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Medienkonsum: „Handys wegnehmen funktioniert heute nicht mehr“, sagt der Social-Media-Papa

Tobias Bücklein ist Vater des bekannten YouTubers Oskar (@dieseroskar). Im Interview berichtet der Pädagoge und Social-Media-Experte, wie Eltern ihre Kinder in den sozialen Netzwerken begleiten können.

Sie haben einen Ratgeber zum Umgang mit TikTok, Snapchat und Co. geschrieben. Warum meinen Sie, braucht es so etwas?
Ich glaube, es braucht einen Ratgeber, weil die Entwicklung dieser Plattformen so schnell gegangen ist, dass so etwas wie ein Erziehungsvakuum entstanden ist. Die Mittel, die meine Eltern bei mir und auch ich noch bei meinem älteren Kind angewandt haben, um den Medienkonsum zu regulieren, sind durch die Erfindung des Smartphones innerhalb kürzester Zeit stumpf geworden. Meine Eltern haben früher einfach den Fernseher ausgemacht, oder ich habe das Handy weggenommen. Das funktioniert heute nicht mehr.

Von Pornos bis Tötungsszenen ist alles zugänglich

Wieso nicht?
Früher war das Handy nur zum Telefonieren da. Heute vereint es viel mehr Möglichkeiten! Es findet ein Großteil unserer Kommunikation darüber statt. Wir benutzen es, um herauszufinden, wann der Bus fährt, um Nachrichten zu lesen, uns Wissen anzueignen. Man kann auf allen möglichen Kanälen jede Menge lernen und hat die Möglichkeit, sich auszudrücken und auch Resonanz dafür zu bekommen.

Es gibt aber auch Gefahren. Welche sind das Ihrer Meinung nach?
Eine völlig unterschätzte Gefahr ist, dass viele Apps die Funktionsweisen unseres Gehirns ausnutzen: Sie analysieren, was wir gern mögen, und bieten uns exakt das immer wieder an. Das Prinzip ist, dass man so lange wie möglich auf dieser Plattform bleibt, die dafür wiederum Geld bekommt. Eine weitere Gefahr ist, dass heute alle möglichen Inhalte frei zugänglich sind: von den besten Tötungsszenen bis hin zu Pornos.

Die drittgrößte Gefahr ist die einseitige Wahrnehmung. Wenn man auf Instagram unterwegs ist, bekommt man den Eindruck, dass die Wirklichkeit nur aus gutaussehenden, perfekten Menschen besteht, die immer Erfolg und gute Laune, aber nie Stress haben. Die Gefahr ist, dass man anderen dabei zuguckt, wie sie ein perfektes Leben führen, und dabei selbst sein eigenes Leben vergisst oder als minderwertig betrachtet. Hinzu kommen Gefahren wie Kosten oder Urheberrechts-Fallen.

Eltern sollten Bescheid wissen

Wie können Eltern ihre Kinder vor diesen Gefahren schützen?
Das größte Problem ist, dass Eltern oftmals keine Ahnung haben. Entweder erlauben sie den Kindern alles oder aber sie verbieten alles, weil es ihnen gefährlich erscheint. Die sozialen Medien sind wie eine Großstadt: Da gibt es Kindergärten, Schulen, Parks, Spielplätze, schöne Geschäfte. Es gibt aber auch Puffs, Drogendealer und Gewalt. Sie können das Kind weder einsperren und ihm verbieten, sein Viertel zu verlassen, noch es nachts allein rausschicken. Sie sind dafür zuständig, Ihrem Kind den Weg durch die Großstadt zu zeigen! Dafür müssen Sie es aber auch kennen.

Eltern sollten sich unbedingt damit auseinandersetzen und eine Haltung dazu haben: Was für Werte will ich meinem Kind vermitteln? Und inwieweit wird es durch die Anwendungen unterstützt oder gefährdet? Kommen Sie darüber auch mit Ihren Kindern ins Gespräch, fragen Sie, warum sie welche Anwendung gern nutzen und scheuen Sie sich nicht, mit ihnen zusammen Neues auszuprobieren.

