0 bis 2 – Bereit fürs Wochenbett?
Elternfrage: „Wir bekommen bald unser erstes Kind. Ich habe großen Respekt vor der ersten Zeit im Wochenbett. Kann ich mich darauf vorbereiten?“
Die Geburt eines Babys gehört zu den intensivsten Erfahrungen jeder Frau. In den Wochen danach erlebt sie eine Achterbahn der Gefühle: Sie ist hormonellen, körperlichen und psychischen Veränderungen (vielleicht sogar Geburtsverletzungen) ausgeliefert. Auch die Paarbeziehung muss sich in dieser Zeit teilweise neu sortieren. Gleichzeitig ist da ein wunderbares, aber auch empfindsames, bedürftiges Kind, dessen Überleben und Gedeihen nun von Ihnen abhängig ist. Ihr großer Respekt vor dieser Zeit ist berechtigt, genauso wie Ihr Wunsch, sich gut auf diese vorzubereiten.
Was brauche ich?
Zum Wochenbett, das unmittelbar nach der Geburt beginnt und sechs bis acht Wochen dauert, kann man aus allen Richtungen Ratschläge, Erfahrungen und Tipps bekommen. Das kann einen schnell überfordern. Reduzieren Sie deshalb die Informationsquellen, indem Sie sich fragen, was davon Sie wirklich brauchen. Wem kann und will ich vertrauen? Was scheint mir sinnvoll? Was gefällt und passt zu mir beziehungsweise uns als Paar? Beschäftigen Sie sich in der Vorbereitungszeit vor allem mit sich selbst.
Hinter dem Vorhang
Von einer in Afrika geborenen Hebamme erfuhr ich, dass in ihrer Heimat normalerweise eine Mutter mit ihrem Neugeborenen in den ersten Wochen nach der Geburt hinter einem Vorhang lebt. Eine von der Mutter ausgewählte Person kümmert sich um die beiden und wacht darüber, wer wann hinter den Vorhang kommen darf. Das hat mich sehr berührt. Was können wir daraus lernen? Im Wochenbett geht es um eine besondere Zeit, in der Verletzlichkeit, achtsames Wahrnehmen, Spüren und Bestaunen sowie gegenseitiges Kennenlernen möglich sein sollte. Diese Zeit ist wie eine Art „heiliger Raum“ – ein Raum der Ruhe und Geborgenheit. Für diesen Raum braucht es Schutz durch eine gute Grenze (Vorhang) und jemanden, der sie bewacht. Denken Sie in Ruhe darüber nach: Wie wünsche ich mir diesen Raum? Was tut mir gut, wenn ich zum Beispiel erschöpft oder traurig bin? Was brauche ich, um mich sicher und geborgen zu fühlen? Welche Kontakte werden mir guttun? Welche nicht? Reden Sie darüber mit Ihrem Partner und tauschen Sie sich aus. Je konkreter, desto besser: Was sind deine, was meine Sorgen? Welche Unterstützung könnten wir gebrauchen? Wovor wollen wir uns abschirmen? Wer darf ab wann „hinter den Vorhang“ kommen? Wollen wir dies gegebenenfalls mit der Großfamilie oder Freunden im Vorfeld klären? Könnte eventuell der Papa zum „Wächter“ der Grenzen werden?
Vorfreude sammeln
Üben Sie sich im ehrlichen Fragen und Austauschen Ihrer Ängste, Bedürfnisse und Wünsche. Auf diese Weise werden Sie die richtigen Antworten finden. Bis dahin genießen Sie Ihre Zweisamkeit und vertrauen Sie darauf, dass in Ihrem dann gut geschützten Raum – neben allen emotionalen Turbulenzen – viele wunderbare Erfahrungen auf Sie warten. In diesem Raum werden sich die elterlichen, aber auch kindlichen Fähigkeiten ungestört entfalten und Sie lernen sich miteinander immer besser kennen und lieben.
Beate Döbel ist Familientherapeutin und Elternberaterin. Familien mit Säuglingen und Kleinkindern liegen ihr besonders am Herzen.
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