6 bis 10 – So gelingt der Schulstart ohne Druck
Elternfrage: „Im Sommer ist der Schulstart unseres Sohnes. Wie können wir ihn darauf vorbereiten, dass es bald viel mehr um Leistung und Bewertungen geht, als er es aus der Kindergartenzeit gewohnt ist?“
Das Magengrummeln beim Gedanken an den Schulstart ist nicht unberechtigt, weil Schule einiges im Gepäck hat, was Kinder vorher noch nicht kannten: mehr Fremdbestimmung, weniger Begleitung, wechselnde Bezugspersonen, mehr geforderte Selbstständigkeit und ja, definitiv auch mehr Bewertungen. Um ein Kind darauf vorzubereiten, sollte man aber gar nicht so sehr von den Leistungsthemen selbst ausgehen. Es benötigt kein Rechen- oder Lesetraining und keine Disziplinierungen, wenn Ordnung nicht klappt. Ein Kind wird am besten schul-, lern- und damit auch lebensfit, wenn der Fokus auf Beziehungsstärke und Bewältigungskraft liegt.
Beziehungsstärke
Bis zur Einschulung haben viele Eltern die Frage im Kopf: „Geht es meinem Kind gut?“ Das darf auch nach der Einschulung so bleiben. Ein Wechsel auf den Blick „Passt mein Kind sich an? Oder fällt es nicht auf?“ ist fehl am Platz. Denn diese Perspektive erzeugt zum einen unguten Druck, der die Beziehung gefährden kann. Zum anderen übersieht sie, dass unter schulischen Kompetenzen ein Gerüst aus emotionalen Kompetenzen liegen sollte, um den Schulalltag und andere Herausforderungen meistern zu können.
Das heißt, bei jeder Problematik, die nach dem Schulstart ansteht, sollte die erste Frage immer sein: „Wie geht es uns miteinander, und sind wir gut in Beziehung?“ Dann könnt ihr weiterschauen, was jeder von euch braucht und wie ein Problem zu lösen ist. Das Kind ist auf diese Weise verlässlich eingebettet und kann mit Urvertrauen ins Leben gehen. Es weiß, dass ihr hinter ihm steht, egal, was es leistet, egal, wie es bewertet wird. Starke Beziehungen geben Kraft. Und sehr wahrscheinlich wird es sich mit allen Sorgen an euch wenden.
Bewältigungskraft
Spürt ein Kind in einer solchen starken Eltern-Kind-Beziehung Zutrauen, Rückhalt und bekommt außerdem zu Hause Hilfe zur Selbsthilfe, sodass es selbst Probleme lösen kann und darf, ist es super vorbereitet für die Schule. Es wird sich äußern, wenn es ihm nicht gutgeht oder es etwas nicht kann. Es wird bei Herausforderungen nicht sofort in Panik verfallen, sondern sich Lösungen ausdenken können oder wissen, mit wem es gemeinsam nach einer Lösung suchen kann. So benötigt ein Kind keine Patentlösungen und kein Superheldentum von Anfang an: Stifthaltung kann sich entwickeln, statt Schnürsenkel dürfen es auch Klettverschlüsse sein. Der erste Misserfolg in Mathe oder Deutsch darf betrauert werden, aber regt auch zum Weiterlernen an.
Ein weiterer wichtiger Impuls für den Alltag mit Leistungsbewertungen: dem Kind beizubringen, sich immer mit sich selbst über die Zeit zu vergleichen, nicht mit anderen: „Wo hast du Fortschritte gemacht? Was ist anders als vor drei Wochen oder drei Monaten?“ Auch das trägt zur Bewältigungskraft rund um Schule bei.
Inke Hummel, Pädagogin M.A., bietet Eltern als Familienbegleiterin, Erziehungsberaterin und pädagogischer Coach Beratung an.