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Zu jung zum Heiraten?

„Meine Tochter und ihr Freund (beide 18) wollen heiraten. Ich finde, dass sie dafür zu jung sind. Sie leben noch zu Hause, schließen gerade die Schule ab und haben noch so viel vor sich. Kann der Mangel an Lebenserfahrung ihnen irgendwann vor die Füße fallen?“

Während Frauen jahrzehntelang als bemitleidenswert galten, wenn sie mit über 20 Jahren noch ledig waren, liegt das durchschnittliche Heiratsalter inzwischen bei 32 Jahren. Der Grund für die meisten jungen Menschen, nicht so früh zu heiraten, ist, dass sie vorher ihre eigenen Ziele realisieren wollen. Dass Auslandserfahrungen oder eine berufliche Karriere gemacht werden wollen, bevor man heiratet, ist nachvollziehbar, jedoch kein Garant für eine gelungene Ehe.

Wenn zwei Menschen früh heiraten, können sie ihr Leben in Bezug auf Job, Hobby, Wohnort und vieles mehr gemeinsam gestalten. Das kann ein Vorteil sein. Bei älteren Paaren treffen zwei nahezu ausgereifte Lebensentwürfe aufeinander, die nicht immer kompatibel sind. Das kann früher oder später zu Konflikten führen. Junge Menschen sind durchaus flexibler, sich aufeinander einzustellen, Kompromisse zu finden oder sich mit Abstrichen zu arrangieren. Haben Ihre Tochter und ihr Freund schon eine längere, vielleicht sogar jahrelange Beziehung, hatte ihre Freundschaft bereits viel Zeit zu wachsen. Sie haben sicherlich nicht nur die angenehmen Seiten des anderen kennengelernt. Zuneigung bekommt damit eine andere Qualität, und die Entscheidung, zusammenzubleiben, wird sicherer.

BEDENKEN ÄUSSERN

Suchen Sie auf jeden Fall das Gespräch mit Ihrer Tochter und Ihrem zukünftigen Schwiegersohn und sprechen Sie über Ihre Bedenken. Fragen Sie sie auch nach ihren Beweggründen. Wertschätzung und gegenseitiger Respekt sind bei dem Gespräch absolute Voraussetzung. Die Entscheidung bleibt letztendlich bei Ihrer Tochter und deren Freund, denn mit 18 Jahren sind sie zwar noch jung, gelten vor dem Gesetz aber als erwachsen.

Sprechen Sie auch über Geld. Ausbildungsvergütungen, Stipendien oder BAföG bieten jungen Paaren eine finanzielle Basis. Wenn Eltern einspringen, ist das nett. Doch nehmen sich manche Eltern damit bewusst oder unbewusst das Recht heraus, sich in die Beziehung ihrer Kinder einzumischen und Erwartungen zu stellen. Darum sollte es von vornherein klare Absprachen geben, wo die Grenzen sind.

GRUND ZU FEIERN!

Wichtig ist, dass jedes Paar über Möglichkeiten informiert wird, wie man mit schwierigen Beziehungssituationen umgeht. Denn die werden kommen. Eltern sind für die Beziehungen der Kinder selten gefragte Ratgeber. Wir haben unsere Kinder immer zu Freundschaften mit anderen Paaren ermutigt. In vielen Gemeinden gibt es zudem Gesprächsangebote für Paare, und bei Seminaren von Team.F und anderen Anbietern werden sie vor der Ehe mit wichtigen Themen konfrontiert. Letztendlich ist und bleibt es ein schönes Signal, wenn zwei Menschen entscheiden, sich fest aneinander zu binden. Eine Hochzeit ist immer ein Grund zum Feiern! Freuen Sie sich mit Ihren Kindern und bereiten Sie ihnen einen schönen und unvergesslichen Hochzeitstag! Die Hochzeiten meiner Kinder waren nach meiner eigenen die schönsten Feste.

