Plötzlich Mutter

Mit einem Baby ändert sich das Leben. Das wissen alle Eltern vor der Geburt ihres Kindes. Aber wie sich das anfühlt, überrascht sie dann doch oft. Priska Lachmann hat junge Mütter nach ihren oft zwiespältigen Gefühlen gefragt.

Auf einmal war ich Mutter. Schneller, als ich gedacht hatte und doch voller Glück. Unsere Tochter war (und ist) ein Wunschkind. Unser Glück. Aber dann gab es die zehrenden Nächte, die wunden Brustwarzen vom Stillen, die unglaubliche Veränderung und das Wissen, dass wir nie, nie, nie mehr allein sein werden! Die Unbedarftheit, die Freiheit, das „Nur-sich-selbst-organisieren- müssen“ waren vorbei. Plötzlich lag da ein kleines süßes Würmchen, das Blähungen hatte, schrie, trank. Und ich wusste nicht mehr, wer ich war. Der Unterschied zum Leben ohne Kind war krasser, gravierender und viel emotionaler, als ich mir das vorgestellt hatte.

Jetzt, sieben Jahre später, weiß ich nicht mehr, wie es war, ohne Kind zu leben. Ich bin in meiner Rolle angekommen. Ich fühle mich wohl als Mama. Das war nicht immer so. Ich musste es lernen, und es hat mich viele Tränen und viel Arbeit gekostet. Oft war ich neidisch auf Mütter, die sofort nach der Geburt in ihrer Rolle aufgegangen sind. Das kleine Mädchen zu lieben, musste ich nicht lernen. Aber ich musste lernen, Mutter zu sein. Zum Glück habe ich erkannt, dass es nicht nur mir so ging, sondern vielen anderen Müttern auch. Es gibt Tage, da fällt es uns schwer, Mama zu sein und trotzdem lieben wir unsere Kinder von ganzem Herzen. Es tut gut, von anderen Müttern zu hören, denen es ähnlich geht. Deswegen haben ein paar liebevolle Mütter mich einen Blick in ihr Herz wagen lassen.

Priska Lachmann ist verheiratet, Mama von zwei Kindern, Theologiestudentin, freie Autorin und Bloggerin von leipzigmama.com.

„ANGST, MEINE FREIHEIT ZU VERLIEREN“

Die Geburt meiner Tochter war die größte körperliche und psychische Grenzerfahrung meines Lebens. Ich habe mich noch nie so schwach und hilflos gefühlt. Aber die Freude auf und der Kampfgeist für meine Tochter haben mir die fehlende Kraft gegeben.

Als die Kleine endlich da war, war ich erst einmal super erleichtert. Denn meine Schwangerschaft war mit starken Schmerzen verbunden. Nun war ich schmerzfrei. Das gab mir neue Kraft und Freude. Unser Kind war pflegeleicht und total gelassen. Es fiel mir leicht, mich um Lina zu kümmern. Stillen klappte super, sie schlief schon mit zwei Monaten durch und lachte alle Menschen an. Ich konnte sie überall mit hinnehmen und musste mich in meinem Alltag nicht so sehr einschränken. In meiner Rolle als Mutter tat ich mich in der ersten Zeit dennoch emotional sehr schwer. Meine Identität – wer ich bin und für was ich stehe – war durcheinander gekommen. Ich wollte immer Mutter werden und war auch glücklich: Aber ich wollte nicht nur Mutter sein. Dieses Gefühl war so stark, dass ich meinte, mich selbst zu verlieren.

In den ersten Tagen habe ich zu meiner Tochter keine innige Verbundenheit gespürt, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Ich hab einfach nicht begreifen können, dass sie zu mir gehört. Aber es änderte sich von Tag zu Tag, als ich sie besser kennen lernte. Ich hatte in den ersten Wochen Angst davor, dass so ein kleines Wesen jetzt abhängig ist von mir. Es war nicht die Sorge, dass ich nicht gut für sie sorgen kann, sondern ich hatte vor allem Angst, meine Freiheit zu verlieren.

Nach ein paar Monaten konnte ich mich schließlich als Mutter annehmen, weil ich das Bild, das ich von einer Mutter hatte, überarbeitet habe. Ich konnte die Frau, die Ehefrau, die Mutter und die Pastorin in mir vereinen. Vorher dachte ich, ich müsste mich für eine Rolle entscheiden, aber ich kann und will das alles sein. Ich bin unendlich glücklich, Mutter zu sein und kann mir ein Leben ohne Lina nicht mehr vorstellen. Was mir hilft: Ich ändere nicht alles für meine Tochter. Sie passt sich an mich an und ich mich an sie. Außerdem nehme ich mir jeden Tag Zeit für Gott und für mich – und zweimal die Woche Zeit für Sport. Ich gehe jede Woche einmal mit meinem Mann abends allein weg und treffe mich mit Menschen. Und, was für mich besonders wichtig war: Ich habe mir eine Begleitung gesucht, mit der ich über meine Ängste spreche.

Deborah Lea Wagner (27) ist Pastorin der 3rd Place Church in Leipzig. Ihr Tochter Lina Ava Abigail ist sieben Monate alt.

 „KOMPLETT UND ANGEKOMMEN“

In der ersten Zeit als Mama musste ich mich erst einmal innerlich sortieren. Im Vergleich zu meinem vorherigen Leben änderte sich mein Tagesablauf nahezu komplett. Aber das empfand ich zu der Zeit als wichtig und gut. Es fällt mir schwer, aus den ersten Monaten negative Momente herauszufiltern. Ich glaube, ich habe sie vergessen.

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  1. Vom Mutter werden und Mama sein sagt:

    […] einiger Zeit habe ich in der family einen Artikel über das Thema „Plötzlich Mutter“ geschrieben. Er handelte von der ersten Zeit des Mama-seins. Von den Schwierigkeiten und […]

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