Mann mit Bartstoppeln und tiefer Stimme. Das verunsichert nicht nur den Jugendlichen selbst, sondern auch seine Umgebung. Verwandte und Bekannte, die den jungen Menschen nicht täglich sehen, erkennen diesen oft nach wenigen Wochen oder Monaten nicht wieder und benehmen sich dem Teenager gegenüber völlig anders als früher. Zudem sind Autoritätspersonen plötzlich gleich groß oder gar kleiner als der Teenager selbst. Das verunsichert und verschreckt den Pubertierenden. In seiner Unsicherheit reagiert der Junge oder das Mädchen dann viel ruppiger oder unfreundlicher als gewollt.

Für die Zeit der Pubertät gilt ganz besonders, was der weise König Salomo so treffend beschrieb: „Alles hat seine Zeit!“ (Prediger 3). Pubertät ist eine ganz besonders wichtige Phase im Leben. Es ist äußerst bedauerlich, dass gerade diese so wertvolle und Weichen stellende Zeit derart negativ behaftet ist. Dabei ist diese Zeit der Veränderung in Wirklichkeit eine Chance!

Begleiten auf dem Weg zur Reife

Niemand wünscht sich, dass Himbeeren oder Johannisbeeren im grünen, unreifen Stadium bleiben. Es gibt nichts Herrlicheres, als Obst zum richtigen Zeitpunkt zu ernten und zu genießen. Mit genau diesen Augen dürfen Eltern ihre Heranwachsenden sehen: als Menschen, die „noch nicht fertig“ sind.

Es wird sie geben, die Tage, an denen der Sohn oder die Tochter sich selbst nicht leiden kann. Manchmal kann man direkt beobachten, wie in einer Phase die Körperproportionen durch unterschied liches Wachstum nicht mehr harmonisch zusammenpassen. Da kann es hilfreich sein, gemeinsam Fotos von der eigenen Teeangerzeit zu betrachten, wo plötzlich die Nase zu groß, die Beine zu kurz oder die Arme zu lang erschienen. Oder auch zu erzählen, wie sich die Mutter als Mädchen oder der Vater als Vierzehnjähriger in gewissen Situationen fühlte. Wie peinlich es war, als die Stimme in der Zeit des Stimmbruchs plötzlich hoch und dann wieder ganz tief erschien. Oder wie unangenehm die ersten weiblichen Rundungen wahrgenommen wurden!

Eltern von Teenagern sollten sehr sensibel sein, wenn es darum geht, über diese Zeit Späße zu machen oder zu lachen. Manchmal kann es aber hilfreich sein, den Kindern komische Momente aus der eigenen Teenagerzeit zu erzählen. Sie merken dann: Mit Humor ist manches leichter zu ertragen.

Pubertät – ein Schreckgespenst? Nein, aber eine Zeit, in der neben Geduld eine Extraportion Humor nicht schaden kann. Und das Erinnern und Vertrauen: Gott hat diese Zeit der Reife und des Wachstums geschenkt! Was kann daran verkehrt sein?

Roswitha Wurm arbeitet als Lern-, Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin und lebt mit ihrer Familie in Wien. Sie hat drei Kinder zwischen 14 und 20.

Illustration: Thees Carstens