Interview: Ruth Korte

Wie erkläre ich meinem Kind, dass es nicht mit Fremden mitgehen darf? 6 Regeln helfen

Kinder im Vorschulalter sollten wissen, dass nicht jeder Mensch Gutes im Sinn hat. Wie können Eltern ihnen das beibringen? Familienberaterin Daniela Albert weiß Rat.

„Ich will, dass meine Tochter (4) versteht, dass nicht alle Menschen nett sind und man bei Fremden vorsichtig sein soll. Ich möchte ihr aber auch keine Angst machen oder ihr Vertrauen in andere Menschen zerstören. Ab wann und wie kann ich sie aufklären?“

Vorweg sei gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihrem Kind auf diese Art Leid zugefügt wird, ist sehr gering, doch durch die Präsenz solcher Themen in den Medien haben wir einen anderen Eindruck.

Dennoch ist es richtig, das Augenmerk auch auf Fremde und von ihnen ausgehende Gefahren zu legen. Wichtig ist, nicht von „bösen Menschen“ zu sprechen, da Kindesentführer meistens ziemlich nett und freundlich sind und Kinder zum Beispiel mit netten Versprechungen locken. Sprechen Sie von Menschen, die etwas Böses tun wollen.

Ab wann spreche ich mit meinem Kind über Missbrauch?

Ihre Tochter ist noch sehr jung und ich vermute, dass sie sich noch nicht wirklich weit von Erwachsenen entfernt, die ihr vertraut sind. Ein solches Gespräch könnte sie im Moment noch mehr verstören, als es hilft. Das ändert sich etwa im Vorschulalter. Dann ist es gut, sie langsam damit zu konfrontieren, dass es draußen in der Welt auch Gefahren gibt. Sie können Bilderbücher zu diesem Thema vorlesen und anregen, dass es auch im Kindergarten besprochen wird.

Wenn Sie mit Ihrer Tochter unterwegs sind, können Sie Menschen beobachten und ihr zeigen, wer zwar fremd ist, aber trotzdem angesprochen werden darf. Denn es kann ja für unsere Kinder auch wichtig sein, sich an für sie fremde Erwachsene zu wenden. Meine Kinder wissen, dass sie in jeden Laden, der zwischen ihrer Schule und ihrem Zuhause liegt, gehen können, um nach Hilfe zu fragen. Auch die Polizei oder die Feuerwehr sind vertrauenswürdig.

Diese Regeln können helfen

Zusätzlich helfen diese sechs Verhaltensregeln, dem Kind Sicherheit zu geben:

  • Nur vorher festgelegte Personen dürfen Ihre Tochter abholen. Mit jemandem, auf den das nicht zutrifft, geht sie nicht mit. Auch nicht mit ihr bekannten Menschen.
  • Manche Eltern vereinbaren hier ein Codewort mit ihren Kindern, falls es kurzfristig wirklich dazu kommt, dass jemand anderes es abholen muss. Kennt er dieses Wort, darf er das Kind mitnehmen. Wenn nicht, haben ihn nicht die Eltern geschickt.
  • Wenn Erwachsene Ihr Kind nach Hilfe fragen, immer andere Erwachsene holen und niemals mitgehen, um selbst zu helfen.
  • Fremde immer mit Sie anreden und dabei so laut sprechen, dass Umstehende es hören.
  • Wenn das Kind angesprochen wird, immer ans andere Ende des Gehweges gehen, also weit weg vom Auto und niemals einsteigen.
  • Egal, ob nach der Schule oder dem Besuch bei Freunden – das Kind muss hinterher auf direktem Weg nach Hause kommen. Wenn es noch etwas anderes unternehmen möchte, muss es um Erlaubnis fragen.

Doch genauso wie die festen Regeln helfen, ist es wichtig, dass Ihr Kind daheim liebevoll aufgenommen wird, wenn es einmal nicht geschafft hat, sich daran zu halten. Schließlich wollen Sie ja, dass es zu Ihnen kommt und sich Ihnen anvertraut, falls wirklich mal etwas schiefgelaufen ist. Strafen Sie Ihre Tochter in so einem Fall nicht, sondern erinnern Sie noch einmal eindrücklich daran, warum Ihnen diese Punkte wichtig sind.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin, Eltern- und Familienberaterin und lebt mit ihrer Familie bei Kassel (eltern-familie.de). 

