„Lernt mein Kind genug für die Schule?“ Das rät der Elterncoach

„Meine Frau macht unserem Sohn total Druck, weil er ihrer Meinung nach zu wenig für die Schule macht. Ich finde, er ist alt genug, um es selbst zu entscheiden. Wie können wir diesen Erziehungskonflikt lösen?“

Die Beziehungen zu unseren Kindern verändern sich im Lauf ihrer Entwicklung. Ein großer Umbruch ist der Übergang von der Kindheit ins junge Erwachsenenalter. Dieser fordert sowohl uns als Eltern als auch die Teenager heraus. Eine Aufgabe für Teenager besteht darin, von der emotionalen Abhängigkeit zu mehr Selbstständigkeit zu gelangen. Für Eltern heißt eine große Lernaufgabe: von direktem Versorgen und Entscheiden hin zu mehr indirektem Begleiten und Freiheit schenken.

Diese Umstellung fällt uns nicht immer leicht. Da jeder von uns seine eigenen Erziehungserfahrungen gemacht hat, liegt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es auch verschiedene Sichtweisen zu gleichen Themen gibt. Das kann uns als Paar herausfordern, da wir doch häufig gute Gründe für unsere Einstellungen zu bestimmten Themen haben und gerne hätten, dass der andere diese mit uns teilt. Manchmal sind hier Konflikte vorprogrammiert. Es ist gut, dass Sie sich auf den Weg machen möchten, Erziehungskonflikte gemeinsam zu lösen – trotz unterschiedlicher Sichtweisen.

SCHRITT 1: ZIEHEN SIE AN EINEM STRANG!

Finden Sie gemeinsame, realistische Erziehungsziele für Ihr Kind. Stecken Sie sich lieber kleine, erreichbare Ziele als große und unrealistische. Möglicherweise müssen Sie hier Kompromisse finden. Um das zu erreichen, schlage ich vor, sogenannte „Erziehungskonferenzen“ durchzuführen, bei denen Sie sich Zeit nehmen, ungestört über die aktuellen Erziehungsherausforderungen zu reden.

Sprechen Sie dabei auch über Ihre jeweiligen Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Jeder hat hier seinen eigenen Rucksack auf den Schultern. Aussagen wie: „Ich werde das auf jeden Fall anders machen!“ kennen wir vermutlich alle. Unterhalten Sie sich über Ihre Erziehungserlebnisse, hören Sie einander zu. Wichtig sind nicht nur die Sachaussagen, sondern auch die geäußerten Gefühle und Einstellungen. Das schafft Verständnis für so manche Verhaltensweise.

SCHRITT 2: TREFFEN SIE EINE VEREINBARUNG

Setzen Sie sich mit Ihrem Sohn zusammen und vereinbaren Sie einen sozialen Vertrag. Was ist das Mindeste an schulischer Leistung, was wir als Eltern erwarten? Wie werden wir damit umgehen, wenn er sich nicht an die Vereinbarungen hält, und was sind positive Konsequenzen bei Einhaltung? Welches Verhalten wünscht er sich von seinen Eltern?

Besprechen Sie diese Fragen mit Ihrem Sohn und lassen Sie ihn unbedingt mitentscheiden. Handeln Sie mit ihm Grenzen und Freiräume aus. Wo ist er alt genug und kann eigene Entscheidungen treffen? Versuchen Sie Absprachen zu finden, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind. Geben Sie ihm die Möglichkeit, auch ungewohnte Dinge zu versuchen oder ungewöhnliche Ideen auszusprechen. Verschriftlichen Sie Ihre gemeinsamen Absprachen in einem Vertrag. Jeder sollte ihn unterschreiben. Das hat erhöht die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung – gerade vonseiten der Teenager.

Sandra Schreiber ist Beraterin und Systemischer Elterncoach im „LebensRaum Gießen“. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com