Ständig räuspert sich die Tochter (4) – Ist es eine Tic-Störung?
Dauerhaftes Räuspern schadet der Gesundheit. Logopädin Ina Finis hat für Eltern mehrere Lösungen parat.
„Meine Tochter (4) räuspert sich seit kurzer Zeit ständig. Am Anfang dachte ich, sie hätte nur einen Frosch im Hals. Nun tritt es aber dauernd auf – vor allem dann, wenn ich ihr vorlese oder sie ruhig vor sich hin spielt. Ist das ein Tic? Und wenn ja, wie kriegen wir ihn wieder weg?“
Wer kennt es nicht: Da ist ein Kratzen im Hals und wir räuspern uns. Damit befreien wir den Rachen von Schleim oder die Stimme von Heiserkeit. In normalem Maß keine große Sache – bei häufigem Auftreten kann es jedoch für die betroffene Person und mehr noch für andere Menschen störend sein.
Was passiert beim Räuspern? Im Kehlkopf liegen sich die beiden Stimmlippen gegenüber. Um Stimmklang zu erzeugen, müssen sie sich im Luftstrom aus der Lunge schwingend schließen. Liegt nun Schleim aus der Nase oder den Atemwegen auf den Stimmlippen, klingt die Stimme heiser. Wir räuspern uns, um den Schleim zu entfernen. Geräuspert wird auch, wenn ein Reizgefühl vorhanden ist (ein Krümel oder beim Verschlucken). Beim Räuspern wird massiver Druck auf die Stimmlippen ausgeübt, dadurch wird als Schutzreaktion eine Schleimbildung ausgelöst. So kann ein Kreislauf von Räuspern – Schleimbildung – Räuspern entstehen. Das ist möglicherweise stimmschädigend.
Lutschbonbons können helfen
Falls Sie ein extrem häufiges Räuspern bei Ihrem Kind beobachten, gibt es ein paar einfache Hilfsmittel: raumtemperiertes Wasser ohne Kohlensäure trinken oder Salbeibonbons lutschen. Vermeiden Sie Lutschbonbons mit Menthol, Kamille oder Eukalyptus, da diese eher austrocknend wirken. Sollte dies nicht helfen, kann der HNO-Arzt oder Phoniater (Stimmarzt) feststellen, ob ein Anlass – zum Beispiel Stimmlippenknötchen oder eine ausgeprägte Mund- statt Nasenatmung – vorhanden ist und entsprechende Maßnahmen einleiten. Logopäden und Atem-, Sprech- und Stimmlehrer bieten therapeutische Unterstützung, um häufiges Räuspern wieder abzubauen und die geschädigte Stimme zu behandeln.
Denn auch bei Kleinkindern kann es bereits zu einer Stimmstörung kommen. Die Ursache ist häufig, dass beim Sprechen zu viel Druck aufgebaut wird. So kann es zu einer Überlastung der Stimmlippen kommen. Dann haben die Kinder gerade nach längerem Sprechen oder Singen einen höheren Räusperdrang.
Tics erst mal ignorieren
In Ihrer Frage fiel auch das Schlagwort Tic. Plötzlich kann das Kind nicht mehr aufhören, sich zu räuspern (oder zu blinzeln, Grimassen zu schneiden, zu hüsteln). Oft sind diese Tics dem Kind nicht bewusst. Bei hohem Alltagsstress stellt sich das Räuspern gerade in entspanntem Spiel oder beim Vorlesen ein. Bei anderen Betroffenen sind die Auslöser Reizüberflutung und Anspannung. Es ist ratsam, solche Tics durch Ablenkung und Ruhe zu durchbrechen.
Bei Kleinkindern sind Tics häufig vorübergehend. Es wird empfohlen, sechs bis zwölf Wochen abzuwarten und zu versuchen, das Räuspern zu ignorieren und auszuhalten. Wenn der Tic länger andauert oder ein Leidensdruck beim Kind entsteht, da es von anderen Kindern gehänselt wird, ist es empfehlenswert, zum Kinderarzt zu gehen. Dieser kann zum Neurologen überweisen, der weitere Schritte wie eine Spieltherapie, eine kinderpsychologische Beratung oder neurologische Untersuchungen empfehlen kann.
Ina Finis ist Logopädin, Mutter zweier Töchter im Teenageralter und zurzeit in einer Weiterbildung zur Individualpsychologischen Beraterin.