Heidi Goseberg ist Mutter von vier erwachsenen Kindern, Großmutter und in der Leitung von Team.F, einer christlichen Organisation, die Ehen und Familien fördert.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Keine Angst vor Verbindlichkeit

Ein wunderschönes Brautkleid, zu Tränen gerührte Gäste, Blumenmädchen und eine Bilderbuchehe bis der Tod uns scheidet. Das waren meine Vorstellungen von Hochzeit und Ehe, bevor es mit dem Heiraten konkret wurde. Wie diese Entscheidung nach Außen wirkte, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.

Als es dann soweit war, war ich 22 Jahre alt und wollte einfach nur meinen David heiraten. Für mich war wichtig, eine Verbindlichkeit für das gemeinsame Leben mit dem Mann einzugehen, den ich liebe.

Doch so klar und einfach diese Entscheidung für uns war, war sie nicht für alle Menschen in unserem Umfeld. Ich studierte zu diesem Zeitpunkt noch und bei meinen Kommilitonen warf diese Entscheidung viele Fragen auf. Ganz vorne dabei waren zwei Fragen: „Wie alt seit ihr denn?“ und „Woher nehmt ihr das Geld?“. Scheinbar war für viele die Heiratsfrage eine Frage des Alters und des Geldes. In Gesprächen mit Altersgenossen wurde oft zum Ausdruck gebracht, dass man mit Anfang 20 so eine Entscheidung gar nicht treffe könne, weil das Leben doch jetzt gerade erst anfinge. Wer weiß schon, wo man in 10 Jahren steht? Natürlich kann man nicht in die Zukunft sehen, aber mit 30 weiß ich genauso wenig wie sich meine Zukunft entwickelt. Den Rest seines Lebens mit einem Partner zu verbringen, scheint für die meisten jungen Leute wenig attraktiv zu sein. Eine Ehe wird eher als Hindernis für die persönliche Entfaltung gesehen. Ich kann für mich nur sagen, dass ich mich in meiner Persönlichkeit noch nie so gut entfalten konnte, wie mit meinem Mann an der Seite, der mich in jeder Herausforderung des Lebens begleitet und bestärkt. Der mir Ideen gibt, wenn ich keine mehr habe und der oft eine andere Sichtweise auf die Dinge hat. Zu zweit ist jede Herausforderung nur noch halb so groß.

Eine Frage des Geldes?

Dann war da ja noch die Sache mit dem Geld. Ja, eine Hochzeit kostet Geld. Doch obwohl ich mich im Studium befand, hat es hingehauen. Schlussendlich geht es doch darum, die Liebe zueinander zu feiern. Ob in einem Schloss oder im Gemeindehaus von nebenan, spielt dabei eigentlich keine Rolle. Für uns war einfach wichtig, im Kreis unserer Familien und Freunde „Ja“ zu einem gemeinsamen Leben zu sage und dieses „Ja“ unter Gottes Segen zu stellen. Dafür brauchte es nicht viel Geld und keiner der Gäste hat sich je beschwert, dass es keine Stuhl-Hussen gab, dass die Deko ein wenig zusammengewürfelt war oder dass der ein oder andere Gast Kuchen mitbringen musste.

Hand in Hand durch stürmische Zeiten

Dass eine Ehe zu führen nicht immer einfach ist und dass man nicht jeden Tag gut miteinander auskommt, scheint für die meisten jungen Leute nicht in der Vorstellung von Ehe enthalten zu sein. Die wichtigen Dinge des Lebens, wie Zusammenhalt, Loyalität, Kompromissbereitschaft, Vergebung und Empathie habe ich noch nie so intensiv erlebt, wie in den vergangenen drei Ehejahren. Mein Mann und ich führen keine perfekte Beziehung, wir verstehen uns auch nicht jeden Tag gleich gut, aber wir sind durch das Band der Ehe fest verbunden. Ich kann darauf vertrauen, dass wir zueinander halten, auch wenn wir uns ab und zu mal streiten. Wir haben eine gemeinsame Basis, von der alle Entscheidungen ausgehen. Dieses Fundament lässt sich nicht so einfach durch Streit oder Unstimmigkeiten zerschlagen, weil wir wissen, dass der Partner sich entschieden hat, für ein gemeinsames Leben, so wie wir sind.