Nicht mit jedem mitgehen

„Ich will, dass meine Tochter (4) versteht, dass nicht alle Menschen nett sind und man bei Fremden vorsichtig sein soll. Ich möchte ihr aber auch keine Angst machen oder ihr Vertrauen in andere Menschen zerstören. Ab wann und wie kann ich sie aufklären?“

Vorweg sei gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihrem Kind auf diese Art Leid zugefügt wird, ist sehr gering, doch durch die Präsenz solcher Themen in den Medien haben wir einen anderen Eindruck.

Dennoch ist es richtig, das Augenmerk auch auf Fremde und von ihnen ausgehende Gefahren zu legen. Wichtig ist, nicht von „bösen Menschen“ zu sprechen, da Kindesentführer meistens ziemlich nett und freundlich sind und Kinder zum Beispiel mit netten Versprechungen locken. Sprechen Sie von Menschen, die etwas Böses tun wollen.

Beginnen Sie im Vorschulalter!

Ihre Tochter ist noch sehr jung und ich vermute, dass sie sich noch nicht wirklich weit von Erwachsenen entfernt, die ihr vertraut sind. Ein solches Gespräch könnte sie im Moment noch mehr verstören, als es hilft. Das ändert sich etwa im Vorschulalter. Dann ist es gut, sie langsam damit zu konfrontieren, dass es draußen in der Welt auch Gefahren gibt. Sie können Bilderbücher zu diesem Thema vorlesen und anregen, dass es auch im Kindergarten besprochen wird.

Wenn Sie mit Ihrer Tochter unterwegs sind, können Sie Menschen beobachten und ihr zeigen, wer zwar fremd ist, aber trotzdem angesprochen werden darf. Denn es kann ja für unsere Kinder auch wichtig sein, sich an für sie fremde Erwachsene zu wenden. Meine Kinder wissen, dass sie in jeden Laden, der zwischen ihrer Schule und ihrem Zuhause liegt, gehen können, um nach Hilfe zu fragen. Auch die Polizei oder die Feuerwehr sind vertrauenswürdig.

Regeln festlegen

Zusätzlich helfen feste Regeln:

  • Nur vorher festgelegte Personen dürfen Ihre Tochter abholen. Mit jemandem, auf den das nicht zutrifft, geht sie nicht mit. Auch nicht mit ihr bekannten Menschen.

 

  • Manche Eltern vereinbaren hier ein Codewort mit ihren Kindern, falls es kurzfristig wirklich dazu kommt, dass jemand anderes es abholen muss. Kennt er dieses Wort, darf er das Kind mitnehmen. Wenn nicht, haben ihn nicht die Eltern geschickt.

 

  • Wenn Erwachsene Ihr Kind nach Hilfe fragen, immer andere Erwachsene holen und niemals mitgehen, um selbst zu helfen.

 

  • Fremde immer mit Sie anreden und dabei so laut sprechen, dass Umstehende es hören.

 

  • Wenn das Kind angesprochen wird, immer ans andere Ende des Gehweges gehen, also weit weg vom Auto und niemals einsteigen.

 

  • Egal, ob nach der Schule oder dem Besuch bei Freunden – das Kind muss hinterher auf direktem Weg nach Hause kommen. Wenn es noch etwas anderes unternehmen möchte, muss es um Erlaubnis fragen.

Doch genauso wie die festen Regeln helfen, ist es wichtig, dass Ihr Kind daheim liebevoll aufgenommen wird, wenn es einmal nicht geschafft hat, sich daran zu halten. Schließlich wollen Sie ja, dass es zu Ihnen kommt und sich Ihnen anvertraut, falls wirklich mal etwas schiefgelaufen ist. Strafen Sie Ihre Tochter in so einem Fall nicht, sondern erinnern Sie noch einmal eindrücklich daran, warum Ihnen diese Punkte wichtig sind.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin, Eltern- und Familienberaterin und lebt mit ihrer Familie bei Kassel (www.eltern-familie.de). 

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com