Lernfähig bleiben!
Ich habe mir kürzlich Kleidung second hand gekauft. Hatte ich vorher ewig nicht gemacht. Angeregt dazu hat mich meine Tochter, die ihre wenigen Klamotten möglichst gebraucht oder bio kauft. Und ich hatte nicht nur ein besseres Gewissen dabei, sondern habe auch richtig Geld gespart. Dabei würde ich behaupten, dass ich schon immer ziemlich umweltbewusst gelebt habe. In den Achtzigern war ich an meiner Schule die „Ökotante“, die mit Birkenstocks und Jutetasche herumlief. Jahrelang bin ich bewusst mit Bus und Bahn zur Arbeit gefahren. Geflogen bin ich nur selten.
Aber nun werde ich von der nachkommenden Generation herausgefordert, noch mehr zu tun, noch bewusster zu leben und auf Liebgewordenes (Coffee to go auf langen Autofahrten) zu verzichten. Ja, manches nervt. Aber manches ist auch richtig gut. Second-Hand-Klamotten zum Beispiel.
Deshalb macht es mich traurig, wenn ich wahrnehme, dass es oft die Menschen meiner Generation sind, die sich über die aktuellen Klimaschutzaktionen der Jugendlichen beschweren und sie schlechtmachen. Da wird gekrittelt, dass bei der Klimademo das Plakat mit Kabelbindern aus Plastik befestigt wurde. Als wenn man sich erst für eine Sache einsetzen dürfte, wenn man selbst alles perfekt macht. Ja, manche Forderungen der jungen Klimaschützer sind einseitig und undifferenziert. Aber viele Jugendliche sind für mich echte Vorbilder, zum Beispiel wenn sie eine schlechte Note in Kauf nehmen, weil sie für ihr Herzensanliegen die Schule schwänzen. Oder wenn sie auf Fleisch verzichten, obwohl sie es eigentlich gern essen.
Natürlich, sie machen nicht alles richtig und perfekt, aber das machen wir Erwachsenen ja auch nicht. Trotzdem fühlen wir uns schnell auf den Schlips getreten von den Gretas dieser Welt oder den Lisas und Leons bei uns zu Hause. Stattdessen sollten wir lieber schauen, was wir von ihnen lernen können. Beim Thema Klimaschutz, aber auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens.
Bettina Wendland, Redakteurin bei Family und FamilyNEXT