Gelassen trotz Notendruck
„Unser Sohn ist in der dritten Klasse. Anfangs hat ihm die Schule Spaß gemacht, aber inzwischen hat er wenig Lust zu lernen und die Noten sind auch nicht gut. Wie kann ich ihn motivieren?“
Die meisten Kinder sehnen den ersten Schultag herbei. Sie freuen sich, vieles lernen zu dürfen. Bei den Eltern ist die Freude oft gemischt mit Sorge. Und diese kann sich im Laufe der Grundschulzeit verstärken. Während die beiden ersten Jahre noch eher kindzentriert sind, wird im dritten Schuljahr die „Luft“ spürbar schärfer. Die Anforderungen wachsen, es wird mehr Ausdauer und Lernbereitschaft erwartet und vor allem nimmt ein subtiler Druck zu: Allmählich beginnt die Zeit, in welcher sich „entscheidende“ Noten herauskristallisieren. Diese sind schließlich Grundlage für die Empfehlung für die weiterführende Schule.
ÄNGSTE UND HOFFNUNGEN
Viele Eltern lassen sich dazu verleiten, dem Kind verstärkt Druck zu machen. Als würde ein kleiner Mann in unserem Ohr sitzen, der uns zuflüstert: „Wenn mein Kind die Hausaufgaben und Arbeiten nicht perfekt bewältigt, ist dies für das ganze weitere Leben entscheidend. Schlechte Noten bedeuten eine schlechte Schulempfehlung, kein Abitur und Studium, also ein unglückliches und armes Leben. Und ich als Mutter oder Vater trage dafür die Verantwortung.“ Es lohnt sich, diesen Zuflüsterern und inneren Antreibern bewusst zuzuhören. Sind diese Sätze wirklich realistisch? Oder sind sie genährt von persönlichen Ängsten oder H offnungen, g enährt v om Trend d er Z eit, d ass B ildung scheinbar über allem steht? Es gilt, eigene Prioritäten zu setzen, sich nicht ablenken zu lassen von Meinungen und Stimmungen besorgter Eltern. Die Folge ist nämlich oft, dass wir den Blick für das Kind selbst verlieren.
FREUDE AM LERNEN
Ihr Kind ist viel mehr als nur ein Schüler. Und auch mehr als eine Bewertung in roter Schrift. Ihr Kind hat wunderbare Stärken, die es zu nutzen gilt. Erinnern Sie sich an die anfänglich vorhandene Lernbereitschaft, die Neugierde auf Neues oder bestimmte Interessengebiete und knüpfen dort an. Erinnern sie sich, was Ihr Kind schon alles aus eigenem Antrieb vollbracht hat. Wenn Sie diese Haltung als Ausgangspunkt für weitere Prozesse nehmen, sind Sie dem Kind nahe. Zugleich lernt es ermutigt und mit mehr Freude. Wenn Sie selbst eine gelassene und vertrauensvolle Haltung ausstrahlen, dann gelingt es auch Ihrem Kind, vertrauensvoller mit Hürden und Anforderungen umzugehen. Letztlich werden wir unsere Kinder nicht in eine bestimmte Schulform drängen können. Unsere Aufgabe ist es, sie zu unterstützen. Gegebenenfalls auch durch klärende Gespräche mit Lehrern, achtsames Hinschauen bei eventuellen Lernschwächen, mit viel Geduld, um Gelerntes zu festigen. Doch letztlich ist das Wichtigste, dass die Freude am Lernen nicht verloren geht, die Neugierde nicht gebremst wird, die Schule und das Bewertungssystem nicht über allem stehen. Begleiten Sie Ihr Kind durch die Schulzeit in dem Vertrauen, dass auch Wege mit Stolperfallen oder Umwegen zum Ziel führen können. Vielleicht zu einem anderen Ziel, als Sie sich vorgestellt haben.
Sonja Krebs ist Erzieherin und Heilpädagogin. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Jungs.
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