So hart das vielleicht klingt, ich weiß nicht, ob mein Mann und ich noch zusammen wären, wenn wir nicht geheiratet hätten. Vielleicht hätte ich in Krisenzeiten einfach aufgegeben und den leichteren Weg der Trennung gewählt, wenn es die gemeinsame Basis nicht gegeben hätte. Umso schöner ist es doch zu sehen, das man viele Krisen oder Streits auch als Ehepaar überwinden kann.

Doch dieses Verständnis von Ehe ist, meiner Erfahrung nach, in unserer Gesellschaft verloren gegangen. Der Drang nach Perfektion und Vollkommenheit in allen Lebensbereichen ist groß, sodass die Entscheidung für eine verbindliche Partnerschaft schwer fällt. Ständig muss alles abgewogen und bewertet werden, damit man den perfekten Zeitpunkt oder das perfekte Alter nicht verpasst. Doch die Menschen sind nicht vollkommen. Ist es nicht viel einfacher nicht perfekt sein zu müssen? Die Gewissheit, dass man nicht alles richtig machen muss, um geliebt zu werden. Das Gott mir jemanden an die Seite stellt, mit dem ich mein Leben leben darf, so wie es eben kommt. Das ist für mich Ehe.

Eine richtige Entscheidung

Zum Glück standen unsere Familien immer voll hinter uns und freuten sich mit uns über die Entscheidung zu heiraten. Wir waren beide 23 Jahre alt und die Hochzeit war der schönste Tag unseres Lebens, weil wir unsere Liebe zueinander feierten. Ich glaube es wäre ganz egal gewesen, wie dieser Tag verlaufen wäre. Es war etwas ganz besonderes „Ja“ zueinander zu sagen. Auch wenn es den ganzen Tag geregnet hat (und das im Hochsommer), die Eisbombe schon halb geschmolzen war und der Standesbeamte mich mit Daniel anstatt David verheiraten wollte. Wenn ich mich an meine Hochzeit erinnere, dann habe ich immer ein Gefühl von Geborgenheit. Wir müssen unser Leben jetzt nicht mehr alleine bewältigen, wir haben jemanden zur Seite gestellt bekommen, mit dem wir durch Leben gehen dürfen.

Doch auch nach diesem Fest muss ich mich noch oft rechtfertigen. Die Frage nach meinem Alter ist allgegenwärtig, noch viel häufiger seit unsere Tochter auf der Welt ist. Fast niemand, der uns als Paar oder als Familie sieht, geht davon aus, dass wir verheiratet sind. Am häufigsten tauchen  die Fragen in meinem beruflichen Umfeld auf. Oft finde ich diese ganzen Erklärungen lästig, manchmal macht es mich aber auch stolz diesen Weg gegangen zu sein.

Insgesamt bin ich froh in jungen Jahren das Leben von dieser spannenden Seite kennenlernen zu dürfen. Wenn ich 10 Jahre lang darüber nachgedacht hätte, ob Heiraten die richtige Entscheidung ist oder ob David wirklich der richtige Mann ist, ich hätte vermutlich die eigentliche Bedeutung von Ehe aus den Augen verloren. Ich habe letztlich auf mein Gefühl gehört und hatte keine Angst vor falschen Entscheidungen, denn ich lebe in dem Vertrauen, dass mein Leben nicht allein in meiner Hand liegt, sondern dass es einen Gott gibt, der am Ende alles gut werden lässt. Auch eine Ehe, die mit Anfang 20 beginnt.

 

Annabell Meyer ist seit 3 Jahren verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Essen.

 

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