Ungewollte Schwangerschaft - was nun? Symbolbild: Getty Images / YakobchuchOlena / iStock / Getty Images Plus

Abtreibung – und nun? Das brauchen Betroffene jetzt

Eine ungewollte Schwangerschaft und eine Abtreibung kann Frauen große Not bereiten. Eine Expertin erklärt, wie Verwandte und Freunde Betroffenen beistehen können.

Das wichtigste ist, für die Betroffenen da zu sein. Viele Frauen, die zu uns in die Beratungsstelle kommen, erzählen, dass sie von ihrer Meinung und Einstellung her immer gegen einen Schwangerschaftsabbruch waren. Als sie dann plötzlich schwanger wurden, haben sie sich doch für eine Abtreibung entschieden. Sie mussten eine Entscheidung treffen, ohne alles überblicken zu können. Der Schmerz innerhalb dieser Entscheidung ist, dass ein Schwangerschaftsabbruch endgültig ist. Dennoch gibt es einen Neubeginn, immer Hoffnung und es ist einfach wertvoll, wenn du jetzt für die Person, der du nahstehst, da bist und bleibst.

Abtreibung – eine Zeit voll Angst und Zeitdruck

Für einen Menschen da zu sein, der einen Schwangerschaftsabbruch erlebt hat, ist von hohem Wert. Die Zeit vor der Abtreibung ist von Angst geprägt und von dem Zeitdruck, in dem die Entscheidung getroffen werden musste. Die Frau hat den Vorgang des Schwangerschaftsabbruchs in und mit ihrem Körper erlebt und überlebt. Wenn nun alles vorbei ist, ist tatsächlich alles vorbei: Der Bauch ist leer. Leere füllt das Innerste. Die Welt um sie herum dreht sich weiter, aber die eigene Welt ist stehen geblieben. Was ist passiert? Abends, nachts oder auch tagsüber kommen viele Fragen hoch. Und oft auch wortlose, einsame Tränen.

Nicht selten ziehen sich Frauen zurück und verstummen, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch erlebt haben. Indem du der Person zeigst, dass du trotzdem und gerade jetzt für sie da bist, zeigst du ihr Wertschätzung und Anerkennung. Und nicht nur ihr. Es ist auch ein Ausdruck von Wertschätzung und Würdigung dem Menschen gegenüber, der nicht (mehr) ist: das Kind.

Betroffene erleben Grenzverletzung

Sei dir bewusst: Ein Schwangerschaftsabbruch ist immer auch eine Grenzverletzung. Es muss körperlich eine Grenze überschritten werden, damit die Schwangerschaft beendet werden kann. Viele empfinden zudem eine emotionale Grenzverletzung, weil der Verstand das Herz übertönt hat.

Wenn wir den Weg der Abtreibung gehen, treffen wir in der Gegenwart eine Entscheidung für die Zukunft. Das kann sein: „Jetzt bin ich schwanger (Gegenwart) und der Entbindungstermin fällt genau mit meinem Examen zusammen (Zukunft)“, ein typisches Beispiel aus meinem Beratungsalltag. Wenn die Frau dann das Examen hinter sich hat, erlebt sie die „Zukunft“, über die sie damals die Entscheidung getroffen hat und fragt sich: „Hätten wir doch beides geschafft: schwanger bleiben, das Kind bekommen und das Examen?“

Das sind Zeitpunkte, in denen Schmerz und Trauer auch noch viel später auftauchen können. Lass dich davon nicht verunsichern! Stell Fragen – und höre Antworten! Nimm Anteil – und bleibe zugewandt! Bleib da, durch alle Zeiten hindurch!

Tirza Schmidt ist Gründerin der „VillaVie. Raum für dich” in Bochum, die anbietet, über das Tabu Schwangerschaftsabbruch in den Dialog zu kommen. Infos: villa-vie.org, Instagram: @villavie_