Dankbar jammern

Die schwierige Frage nach dem Wohlergehen

Wenn mich jemand fragt, wie es mir oder uns geht, weiß ich oft nicht, was ich antworten soll. „Es geht uns gut. Wir sind bisher gesund geblieben, haben ein sicheres Einkommen und die Kinder kommen mit dem Homeschooling klar.“ Oder: „Es geht uns nicht so gut. Ich vermisse es, Freunde, Freundinnen und Verwandte zu treffen. Die Situation macht mir Angst. Und den Kindern fehlen ihre Freunde und ihr Sport.“

Jammern auf hohem Niveau? Ja, das ist es wohl. Die Frage ist ja: Womit vergleiche ich unsere Situation: Mit der Zeit vor Corona? Mit Menschen, die deutlich stärker durch Corona oder andere Dinge eingeschränkt werden? Oder gar mit Menschen, die nicht im reichen Europa leben und ganz andere Sorgen haben als die, wann endlich wieder Vereine und Restaurants öffnen dürfen?

Ich finde beides wichtig: Auch wenn es uns im Vergleich mit vielen anderen Menschen gut geht, dürfen wir benennen, was uns schmerzt und was uns fehlt. Es kann tröstlich sein, sich mit anderen auszutauschen, denen es ähnlich geht. Hier ist Ehrlichkeit wichtig. Wenn alle nur „Danke, gut!“ antworten, entsteht kein Austausch. Und wer nicht von seinen Herausforderungen und Problemen redet, findet auch keine Lösung dafür. Denn auch „Luxusprobleme“ können belasten und das Leben schwer machen.

Aber es ist auch wichtig, die eigene Situation in das Gesamtbild einzufügen und wahrzunehmen, wo wir stehen. Es ist hilfreich, auf das Gute zu sehen, das wir haben. Zu erkennen, womit wir gerade beschenkt sind und Gott dafür zu danken. Und sicher ist es so, dass an einem Tag eher das eine und am nächsten Tag das andere überwiegt. Lasst uns also dankbar jammern – und unsere Zuversicht auf Gott setzen!

Bettina Wendland ist Redakteurin bei Family und FamilyNEXT und lebt mit ihrer Familie in Bochum.